Was sollen wir tun? Lk 3,3-18

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Notes
Transcript

Einleitung

Juden wie Christen warten. Beide erwarten den Messias. Aber nicht den Gleichen. Wo wir auf sein Wiederkommen warten, warten die Juden immer noch auf ihren Gesalbten, der Israel befreien wird und der Welt Frieden bringt.
Schalom Ben Chorin, der Schriftsteller und Theologe, drückte es in seinem Buch “Bruder Jesus” so aus: „Der Glaube Jesu eint uns, der Glaube an Jesus trennt uns“.
Zudem muss man leider beobachten, dass vielerorts in der weltweiten Kirche, wie auch im Judentum, diese endzeitliche Erwartung zurückgeht und immer mehr an Wichtigkeit verliert. Andere Aspekte eines religiösen Lebens gewinnen dabei an Raum: Spiritualität, Sozialarbeit, Mystik, …
Wir aber feiern den Advent, die Erwartung der Wiederkunft Christi, auch weil Jesus lehrte, dass wir ihn erwarten sollen, und verpackte dies auch in Gleichnisse, so zBsp im Gleichnis der 10 Jungfrauen (Mt 25,1-13) oder den anvertrauten Talenten (Mt 25,14-30).
Wir erwarten seine Ankunft, und warten in der Zeit. Auch nach 2000 Jahren noch. Schon in der Urkirche, als es absehbar war, dass Jesus nicht so bald wie erwartet wiederkommt, hat man sich mit der Frage beschäftigt: Wie füllen wir diese Wartenszeit? Diese Frage ist heute noch aktuell. Die Apostel schrieben Briefe und erklärten, wie die Lebensgestaltung eines Christen in der Erwartung der Wiederkunft aussieht. Aber sie waren nicht die ersten, die die Frage nach dem Leben in der Erwartung gestellt (und beantwortet) haben.
Noch bevor Jesu Wirkenszeit begann, haben sich, wie wir gehört und gelesen haben, die Menschen die Frage gestellt: Was sollen wir tun? Was sollen wir tun in der Erwartung, dass der Messias bald, sehr bald, kommt?
Johannes beantwortet am Jordan diese Frage, so berichten die Evangelisten.

Der Rahmen

So beginnt das NT, der neue Bund, mit der Predigt des Johannes. Der Bericht bei Lukas ist in weiten Bereichen den Berichten von Markus und Matthäus sehr ähnlich, manchmal sogar gleich. Wir finden hier aber noch ein einen Teil der Geschehnisse, über den nur Lukas berichtet, wir kommen später dazu.
Der Bericht beginnt mit einem Textzitat aus dem AT, genauer Jes 40,3-5. Die Evangelisten setzen Johannes mit diesem Prediger in der Wüste gleich, der die Ankunft des Messias ankündigt. Hier haben wir also das Ende der Wartenszeit. Der Messias kommt - und was predigt Johannes genau? Wir lesen: “… und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden”.
Hätte er nicht eher predigen sollen, wäscht eure Kleider, putzt eures Geschirr, reinigt das Klo und wischt den Boden, denn hoher Besuch (der Messias!) kommt? Der Gesalbte, der König, der Retter aus aller Not! Stattdessen predigt er vom kommenden Gericht.
Das hat einige Juden des Establishment sicher verunsichert. Dass der Messias Gericht bringen wird, war klar, aber nur den anderen Völkern, den Juden wird er endlich ihre Herrschaft bringen. Und hier nun der Ruf zur Umkehr, Sündenbekenntnis, Busse. Wir Juden sündig? Ganz sicher nicht!
Aber Johannes war doch anders als die vielen anderen, die vom Gericht predigten, darum kamen sie auch den langen Weg aus Jerusalem an den Jordan. Auch wenn damals in Israel viel von Busse und Umkehr gepredigt wurde, war es immer so, dass das Volk das Heil herbeibüssen sollte. Bei Johannes ist es anders: Das Volk soll umkehren, weil das Heil schon da ist. Es wurde bei Jesaja (40,5) geweissagt. Und der Ruf dieses Predigers geschah nicht im Tempel, sondern in der Wüste. Etwas Neues kommt! Und ist schon da …
Wir machen einen Sprung zu den Versen 15-18. Die Menschen bei Johannes in der Wüste am Jordan spürten diesen Aufbruch. Kein Wunder fragten sie sich, ob vielleicht Johannes der Gesalbte sein könnte. Seine Antwort ist fast schon ängstigend. Da wird einer kommen, der stärker ist, der nicht nur mit Wasser tauft, sondern mit Feuer und Geist. Dieses Feuer kannten die Israeliten vom Brandopferaltar, wo es als Heiligung des Opfernden gilt, bzw. den Opfernden in die Gegenwart Gottes versetzt. Bei Johannes konnten sie im Jordan öffentlich ihr altes Wesen bereuen und konnten dann hoffnungsvoll in die Zukunft, ins Heil schauen. Bei der Taufe im Geist und Feuer kommt dieses Heil: Das alte, gottesferne Leben wird verzehrt, das neue Leben in der Gegenwart Gottes bleibt übrig.
Und dann das Gerichtswort vom Messias, der den Spreu vom Weizen trennt, die gerecht gemachten Menschen von den ungerecht gebliebenen. Dieses unauslöschliche Feuer ist zweierlei: Ein Bild für das Gericht (für die Ungerechten), aber auch ein Bild für die Gnade (für die Gerechten).
Das Kommen des Messias, auf das alle warten, ist also Gericht und Heil gleichzeitig. So war es damals, und so ist es auch heute. Wenn Christus das nächste Mal kommt, wird es auch so sein:
schreckliches Gericht für die Ungerechten, die Vater und Sohn ablehnen, gegen Gott rebellieren, die vom Gesetz überführt werden (Röm 3,20)
unausprechliche Gnade und Heil für die Gerechten, welche das Angebot Gottes annehmen, sie mit ihm selbst zu versöhnen (2. Kor 5,18; Kol 1,20), sich Gottes Recht unterordnen und von ihm untadelig, makellos, gerecht gemacht werden (Kol 1,22)
Mit diesem Ausblick an Weihnachten - wie sollen wir uns denn vorbereiten? Mit einer Taufe zur Umkehr und Vergebung der Sünde? Ist keine schlechte Idee …

Wie wird gewartet?

Wir gehen nochmals ein paar Verse zurück, zu 7 bis 9, wo Johannes davon spricht, dass jeder Baum, der schlechte Früchte trägt, umgehauen wird (=Gericht). Von den Bäumen mit guten Früchten sagt er nichts, aber die Zuhörer damals, wie auch wir, können es uns denken: Sie werden stehen bleiben, Früchte bringen, den Besitzer erfreuen.
Daraufhin stellen sie ihm diese berühmte Frage: Was sollen wir tun?
Schauen wir mal auf die Verse hier im Mittelteil unseres Textes, Verse 10-14. Diesen Text gibt es nur bei Lukas. Johannes antwortet mit
kommt zu mir in die Wüste und bleibt bei mir als meine Jünger?
geht, studiert das Gesetz und werdet gute Priester?
geht zu den Nachbarvölkern und erzählt von Gott? Nein.
Er antwortet: “Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat; und wer zu essen hat, tue ebenso.” Ist das ein Aufruf, Sozialarbeit zu leisten? Nein. Es ist ein Ruf, das Gesetz zu halten und denen etwas zu geben, die nichts haben. Das ist das Gesetz der Nächstenliebe (Lev 19,18), eines der beiden Gesetze, auf das sich auch Jesus beziehen wird (Lk 10,27).
Den Zöllnern sagt er, sie sollen sich nicht unrechtmässig bereichern. Den Soldaten sagt er, sie sollen ihre Macht nicht missbrauchen. Keinem von ihnen allen sagt er, sie müssten sich in die Armut begeben, ihren Beruf aufgeben. Nein, sie sollen in ihrem Beruf rechtschaffen handeln. Rechtschaffen nach welchem Standard? Nach Gottes Standard. Und wo ist dieser Standard beschrieben? In der Heiligen Schrift.
Daher kann man gut sagen, sie sollen sich an Gottes Gesetz halten - das sind die guten Früchte, die es nach der Umkehr am Jordan und vor der Ankunft des Messias hervorzubringen gilt.

Und wir?

Gilt das für uns ebenso, dass wir uns an Gottes Gesetz halten sollen? Sind das die Früchte, die wir bringen sollen.
Ja und nein (typisch jüdische Antwort).
Nein, denn das Gesetz kann uns nicht retten. Niemand kann das ganze Gesetz halten (Röm 3,20) - aber genau das müsste man, um durch das Gesetz gerettet zu werden. Es gab nur eine Person, die das konnte: Jesus Christus. Das Gesetz hat eine andere Funktion: Es soll uns zeigen, wo wir nach Gottes Standard falsch liegen, sündigen. Hast du schon mal gelogen? Auch nur eine Notlüge? Dann bist du ein Lügner. Hast du schon mal etwas gestohlen, auch nur etwas ganz kleines? Dann bist du ein Dieb. Nach dem Gesetz kannst du nicht in den Himmel (1. Kor 6,9-10). Damit verbringst du dein ewiges Leben in der Hölle.
Aber zum Glück gibt es einen Ausweg: Gott hat ihn uns geschaffen, nämlich in Jesus Christus, der für dich die Strafe getragen hat (Jes 53). Vertraue darauf, kehr um und tue Busse, so entrinnst du dem Zorn Gottes und hast ein neues Leben in Gott. Das ist die Frohe Botschaft, die weihnachtliche Botschaft, das Evangelium.
Aber nach dieser Gnade geht es weiter, wir warten ja auf das zweite Kommen. Ja, er kommt wieder. Wann wissen wir nicht, aber wir warten. Und so warten wir gleich jenen Leuten, die am Jordan dem Johannes zugehört und sich von ihm haben taufen lassen.
Und darum auch: Ja, auch wir sind aufgerufen, diese rechtschaffenen Früchte zu tragen, wie sie. Das ist das Gleiche. Welche Früchte sind das? Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung (Gal 5,22-23). Ich will ergänzen mit Ehrlichkeit, Weisheit (Erkenntnis), Liebe (kein Anspruch auf Vollständigkeit).
Johannes hielt das für ein angemessenes, rechtmässiges Warten auf den Messias. Lasst uns ebenso rechtmässig, angemessen diesen Advent - und darüber hinaus - warten. Die wahre Hoffnung im Advent ist die Sündenvergebung. Daran können wir festhalten. Das geht auch mit Christbaum, Lichterketten, Samichlaus, Familienfest (gerade da können wir üben). Solange wir nicht den Messias aus dem Blick verlieren.
Amen.

Anhang

Vergl Joh 15,5; Mt 7,16-20; Mt 25,1-13; Röm 3;
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