Fruchtlos

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Lukas 13,1–9 ELB 1985
Zu dieser Zeit waren aber einige zugegen, die ihm von den Galiläern berichteten, deren Blut Pilatus mit ihren Schlachtopfern vermischt hatte.Und er antwortete und sprach zu ihnen: Meint ihr, daß diese Galiläer vor allen Galiläern Sünder waren, weil sie dies erlitten haben?Nein, sage ich euch, sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen.Oder jene achtzehn, auf die der Turm in Siloah fiel und sie tötete: meint ihr, daß sie vor allen Menschen, die in Jerusalem wohnen, Schuldner waren?Nein, sage ich euch, sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen. Er sagte aber dieses Gleichnis: Es hatte jemand einen Feigenbaum, der in seinem Weinberg gepflanzt war; und er kam und suchte Frucht an ihm und fand keine.Er sprach aber zu dem Weingärtner: Siehe, drei Jahre komme ich und suche Frucht an diesem Feigenbaum und finde keine. Hau ihn ab! Wozu macht er auch das Land unbrauchbar?Er aber antwortet und sagt zu ihm: Herr, laß ihn noch dieses Jahr, bis ich um ihn graben und Dünger legen werde!Und wenn er künftig Frucht bringen wird, <gut,> wenn aber nicht, so magst du ihn abhauen.
Ihr Lieben,
der Zeigefinger war schon immer der wichtigste Finger an unserer Hand. Wir Menschen brauchen ihn, um von uns abzulenken, die Aufmerksamkeit auf andere zu richten. Wir brauchen ihn, um auf andere zu zeigen. – Wir haben etwas Schlechtes getan? – Andere haben viel schlimmere Dinge getan! Wir sind schuldig geworden? – Die Schuld der anderen ist doch viel größer!
Auch vor 2.000 Jahren wissen die Menschen, ihren Zeigefinger zu benutzen. Unmittelbar vor unserem Predigttext klagt Jesus seine Zuhörer deswegen an: »Wenn ihr seht, dass im Westen eine Wolke aufzieht, sagt ihr gleich: ›Es gibt Regen.‹ Und so kommt es auch. Und wenn der Südwind weht, sagt ihr: ›Es wird heiß.‹ Und so kommt es auch. Ihr Scheinheiligen! Das Aussehen von Erde und Himmel könnt ihr einschätzen. Wieso könnt ihr die Ereignisse dieser Zeit nicht genauso gut einschätzen? Könnt ihr denn nicht von selbst erkennen, was Gott jetzt von euch will?« (Lk 12,54-57)
Doch wieder heben seine Zuhörer den Zeigefinger, diesmal ganz subtil, ganz unterschwellig: Sie verweisen auf eine Gruppe Galiläer, die auf Geheis Pilatus’ auf dem Jerusalemer Tempelgelände brutal umgebracht wurde. Ihr Blut vermischte sich mit dem Blut der Opfertiere; etwas schlimmeres gab es fast nicht!
Damals herrschte landläufig die Meinung, dass ein Unglück nur jemanden trifft, der es auch verdient. Waren diese Leute also nicht selbst Schuld an ihrem Tod? Bestimmt waren ihre Sünden so groß, dass Gott sie derart strafte.
Jesus durchbricht dieses Denken. Nein, diese Menschen waren keine schlimmeren Sünder als anderen! Er erinnert seine Zuhörer an die 18 Menschen, die in Jerusalem beim Einsturz eines Turmes ihr Leben verloren haben. Hatten sie mehr Schuld auf sich geladen als andere und deswegen umgekommen? Nein auch sie nicht!
In der Bibel merkt man immer wieder, wie die Menschen darum ringen: Zwar ging man davon aus, dass das eigene Ergehen, das was einem widerfährt, vom eigenen Tun abhängig ist; doch erlebten Menschen immer wieder auch das genaue Gegenteil davon. Denken wir nur an Hiob, den Gottesfürchtigen, der durch das schlimmste Leid gehen muss. Oder werfen wir einen Blick in die Psalmen: Besonders die sogenannten Klagepsalmen sind voll davon, dass es den Bösen gut und den Guten schlecht geht. Wir Menschen können es nicht greifen.
Heute ist dieser Tun-Ergehen-Zusammenhang in Vergessenheit geraten. Die Menschen sind heute viel schneller dabei, die Frage zu stellen, wie Gott überhaupt Leid zulassen kann – vor allem, um seine Existenz infrage zu stellen. „Es kann Gott doch gar nicht geben, wenn es so viel Schlimmes auf der Welt gibt!“, rufen sie uns zu und nehmen gleichzeitig das unzählbar viele Gute gern aus Seiner Hand.
Die Frage, warum Gott Leid zulässt, ist berechtigt und auch wichtig zu stellen und über sie nachzudenken, doch sie steht in unserem Text heute nicht im Vordergrund. Vielmehr wird sie in unserem Text von Jesus umgedreht und an uns gerichtet. Jesus fragt uns: „Wie könnt ihr Menschen so viel Leid zulassen!?“
Jesus nutzt die Anfrage seiner Zuhörer, warum diese Menschen sterben mussten, um ihnen klarzumachen: „Das sage ich euch: Wenn ihr euer Leben nicht ändert, werdet ihr alle genauso umkommen.“ (V.3)
Das ist ein hartes Wort! Wie geht es euch, wenn ihr so etwas hört? „Wenn ihr euer Leben nicht ändert, werdet ihr alle genauso umkommen.“ Zwei mal sagt ihn Jesus in unserem Text. Er verdeutlicht, dass es Ihm wirklich ernst ist!
„Prüfe dich selbst! Zeige nicht mit dem Finger auf andere, um von dir abzulenken, sondern schau in den Spiegel und betrachte dein eigenes Leben! – Und dann kehr um von den bösen Wegen! Wende dich ab von deiner Schuld! Wende dich wieder Gott zu!“
Jesu Worte zeigen: Es geht um uns. Es geht nicht darum, auf andere zu zeigen. Sondern es geht darum, dass wir uns selber ehrlich anschauen und entdecken: Unser eigenes Leben kann in Gottes Augen nicht bestehen. Es ist, als ob dieses Bibelwort uns einen Spiegel vorhält und sagt: Sieh dir selber in die Augen!
Die entscheidende Frage ist nicht, was andere getan haben, sondern was wir selbst getan haben und wo wir schuldig geworden sind.
Jesus hat seine Zuhörer wachgerüttelt – und ich hoffe: uns auch. Und nun erzählt Er noch ein Gleichnis – wie Er es ja so gern tut. Der Feigenbaum ist in den Weinberg gepflanzt, doch bereits 3 Jahre in Folge bringt er keine Frucht hervor. Der Besitzer des Weinberges möchte ihn deswegen umhauen lassen, doch der Weingärtner erbittet noch einmal ein Jahr Aufschub; er will ihn düngen um ihn umsorgen.
In diesem Gleichnis finden wir wie so oft gleichermaßen Gottes furchtbare Gerichtsdrohung wie seine tiefe Gnade! Adolf Schlatter, ein guter Theologe, der vor 100 Jahren lebte, schreibt zu diesem Abschnitt: „Jesu drohender Ernst ist […] völlig eins mit seiner reichen Gnade, die ihn unermüdlich treibt, sich um Israels Rettung zu bemühen.“
Wie können wir dieses Gleichnis verstehen? Ein Weinberg steht in der Bibel eigentlich immer für Israel; entweder das Land oder das Volk oder beides. Mir gefällt die Deutung mancher Theologen, dass im Gleichnis der Besitzer dieses Weinberges Gott ist, während der Weingärtner, also der, der sich um alles kümmert und im Weinberg arbeitet, Jesus ist. Der Feigenbaum steht für einen Menschen, der in den Weinberg gepflanzt ist, also im Land Israel lebt.
Es war tatsächlich so, dass Feigenbäume zwischen den Wein gepflanzt wurden. Sie konnten hier ohne weitere Pflege wachsen und gedeihen und ihre süßen Früchte hervorbringen, die für die Bewohner des Landes als Grundnahrungsmittel dienten. Doch brachten sie keine Frucht hervor, waren sie nur hinderlich für die Weinpflanzen um sie herum; es war völlig logisch sie umzuhauen, da sie ihrem Umfeld nicht gut taten.
So lautet die Frage an uns: Tun wir unserem Umfeld gut? Bringt unser Leben Früchte hervor? Paulus berichtet im Galaterbrief von der Frucht des Geistes, zu der Liebe, Freude, Frieden und Geduld gehören; dazu Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung. Ist eine solche Frucht in unserem Leben zu sehen? Und streben wir nach dieser Frucht des Geistes mit ihren Merkmalen?
Der Weingärtner erbittet sich vom Besitzer des Weinberges noch ein weiteres Jahr für den Feigenbaum. Er will ihn pflegen und düngen – wie gesagt: etwas untypisches für einen Feigenbaum. Die Gnade unseres Herrn ist so groß, dass Er uns Menschen umsorgt, obwohl Er es gar nicht müsste. Eigentlich hätten wir schon alles, was wir zum Leben und zum Fruchtbringen bräuchten, doch Er gibt noch viel mehr Seiner Liebe in unser Leben, selbst dann wenn wir Ihn gar nicht darum gebeten haben.
Jesus setzt sich beim Vater für uns ein. Er ist ganz auf unserer Seite. Er ist niemand, der verurteilt, der zu uns sagt: „Wie konntest du nur?“ Nein, Jesus kniet sich in den Dreck und kümmert sich um uns. Er sorgt dafür, dass wir uns entfalten, dass wir Frucht bringen können. Wir sind Ihm wichtig und Er setzt alles daran, dass wir bei Gott ankommen, dass unser Leben nicht vergeblich war, sondern Frucht bringt.
Jesus macht es uns so leicht wie nur möglich, Frucht zu bringen!
Deswegen ist es nun an uns, dass wir unser Leben in Seinem Licht prüfen: Wo werden wir schuldig? Wo kehren wir Gott den Rücken zu? Wo verletzen wir Menschen? Wo haben wir Dinge zerbrochen?
Jesus sammelt die zerbrochenen Scherben unseres Lebens ein. Am Kreuz hat er getragen, was wir zerbrochen haben. Er trägt unsere Schuld. Damit wir neu anfangen können.
Wir dürfen alles Vergangene bei Jesus abgeben. Auch die ausgebliebenen Früchte unseres Lebens, auch die fauligen Früchte unseres Lebens. Alles, wo wir gescheitert sind.
Wir müssen mit unserem Finger nicht mehr auf andere zeigen, sondern dürfen unsere Hände Gott hinstrecken. Er nimmt jede Last und Schuld, die in ihnen liegt und füllt sie uns neu mit Seiner Liebe, mit Seiner Freude, mit Seinem Frieden.
Amen.
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