Eins in Christus trotz Unterschiede
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Eins in Christus trotz Unterschiede
Eins in Christus trotz Unterschiede
Herr, gib uns ein Wort für unser Herz, und ein Herz für dein Wort. Amen
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!
Liebe Gemeinde,
In Deutschland nimmt im Jahr 1933 ein düsteres Kapitel seinen Anfang. Am 23. März beraubt das nationalsozialistische Regime die jüdischen Deutschen mit einer Abstimmung im Reichstag ihrer Staatsbürgerschaft. Wenige Wochen später, am 7. April, erlassen sie den sogenannten "Arierparagrafen", der jüdische Beamte aus dem Staatsdienst verbannt. Und erschreckenderweise übernimmt sogar die Kirche, vertreten durch die sogenannten „Deutschen Christen“, die ja unter anderem bei uns im Altenburger Land ihren Ursprung haben, dieses Unrecht in ihre eigenen Gesetze und schickt jüdische Pfarrer in den Ruhestand.
Doch nicht alle schweigen. Der Berliner Pfarrer Martin Niemöller ruft den „Pfarrernotbund“ ins Leben, dem bis zum Jahresende etwa ein Drittel der deutschen Pfarrer beitritt. In den hitzigen Debatten damals spielt ein Wort aus der Bibel, das Teil unseres Predigttextes ist, eine zentrale Rolle. Es ist Galater 3,28: „In Christus ist weder Jude noch Grieche.“
Wenn das stimmt, so ist die Überzeugung vieler, dann ist jede Ausgrenzung von Juden, auch innerhalb der Kirche, eine Missachtung des Evangeliums – eine Verleugnung der befreienden Kraft von Taufe und Glauben.
Doch leider galt für viele Christen damals: „Blut ist dicker als Taufwasser.“ Die Einheit in Christus wurde zerstört – eine schlimme Folge davon, wenn das Fleisch über den Geist siegt.
Dieser Abschnitt der Geschichte ist ein erschütterndes Beispiel für Unrecht, welches wir auch heute nicht vergessen dürfen. Gerade heute in unserer Zeit, wo sich wieder so viel rechtes Gedankengut in unserer Gesellschaft ausbreitet, und das leider auch unter vielen Christen. Wo sich heute wieder in unserer Gesellschaft eine antisemitische Stimmung zu spüren ist.
Die Geschehnisse von damals sollen darum eine Mahnung an uns heute sein. Wir sind berufen, aus der Geschichte zu lernen und Gerechtigkeit zu suchen, ohne dabei stolz zu werden. Denn die wahre Einheit in Christus überwindet alle Grenzen.
Genau davon spricht eben heute unser Predigttext aus Galater 3,26-29
26 Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. 27 Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. 28 Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus. 29 Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Nachkommen und nach der Verheißung Erben.
RB Leipzig hat in dieser Woche in der Champions League seit langer Zeit das erste Mal wieder verloren. Dagegen erlebte Bayern München am vergangenen Dienstag in der Allianz-Arena ein wahres Fußballfest, als sie Dynamo Zagreb mit einem überwältigenden 9:2-Sieg besiegten. Das Stadion war bis auf den letzten Platz gefüllt, und die Atmosphäre war elektrisierend. Menschen aus allen Gesellschaftsschichten und Milieus waren gekommen, um ihre Mannschaft anzufeuern. Ob der einfache Zuschauer, der eine Karte ergattert hatte, der Dauerkartenbesitzer, das Fan-Club-Mitglied, die Ultras, die Prominenten oder die Sponsoren – sie alle waren durch eine Sache verbunden: ihre Begeisterung für den Fußball und ihre Liebe zu ihrer Mannschaft.
Und während sie im Alltag in ganz unterschiedlichen Lebenswelten zu Hause sind, eint sie in diesem Moment etwas Größeres: die Leidenschaft für den Fußball.
Der Apostel Paulus macht im Predigttext ähnlich deutlich, dass der Glaube der Schlüssel ist, der alle Unterschiede zwischen uns Christen überbrückt. So wie die Fans in der Allianz-Arena durch ihre Begeisterung für den Fußball vereint sind, so werden wir als Christen durch den Glauben in Christus geeint – ungeachtet unserer Unterschiede in Herkunft, Status oder Geschlecht, egal aus welcher sozialen Schicht und aus welchem Milieu wir kommen. Der Glaube an Jesus Christus verbindet uns, weil wir durch die Taufe zu einer Gemeinschaft geworden sind.
Wir konnten es ja im August selbst ganz praktisch erleben. Als wir in Göhren am Kleinen Jordan das große Tauffest unseres Kirchenkreises “500 Jahre Taufe im Altenburger Land” feierten. 20 Leute ließen sich taufen und auch diese kamen aus den verschiedensten Schichten und Milieus unserer Gesellschaft. Alles sie und auch die bunte Festgemeinde dieses Tages einte der Glaube an Jesus Christus.
Die Getauften gehören zur Familie des Sohnes Gottes, des Messias. Sie haben jetzt eine besondere Stellung. Das Alte gilt nicht mehr. Der Apostel Paulus drückt dieses Besondere so aus: “Wir haben Christus „angezogen“. Das bedeutet, dass wir in ihm und durch ihn eine neue Identität erhalten haben.
17 Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.
Diese Identität der neuen Kreatur überwindet alle Schranken, die die Welt sonst oft zwischen uns zieht. Ob wir nun, wie Paulus es sagt, Jude oder Grieche, Knecht oder Freier, Mann oder Frau sind – in Christus sind wir alle eins.
Heute würden wir andere Menschengruppen einsetzen. Vielleicht auch jeder von uns andere. Je nachdem auch wo wir sind. Schauen wir selbst einmal unsere Gemeinde an. Da gibt es, die Frommen, die linken Aktivisten, die Traditionalisten, die die alles verändern wollen und denen, denen alles nicht recht ist.
Wenn wir in unsere Gesellschaft schauen, dann können es noch andere Gruppen und Parteien sein. Ja, da könnte man die Namen aller Parteien aufzählen und vielleicht sogar den der AFD.
Es stellt sich manchmal die Frage: Können wir noch miteinander die Bibel lesen und miteinander beten? Und wollen wir das überhaupt oder wollen wir uns lieber streiten und zerstreiten? Die Geschichte der Kirche zeigt uns da viel Negatives.
Auch im Bundestag treffen sich Christen unterschiedlicher politischer Ausrichtung in einem Bibelkreis, um miteinander die Bibel lesen, gemeinsam beten und Gottesdienst zu feiern.
Das bedeutet nicht, dass die Unterschiede verschwinden oder nicht mehr existieren. Genau wie im Stadion die Fans weiterhin aus unterschiedlichen Berufen und sozialen Schichten kommen, bleiben auch wir Menschen mit unterschiedlichen Lebensgeschichten und Persönlichkeiten. Aber in Christus haben diese Unterschiede nicht mehr die Macht, uns zu trennen. Sondern wir erfahren durch diese Gotteskindschaft etwas neues einendes.
Ein wunderbares Bild dieser neuen Identität und Einheit finden wir auch im Tauflied von Johann Jakob Rambach, dass die Taufe als einen Akt der Vereinigung mit Christus beschreibt:
Ich bin getauft auf deinen Namen,
Gott Vater, Sohn und Heilger Geist;
ich bin gezählt zu deinem Samen,
zum Volk, das dir geheiligt heißt.
Ich bin in Christus eingesenkt,
ich bin mit seinem Geist beschenkt.
Du hast zu deinem Kind und Erben,
mein lieber Vater, mich erklärt;
du hast die Frucht von deinem Sterben,
mein treuer Heiland, mir gewährt;
du willst in aller Not und Pein,
o guter Geist, mein Tröster sein.
Durch die Taufe sind wir in Christus „eingesenkt“ und „mit seinem Geist getränkt“. Wir gehören zu einem neuen Volk, zu einer neuen Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft ist größer als alles, was uns im Alltag unterscheidet oder trennt. Sie ist gegründet auf der Liebe Gottes, die in Jesus Christus sichtbar geworden ist.
So wie die Fans im Stadion ihre Begeisterung für ihre Mannschaft und den Fußball teilen, so teilen wir als Christen etwas noch viel Tieferes: unsere gemeinsame Zugehörigkeit zu Christus. Diese Zugehörigkeit ist ein Geschenk, das uns in der Taufe geschenkt wurde, und es verändert unser Leben grundlegend.
Dieses Wort des Apostels Paulus hat gerade in unserer Situation heute wieder, wie es damals 1933 in der Bekennenden Kirche, ein kräftiges Wort mitzureden, wo es auch um die Frage nach unserem Verhältnis als Christen zu Israel und zu den Juden geht, wo sich in unserer Gesellschaft wieder Antisemitismus breit macht. Gerade in diesen Tagen, wo sich viele in der Welt gegen die Juden und Israel stellen.
Auch im Umgang als Gemeinden und als Kirchen, die manchmal entlang ethnischer oder kultureller Grenzen und auch politischer Meinungen gespalten sind, – etwas, das traurigerweise heute viel öfter vorkommt als zu Paulus’ Zeiten, sollte diese Wort ganz besonders Gehör finden.
Und wir müssen uns fragen lassen, wo ist noch diese Leidenschaft für das Evangelium von Jesus Christus bei uns zu finden, wie die Fußballfans es für den Fußball haben. Darum lasst uns diese Einheit im Glauben feiern und leben. Mögen wir uns immer daran erinnern, dass wir in Christus eine neue Identität empfangen haben, neue Kreatur sind, Kinder Gottes sind, wodurch wir über alle Unterschiede hinweg verbunden sind. Lasst uns wie die Fans im Stadion in unserer Begeisterung für Christus und seine Liebe füreinander da sein, uns gegenseitig stärken und gemeinsam auf den Weg des Glaubens gehen.
Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus unseren Herrn.
Amen