Einheit in Liebe

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zum ökumenischen Gottesdienst zur Einheit der Christen ACK

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Liebe Geschwister im Glauben,
es ist uns eine Freude, euch heute zu diesem ökumenischen Gottesdienst für die Einheit der Christen zu begrüßen.
Gemeinsam wollen wir über die Grenzen unserer Konfessionen hinweg treten und uns auf das verbindende Band unserer christlichen Identität konzentrieren.
Es gibt Momente im Leben, die uns tief berühren, und oft sind es Geschichten, die uns in ihrer Vielfalt und Tiefe fesseln.
Die meisten von uns sind mit der Welt von Harry Potter vertraut – sei es durch das Lesen der Bücher oder das Anschauen der Filme.
Einige von uns sind mit diesem Kult aufgewachsen.
Die Faszination für diese Zauberwelt kann unterschiedliche Gründe haben, und es steht jedem frei, sie gut oder schlecht zu finden.
Vor nicht allzu langer Zeit äußerte sich die Autorin J.K. Rowling kritisch zu bestimmten Themen, und das rief verschiedene Reaktionen hervor.
In meinem persönlichen Umfeld hörte ich von jemandem, der entschied, alles, was vor Rowling geschaffen wurde, zu boykottieren – keine Bücher mehr zu lesen, kein Merchandise zu kaufen, und jegliche Unterstützung zu verweigern.
Diese Reaktion hat mich nachdenklich gemacht.
In unserer Gesellschaft beobachten wir zunehmend den Trend, sich von Menschen mit abweichenden Meinungen zu distanzieren.
Die Bildung von "Bubbles", in denen nur Gleichgesinnte existieren, wird zur Norm.
Cancel Culture, das rigorose Verurteilen und Ausgrenzen von Menschen aufgrund abweichender Ansichten, gewinnt an Bedeutung.
Doch ist das der Umgang, den wir miteinander haben sollten?
Im Laufe der Geschichte hat es immer wieder Spaltungen und Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Konfessionen und Denominationen gegeben.
Begriffe wie Schismen, Konzile, Reformation und Glaubenskriege zeugen von den Herausforderungen, die die christliche Gemeinschaft erlebt hat.
Selbst heute können wir Unterschiede in der liturgischen Praxis, der theologischen Ausrichtung und den kirchenpolitischen Ansichten feststellen.
Doch sollten wir uns in dieser Vielfalt nicht verlieren, sondern vielmehr die Möglichkeit sehen, aus unseren Differenzen zu lernen und unsere Einheit in Christus zu betonen.
Unsere heutige Feier steht im Zeichen der Einheit, und es stellt sich die Frage, ob es nicht wichtiger ist, darauf zu schauen, was uns verbindet, anstatt uns auf das zu konzentrieren, was uns trennt.
Die Geschichte vom barmherzigen Samariter ermutigt uns, einen völlig anderen Umgang miteinander zu wählen.
Jesus selbst ermutigt uns, die gesetzten Grenzen zu überwinden und nach den Prinzipien der Barmherzigkeit und Liebe zu handeln.
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Zu Jesu Zeiten waren zwar manche Themen, die Christopher gerade ansprach, noch nicht akut, dafür viele anderen, die auch die damalige Gesellschaft trennten und zur Bildung von "Bubbles" mit Gleichgesinnten führten. Es gab verschiedene Parteien und Gruppierungen innerhalb der jüdischen Gesellschaft, die wir z.T. aus den Evangelien kennen: Zeloten, Pharisäer, Schriftgelehrten, Essener und Sadduzäer, oder die Anhänger des Herodes. Innerhalb der Grenzen von Judäa lebten auch viele nichtjüdische Bevölkerungsgruppen, es gab noch die römische Besatzungsmacht und schließlich auch die Samariter, die im heutigen Gleichnis eine große Rolle spielten.
Jesus lobt den Gesetzeslehrer für seine Zusammenfassung der traditionellen jüdische Lehre aus Deuteronomium 6,5: „Darum sollst du den HERRN, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft“; und Levitikus 19,18b: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ „Du hast recht geantwortet; tu das, so wirst du leben,“ sagt er, anerkennend. (Lk. 10,28) Hinter der darauffolgenden Rückfrage des Gelehrten: „Wer ist denn mein Nächster?“ (Lk. 10,29) steckt aber die Idee, dass die biblische Verpflichtung zur Liebe sich irgendwie beschränken ließe. Traditionell glaubte man nämlich, dass sich diese Verpflichtung nur auf andere Israeliten und die im Land wohnenden Fremden erstreckt. Später, unter dem Einfluss von Invasionen durch fremde Mächte, wurde das Gebot so verstanden, dass es sich nicht auf Fremde bezieht, die zu Besatzungsmächten gehören, und schon gar nicht auf Feinde, ob vermeintlich oder echt. Und dann, als im Judentum im Lauf der Zeit unterschiedliche religiöse Parteien entstanden, wurde es manchmal sogar so interpretiert, dass es nur für die eigene Partei gilt.[1]
Wenn wir aber offen und ehrlich sind, gab es früher auch ähnliche Zeiten innerhalb des Christentums, Christopher hat bereits einige Beispiele erwähnt ... auch Baptisten und Anglikaner waren z.B. nicht immer beste Freunde!
Im Gleichnis des barmherzigen Samariters stellt Jesus klar, dass das Gebot der Liebe weit über die vom Gesetzeslehrer angenommenen Grenzen hinausgeht. Sie schließt nicht nur alle jüdischen Gruppierungen ein, sondern auch die „irrgläubigen“ Samariter. Und an anderer Stelle in den Evangelien, z.B. in der Bergpredigt, wird auch deutlich, dass alle Menschen, alle Völker, und zwar auch Feindesvölker, gemeint sind. Kein Wunder: Gottesliebe – unsere Liebe für Gott und die Liebe Gottes für uns – und Nächstenliebe gehören zusammen. So wie Gottesliebe keine Grenzen kennt, so kann es auch für die Nächstenliebe keine Grenzen geben … auch heute nicht. Wer den notleidenden Nächsten ignoriert, ignoriert auch Gott.
Das Gleichnis sagt aber nicht nur etwas darüber aus, für wen die Nächstenliebe gilt, sondern auch, wie diese Liebe aussieht. Sie ist nicht nur ein abstrakter theologischer Begriff. Der Gesetzeslehrer fragt danach, was er tun muss, „dass ich das ewige Leben ererbe“ (Lk. 10,25) Jesu Antwort bezieht sich aber nicht auf die Endzeit oder das Leben nach dem Tod, sondern auf das Hier und Heute: „Tu das, so wirst du leben!“ (Lk. 10,28) Es geht dabei um tätige Nächstenliebe und um konkretes Handeln, nette Gedanken reichen nicht aus.
Wir wissen nicht, was der Priester und Levit gedacht haben im Vorbeigehen, vielleicht haben sie auch für den Mann kurz gebetet. Es reicht aber nicht. Nur der Samariter, der sich um seine Wunden und Wohlergehen kümmerte, zeigte wahre Nächstenliebe und damit auch wahre Gottesliebe. Daher die Aufforderung Jesu: „Dann geh und handle du genauso!“
Was schließen wir daraus für unser Handeln, unser Leben? Die Grundstruktur des heutigen Gottesdienstes wurde in Burkina Faso entwickelt. Die Einladung, gemeinsam an den Texten für die Gebetswoche für die Einheit der Christen 2024 zu arbeiten, forderte die verschiedenen Kirchen in Burkina Faso dazu heraus, in gegenseitiger Liebe miteinander zu gehen, zu beten und zusammenzuarbeiten, auch zum Wohl der Menschen ihres Landes. Sie erlebten ihre gemeinsame Arbeit als einen echten Weg der ökumenischen Umkehr.[2]
Unsere Zusammenarbeit heute bei diesem Gottesdienst, wie bei den anderen gemeinsamen Projekten der ACK Wiesbaden, ist ebenfalls ein Zeichen dafür, dass wir längst bereit sind, die von Menschen gemachte Grenzen zu überschreiten, um miteinander Gott zu dienen: unsere Gemeinsamkeiten sind stärker als unsere Unterschiede. Ich denke, dass die gesellschaftlichen Entwicklungen, besonders die zunehmende Säkularisierung, uns zu noch mehr Zusammenarbeit zwingt, damit die Botschaft Jesu laut und deutlich und vielstimmig gehört und erlebt wird.
Für die tätige Nächstenliebe in ökumenischer Gemeinschaft gibt es ausreichend Gelegenheit. Die Diakonie und die Teestube würden sich z.B. über weitere Kirchen aus allen Konfessionen freuen, die bereit sind, ein Minihaus für Obdachlose auf ihren Grundstücken aufstellen zu lassen. Es gibt viele mögliche, gemeinsame Handlungsfelder. Gemeinsame, aktive und sichtbare Nächstenliebe im Namen des Herrn ist nämlich die beste Möglichkeit, unseren gemeinsamen Glauben in der Öffentlichkeit auszuleben und zu bezeugen.
Parallel zu unserem Gottesdienst findet heute eine Kundgebung der Wiesbadener Bündnis für Demokratie statt, zu den Mitgliedern gehören einige Kirchen, auch meine. Das Motto der Veranstaltung ist „Demokratie verteidigen – ‘Nie wieder’ ist jetzt!“ Anlass ist u.a. das jüngst bekannt gewordene unsägliche Geheimtreffen, bei dem führende AfD-Mitglieder mit Rechtsextremen über Pläne zur Massendeportation von Menschen mit Migrationshintergrund sprachen – was auch wieder ein Versuch ist, den Begriff des Nächsten ganz eng zu fassen! Daher gilt auch im übertragenen Sinne, dass wir nicht – wie der Priester und Levit im Gleichnis - einfach vorbeigehen können, sondern zusammen mit anderen Menschen guten Willens unsere offene und vielfältige Gesellschaft aktiv verteidigen müssen, und nicht nur weil viele unsere Mitgliedskirchen, ihren Ursprung in der Migration haben.
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Während wir heute über die Einheit in Christus nachdenken, erkennen wir, dass unsere Gemeinschaft nicht nur auf vergangenen Traditionen und Glaubensgrundsätzen basiert, sondern auch auf der Verpflichtung, Liebe und Barmherzigkeit aktiv in unserem Leben zu praktizieren.
Inmitten der vielfältigen Herausforderungen und Meinungsverschiedenheiten, die uns umgeben, dürfen wir nicht vergessen, dass Jesus uns dazu aufruft, die gesetzten Grenzen zu überwinden und tätige Nächstenliebe zu zeigen.
In dieser Einheit liegt eine Vision für unsere christliche Gemeinschaft.
Eine Vision, die uns dazu antreibt, Brücken zu bauen, wo Mauern stehen, und einander in Liebe zu begegnen, selbst wenn unsere Überzeugungen unterschiedlich sind.
Die Vision, die wir heute teilen, geht über die Grenzen von Konfessionen und Denominationen hinaus, sie erfasst die Essenz unseres Glaubens – die Liebe zu Gott und unseren Nächsten.
Lasst uns als Gemeinschaft zusammenstehen, inspiriert von der Botschaft Jesu, und uns bemühen, unsere Liebe durch konkretes Handeln auszudrücken.
Denn die Welt da draußen sieht auf uns, auf unsere Einheit und unser Zeugnis.
Wir haben Einfluss auf diese Gesellschaft, wenn wir die Liebe nicht vergessen.
In einer Welt, die oft von Spaltungen und Konflikten geprägt ist, können wir durch unsere vereinte Liebe einen Unterschied machen und zeigen, dass die Kraft der Einheit stärker ist als die der Trennung.
Erlaubt mir nun, ein persönliches Erlebnis zu teilen, das mich nachdenklich stimmte.
Ein ehemaliger Kommilitone erzählte mir von einem Gespräch mit einem Rabbiner. Dieser äußerte, dass sich viele Rabbiner mit dem Christentum beschäftigen und prüfen, ob es doch wahr sein kann.
Aber sie kämen immer zu dem Schluss, dass das Christentum nicht die Wahrheit enthalten könne, da es so zersplittert und zerstritten sei.
Diese Worte ließen mich innehalten und darüber nachdenken.
Ich erinnerte mich daran, dass Jesus selbst sagte: “Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt" (Johannes 13,35).
Unsere Einheit und Liebe zueinander sind mächtige Zeugnisse für die Wahrheit unseres Glaubens, und sie sprechen lauter als jeder Dissens.
Lasst uns innehalten und darüber nachdenken, wie wir, inmitten unserer Vielfalt, als lebendiges Zeugnis für Gottes Liebe dienen können.
Die unterschiedlichen Facetten unseres Glaubens mögen wie ein Kaleidoskop erscheinen, aber wenn wir das Licht der Liebe darauf richten, entsteht ein faszinierendes Muster, das die Herzen der Menschen berührt.
“Wenn wir lernen, einander ungeachtet unserer Unterschiede zu lieben, können wir Christen “Nächste” werden wie der Samariter im Evangelium.”[3]
Möge unser gemeinsames Bekenntnis zu Christus nicht nur in Worten, sondern vor allem in unserer liebevollen Gemeinschaft und unseren Taten sichtbar werden.
So können wir als Kirche die Welt beeinflussen und Hoffnung in die Dunkelheit bringen, indem wir an dem festhalten, was uns eint – die Liebe zu Gott und unseren Nächsten.
Lasst uns auch auf einige positive Beispiele hinweisen, die das strahlende Muster der Liebe in unserer Gemeinschaft weiter verdeutlichen und zeigen, dass Grenzen durch Liebe überwunden werden können.
Wenn unterschiedliche Konfessionen gemeinsam diakonische Projekte initiieren, ökumenische Gottesdienste veranstalten, sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen, Bildungsprojekte fördern und in ökumenischen Partnerschaften missionarisch tätig werden, erkennen wir Gottes Wirken und seine Liebe, die durch uns hindurchfließen.
Diese inspirierenden Initiativen sind nicht nur das Ergebnis menschlicher Anstrengungen, sondern auch das Werk des Heiligen Geistes, der uns in der Einheit und Liebe miteinander leitet.
Wenn wir in diesen Beispielen das Wirken Gottes erkennen, wird unsere Hoffnung gestärkt, dass seine Liebe durch unsere vereinte Anstrengung die Welt transformieren kann.
Wir laden zu einem Moment der Stille ein, in der ihr über eure persönliche Verantwortung nachdenken sollt.
Wie können wir in unseren Gemeinden und darüber hinaus aktiv werden, um die Liebe Gottes und die Barmherzigkeit Jesu Christi in die Welt zu tragen?
Lasst uns diesen Moment nutzen, um unser Herz für die Inspiration des Heiligen Geistes zu öffnen und die Vision einer vereinten, liebevollen Gemeinschaft zu verwirklichen.
AMEN.
[1] Aus der „Einführung in das Thema der Gebetswoche 2024“
[2] Aus der „Einführung in das Thema der Gebetswoche 2024“
[3] Aus der „Einführung in das Thema der Gebetswoche 2024“
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