Recht und Ordnung in einer verrückten Welt
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Recht und Ordnung in einer verrückten Welt
Recht und Ordnung in einer verrückten Welt
Herr, gib uns ein Wort für unser Herz, und ein Herz für dein Wort. Amen.
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!
1. Einleitung
1. Einleitung
Liebe Gemeinde,
Vor drei Wochen war ich mit dem Auto unterwegs zum Klassentreffen in der Nähe von Jena. Da kam auf einmal, als ich so kurz vor Giebelroth war, über das Autoradio die Meldung, dass die B2 wegen eines Unfalls komplett gesperrt ist. Ich war fast dran, konnte den Unfall schon sehen. Was machen? Stehen bleiben? Da ich mich etwas auskannte, entschloss ich mich zu wenden und eine kleine Umgehungsstraße zu fahren. Als ich wendete, kam auf einmal auf der linken Spur ein Polizeiauto mit Blaulicht. Da musste ich erst einmal wieder in die alte Spur zurück. Doch halt, warum tue ich das? Weil ich weiß, dass die Polizei die Autorität hat, die Regeln durchzusetzen. Aber warum eigentlich? Was macht diese Autorität legitim? Und was hat das alles mit unserem Glauben zu tun?
Was hat unser christlicher Glaube überhaupt mit staatlichen Gesetzen und Ordnungen zu tun? Gerade seit den Corona-Protesten erleben wir, dass viele Christen eine Art Widerstand gegen staatliche Ordnungen und Regeln mitorganisieren. Wir leben in einer Zeit, in der viele das Vertrauen in Politik und Autoritäten verlieren. Darum sind vielleicht die Worte des Apostel Paulus aktueller denn je, weil sie auch manchen provozieren und uns dazu anregen, das Verhältnis zwischen Christ und Staat neu zu überdenken.
2. Das Verhältnis von Christentum und staatlicher Autorität
2. Das Verhältnis von Christentum und staatlicher Autorität
Ich lese aus Römer 13,1-7
1 Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, ist sie von Gott angeordnet. 2 Darum: Wer sich der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt Gottes Anordnung; die ihr aber widerstreben, werden ihr Urteil empfangen. 3 Denn die Gewalt haben, muss man nicht fürchten wegen guter, sondern wegen böser Werke. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes, dann wirst du Lob von ihr erhalten. 4 Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zugut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst. Sie ist Gottes Dienerin und vollzieht die Strafe an dem, der Böses tut.
5 Darum ist es notwendig, sich unterzuordnen, nicht allein um der Strafe, sondern auch um des Gewissens willen. 6 Deshalb zahlt ihr ja auch Steuer; denn sie sind Gottes Diener, auf diesen Dienst beständig bedacht. 7 So gebt nun jedem, was ihr schuldig seid: Steuer, dem die Steuer gebührt; Zoll, dem der Zoll gebührt; Furcht, dem die Furcht gebührt; Ehre, dem die Ehre gebührt.
Liebe Gemeinde, dass heute das Verhältnis zwischen Christ und Staat oft nicht gut bestellt ist, wissen wir. Erinnern wir uns an die Corona-Proteste, wo Politiker teils in Gefängniskleidung dargestellt wurden und auch viele Christen dabei waren.
Ein ganz aktuelles Beispiel aus dem Bundestag habe ich aus dem X- bzw. Twitter-Account von Armin Laschet mitgebracht.
Vorlesen
Natürlich ist es nicht immer und überall so. Wir kennen auch viele gute und sehr gute Beispiele des Miteinanders. Dennoch stellen wir uns heute die Frage: Wo ziehen wir die Grenze zwischen Gehorsam gegenüber dem Staat und der Treue zu Gott?
3. Spannungen im Verhältnis von Christen und Staat
3. Spannungen im Verhältnis von Christen und Staat
Bei Paulus lesen wir diesen Text über das Verhältnis zwischen Christ und Obrigkeit, und ich muss sagen, ich finde es provokant, was er von uns verlangt. Wir würden am liebsten aufschreien und sagen: „Lieber Paulus, das geht nicht! So kann man das nicht sehen.“
Wir müssen nur an die jüngste Vergangenheit denken, in der die Regierung einige schwerwiegende Fehler machte. Zum Beispiel das unausgereifte Heizungsgesetz, das mit heißer Nadel gestrickt wurde, das Bürgergeld, das ständig nachgebessert wird, oder die unklare Krankenhausreform. Da mutet uns Paulus schon etwas zu, wenn er sagt, wir sollen die Obrigkeit achten!
4. Historische Perspektive: Dietrich Bonhoeffer
4. Historische Perspektive: Dietrich Bonhoeffer
Wir müssen uns bewusst machen, dass auch schon damals, zur Zeit des Apostel Paulus, der Staat alles andere als christlich war. Im Gegenteil, Christen wurden durch den römischen Staat verfolgt.
In der Vorbereitung der Predigt habe ich Texte von Dietrich Bonhoeffer gelesen. Auch er tritt für eine positive Beziehung zwischen Christen und Staat ein, obwohl der Staat zur Zeit des Nationalsozialismus von Unrecht geprägt war. Er schrieb aus der Gefangenschaft:
Die Obrigkeit ist um Christi willen eingesetzt, sie dient Christus, sie dient damit auch seiner Kirche. Die Herrschaft Christi über alle Obrigkeit bedeutet allerdings keineswegs die Herrschaft der Kirche über die Obrigkeit.
Aber derselbe Herr, dem die Obrigkeit dient, ist das Haupt der Gemeinde, der Herr der Kirche.
Bonhoeffer versteht die politischen Machthaber als „Diener Gottes“, die das Gute loben und das Böse bestrafen.
5. Biblische und theologische Grundlage für staatliche Autorität
5. Biblische und theologische Grundlage für staatliche Autorität
Paulus stellt fest, dass es in der göttlichen Ordnung keine Anarchie gibt. Er sieht die staatliche Ordnung als notwendig, um Chaos zu vermeiden. Die Welt braucht Strukturen, um zu funktionieren. Darum gehört auch die staatliche Obrigkeit zu Gottes Plan, um Ordnung und Gerechtigkeit zu fördern. Auch wenn Herrscher Fehler machen oder ungerecht handeln, bleiben sie Werkzeuge in Gottes Hand.
Anderseits sind Christen dazu aufgerufen, nicht bedingungslos zu gehorchen, sondern sich aktiv einzubringen und das Gemeinwohl im Blick zu haben. Das macht unsere Staatsform der Demokratie möglich.
Paulus sieht den Staat nicht als Quelle des Heils, ermutigt aber Christen, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Das Endziel ist nicht die Erfüllung aller Werte durch den Staat, sondern dass Christen in Liebe handeln und durch ihr Verhalten Vorbilder sind.
6. Christliche Verantwortung in der Gesellschaft
6. Christliche Verantwortung in der Gesellschaft
Nächsten Sonntag beten wir in vielen Gemeinden für unsere Brüder und Schwestern, die in ihren Ländern um ihres Glaubens willen verfolgt werden, besonders in diesem Jahr für die Schwestern und Brüder im Iran und Nordkorea. Damit wird deutlich, welches Werkzeug wir als Christen in besonderer Weise haben: das Gebet. Auch wir sind aufgerufen, für unsere Politiker zu beten – im Bundestag, Landtag, Kreistag und in unseren Kommunen. Sie treffen Entscheidungen zum Wohl und leider auch manchmal zum Unwohl ihrer Mitmenschen. Sie brauchen unser Gebet.
7. Möglichkeiten des christlichen Widerstands
7. Möglichkeiten des christlichen Widerstands
Paulus erwähnt hier keinen Widerstand. Doch wie steht es mit der Möglichkeit von Widerstand, wenn staatliche Gesetze Gottes Gebote verletzen? Wie sagt es Petrus in Apostelgeschichte 5,29: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“
Für Bonhoeffer war es ein hartes Ringen, sich am Widerstand gegen das Nazi-Regime zu beteiligen. Auch wir sollten unsere Stimme erheben, wo Unrecht geschieht.
Beispiele christlichen Widerstands sind:
Unrecht öffentlich anprangern und die Wahrheit sagen.
Ziviler Ungehorsam, wenn Gesetze klar gegen Gottes Gebote verstoßen, wie zur Zeit der Sklaverei oder des Nationalsozialismus.
Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden in unserem Umfeld durch Einsatz für die Schwachen und Aufzeigen von Missständen.
8. Vertrauen in Gottes letztendliche Herrschaft
8. Vertrauen in Gottes letztendliche Herrschaft
Am Ende dürfen wir nicht vergessen, dass über aller menschlichen Herrschaft Gottes letztendliche Autorität steht. Wenn wir gegen Ungerechtigkeit kämpfen, tun wir das in dem Vertrauen, dass Gott am Ende Gerechtigkeit schaffen wird. Selbst wenn menschliche Regierungen versagen, bleibt Gott souverän. Es ist unsere Aufgabe, treu zu sein, auch in schwierigen Zeiten, und darauf zu vertrauen, dass Gott selbst das Böse überwinden wird.
9. Schlussfrage und Segen
9. Schlussfrage und Segen
Noch eine Frage zum Nachdenken auf den Weg: Was ist unsere Verantwortung als Christen für die Aufrechterhaltung einer guten Regierung in unserem Land?
Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn. Amen.