Jesus löst aus den Verkrümmungen des Lebens
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Jesus löst aus den Verkrümmungen des Lebens
Jesus löst aus den Verkrümmungen des Lebens
Liebe Gemeinde,
in meinem Garten habe ich einen Apfelbaum, der war total krumm geworden. Schuld daran waren mehrere Dinge. Das erste war der Boden, auf dem er stand. Er bestand größtenteils aus Bauschutt. Dann gab es Wühlmäuse, die seine Wurzeln anknabberten. Hinzu kam die Trockenheit der letzten Jahre und schließlich, obwohl eigentlich positiv, die schwere Last der vielen Früchte im vergangenem Jahr. Der Baum neigte sich langsam und krümmte sich zunehmend. Da musste ich ihn nach der Ernte im vorigen Jahr radikal zurückzuschneiden, aufrichten und an einem starken Pfahl festzubinden. Dank des reichlichen Regen in diesem Jahr hat er sich von den Verkrümmungen erholt und ist sogar ein wenig gewachsen. Früchte trug er keine, was aber am Frost im Frühjahr lag.
Genauso wie dieser Baum, der verdorrt zu sein scheint und dessen Äste sich krümmen, können auch die Lasten des Lebens uns innerlich verbiegen. Doch Jesus bringt Heilung und neues Wachstum. Eine Geschichte aus der Bibel erzählt, wie Jesus einer Frau begegnet, die bereits 18 Jahre lang erkrankt war.
10 Als Jesus einmal am Sabbat in einer der Synagogen lehrte, 11 war dort eine Frau. Seit achtzehn Jahren wurde sie von einem Geist geplagt, der sie krank machte. Sie war verkrümmt und konnte sich nicht mehr gerade aufrichten. 12 Als Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sagte zu ihr: »Frau, du bist von deiner Krankheit befreit!« 13 Und er legte ihr die Hände auf. Sofort richtete sie sich auf und lobte Gott. 14 Aber der Leiter der Synagoge ärgerte sich darüber, dass Jesus die Frau an einem Sabbat heilte. Deshalb sagte er zu der Volksmenge: »Es gibt sechs Tage, die zum Arbeiten da sind. Also kommt an einem dieser Tage, um euch heilen zu lassen – und nicht am Sabbat!« 15 Doch der Herr sagte zu ihm: »Ihr Scheinheiligen! Bindet nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen oder Esel von der Futterkrippe los und führt ihn zur Tränke? 16 Aber diese Frau hier, die doch eine Tochter Abrahams ist, hielt der Satan gefesselt – volle achtzehn Jahre lang! Und sie darf am Sabbat nicht von dieser Fessel befreit werden?« 17 Als Jesus das sagte, schämten sich alle seine Gegner. Doch die ganze Volksmenge freute sich über die wunderbaren Taten, die Jesus vollbrachte.
Was für eine Geschichte!
Eine Frau läuft 18 Jahre lang verkrümmt durch die Welt.
18 Jahre … das galt damals als Dauer einer ganzen Generation.
18 Jahre von einem Geist verkrüppelt war. Sie war gebückt und konnte sich nicht aufrichten"
18 Jahre lang lebt die Kranke nicht »aufrecht«,
18 Jahre lang schaut sie nicht nach vorne, sondern auf ihre Füße, nicht nur nach unten, sondern vor allem nach »innen«, auf sich selbst.
18 Jahre lang unter quälenden Schmerzen durchs Leben zu gehen, unfähig, auch nur die Augen zu heben, um ein Gespräch zu führen.
18 Jahre lang war sie doppelt gekrümmt und konnte sich nicht aufrichten.
Ja, diese Frau scheint – buchstäblich – nur noch sich selbst zu sehen. Das führt dazu, dass sie für andere kleiner erscheint, als sie tatsächlich ist. Ihre Wahrnehmung der Welt ist eingeschränkter, als notwendig wäre.
In sich gekehrt zu sein, die Weite der Möglichkeiten aus den Augen zu verlieren, sich nur um sich selbst zu drehen und mit einem begrenzten Horizont zu leben – all das symbolisiert die gekrümmte Frau, die vor 2000 Jahren Jesus in einer Synagoge begegnete.
Wissenschaftler rätseln seit Langem, ob die gekrümmte Frau an Skoliose, Osteoporose, einer Psychoneurose oder Morbus Bechterew litt. Die Antwort: Für uns heute und für die Geschichte ist das irrelevant. Das Neue Testament führt als Grund für ihr Leiden an: »Sie hatte einen Geist der Schwachheit!« Eine markante Aussage, die – ähnlich wie beim letzten Wunder – zeigt, dass Ursache und Wirkung hier fast austauschbar sind: Ist die Frau gekrümmt, weil sie schwach ist ... oder ist sie schwach, weil sie gekrümmt ist?
Als Jesus die Frau sah, rief er sie zu sich und sagte: "Frau, du bist von deinem Leiden erlöst" (Lukas 13,12). Dies zeigt eine besondere Art des Dienens bei Jesus. Normalerweise sind es die Menschen, die zu Jesus kommen, um Heilung zu suchen. Aber hier geht Jesus auf die Frau zu, um ihr zu helfen.
Leider ist die Frau so in sich gekehrt, dass sie nicht einmal versucht, Kontakt zu Jesus aufzunehmen. In vielen Geschichten des Neuen Testaments suchen Menschen eifrig den Kontakt zu Jesus, in der Hoffnung auf seine Hilfe. Diese Frau jedoch ist so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie zwar die mögliche Quelle ihrer Erlösung bemerkt, sie aber nicht als solche erkennt. Anders gesagt: Sie hört das Evangelium, scheint jedoch nicht zu erwarten, dass diese gute Nachricht Auswirkungen auf sie haben könnte.
Es wird berichtet, dass Jesus ihr sogar die Hände auflegte, was ungewöhnlich war. Sie richtet sich sofort auf und lobte Gott. Nach achtzehn Jahren konnte sie zum ersten Mal wieder aufrecht stehen, und das Erste, was sie tat, war, Gott zu preisen, erkennend, dass dies ein Werk Gottes war.
Stell dir vor, du kletterst einen Berg hinauf, beladen mit einem Rucksack voller schwerer Bücher. Dieser Rucksack verursacht Rückenschmerzen und zwingt dich, gebeugt zu gehen. Ähnlich kann die Last des Lebens schwer auf uns lasten und unsere Sicht auf das Ziel vernebeln. Manchmal sind die Verkrümmungen des Lebens wie das Tragen einer zu schweren Last – sie beschränken unsere Bewegungsfreiheit und verursachen Schmerzen. Aber genauso, wie man einen Rucksack voller Steine ablegen kann, so können wir auch die Lasten des Lebens bei Jesus Christus ablegen und dadurch freier leben.
Wie ein Baum, der unter der Last von Schnee oder Früchten gebeugt wächst, können auch wir durch das Gewicht äußerer Umstände gebeugt werden. Doch ebenso, wie der Baum aufgerichtet werden kann, können auch wir durch die Kraft des Glaubens aufgerichtet werden und aufrecht wachsen, gestärkt durch die Gnade Gottes.
Die letzten Aussagen noch einmal als Fragen:
Wie können Verkrümmungen in unserem Leben durch die Gnade Gottes überwunden werden?
Was bedeutet es für dich, ein freieres Leben zu führen und Verkrümmungen loszulassen?
Wie kann uns das Bild eines Baumes, der unter dem Gewicht von Schnee oder vielen Früchten verkrümmt wächst, Hoffnung geben, dass auch wir uns wieder aufrichten können?
Welche Lasten in deinem 'Rucksack' verkrümmen und belasten dich?
Wie erinnerst du dich daran, gestärkt durch die Gnade Gottes, aufzustehen und gerade zu wachsen, wenn du dich verkrümmt fühlst?
Möglicherweise fühlst du dich durch Stress oder Sorgen geistig oder emotional erschöpft. Etwas in dir verhindert, dass du dein volles Potenzial ausschöpfst. Erkenne daher, dass Jesus auch heute noch die Macht besitzt, solche Einschränkungen zu heilen. Darum suche seine Nähe bewusst durch Gebet und das Lesen der Bibel. Bitte ihn, deine Bürden zu nehmen und dir Heilung sowie die Stärke zu geben, deine Einschränkungen zu überwinden.
Vielleicht bemerkst du auch Einschränkungen in der Gesellschaft, sei es durch Ungerechtigkeit, Armut oder Ausgrenzung von Menschen. Darum setze dich aktiv für Gerechtigkeit und Liebe zum Nächsten ein, indem du dich für die Bedürftigen stark machst und für eine inklusive Gemeinschaft kämpfst. Verwende deine Stimme, um Veränderungen herbeizuführen und die gesellschaftlichen Einschränkungen anzusprechen. Handele im Sinne Jesu, der Einschränkungen heilt und Leben verändert.
Das letzteres nicht leicht ist, sehen wir in unserer Bibelgeschichte selbst, wo Jesus diese Frau an einem Sabbat heilt und darum von den Pharisäern und Schriftgelehrten kritisiert wird.
Jesu Kritik an der Heuchelei und der Priorität der Liebe
Jesu Kritik an der Heuchelei und der Priorität der Liebe
Normalerweise begegnet Jesus den Pharisäern meist charmant und liebevoll, doch hier zeigt er sich ungewöhnlich scharf. Er ist so entsetzt über die Heuchelei seiner Gegenüber, dass er sie direkt als "Heuchler" oder "Frevler" bezeichnet. Dies ist passend, denn wer im Namen Gottes gegen Liebe und Menschlichkeit handelt, begeht tatsächlich einen Frevel.
Jesus macht deutlich, dass am Sabbat jeder seinen Ochsen oder Esel zur Tränke führt und damit zeigt: Es ist möglich, zu überlegen, wann Gebote gelten. Aber dieses Recht steht niemandem zu, der diese Gebote selbst missachtet, wenn es um eigene Interessen geht. Jesus' Kritik ist zweifach: Es ist erstens eine Schande, Rituale über Liebe zu stellen, und zweitens wird diese Schande zur Heuchelei, wenn die Regelsetzer sich selbst nicht daranhalten und Gesetze sowie Traditionen nach Belieben auslegen.
Er konfrontiert die Pharisäer und Schriftgelehrten mit dem Leid einer Frau, die achtzehn Jahre lang gebunden war, und stellt die entscheidende Frage: "Musste nicht diese Frau, eine Tochter Abrahams, am Sabbat von dieser Fessel befreit werden?" Jesus hinterfragt, ob es überhaupt eine andere Wahl gibt, als alles für die Heilung zu tun, ungeachtet der Gesetze, Ordnungen oder Traditionen.
Glücklicherweise endet die Geschichte positiv: "Als Jesus dies aussprach, schämten sich alle, die ihm entgegenstanden, und das Volk freute sich über alle wunderbaren Taten, die durch ihn geschahen."
Deshalb sollten auch wir heute die Liebe stets über Rituale und Traditionen stellen. Nur so können wir wirklich nach Gottes Willen handeln und die Kraft finden, unsere eigenen Starrheiten zu erkennen und zu überwinden.
Die Geschichte von der Heilung der gekrümmten Frau ermutigt uns, Heilung mehr denn eine bloß persönliche Erfahrung zu sehen. Heilung ist ebenso eine gemeinschaftliche Erfahrung, eine Erfahrung auch mit Gott und Jesus Christus. Sie lädt uns ein, unsere eigenen Gebrechen und Leiden zu erkennen, anzunehmen und den Pfad der Heilung und Wandlung zu beschreiten. Manchmal ist der Weg ein anderer, als wir ursprünglich dachten. Diese Geschichte erinnert uns daran, dass wir alle geliebte Kinder Gottes sind, berufen zum Heilwerden und dazu, aufrecht zu stehen und manchmal auch neue und andere Wege zu gehen.
Amen.