Von Gott auf die Probe gestellt
Notes
Transcript
Von Gott auf die Probe gestellt
Von Gott auf die Probe gestellt
Jeden Samstag um 12:30 Uhr wird in unseren Dörfern die Sirene getestet, ob diese im Katastrophenfall funktioniert. Wir wissen, dass es bei den letzten sogenannten Bundeskatastrophentagen wieder nicht alle Sirenen funktioniert haben. Darum ist es in der gegenwärtigen politischen Lage dringend nötig, dass so ein Test immer wieder gemacht wird.
Manchmal wäre es gut, dass auch unser Glaube an Gott getestet wird. Funktionieren wir noch als Christen richtig? Dabei geht es nicht um die Frage, ob wir genügend gute Werke tun, sondern es geht um die Frage der echten und richtigen Nachfolge. Glauben und vertrauen wir noch auf Gott und darauf, dass Jesus für uns am Kreuz gestorben ist, dass wir aus Gottes Gnade heraus gerecht werden.
Der ehemalige hessen-nassauische Kirchenpräsident Martin Niemöller hat einmal ein Buch mit dem Titel “Was würde Jesus dazu sagen?” geschrieben. Genau das ist die Schlüsselfrage zur wahren Jesus-Nachfolge. Es war für ihn Leitlinie und das Korrektiv seines Lebens.
Aus Amerika stammt eine Bewegung, die so ähnlich fragt: ”Was würde Jesus tun?” Charles Shelton beschreibt ihre Entstehung in seinem Buch “In seinen Fußstapfen”. Ein Pastor in der Stadt Raymond bekommt während seiner Predigtvorbereitung Besuch von einem arbeitslosen gläubigen Drucker, der ihn in seiner Not um Hilfe bittet. Doch er kann ihm nicht so richtig helfen und schickt ihn wieder weg. Dann im Gottesdienst predigt er über die Nachfolge. Nach der Predigt steht der Drucker auf und stellt den Ernst der Gemeinde in ihrer Nachfolge infrage. Er bricht zusammen und stirbt im Laufe der Woche. Für den Pastor wird das zu einem Schlüsselerlebnis. Im darauffolgenden Gottesdienst ruft er seine Gemeinde zu einem einmaligen Experiment auf: Ein Jahr lang sollen sie sich vor jeder Entscheidung bewusst fragen, was würde Jesus wohl an ihrer Stelle tun.
Nicht alle aus der Gemeinde machen mit, aber ein Teil der Gemeinde ließ sich darauf ein. Es gehörte dann auch das Verzichten können dazu. Das schloss ein, dass man materielle Verluste und Opfer bringen musste. Aber am Ende erfuhr man dabei viel Segen.
Heute in unserem Predigttext geht es auch um ein Opfer. Es ist ein Opfer ganz anderer Art. Es geht um ein Bereit sein zur Hingabe. Ja, es geht sogar darum das Liebste und das Wertvollste für Gott hinzugeben. Wir lesen dazu aus 1. Mose 22,1-13:
1 Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach zu ihm: Abraham! Und er antwortete: Hier bin ich. 2 Und er sprach: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Morija und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir sagen werde. 3 Da stand Abraham früh am Morgen auf und gürtete seinen Esel und nahm mit sich zwei Knechte und seinen Sohn Isaak und spaltete Holz zum Brandopfer, machte sich auf und ging hin an den Ort, von dem ihm Gott gesagt hatte. 4 Am dritten Tage hob Abraham seine Augen auf und sah die Stätte von ferne. 5 Und Abraham sprach zu seinen Knechten: Bleibt ihr hier mit dem Esel. Ich und der Knabe wollen dorthin gehen, und wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen. 6 Und Abraham nahm das Holz zum Brandopfer und legte es auf seinen Sohn Isaak. Er aber nahm das Feuer und das Messer in seine Hand; und gingen die beiden miteinander. 7 Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Mein Vater! Abraham antwortete: Hier bin ich, mein Sohn. Und er sprach: Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer? 8 Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer. Und gingen die beiden miteinander. 9 Und als sie an die Stätte kamen, die ihm Gott gesagt hatte, baute Abraham dort einen Altar und legte das Holz darauf und band seinen Sohn Isaak, legte ihn auf den Altar oben auf das Holz 10 und reckte seine Hand aus und fasste das Messer, dass er seinen Sohn schlachtete. 11 Da rief ihn der Engel des Herrn vom Himmel und sprach: Abraham! Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. 12 Er sprach: Lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts; denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont um meinetwillen. 13 Da hob Abraham seine Augen auf und sah einen Widder hinter sich im Gestrüpp mit seinen Hörnern hängen und ging hin und nahm den Widder und opferte ihn zum Brandopfer an seines Sohnes statt.
Zu dieser Geschichte habe ich ein wunderschönes Deckengemälde vor Augen in der St.-Nikolai-Kirche in Langenleuba-Niederhain. Ich kann euch nur einladen, dieses Deckengemälde einmal, vielleicht am nächsten Tag des offenen Denkmals, anzusehen. Als Bild habe ich es auch ausgedruckt.
Diese Geschichte von der Prüfung des Abrahams oder Bindung Isaaks möchte ich noch einmal etwas narrativ nacherzählen, weil diese Geschichte eine der tiefgreifendsten Geschichten der Bibel ist. Denn sie handelt von Gehorsam, Glauben und Opferbereitschaft.
Abraham, der die Verheißung von Gott hatte, dass er Vater vieler Völker wird, hatte bereits viele Prüfungen durchlebt. Dennoch wurden ihm nur zwei Söhne geboren. Da ist Ismael, der eigentlich durch Unglauben mit Hagar gezeugt wurde, und da ist Isaak, der Sohn der Verheißung. Doch jetzt stand die größte Herausforderung seines Lebens bevor. Denn etwas völlig Unerwartetes geschah. Gott sagte etwas zu ihm, was er in seinen kühnsten Träumen nie gedacht hat: “Nimm deinen einzigen Sohn Isaak, den du so lieb hast, und geh mit ihm ins Land Morija. Dort werde ich dir einen Berg zeigen, auf dem du Isaak als Brandopfer für mich opfern sollst.”
Das Beste und Wertvollste, ja letztlich seine Zukunft, sollte jetzt Abraham nehmen, mit ihm eine weite Reise machen und opfern. Isaak ist doch der geliebte Sohn, das Kind der Verheißung, des Geschenks einer Zukunft mit Gott. Ist das nicht eigentlich grausam?
Es ist doch schon schlimm und grausam, wenn er seinen Sohn opfern muss. Das ist ja eigentlich schon bisher gegen alles Ansinnen von Gott gewesen. Eigentlich hieß es bisher Menschenopfer ist Gott ein Gräuel. Was ist mit dem Gott bloß los?
Was ist das für ein Gott, der von uns erwartet unsere Kinder zu opfern? Muss uns Gott so auf die Probe stellen? Kann er uns nicht in Ruhe lassen? Was wird Abraham gedacht haben?
Aber es kommt noch schlimmer. Abraham muss sich noch auf einen weiten Weg machen. Es kommen jetzt drei Tage des Unterwegsseins und des Nachdenkens. Was für eine Wanderung! Unverwandt ist Abrahams Antlitz auf das von Gott gewiesene Ziel gerichtet. Er soll den Sohn der Verheißung hergeben. Jedes Wort an diesem schrecklichen Befehl trifft Abraham wie eine tödlich verwundende Schwertspitze mitten ins Herz. Nicht nur seine natürliche Liebe wird ins Herz getroffen. Gott greift und ficht seinen Glauben an.
Abraham muss sich den unbequemen Fragen seines Sohnes aussetzen. Das ist so, als wenn man einen großen Splitter im Fuß hat und trotzdem einen Marathonlauf durchziehen muss.
Abraham war erschüttert. Isaak, sein einziger Sohn, der Sohn der Verheißung, sollte geopfert werden? Isaak war doch eigentlich Gottes Geschenk an ihn. Wie konnte Gott so etwas verlangen?
Doch Abraham wusste, dass er Gott gehorchen musste, dass er diesen Weg zu gehen hat. Ohne zu zögern, machte er sich mit Isaak auf den Weg.
Die Reise nach Morija war still. Isaak, der das Holz für das Opfer trug, fragte immer wieder: "Vater, wo ist das Lamm für das Opfer?" Abraham antwortete: "Gott wird sich das Opfer selbst verschaffen, mein Sohn."
Unterwegs muss Abraham den inneren Kampf zwischen der Liebe zu seinem Sohn und Gehorsam gegenüber Gott ausfechten. Er vertraut darauf, dass Gott einen Ausweg finden wird.
Als sie den Berg erreichten, baute Abraham den Altar und legte das Holz darauf. Isaak sah seinen Vater mit großen Augen an. "Vater, ich verstehe nicht. Wo ist das Lamm?"
Abraham nahm Isaak bei der Hand und sagte: "Mein Sohn, Gott hat uns diese Prüfung auferlegt. Wir müssen ihm gehorchen." Tränen flossen über Abrahams Gesicht, als er Isaak auf den Altar legte.
In diesem Moment zeigt sich Abrahams tiefer Glaube. Er ist bereit, alles loszulassen, selbst seinen geliebten Sohn. Er hob das Messer, bereit, den schmerzhaftesten Akt seines Lebens auszuführen. Doch im letzten Moment rief ein Engel des Herrn: "Abraham, halte ein!"
Gott hatte gesehen, dass Abraham bereit war, alles zu opfern. Gott stellt ein Widder zur Verfügung, der anstelle von Isaak geopfert wird. Abraham erfährt, dass Gott nicht wirklich den Tod seines Sohnes wollte, sondern seinen Gehorsam und seinen Glauben, sein Gottvertrauen.
Nicht umsonst spricht der Hebräerbrief von ihm: Hebräer 11,17-19
17 Durch den Glauben hat Abraham den Isaak dargebracht, als er versucht wurde, und gab den einzigen Sohn dahin, als er schon die Verheißungen empfangen hatte, 18 von dem gesagt worden war : »Nach Isaak wird dein Geschlecht genannt werden.« 19 Er dachte: Gott kann auch von den Toten erwecken; als ein Gleichnis dafür bekam er ihn auch wieder.
Manchmal ist der Weg des Glaubens und des Gehorsams unverständlich. Manchmal müssen wir auf diesem Weg das Unbegreifliche akzeptieren und manches loslassen. Es kann sein, dass uns Gott herausfordert, wie auch Abraham herausgefordert wurde. Aber Gott ist auch derjenige, der uns retten will.
Abraham war bereit für seinen Glauben und sein Gottvertrauen seinen Sohn Isaak auf dem Berg Morija zu opfern. Gott hat seinen Sohn Jesus Christus auf Golgatha geopfert.
Abraham legte das Opferholz auf die Schultern seines Sohnes Isaak. Gott legte das Kreuz auf die Schultern seines Sohnes.
Abraham war mit Isaak drei Tage unterwegs. In dieser Zeit war Isaak schon für ihn tot. Auch der Sohn Gottes war drei Tage tot.
Und doch gibt es einen Unterschied. Isaak wurde vor dem Tod gerettet. Jesus ging in den Tod. Er wurde geopfert, weil Gott uns liebt und wir eine Zukunft bei Gott haben sollen. Mit seinem Tod und am Ende mit seiner Auferstehung hat Jesus darum die Macht des Todes besiegt.
Abraham vertraute bis zur letzten Konsequenz auf Gott, sein Handeln und Eingreifen. Gott opferte seinen Sohn für uns.
Nun stellt sich die Frage an uns: Wie steht es mit uns und unserem Glauben? Wie stark und fest ist er? Ist es nur ein Glaube für die guten und schönen Tage des Lebens, an denen man wunderbare Lobpreislieder Gott singen kann und sich des Lebens freut. Oder weil es einem gut geht, sogar Gott vergisst?
Aber wie ist es in den Tagen der Krise, wenn einem Krankheiten, Nöte, Ängste, Zweifel, Schicksalsschläge, Kriege und anderes bedrohen? Wie ist es, wenn wir selbst im Leben auf die Probe gestellt werden? Wenn das Leben kein Festgottesdienst ist, sondern eine Glaubensprüfung, wie bei Abraham ist? Vielleicht sagen wir dann: Muss das sein?
Der Glaube an Gott und an Jesus Christus verheißt uns nicht ein Leben im Komfort, sondern kann auch durch tiefe Glaubensprüfungen gehen. Denn Jesus selber hat wegen mir seinen Komfort aufgegeben. Darum steht heute auch die Frage im Raum: Bin ich bereit, wegen Jesus meinen Komfort aufzugeben?
Der Theologe Dietrich Bonhoeffer schreibt dazu:
»Du beklagst dich darüber, dass du nicht glauben kannst? Es darf sich keiner wundern, wenn er nicht zum Glauben kommt, solange er sich an irgendeiner Stelle in wissentlichem Ungehorsam dem Gebot von Jesus widersetzt oder entzieht. Du willst irgendeine sündige Leidenschaft, eine Feindschaft, eine Hoffnung, deine Lebenspläne, deine Vernunft nicht dem Gebot von Jesus unterwerfen? Wundere dich nicht, dass du den heiligen Geist nicht empfängst, dass du nicht beten kannst, dass dein Gebet um den Glauben leer bleibt. Gehe vielmehr hin und versöhne dich mit deinem Bruder; lass von der Sünde, die dich gefangen hält, und du wirst wieder glauben können. Willst du Gottes gebietendes Wort ausschlagen, so wirst du auch sein gnädiges Wort nicht empfangen. Wie solltest du die Gemeinschaft dessen finden, dem du dich wissentlich an irgendeiner Stelle entziehst? Der Ungehorsame kann nicht glauben, nur der Gehorsame glaubt« (Dietrich Bonhoeffer, Nachfolge):
Weiter schreibt er:
Es versteht sich, dass wir die Proben, die uns, wenn auch in ungleich bescheidenerem Maß, verordnet sind, ganz anders bestehen können, wenn wir diese kühne, unzweideutige Gewissheit, von Gott geliebt zu sein, im Herzen tragen. Sie können uns diese Liebe Gottes „eine kleine Zeit“ verdunkeln. Wer aber seinen Glauben unter dem Kreuz von Golgatha verankert hat, der weiß, dass er auch im tiefsten Dunkel dennoch von der Liebe Gottes umfangen ist. Darum fürchte der keines, was du leiden wirst!
Kommen wir noch einmal zurück zum Einstieg der Predigt.
Wir sind eingeladen auch in unserem Leben, wie die Menschen in Raymond zu fragen und als Lebensmotto zu nehmen: Was würde Jesus tun? Auch mit dem Risiko des Opfers, auch mit dem Risiko des Verlustes.
Amen.