Aus Schwachheit zur Kraft

Einleitung

Zum Einstieg in die heutige Predigt möchte ich einen Text in Hebräer 11,32-35 lesen:

Hebräer 11,32–35 (NeÜ)

Wie viele andere wären noch zu nennen! Doch die Zeit würde mir fehlen, wenn ich von Gideon und Barak erzählen wollte, von Simson, Jiftach und David, von Samuel und den Propheten. Aufgrund des Glaubens haben sie Königreiche niedergezwungen, für Gerechtigkeit gesorgt und bekommen, was Gott ihnen versprochen hatte. Sie verschlossen Löwen das Maul, löschten glühendes Feuer und entkamen dem tödlichen Schwert. Aus Schwäche gewannen sie Kraft, im Kampf wurden sie stark und schlugen feindliche Heere in die Flucht. Und Frauen erhielten ihre Toten durch Auferstehung zurück.

Hebräer 11 ist das große Glaubenskapitel der biblischen Helden und Heldinnen.

Ganz ehrlich, wer würde nicht gerne selbst mit Namen in dieser Liste drinstehen (außer, dass man dann schon tot ist), bzw. die großen Wunder erleben, die diese Vorbilder des Glaubens erlebt haben.

Alles bis auf vielleicht das: (V.34) “Aus Schwäche gewannen sie Kraft”

“Schwach sein” - Dass bitte nach Möglichkeit nicht, oder? Wer will erst Schwach sein, um dann Kraft zu bekommen?

Und doch liegt in diesem Vers eine starke Ermutigung für uns,

weil - ob wir es wollen oder nicht - alle irgendwann und häufiger als wir denken, uns mit dem Thema Schwäche bzw. Schwachheit auseinandersetzen müsssen.

viele Möglichkeiten für Schwachheiten gibt (körperlich - seelisch -geistig und geistlich)

Auf einen biblischen Helden, der anfangs alles andere als heldenhaft und stark war, passt diese Beschreibung ganz genau: Es ist Gideon aus dem AT.

Er hat ca. um 1200-1100 v.Chr als einfacher Mann und Bauer in Israel gelebt

in einer absolut notvollen Zeit, als Israel wegen seine Sünden und ihrer Abgötterei von seinen Feinden grausam unterdrückt wurde.

Name: “Der Abhauende” - Holzfäller (alles andere als schwach!)

Gideons Geschichte

Wenn wir Gideons Geschichte und seinen Durchbruch von Schwachheit zur Kraft ansehen, dann schauen wir auf 3 Ereignisse genauer:

Die Kelter: Ort der Schwäche und der Fragen

Gottes Reden und Antworten

Glaubensschritte: Wie man aus Schwäche zur Stärke kommt

Die Kelter

Richter 6,11–13 (NLB)

Dann kam der Engel des HERRN und setzte sich unter die geweihte Eiche bei Ofra. Sie gehörte Joasch aus der Sippe Abiëser. Gideon, der Sohn von Joasch, drosch gerade Weizen unten in der Kelter, um es vor den Midianitern in Sicherheit zu bringen. Der Engel des HERRN erschien ihm und sagte: »Der HERR ist mit dir, tapferer Held!« »Ach, Herr«, entgegnete Gideon, »wenn der HERR mit uns ist, warum ist uns dann all das passiert? Wo bleiben die Wunder, von denen unsere Vorfahren uns erzählten? Sagten sie nicht: ›Der HERR hat uns aus Ägypten herausgeführt‹? Jetzt hat der HERR uns verlassen und an die Midianiter ausgeliefert.«

Gideons Schwachheit hatte 3 Gründe:

Gideons Schwäche war erstens seine Angst, seine Furcht vor den Midianitern, die auch durchaus begründet war

Das wir Angst oder Furcht erleben ist menschlich. Jesus selbst sagt in Joh 16: „In der Welt habt ihr Angst“

Angst ist unsere natürliche Reaktion auf eine Bedrohung, die wir erleben, ob real, als tatsächliche Bedrohung oder als neurotische Angst vor einer Gefahr, die wir nicht kennen.

Wichtig: Neurotische Angst ist keine Einbildung! Sie ist für den Betreffenden sehr real und auch sehr präsent (Auswirkungen)!

Also:

Zweifel, Ängste und andere Schwächen sind menschlich. Selbst die größten Helden der Bibel hatten sie. (Mose, Elia, Abraham…)

Sie sind kein Hindernis für Gott, Dich nicht zu gebrauchen oder das Du Dein gottgegebenes Potential entfalten und dem Ruf Gottes folgen kannst.

Und sie sind kein Widerspruch zum Glauben.

Das Problem mit der Schwachheit und hier der Angst, ist die eigene Sichtweise und Wertung des eigenen Zustands.

Gideon hatte nur 2 Möglichkeiten: Sich der Herausforderung zu stellen und evtl. zu kämpfen oder zu fliehen.

Die zweite Schwäche Gideons war seine eigene Wahl zu fliehen bzw. sich zu verstecken

Menschlich verständlich und nachvollziehbar, aber nicht Gottes Wille für ihn. (sehen wir gleich noch)

Die Kelter ist Gideons eigene Wahl sich zu schützen und zu überleben.

Rückzug und Selbstschutz engen ein, beschränken Dich, der Glaube führt in die Weite.

Die dritte Schwäche Gideons war seine Selbsteinschätzung

Wer ständig flieht und sich zurückzieht verliert immer mehr das Selbstvertrauen.

Es entwickeln sich Frust, Pessimismus und eine Apathie im Leben. (Man funktioniert auf Sparflamme, keine Begeisterung, keine positive Sicht auf die Zukunft)

Selbst die Ermutigungen und Zusagen Gottes konnten Gideon zunächst nicht aus seinem Selbstzweifel und dem Gefühl von Unwürdigkeit und Ohnmacht bringen.

Nicht wundern, wenn das bei uns auch nicht funktioniert! Lieber beten, als zu viele gutgemeinte Zusprüche und Ratschläge zu geben!

Schau mal wie Gideon sich selbst sieht und bewertet!

Richter 6,13 (NLB)

»Ach, Herr«, entgegnete Gideon, »wenn der HERR mit uns ist, warum ist uns dann all das passiert?

Typisch, den Grund der Schwäche in Umständen oder bei Anderen zu suchen. Kein Gedanke, dass Gideon sich der Schwachheit ergeben hatte (Was hat das mit mir zu tun?)

Richter 6,15 (NLB)

»Aber mein Herr«, antwortete Gideon, »womit kann ich Israel retten? Meine Sippe ist die schwächste im ganzen Stamm Manasse und ich bin der Jüngste in meiner Familie!«

Rechtfertigung eigener Mängel und Schwächen. “Ich kann ja nicht anders!”

Interessant, dass Gott nicht direkt auf Gideons Zweifel eingeht, ihn nicht deswegen tadelt, ihn nicht korrigiert oder ihm hilfreiche Tipps gibt!!!

Gottes Reden

Das Erste, was Gott Gideons als Antwort für seine Schwachheit gibt, ist Ermutigung!

Wie gesagt, nicht gute Ratschläge oder die “5 Schritte aus der Schwachheit heraus”

Richter 6,12 (NLB)

Der Engel des HERRN erschien ihm und sagte: »Der HERR ist mit dir, tapferer Held!«

Wir haben schon gesehen: Angst und Schwachheit haben das Potential Deine Sicht und Wahrnehmung über Dich oder Deine Situation völlig zu verzerren!

Gideon glaubte weder an Gottes Stärke in ihm noch das Gott überhaupt mit ihm war!

Der Engel des Herrn spricht die Wahrheit über ihm aus!

»Der HERR ist mit dir, tapferer Held!«

„Gideon, ob Du das glaubst, momentan fühlst oder ob Du es Dir vorstellen kannst, es ist die Wahrheit!“

Aber in Gideons Reaktion sehen wir auch, dass Ermutigung und Einsicht zur Wahrheit Gottes zu bekommen unter Umständen ein langer Weg, ein Prozess, sein kann.

Je größer die Entmutigung und die Kraftlosigkeit, desto länger dauert es unter Umständen zur Ermutigung und zu Schritten heraus zu kommen.

Darin kann ich Gideon gut verstehen. Anfang Januar 2023 haben wir die Jahreslosungen gezogen. Und 2x habe ich exakt denselben Bibelvers als Zusage bekommen: „Der Herr ist mit mir, Darum fürchte ich mich.“

Was habe ich getan? Weiter in der Kelter Weizen gedroschen…

Zweitens: Gideon Du bist nicht allein (auch wenn du das denkst und so fühlst)

Richter 6,16 (NLB)

Der HERR sagte zu ihm: »Ich werde mit dir sein. Du wirst Midian vernichten, als wäre es nur ein einziger Mann.«

„Gideon, ich kann Deine Kämpfe nicht für Dich kämpfen. Ich kann Dich nicht aus der Kelter herausbewegen, aber ich bin an Deiner Seite, bin mit Dir mit jedem Schritt den Du machst! Aber wenn Du Dich nicht bewegst, ändert sich nichts.“

Fragen:

Wie siehst Du Dich und Dein Leben momentan?

Hast Du irgendwo in Deinem Leben den Rückzug angetreten und Deinen Schutzraum, deine Kelter aufgesucht?

Bist Du frustriert und suchst Antworten warum?

Gottes dritte Antwort: Raus aus der Kelter und rein ins Leben!

Richter 6,14 (NLB)

Da wandte sich der HERR zu ihm und sagte: »Geh mit der Kraft, die du hast, und rette Israel vor den Midianitern. Ich sende dich aus!«

Glaubensschritte

Wie gerne würden wir lieber lesen, dass Gott sagt: “Gideon, geh mit meiner Kraft”, oder: “mit der Kraft, die ich Dir gebe.”

Gott beruft ausgerechnet den, der sich schwach und unwürdig sieht, fühlt und auch so handelt!

Das ist der Entscheidende Punkt, um von der Schwachheit zur Kraft aus Gott zu kommen: Das, was ich habe (nicht mehr und nicht weniger!) einzusetzen um erste Schritte im Vertrauen auf Gott zu machen.

Wenn ich das nicht tue, bleibe ich in meinem engen Schutzraum, meinem Rückzugsort, meiner geistlichen Kelter!

Was hier der Engel des Herrn mit Gideon macht, ist wie moderne Verhaltenstherapie im Umgang mit Ängsten und Angststörungen.

„Der Weg aus der Angst führt direkt durch sie hindurch! Wer auf Grund übertriebener Befürchtungen eine Situation oder ein Objekt meidet, wird die Angst am schnellsten los, wenn er sich stattdessen mit ihr konfrontiert.“

Das geht oft schrittweise! Vorher Startimpuls (Ermutigung und Stärkung)

Bevor Gideon gegen die Midianiter kämpft, hat Gott eine andere Aufgabe für ihn! DER ERSTE SCHRITT AUS DER KELTER

Richter 6,25–27 (NLB)

In dieser Nacht sprach der HERR zu Gideon: »Nimm den Stier deines Vaters und zwar den zweiten, der sieben Jahre alt ist. Reiß den Altar ein, den dein Vater dem Baal errichtet hat, und haue den Ascherapfahl um, der danebensteht. Dann bau dem HERRN, deinem Gott, hier auf der Höhe dieser Befestigung einen Altar und bereite ihn für ein Opfer vor. Bring dann den siebenjährigen Stier als Brandopfer auf dem Altar dar. Als Feuerholz gebrauche das Holz des Ascherapfahls, den du umgehauen hast.« Gideon nahm zehn von seinen Knechten und befolgte die Anweisungen des HERRN. Er tat es jedoch nicht am Tag, sondern in der Nacht, denn er hatte Angst vor seiner Familie und vor den Leuten in der Stadt.

Von der Kelter zum ersten Auftrag. Und was für einer! Der erste Schritt heraus!

Zu groß, dass Gideon ihn rein aus menschlicher Kraft hätte tun können, aber Gott weiß was und wieviel er uns zumutet!

David hat erst gegen Löwen und Bären gekämpft, bevor es gegen Goliath ging

Israel hat sich erst in der Wüste bewährt, bevor sie das Gelobte Land einnehmen sollten

Wie heldenhaft hat Gideon den Auftrag erfüllt? Hatte er seine Schwachheit und Angst vollständig besiegt? Nein, Trotzdem war Gott mit ihm!

Nach dieser Aktion bekommt Gideon Richtig Gegenwind!

Wenn wir Schritte im Glauben machen, werden wir auf Widerstände und Herausforderungen treffen.

Der Feind will nicht, dass wir die Kelter verlassen!

Deine Angst und Deine Schwachheit will nicht, dass Du Deinen Rückzugsort, Deine menschliche Sicherheit verlässt.

Jetzt kommt das „Durch den Glauben“ aus Hebräer 11 ins Spiel. Vertraue ich auf mich, meine Umstände oder auf Gott?

Schluß

„Wir neigen vielleicht dazu, andächtig auf die großen Macher zu schauen, legen dabei aber selber die Hände in den Schoß bzw. verkriechen uns wie Gideon in irgendwelchen Löchern. Oder wir haben Entschuldigungen und Ausflüchte (z. B. Mose, Jeremia) und fühlen uns zu klein, zu jung, zu alt, zu schwach u.v.m. Gott will durch Dich Menschen retten, Gott will mit Dir Geschichte schreiben. So wie Gideon aus seinem Versteck herausgerufen wurde, so laß auch Dir zurufen: „Der HERR ist mit Dir, Du tapferer Held!“.“

Pastor Andreas Mertin