Begegnung mit sich selbst: Selbstreflexion und Wachstum

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Im Namen Jesu begrüße ich Euch zur Predigt! Marion und ich freuen uns,
nach dem Urlaub wieder hier zu sein und Euch wiederzusehen. „Begegnung
mit sich selbst: Selbstreflexion und Wachstum“ ist das Thema der heutigen Predigt.“
Begegnung mit sich selbst. Klingt gut - oder doch nicht? Denn: Wollen wir eigentlich uns
selbst begegnen – oder lieber doch nicht? Und wenn wir es wollen: Wann begegnen wir
eigentlich uns selbst? Wann, wie und wodurch kommen wir denn zu Selbstreflexion und
Wachstum? Ich füge in das Predigtthema daher erst mal zwei dicke Fragezeichen ein:
Begegnungen mit sich selbst? Selbstreflektion und Wachstum? Ich habe mich gefragt:
Können wir uns selbst begegnen, wo wir uns doch Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für
Jahr an uns selbst gewöhnen und das eigene Fühlen, Denken und Verhalten völlig selbst-
verständlich wird. Egal, ob wir mit voller Überzeugung für richtig halten, wie wir denken,
reagieren und handeln. Oder, ob wir vom Typus uns in Gefühlen, Gedanken und tun gar
nicht groß wahrnehmen. Selbst wenn wir unter uns leiden und über unser Leben am
Grübeln sind: Wir selbst sind uns am besten vertraut und wir laufen in einer gewissen
Weise automatisiert durch unser Leben, ohne uns selbst zu begegnen oder zu Selbstre-
flexion und Wachstum zu kommen. Auch wenn wir die deutliche Reaktion eines Gegen-
übers erleben, dass unser Verhalten nicht so selbstverständlich ist, wie es uns selbst
scheint; oder einen Moment des Erschreckens über uns selbst erleben; oder wiederholt an
die Grenzen unseres Fühlens, Denkens und Verhaltens stoßen - kehren wir nicht allzuleicht
wieder zurück zu den eingeübten und meist unreflektierten Gewohnheiten unseres
Fühlens, Denkens und Verhaltens?
Im sogenannten Johari-Fenster, benannt nach den
Vornamen der amerikanischen Sozialpsychologen
Joseph Luft und Harry Ingham wird versucht die
bewussten und unbewussten Persönlichkeits- und
Verhaltensmerkmale zwischen unserem Selbst und
anderen darzustellen. Aus dem was mir über mich
selbst bekannt oder unbekannt, bzw. den anderen
über mich bekannt oder nicht bekannt ist ergeben sich 4 Wahrnehmungsfelder, deren
Beschreibung ihr je kurz auf der Folie lesen könnt. Darunter der private Bereich meines
Selbst, meine Geheimnisse, die nur ich den anderen offenbaren kann. Oder der sprich-
wörtlich gewordene „blinde Fleck“ unserer Selbstwahrnehmung, den mir nur die anderen
wie in einem Spiegel zeigen können, was befreiend oder auch schmerzhaft sein kann. Wir
alle brauchen einen Spiegel, um uns selbst zu begegnen und zu Selbstreflexion und Wachs-
tum zu kommen.
Der Wunsch oder die Angst sich selbst zu begegnen, Geheimnisse unseres Selbst oder
blinde Flecken sind keine Entdeckungen der Neuzeit, sondern begegnen uns schon in den
Texten der Bibel: Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz. Prüfe mich und erkenne
meine Gedanken! Sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf dem
ewigen Weg! Ps 139,23.24
Wer in Google nach „Begegnung mit sich selbst“ sucht findet auf den ersten Klick
Dutzende von Webseiten und Videos mit wörtlichem oder thematischem Bezug oder
verschiedensten Anleitungen zur Selbstbegegnung. Aber nachdenkenswerter Weise, auch
wenn man lange immer weiter scrollt findet sich kein offensichtlicher Bezug zu Gott. Die
Frage, was die Quelle einer Begegnung mit mir selbst ist, kann m.E. zwei grundlegend
verschiedene Antworten finden: Ich begegne mir selbst durch mich selbst und andere
Menschen. Oder: Ich begegne mir selbst durch Gott, mich selbst und andere Menschen.Vor unserer Begegnung mit uns selbst, vor Selbstreflexion und Wachstum ist bereits
Realität: Du hast mich erforscht und erkannt. Psalm 139,1 Gott, ist der Einzige, der alle
vier Bereiche unseres Johari-Fensters kennt. Er weiß, wie ich mich nach außen präsentiere,
was ich dabei über mich selbst denke, aber auch die anderen an mir wahrnehmen. Er weiß
meine Geheimnisse. Er kennt meine blinden Flecken und selbst das, was weder mir, noch
anderen über mich bewußt ist ist von Gott erforscht und erkannt.
Wie ist dieser Gedanke für Dich: Gott kennt alle Bereiche Deines Lebens? Geheimnisse?
Blinde Flecken? Sogar Dein Unbewusstes? Ist das ermutigend oder eher Unbehagen
einflößend für Dich? Manche Verse von Psalm 139 können ermutigend oder unbehaglich
empfunden werden:
Wohin sollte ich fliehen vor deinem Geist, wo könnte ich deiner Gegenwart entrinnen?
Steige ich hinauf in den Himmel – du bist da. Verstecke ich mich in der Totenwelt – dort
bist du auch. Eilte ich dorthin, wo die Sonne aufgeht, oder versteckte ich mich im
äußersten Westen, wo sie untergeht, auch dort wird deine Hand nach mir greifen, auch
dort lässt du mich nicht los. Bäte ich die Finsternis, mich zu verbergen, und das Licht um
mich her, Nacht zu werden, könnte ich mich dennoch nicht vor dir verstecken denn
selbst die Finsternis wäre nicht finster für dich, und die Nacht würde leuchten wie der
Tag. Ja – für dich wäre tiefste Dunkelheit so hell wie das Licht! Ps 139,7-12
Fliehen, entrinnen, verstecken, deine Hand greift nach mir, verbergen und wieder verstek-
ken … Ermutigung oder Unbehagen entscheiden sich an meinem Gottesbild. Ist Gott für
mich der strenge Überwachungsgott? Oder ist er für mich der „Abba“, der Vater Jesu?
Wenn Gott für mich der Überwachungsgott ist, werde ich verrückterweise versuchen,
mich vor ihm zu verstecken, auch wenn er der Einzige ist, der mir zu umfassender und
befreiender Begegnung mit mir selbst, Gottesreflexion, Selbstreflexion und Wachstum
verhelfen kann. Wenn Gott in erster Linie, wie Jesus es hervorhebt, der barmherzige Vater
ist, dann ist es nicht mehr erschreckend, sondern ermutigend, daß er immer um mich ist,
selbst in meinen dunkelsten Momenten oder in vollkommener Selbstblindheit. Dann wird
ermutigend und befreiend, daß er mein guter Schöpfer ist, der mich erstaunlich, ausge-
zeichnet und wunderbar ins Leben gerufen hat:
Denn du bildetest meine Nieren. Du bargst mich in meiner Mutter Leib. Ich preise dich
darüber, dass ich auf eine erstaunliche, ausgezeichnete Weise gemacht bin. Wunderbar
sind deine Werke, und meine Seele erkennt es sehr wohl. Nicht verborgen war mein
Gebein vor dir, als ich gemacht wurde im Verborgenen, gewoben in den Tiefen der Erde.
Meine Urform sahen deine Augen. Und in dein Buch waren sie alle eingeschrieben, die
Tage, die gebildet wurden, als noch keiner von ihnen da war. Für mich aber – wie
kostbar sind deine Gedanken, Gott! Wie gewaltig sind ihre Summen! Psalm 139,13-17
Lasst diese Wahrheit über Euch einen Moment still auf Euch wirken … Wenn Gott der
Abba-Vater Jesu, wenn er meine Urform kunstvoll gewoben hat, dann kann er mich am
tiefsten zur Begegnung mit ihm und damit mir selbst führen und ist die beste Quelle für
Selbstreflexion und Wachstum, die ich ohne Angst erbitten und zulassen kann:
Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz. Prüfe mich und erkenne meine Gedanken!
Sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf dem ewigen Weg! Ps 139,23.24
Gott, begegne mir, wie ein Geliebter und eine Geliebte einander erkennen. Offenbare mir,
wie in einem Spiegel mein Herz, den Ort meiner Vernunft, meines Gedächtnisses, meines
Planens, meiner Entschlüsse und Gefühle, den Sitz meines Gewissens. Gott, sein mein
umfassender Johari-Spiegel egal, ob es meine blinden Flecken, Geheimnisse, mühselige,
trügerische, falsche oder Wege, los von Gott sind. Leite mich auf dem ewigen, deinem
Weg, der mich meine Urform, mein Selbst erkennen lässt und heilsames, befreiendes
Wachstum meines Lebens, Liebens und Glaubens bewirkt. Amen!
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