Glauben Leben - in Anfechtung
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Liebe Oma
Liebe Oma
Negative Postkarte vorlesen
Mir ist keine Postkarte in Erinnerung, in der ich von Schwierigkeiten geschrieben habe. Urlaubspostkarten fangen in aller Regel ein wenig die Urlaubssonne ein und halten sie in Buchstaben fest. Die Postkarte war vor einigen Jahren noch Standard, heute ist sie für meine Jungs eine Besonderheit, denn das Meiste aus dem Urlaub teilt man mittlerweile unmittelbar über Handy mit.
Seid gegrüßt
Seid gegrüßt
Wir beginnen heute mit einer Reihe zum Jakobusbrief. Er gilt als einer der praktischsten Briefe im neuen Testament. Luther lehnte ihn zeitweilig ab, weil Jakobus nicht nur den Glauben betonte sondern auch etwas zu Werken sagte.
Wer war Jakobus? Jakobus war der menschliche Halbbruder Jesu. Nach heftigem, Widerstand folgte er Jesus später doch. Er gehörte neben Johannes und Petrus zur Leitung der Jerusalemer Gemeinde. Wir finden in der Bibel nur einen Brief, der als eine Art Rundbrief an Christen zu verstehen ist, die jüdische Wurzeln hatten. Es deutet vieles darauf hin, dass Jakobus den Text um 50 n. Chr. von Jerusalem aus schrieb. Er starb im Jahr 62 n. Chr. durch eine Steinigung.
Der Beginn ist kurz, aber für die damalige Zeit üblich. Er nennt seinen Namen, ohne seine Position zu nennen. Vielmehr macht der Anfang schon klar: „Ich bekenne mich zu Gott und zu Jesus als Retter“. Und: „Ich stelle mich ganz hinten an“. Die Themen Demut, Bescheidenheit und Zurückhaltung werden uns im Brief wieder begegnen. Dann folgen ein Hinweis auf die Empfänger und ein kurzer Gruß.
Schon nach einem Vers ist Jakobus im Thema. Detlef Kühlein erklärt das so: „Es gab vermutlich eine Vorgeschichte zum Brief, die aus Anfragen von Christen bestand, die mit Anfechtung, Versuchung, Bevorzugung und Gerede in der Gemeinde zu kämpfen hatten.“ Für unser Empfinden ist das befremdlich, doch Jakobus konfrontiert uns direkt mit einer spannenden Aussage: „erachtet es als lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen fallt“. Darüber müssen wir nachdenken. Ich möchte das anhand von drei Fragen tun: Wie sollten wir über Anfechtungen denken? Wie kommen wir durch Anfechtungen und worauf können wir in Anfechtungen hoffen?
Wie sollten wir über Anfechtungen denken?
Wie sollten wir über Anfechtungen denken?
Was sind Anfechtungen? Das griechische Wort dafür macht es erforderlich im ganzen Kapitel 1, auf den Kontext zu schauen. Denn übersetzt kann es Anfechtung, Versuchung, aber auch Prüfung bedeuten. Was ist gemeint? In Vers 3 sehen wir das Ziel des Vorgangs. Es ist die Bewährung und das ist ganz positiv zu verstehen. Die Anfechtung, ist also als Prüfung gemeint, mit dem Ziel, etwas genau zu untersuchen, Fehler zu korrigieren und die Person stärker zu machen. Versuchung ist genau das Gegenteil: Jemand oder etwas möchte uns demoralisieren und zerstören. Diese Unterscheidung sollten wir uns merken, denn sie begegnet uns in einer späteren Predigt. Jakobus jedenfalls greift dabei unmittelbar auf etwas zurück, was Jesus bereits in der Bergpredigt sagte: Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und allerlei Böses gegen euch reden und dabei lügen. Seid fröhlich und jubelt; es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden. Denn ebenso haben sie verfolgt die Propheten, die vor euch gewesen sind. Matthäus 5,10-12
Matthäus 5,10–12 (LU17)
Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.
Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und allerlei Böses gegen euch reden und dabei lügen.
Seid fröhlich und jubelt; es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden. Denn ebenso haben sie verfolgt die Propheten, die vor euch gewesen sind.
Wir halten fest, mit Anfechtung oder Prüfung verbindet Jakobus etwas Gutes.
Wie kommt er darauf? Ist er weltfremd? Ist aber abgehoben? Niemand möchte Probleme. Jeder will in Frieden leben. Jesus zuerst und jetzt Jakobus wollen uns zu einer anderen Sicht auf Anfechtungen führen. Dazu ist wichtig zu klären, was Anfechtungen praktisch sind. Hier ein paar Beispiele:
- Zur Zeit des Jakobus müssen wir an Verfolgung denken. Christen wurden für ihren Glauben angefeindet. Sie musste Repressalien aushalten. Das ist für den einzelnen und ganze Gemeinde belastend und fördert den Gedanken: Christsein könnte man ja auch lassen. Das erlebst du vielleicht in der Familie, bei den Kollegen, bei deinen Freunden. Denn über Christen wird vermehrt gelächelt und gespottet.
- Der Brief zeigt es im weiteren Verlauf. Die Wahrnehmung „ich bin arm“, ist eine Anfechtung, wenn neben mir ein Reicher sitzt. Der Neid wohnt nicht weit entfernt.
- Anfechtung begegnet uns in unserem Umgang mit persönlicher Sünde. Wie gesagt, es geht nicht um Versuchung sondern um den das Begreifen: Jesus hat mir wirklich vergeben und die Schuld ist zu 100% bezahlt. Es kann eine Anfechtung sein, Vergebung wirklich anzunehmen, weil ich für mich selbst ein harter Richter bin.
- Wir treffen auf Anfechtung im gesundheitlichen Bereich. Das sind die kleineren Leiden, die uns runterziehen. Sie sind nicht lebensbedrohlich und doch beanspruchen sie unsere Kraft und Gedanken. Paulus war davon betroffen. Er schrieb: obwohl ich wunderbare Offenbarungen von Gott empfangen habe. Doch damit ich nicht überheblich werde, wurde mir ein Dorn ins Fleisch gegeben, ein Bote des Satans, der mich quält und mich daran hindert, überheblich zu werden. Dreimal habe ich zum Herrn gebetet, dass er mich davon befreie. Jedes Mal sagte er: »Meine Gnade ist alles, was du brauchst. Meine Kraft zeigt sich in deiner Schwäche.« Und nun bin ich zufrieden mit meiner Schwäche, damit die Kraft von Christus durch mich wirken kann. 2. Kor 12,7-9
obwohl ich wunderbare Offenbarungen von Gott empfangen habe. Doch damit ich nicht überheblich werde, wurde mir ein Dorn ins Fleisch gegeben, ein Bote des Satans, der mich quält und mich daran hindert, überheblich zu werden.
Dreimal habe ich zum Herrn gebetet, dass er mich davon befreie. Jedes Mal sagte er: »Meine Gnade ist alles, was du brauchst. Meine Kraft zeigt sich in deiner Schwäche.« Und nun bin ich zufrieden mit meiner Schwäche, damit die Kraft von Christus durch mich wirken kann.
- In der Familie begegnet uns Anfechtung. Das kann Streit sein, der die eigentlich gute geistliche Gemeinschaft zwischen einem Ehepaar belastet. Es kann ein nichtgläubiger Ehepartner sein, der nicht aufhört zu spotten. Es können Kinder sein, die sich so gar nicht verhalten, wie du es dir erhoffst und dein Gebet für sie unerhört scheint.
- Anfechtung kommt in der Gemeinde vor. Da arbeitet jemand im Stillen und mit ganzer Hingabe für den Herrn und niemand sieht es. Die Person will gar kein öffentliches Lob, aber ein ehrliches „Danke“ würde Wunder bewirken.
- Anfechtung kommt in Aufbruchssituationen vor. Da läuft alles gerade richtig gut, geistlich passiert etwas und dann fällt ein wichtiger Mitarbeiter wegen Krankheit aus. Dann brennt genau an dem einem Abend die Lampe vom Beamer durch. Dann funktioniert trotz langer Probe auf einmal die bewährte Technik nicht.
Merken wir: Anfechtungen und persönliche Prüfungen sind vielschichtig und sogar von der Person abhängig. Anfechtungen gehören aber auch dazu (1. Petr 4,12-13 ).
Meine lieben Freunde, erschreckt nicht über die schmerzhaften Prüfungen, die ihr jetzt durchmacht, als wären sie etwas Ungewöhnliches. Freut euch darüber, denn dadurch seid ihr im Leiden mit Christus verbunden, und ihr werdet euch auch sehr darüber freuen, wenn er in seiner Herrlichkeit erscheint.
Sie sind keine Ausnahmeerscheinung sondern, wie Jakobus es ausdrücklich schreibt: „wenn ihr…“ und nicht „falls ihr…“. Ist dir das bewusst, dass Anfechtungen normal sind und dazu gehören? Das müssen wir berücksichtigen. Und das ist auch der Grund, warum Jakobus zur Freude aufruft, ja sie sogar befiehlt. Wie sollten wir über Anfechtung denken? Wir sollen uns darüber freuen. Wir sollen uns nicht durch unsere Gefühle bestimmen lassen sondern in Momenten der Anfechtung unseren Gefühlen sagen: Eigentlich ist Freude angesagt. Warum? Anfechtungen zeigen, dass sich etwas Gutes und Geistliches bewegt. Wir sind auf der richtigen Spur. Wir stehen in einer guten Nachfolge. Segen fließt und andere werden durch Jesus beschenkt. Vielleicht sehe ich es schon jetzt. Vielleicht zeigt sich es später. Deshalb haben dunkle Mächte daran keinen Gefallen und setzen alles daran, die Beteiligten zu entmutigen. Sie werden nicht siegen, wo wir uns auf Christus berufen, aber sie versuchen Hindernisse in den Weg zu legen.
Am Ende erleben wir das, was Jakobus in den Versen 3-4 schreibt: Mehr Erfahrung, ein bewährter und gestärkter Glaube, Standhaftigkeit und Geduld und ein erneuertes Wissen: Jesus versorgt mich. Das bringt mich zur zweiten Frage.
Wie kommen wir durch Anfechtungen?
Wie kommen wir durch Anfechtungen?
Jakobus wäre ein schlechter Leiter, wenn er ein Problem benennt und sagt: „Seht zu, wie ihr klar kommt“. Jakobus ist aber ein ganzer Hirte der Herde. Der entscheidende Schritt, um durch Anfechtungen zu kommen, ist das Gebet um Weisheit. Das lesen wir in Vers 5. Mit dem griechischen Wort Weisheit ist das Zusammenspiel aus Erfahrung, Wissen und Einsicht gemeint. Es geht also um mehr als Bildung oder um ein: „Kenne ich schon alles“. Die Bitte um Weisheit zielt darauf ab, zu verstehen, dass das, was mich gerade umtreibt und nervös macht, eine Anfechtung ist und was sie bedeuten könnte. Das ist ein wichtiger Unterschied zur Frage nach der Ursache für persönliches Leid, die oft genug nicht zu beantworten ist.
Matthey Henry, ein Bibelkommentator aus dem 17. Jahrhundert wies zu Recht darauf hin, dass es keine Bitte um Lösung der Bedrängnis ist, sondern eine Bitte um Verständnis für das, was gerade vor sich geht. Auch das ist ein wichtiger Punkt.
Der Münchner Pastor Jonathan de Oliveria gab in einer Predigt aus dem Jahr 2021 die Hilfe weiter: „Was ist die Weisheit, um die wir bitten sollen? Es sind Fragen, die uns helfen. Woran arbeitet Gott vielleicht gerade bei mir? Was will er mir beibringen? Worauf soll ich vorbereitet werden? Wie kann ich in der Bedrängnis zur Ermutigung für andere werden? Wie wird Gott durch die Situation am Ende doch verherrlicht?“
Wie kommen wir durch Anfechtung?Es ist ein sich hängen an Gott. Es ist ein Blick auf Jesus und es ist die Beugung unter das Kreuz. Jünger Jesu müssen zur Arche laufen, wenn es Zeit ist und nicht selbst Boote bauen. Wenn ich eine Erklärung für meine Anfechtung bekommen soll, ist sie nur über Jesus zu bekommen. Wenn ich zumindest eine Ahnung davon haben will, welche geistlichen Kämpfe in der unsichtbaren Welt vor sich gehen, hilft nur Jesus weiter. Wenn ich nicht mehr kann und unter der Last zusammenzubrechen drohe, kann nur Jesus helfen. Wir dürfen nicht vergessen: Eine Anfechtung ist keine Versuchung. Am Ende sollen wir als Sieger geistlich stärker, reifer und mit mehr Geduld hervorgehen.
Wie kommen wir nicht durch die Anfechtung?Jakobus sagt dazu etwas in den Versen 6-8. Er warnt seine Leser vor einem halbherzigen Glauben. Einem Glauben der per se zweifelnd betet und denkt: „Das wird nichts“. Ein Glaube, der sich von jedem Lüftchen hin und herreißen lässt. William MacDonald führte dazu aus: „Unpassende, aber menschliche Reaktionen auf Anfechtungen sind die Auflehnung und der Trotz: „Ich schaffe das auch ohne Jesus“. Andere resignieren und verlieren den Mut, obwohl sie es mit dem Sieger von Golgatha zu tun haben. Wieder andere verlieren sich in selbst-gerechter Klage: „Gott ist schuld“ oder im Selbstmitlied „Schaut auf mich. Keinem anderen geht’s so schlecht.“ Der Ulmer Theologe Gerhard Maier scherzte ein wenig in seinem Kommentar als er schrieb: „Heute sind tragende Christen gesucht. Christen, die man ertragen muss, gibt’s genug.“ Wir kommen zur letzten Frage.
Worauf können wir in Anfechtungen hoffen?
Worauf können wir in Anfechtungen hoffen?
Um Rat fragen und um Hilfe bitten, ist nicht jedermanns Sache. Wenn man sich einbildet, dadurch sein Gesicht zu verlieren, wird’s schwierig. Jakobus ermutigt uns aber genau das zu tun und Gott um Weisheit zu bitten. Wir finden die Antwort in den Versen 6 und 12.
Der erste Mut Macher: Gott gibt gerne und er macht keine Vorwürfe! Wenn ein Mensch aus der Not der Anfechtung Gott anruft, gilt diese Zusage. Er muss sich nicht über sein Versagen und mangelnde Standhaftigkeit schämen. Er braucht sich nicht verstecken, nur weil er nicht verstanden hat, dass es eine Anfechtung ist. Wir dürfen frei und offen zu Gott kommen und ihn bitten. Und Gott wird weiterhelfen, ohne uns Vorhaltungen zu machen.
Der zweite Mut Macher: Gott beschenkt dich!Vers 12 ist wie eine Seligpreisung aus der Bergpredigt. Das griechische Wort an dieser Stelle wird in einem Lexikon so erklärt: „Jemand hat göttliche Gnade erfahren“. Wenn wir davon ausgehen, dass eine Anfechtung uns in irgendeiner Weise zu Gute kommt, verändert uns das. Das heißt, dass etwas Gutes dabei entsteht oder daraus wird, dann sind wir gesegnete Menschen. Dann sind wir beschenkte Menschen. Das war für Daniel in der Löwengrube nicht ersichtlich. Es ging um Alles. Doch nur einen Tag später wird er mit Ehren überschüttet und konnte einen großen, geistlichen Sieg Gottes miterleben.
Der dritte Mut Macher: Eine Belohnung im Himmel.Wir verstehen Vers 12 falsch, wenn wir meinen, wer nur standhaft genug ist, erlöst sich damit selbst. Rettung geschieht ausschließlich über die Annahme Jesu. Gnade ist ein immer ein Geschenk. Es scheint aber eine Art besondere Ehre für die zu geben, die sich in Glaubens-kämpfen bewährt haben. Das mag sich schon in diesem Leben zeigen, aber sicher spätestens in der Ewigkeit.
Jakobus mutet uns direkt zu Beginn des Briefes Einiges zu. Er will aber praktische Schwierigkeiten des Glaubens erklären und Lösungen zeigen. Ich wünsche uns keine Löwengruben und keine Sintfluten und doch gehört es offenbar zum Glaubensleben dazu mit Schwierigkeiten konfrontiert zu werden. Abschließend noch eine Meinung des vorhin erwähnten Münchner Pastors:
„Ich lerne mehr von Christen, die Anfechtungen erlebt und durchgemacht haben, als von den Christen, die behaupten, immer fröhlich zu sein”.
J. de Oliveria