Amos 5,21-24
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Amos 5,21-24
Amos 5,21-24
Liebe Gemeinde.
wir haben heute einen Bibeltext in der Predigt, der nicht ganz einfach ist. Es gibt ja viele Stellen in der Bibel, die irgendwie schwierig sind. Doch im heutigen Abschnitt kommt vor allem Kritik zur Sprache.
Und mit Kritik tun wir uns schwer. Und ehrlich gesagt, hätte ich auch gerne einen anderen Text gehabt, über den ich heute predigten darf. Aber das ist der ausgewählte Text für den heutigen Sonntag, und ich wollte es mir und Ihnen in dem Fall auch nicht leicht machen, sondern uns mit den Worten aus Amos 5,21-24 konfrontieren.
bevor ich beginne, möchte ich noch beten.
Luther 2017 (Kapitel 5)
21 Ich hasse und verachte eure Feste und mag eure Versammlungen nicht riechen – 22 es sei denn, ihr bringt mir rechte Brandopfer dar –, und an euren Speisopfern habe ich kein Gefallen, und euer fettes Schlachtopfer sehe ich nicht an. 23 Tu weg von mir den Lärm deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören!
24 Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.
Worte, die Amos den Israeliten verkündet hat. Jetzt stellen Sie sich mal vor, es käme ein Prophet in Ihre Gemeinde und spräche:
“Ich hasse eure Festtage, wie Weihnachten und Ostern und kann eure Gottesdienstversammlungen nicht ausstehen. Auch wenn ihr in die Kirche kommt, so habe ich keine Freude an euren Gebeten und Predigten. Lass mich in Ruhe mit eurem Lobpreis und den Liedern. Die Orgel kann ich nicht hören.”
Uff hart. Mit so einer Kritik ist man schon vor den Kopf gestoßen.
Aber so leicht lässt sich der Bibeltext aus Amos auch nicht auf unsere Situation hier und jetzt übertragen. Und ich will mich hier auch nicht als Prophet auftun, die diese Gemeinde kritisiert.
Deshalb bleiben wir erstmal bei Amos. Was war die Situation damals in Israel? Wie kam es, dass Gott durch einen Propheten solche Worte an sein Volk gerichtet hat?
Amos lebte zu der Regierungszeit von Jerobeam II. Und den Könige im Alten Testament wurde die Funktion übertragen, über das Volk zu richten. Erst hatte Mose diese Aufgabe, dann übernahmen Älteste des Volkes diese Verantwortung mit und dann wurde das Amt des Richters eingeführt. Doch irgendwann wollten die Israeliten einen König, wie die anderen Völker um sie herum. Man kann sagen, sie wollten nicht mehr Gott als ihren König. Und ja, dann wurde Saul erster König über Israel. Und nun sind wir in einer Zeit angekommen, als König Jerobeam II. 41 Jahre regierte, und über ihn steht in 2.Kön 14,24
Und er tat, was dem Herrn missfiel, und ließ nicht ab von allen Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, der Israel sündigen machte.
Die Herrschaft von Jerobeam II. war schlecht, denn er verführte die Israeliten zur Sünde.
In den Kapitel vor unsere Stelle aus dem Amosbuch steht, welche Sünden das Volk auf sich geladen hatten und wogegen Gott etwas hatte:
die Reiche ignorieren die Arme, Luxusleben, sammeln Schätze auf kosten Schwächere
sie verkaufen die Arme in Schuldsklaverei
verweigern ihnen Rechtbeistand, das Recht wird in Gift verkehrt
Hochmut und Arroganz
Gewalt, sexueller Missbrauch, Totschlag, Gier
—> Menschenwürde missachtet und der göttliche Name Jahwe entweiht
In Amos 5,7 wird es so zusammengefasst:
die ihr das Recht in Wermut verwandelt und die Gerechtigkeit zu Boden gestoßen habt.
Ja, wenn man so was beobachtet, dann kann man schon wütend werden. Wäre ich an Gottes statt, dann hätte mich wahrscheinlich auch der Zorn gepackt, wenn ich dieses Verhalten bei Menschen auf Erden untereinander gesehen hätte...
Doch in unsere Perikope geht es nicht um all die Fehltritte, und das Böse, was die Isrealiten getan haben, sondern um ihre religösen Feste und Praktiken. Deshalb schauen wir uns heute nur dieses eine Scheltwort an.
Zunächst könnte es iritieren, dass eine Ordnung, die Gott selbst eingesetzt hat, kritisiert wird. Denn die Festtage, wie das Wochenfest, Laubhüttenfest das Pessach oder auch den Sabbat, oder auch die ganzen Opfervorgaben, hat Jahwe selbst angeordnet. Warum kritisiert Gott jetzt etwas, was er selbst ins Leben gerufen hat?
es sind nicht die Feste, die Versammlungen und die Opfer an sich, die er kritisiert,
sondern ihre Haltung!
Er verachtet die äußerliche Frömmigkeit, weil sie für ihn Heuchelei ist.
Wahrer Gottesdienst zeigt sich im Leben. Und ja an diesem Punkt können wir nun nocheinmal einen Blick über die Verse des Predigttextes hinaus werfen.
Gott wünscht sich: Am 5,14-1
Suchet das Gute und nicht das Böse, auf dass ihr lebet und der Herr, der Gott Zebaoth, mit euch sei, wie ihr rühmt. Hasst das Böse und liebt das Gute, richtet das Recht auf im Tor, vielleicht wird der Herr, der Gott Zebaoth, gnädig sein dem Rest Josefs.
Ihr Leben war geprägt von Ungerechtigkeit, wie ich sie schon genannt habe. - Ausbeutung, Missbrauch, keine Rechtsprechung. Innerhalb des Tors war der Ort, wo Recht gesprochen wurde. Die Israeliten hatten sich von Jahwe abgewandt, es fehlte ihnen an Gottesfurcht. Ihr alltägliches Leben, ihr Verhalten zueinander, war ungerecht. Und deshalb hat er ihre Gottesdienste verworfen und findet keinen Gefallen an ihren Opfern. Weil sie sich in dem einem Moment fromm gaben, um in nächsten den Schwachen unterdrückten. Es mehr Schein als Sein war. Doch Gott will Gerechtigkeit und will das Leben für Israel. Denn in einem gerechten Miteinander, wo Gleichheit trotz sozialer Unterschiede gelebt wird, wird das Leben aufblühen. Deshalb gipfelt die Schelte auch in den Worten: Am 5,24
Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.
Recht und Gerechtigkeit ist das Ziel
Sind hier keine abstrakten philosophische Begriffe, worüber man diskutieren könnte, was nun damit gemeint ist. Sondern Recht und Gerechtigkeit setzt Gott, er zeigt, was ein gerechtes Leben ist und seine Gebote sind der Maßstab für richtiges Verhalten.
Gerecht meint deshalb auch, dass etwas/jemand vor Gottes Urteil bestand hat. Demnach ist es ein Zustand, wie auch ein Handlen. Im ganzen AT zieht sich durch, dass wer die Gebote des Herrn tut, der wird leben. Egal ob in den Mosebücher, wo die Gesetze alle stehen, oder den Geschichtsbüchern oder den Psalmen. Dtn 6,25.
Luther 2017 Kapitel 6
25 Und das wird unsere Gerechtigkeit sein, dass wir alle diese Gebote tun und halten vor dem HERRN, unserm Gott, wie er uns geboten hat.
und sagen: Im Herrn habe ich Gerechtigkeit und Stärke. Aber alle, die ihm widerstehen, werden zu ihm kommen und beschämt werden.
Ps 103,6
Psalm 103,6 (LU)
Der Herr schafft Gerechtigkeit und Recht allen, die Unrecht leiden.
Gerechtigkeit ist nicht nur ein illosiorische Vorstellung, ein Zustand von absolutem Frieden, was man eh nicht erreichen kann. Gerechtigkeit strebt Gott selbst an, Recht und Gerechtigkeit ist seine Sache und er nimmt die Menschen mit in Verantwortung. Somit ist Recht und Gerechtigkeit ein Maßstab für menschliches Verhalten, der tag täglich angestrebt werden soll. Es ist die Ethik des Alten Testament, doch nicht nur der ATs. Genau dieselbe Aussage habe ich in Matthäus 5,23-24 wiedergefunden:
Darum, wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass dort vor dem Altar deine Gabe und geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe.
Mit dieser Stelle aus Mt. wurde für mich klar, was das Schweltwort in Amos sagen will. Es geht um unser Haltung, unser Herz. Nicht, wie wir uns in der Gemeindeversammlung geben, sondern ob das was wir am Sonntag reden auch in unserem Leben wiederzufinden ist.
Ja wir sollten uns davor hüten, zu denken, dass wir was Kirche besser als die anderen sind. Mit der Missbrauchstudie wurde ja sichtbar, dass wir es nicht sind… Eine Kernbotschaft von uns ist Versöhnung. Reden wir nur darüber, oder leben wir auch versöhnt. Ganz nach der Aufforderung aus der Bergpredigt in Mt 5.
Nicht nur Amos, sondern auch Jesus, und das nicht nur einmal hat gegen die religöse Oberschicht gewettert.
Lukas 18,9–14 (LU)
Er sagte aber zu einigen, die überzeugt waren, fromm und gerecht zu sein, und verachteten die andern, dies Gleichnis: Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst so: Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme. Der Zöllner aber stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig! Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener.
Der Unterschied zwischem dem Pharisäer und Zöllner war
der eine dachte, er wäre so fromm
dem anderen war seine Schuld bewusst
Und damit komme ich auch zum Abschluss: Gerechtigkeit kann der Mensch anstreben, doch er wird immer wieder daran scheitern, sich komplett gerecht zu verhalten.
Und da kommen wir zum Evangelium: Gott macht uns gerecht. Wenn wir scheitern, dürfen wir zu ihm kommen und er vergibt uns. Er rechnet unsere Misstritte nicht auf, sondern gibt uns jeden Tag eine neue Chance als gerechtfertigte Kinder Gottes unser Geschäft aufzunehmen.
Wahrer Gottesdienst beginnt im Herzen, wo ein Mensch die Vergebung Christi annimmt und als neuer und gerechtfertigter Mensch dankend und lobend vor Gott tritt. Dann kann auch das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach strömen, weil nicht wir die Quelle sind, sondern Gott selbst.