Sprache und Verwirrung

Bibelwoche 2023 / 2024   •  Sermon  •  Submitted   •  Presented
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Sprache und Verwirrung

Begrüßung

Heute beschäftigen wir mit einem der letzten Abschnitte der biblischen Urgeschichte “Dem Turmbau zu Babel”.
Zuhause habe ich im Büro ein Plakat des Grafikers Tiki Küstenmacher hängen. Darauf sind drei Handwerker zu sehen, die auf dem Bau tätig sind. Jeder von ihnen hat eine andere Vision. Der erste sagt “Ich behaue einen Stein”. Der zweite sagt: “Ich baue ein Fenster” Und der dritte sagt: “Ich baue eine Kathedrale. Welch von den dreien hat die größte Vision und wird am Weitesten kommen?
Nun die Menschen in Babel hatten auch eine Vision. Sie wollten einen Turm bauen. Er ist wie das antike Äquivalent zu einem Wolkenkratzer-Projekt. Aber wir wissen, leider stand das Projekt von Beginn an unter einem unglücklichen Stern. Die Menschen sind voller Ideen und Pläne, aber am Ende bricht alles aufgrund von Missverständnissen und Konflikten zusammen.
Wie das dazu kam, darüber wollen wir heute nachdenken!

Losung

Psalm

Gebet

Herr unser Gott, wir danken dir, dass wir heute hier zusammenkommen sind, um dein Wort nachzudenken. Hilf uns, wachsam zu sein und offen für die Botschaft, die du uns durch diese sagen willst. Und segen auch unsere Gemeinschaft. Amen.609

Lied GiuG 42 Gott ist gegenwärtig

Essen

Lied Denn du bist groß (ein Gott, der Wunder tut) – Feiert Jesus 1 103

Bibelarbeit

Genesis 11:1–9 ZB 2007
1 Alle Bewohner der Erde aber hatten eine Sprache und ein und dieselben Worte. 2 Als sie nun von Osten aufbrachen, fanden sie eine Ebene im Land Schinar und liessen sich dort nieder. 3 Und sie sagten zueinander: Auf, wir wollen Ziegel formen und sie hart brennen. So diente ihnen der Ziegel als Baustein, und der Asphalt diente ihnen als Mörtel. 4 Und sie sagten: Auf, wir wollen eine Stadt bauen und einen Turm, dessen Spitze bis an den Himmel reicht, und uns so einen Namen machen, damit wir uns nicht über die ganze Erde zerstreuen. 5 Da stieg der HERR herab, um die Stadt zu besehen und den Turm, die die Menschen bauten. 6 Und der HERR sprach: Sieh, alle sind ein Volk und haben eine Sprache. Und dies ist erst der Anfang ihres Tuns. Nun wird ihnen nichts mehr unmöglich sein, was immer sie sich zu tun vornehmen. 7 Auf, lasst uns hinabsteigen und dort ihre Sprache verwirren, dass keiner mehr die Sprache des andern versteht. 8 Und der HERR zerstreute sie von dort über die ganze Erde, und sie liessen davon ab, die Stadt zu bauen. 9 Darum nannte man sie Babel, denn dort hat der Herr die Sprache aller Bewohner der Erde verwirrt, und von dort hat der HERR sie über die ganze Erde zerstreut.
Keine Google-Apps und keine Dolmetscher waren nötig, damit die Menschen sich verstehen. Wer jetzt gerade in diesen Tagen mit Ukraine-Flüchtlingen oder auch anderen Flüchtlingen zu tun hat, der weiß, wie schwierig es ist, sich mit ihnen zu verständigen. Ukrainisch können wir nicht, russisch wollen diese nicht sprechen, englisch geht manchmal, deutsch kaum. Eine Übersetzungsapp kann helfen. Doch einfach ist es nicht. Da sehnt man sich zu der Zeit zurück, wo alle eine Sprache sprechen.
Stell dir vor, die Menschen wollten einen Turm bauen, der bis in den Himmel reicht. Das ist, als würdest du versuchen, einen Wolkenkratzer im Weltall zu errichten! Da wird deutlich, dass übermäßiger Stolz und Größenwahn uns von Gott entfernen können.
Die Geschichte von Babel in Genesis 11:1-9 beschreibt, wie die Menschen sich zusammenschlossen, um einen Turm zu bauen, um den Himmel zu erreichen. Gott beendete ihr Vorhaben, indem er ihre Sprachen verwirrte, was zur Zerstreuung der Menschen über die Erde führte. Der Turm von Babel symbolisiert den menschlichen Drang nach Ruhm und Unsterblichkeit. Die Erzählung verwendet geschickt Wortspiele und Alliterationen, um die Bedeutung des Geschehens zu betonen. Die Menschen wollten durch den Turm ihren Namen verewigen, doch Gott griff ein, um ihre Selbstsüchtigkeit und ihren Mangel an Demut zu bestrafen. Letztendlich zeigt die Geschichte von Babel, dass menschliche Anstrengungen ohne göttliche Führung zum Scheitern verurteilt sind und dass die Vielfalt der Sprachen ein Werk Gottes ist, um die Menschen voneinander zu trennen.

DIE SÜNDE IST HARTNÄCKIG

Kaum ist der Frieden wiederhergestellt, kaum hat Gott seine große Verheißung proklamiert und ist mit gutem Beispiel vorangegangen, meldet sich die Sünde wieder massiv zu Wort. Ein neuer Herpesausbruch sozusagen, aber diesmal bekommt der Mensch nicht nur eine dicke Lippe, diesmal beginnt er überzuschnappen:
Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, dass wir uns einen Namen machen (V. 4). Historisch mag hier die Zikkurat Etemenaki im Hintergrund stehen, ein riesiger babylonischer Bau, der weit über die Grenzen Babyloniens bekannt war. „...dass wir uns einen Namen machen“. Statt den Namen Gottes zu ehren, will der Mensch sich selber bewundern. Luther umschrieb die Infektion mit der Sünde als incurvatus in se, als Verkrümmung in sich selbst. Der Mensch lebt auf sich selbst bezogen, statt auf seinen Ursprung hin. Wir, wir, wir oder ich, ich, ich, Egozentrismus, Egoismus, Selbstverliebtheit oder wie wir die damit angezeigten Wesensarten auch benennen wollen, sind Wirkungen des Virus Sünde, mit dem wir infiziert sind.
Seitdem zeigt sich die Menschheit Hybris-positiv. So auch hier: Die Erzählung spielt in Babel, in Babylonien (V. 9), eben jenem Ort, an dem nach aktueller Forschung Gen 1 entstanden ist in kreativer Auseinandersetzung mit dem babylonischen Marduk-Mythos. So endet die Urgeschichte an dem Ort, an dem sie entstanden sein könnte, im Exil in Babylonien, zerstreut (vgl. V. 4: wir werden zerstreut!) unter ein Volk anderer Sprache. Die Erzählung beschreibt, wie der Mensch hoch hinaus will, seine Hand gewissermaßen nach den Sternen ausstreckt . Das ist heute nicht viel anders. Banken übertrumpfen sich mit der Höhe ihrer Gebäude, Machtblöcke mit der Größe ihrer Armee und Milliardäre mit der Entwicklung ihrer privaten Raketen für kommerzielle Mondflüge. Klimapolitik geht von der alleinigen Verantwortung des Menschen für klimatische Veränderungen aus, Gen-Forschung möchte den Bauplan des Embryos manipulieren und Machtkämpfe verleiten zum katastrophalen militärischen Zündeln. Ein respektvoller Blick auf Gott, den Ursprung aller Wirklichkeit, stellt keine mehrheitliche Option mehr dar. Die Schöpfung, siehe, sie war sehr gut. Wir sollen sie im Auftrag Gottes pflegen. Aber wer ist schon Gott? Wir wollen uns selbst einen Namen machen.
In der Geschichte des Turmbaus zu Babel in der Bibel strebten die Menschen danach, einen Turm bis zum Himmel zu bauen, um sich einen Namen zu machen. Doch ihr Stolz und ihre Eitelkeit führten letztendlich zu ihrer Zersplitterung und Verwirrung. Ähnlich kann unser Streben nach Selbstverherrlichung und Macht negative Konsequenzen haben, die uns letztendlich voneinander trennen.

Rebellion und Resignation

Der Mensch ist aus Gottes Haus und seinen Haushaltungen ausgezogen und baut nun seine Türme in Babel, die in Zerstörung und Verwirrung enden. Er baut seine Wolkenkuckucksheime in den Himmel und stürzt entsprechend tief ab. Er baut seine Luftschlösser in seinen Träumen und wacht mit Alpträumen in den Notunterkünften der Erde wieder auf.
Erst Hochmut und Vermessenheit, und wenn man daran scheitert, dann Schwermut und Verzweiflung. Das sind zwei Spielarten einer Sünde: Gott nicht zu vertrauen. Erst Rebellion, der trotzige Versuch, allein besser zurechtzukommen, dann Resignation, der traurige Ausdruck des Verlierens.
Für jede Rebellion und Sünde gegen Gott zahlen wir den Preis auf Heller und Pfennig mit Verlust von Leben und Lebensqualität. Für jeden Gehorsam und ganzes Vertrauen zahlt Gott den Preis auf Heller und Pfennig mit Vermehrung von Leben und Lebensqualität. Wer sich Gott verweigert, muss alles selbst bezahlen. Wer sich Gott verschenkt, bekommt alles von ihm geschenkt.

Urbanisierung

Die Menschen wollten auch vermeiden, über die Erde verstreut zu werden, indem sie ihre eigene Machtbasis ohne Rücksicht auf Gott errichteten. Eine Stadt ermöglicht es einer Masse von Menschen, auf kleinem Raum zusammenzuleben, und sie bietet eine Umgebung, die weit weniger von den Wechselfällen der Natur beherrscht wird.
Die Bestrebungen dieser Siedler in Schinar sind charakteristisch für die menschliche Suche nach Utopie, aber alle Menschen in dieser Region hätten sich einem gemeinsamen System unterwerfen müssen. Unterdrückung wäre unerträglich geworden, da keine Ausnahmen von den gemeinsamen Gesetzen und Regeln erlaubt gewesen wären. Diejenigen, die an der Spitze stehen, wären die Herren, und die Menschen am unteren Ende wären dem System unterworfen. Wie W. Brüggemann sagt: "Die Erzählung ist also ein Protest gegen jede Bemühung um Einheit, die sich aus menschlicher Selbstgenügsamkeit und Autonomie ableitet" (Genesis [Auslegung; Atlanta: John Knox, 1982], S. 100).

GOTT KOMMT IRGENDWIE NICHT ZUR RUHE

Da fuhr der HERR hernieder, dass er sähe die Stadt und den Turm, die die Menschenkinder bauten (V. 5). Gott fährt hernieder, tritt gleichsam aus dem Back-Office der Wirklichkeit heraus und kommt dem Menschen erneut nach. Gott wird provoziert, hervorgerufen. Was Er sieht ist: Die Menschen sind sich in Sachen Sünde einig. Hier sprechen sie eine Sprache. Ließe Gott dies laufen, wäre die Verlockung der Schlange aus Gen 3 wenn auch in anderer Weise, erfüllt. Die Menschen wären zwar nicht wie Gott, träten aber unerlaubterweise in dessen Sphäre ein, oben im Himmel, und fühlten sich im Größenwahn wie Gott, besser: selbst als Gott. Wie reagiert Gott? Er updatetdie Schöpfung weiter: Schöpfung 3.0 verwirrt die Sprache der Menschen.
Wenn sie sich nicht verstehen, werden sie auch nicht mehr weit kommen. Diktatoren aller Zeiten haben das verstanden und daher alle manipulativen Techniken zur Gleichschaltung eingesetzt. Wer Truppen in Bewegung setzen und hoch hinaus will, muss Denken und Sprache vereinheitlichen. Die Geschichte bietet endlos Beispiele dafür. Genau davor warnt Gen 11.
Im Hebräischen liegt hier übrigens ein nicht ganz korrektes etymologisches Wortspiel zu Grunde: Babel heißt eigentlich „Pforte Gottes“. Hier aber wird Babel abgeleitet von hebr. balal = umrühren. Babylon gilt auch in anderen Passagen des Alten Testaments als Inbegriff menschlicher SelbstHERRlichkeit (z.B. Jes 13,19; 14,13; Jer 51,6ff). In 1Petr 5,13 dient „Babylon“ als abwertender Deckname für Rom.
Interessant übrigens, wie gleichlautend die Enden von V. 4 und V. 9 formuliert sind. Die Menschen wollen den Turm bauen, damit sie nicht zerstreut werden (V. 4) und dann wird ihr Turmbauprojekt genau zum Grund dafür, dass sie zerstreut werden (V. 9). Auch dies können wir wieder als Bild für den Charakter der Sünde als Zielverfehlung auffassen (vgl. zu Gen 3). Der Mensch will etwas und erreicht mit seinem Wollen das genaue Gegenteil. Darin besteht unsere Tragik. Beispiele lassen sich auch in gegenwärtigen Entwicklungen zahlreich finden.

PFINGSTEN ALS DIE UMKEHRUNG VON BABEL

Das Motiv der unterschiedlichen Sprachen finden wir im Neuen Testament wieder. In der berühmen Pfingstgeschichte (Apg 2) wird erzählt, wie Gott seinen Geist vom Himmel her über eine versammelte Menge von gottesfürchtigen Menschen aus allen Völkern (V. 5) ausgießt. Die Apostel begannen in von Gott eingegebenen andern Sprachen zu predigen und plötzlich geschieht wieder Verständigung: Ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden (V. 6). Hatte Gott in Gen 11 die Selbst-Herrlichkeit des Menschen gebremst, ihre Sprache verwirrt und sie zerstreut, so führt Er nun diejenigen, die Ihn den HERRN sein lassen, wieder zusammen.
Die Wirkmacht der Sünde wird depotenziert, zurückgefahren. In der Auferstehung von Jesus Christus (1Kor 15) und in der Sendung des Heiligen Geistes (Apg 2), der bereits vor allen Zeiten über den Wassern schwebte (vgl. Gen 1,2), beginnt die große Erneuerung der Schöpfung, die neue Kreatur (2Kor 5,17), der Rückbau des Turms von Babel.
1.Mose 11,1–9 Viel Türme, Dome, hoch und hehr, manch Münster sieht man ragen erbaut zu Gottes Rum und Ehr’ in alt’ und neuen Tagen.
Was aber bauen dort sie? Schau! Was ist’s für Gewimmel? Viel tausend Hände sind am Bau, sie streben bis zum Himmel.
Vergessen ist das Strafgericht, der Sintflut ernste Lehre. Ein neu Geschlecht die Schranken bricht, als ob kein Gott mehr wäre.
Sie bauen Gott zu Hohn und Spott, hochmütig und vermessen, ein Weltreich ohne, wider Gott, die Toren, gottvergessen!
Ihr Menschen, was ist eure Macht, dass ihr wohl Gott enttrohnet? Weh! eurer spottet ruhig und lacht Gott, der im Himmel wohnet!
Gott sieht auf aller Menschen Tun, nichts bleibt vor ihm verborgen; Lass, Sünder, doch das Böse ruh’n, lass, Trauriger, deine Sorgen!
Ihr seid wohl stolz auf euren Turm? Und diese Himmelsleiter? “Halt ein!”, ruft endlich Gott im Sturm, “Bis hierher und nicht weiter!”
Gebrochen ist der Menschen Macht, die Sprachen sich verwirren; Verstreut sind alle, in der Nacht Des Heidentums sie irren!
Allein Gott, der die Liebe heißt, wollt nicht, dass es so bleibe; Es eint uns Christi Kreuz und Geist Durch Glauben und durch Liebe.
CMV: CMV-Materialsammlung. Bielefeld, Deutschland : CMV, 2007

IMPULSE FÜR GESPRÄCHE UND GRUPPENARBEIT

Was war das Problem der Menschen beim Bau des Turms zu Babel? Wie äußerte sich das?
Was für negative Konsequenzen hatte der Stolz und die Eitelkeit der Menschen beim Turmbau zu Babel?
Was führte letztendlich zur Zersplitterung und Verwirrung der Menschen beim Turmbau zu Babel?
Was tat Gott, um die Arroganz der Menschen beim Turmbau zu Babel zu stoppen?
Wo zeigt die Menschheit heute Einigkeit in Selbstsucht, Selbstruhm und Selbstherrlichkeit?
Wo bewirkt die Menschheit heute durch das, was sie tut, das genaue Gegenteil von dem, was sie eigentlich intendiert?
An welcher Stelle meines Lebens habe ich selber Türme gebaut, aber statt des Himmels lediglich ein Wolkenkuckucksheim erreicht?
Welche Verbindung besteht zwischen dem Turmbau zu Babel und dem Pfingstfest?
Inwiefern ist Pfingsten als die Umkehrung von Babel zu verstehen und warum ist das wichtig für unseren Glauben?
Welche Bedeutung hat das Pfingstfest für Sie? Vereinigt der Geist Gottes unseren gemeinsamen Blick auf Christus?
.Was sagt die Geschichte vom Turmbau zu Babel über die Natur der Sünde aus?

Lied Mittelpunkt - Feiert Jesus 5 119

Gebet

Segen

Lied EG 609 Wie groß ist des Allmächt’gen Güte

Herr im Glanz deiner Majestät GiuG 13

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