Was bleibt, wenn sich alles verändert?

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Ihr Lieben,
wo ist es nur schon wieder hin, dieses Jahr 2024? Gerade begonnen und schon wieder zu Ende. Wie ein Fliege, die eben noch an uns vorbeigebrummt ist, die wir im nächsten Augenblick aber nicht wiederfinden, hat sich dieses Jahr bereits wieder verflüchtigt. „Wie im Flug“ sagen wir gern, wenn die Zeit allzu schnell vergeht. Heute stehen wir bereits an der Schwelle zu einem neuen Jahr – es ist Zeit zurückzublicken auf das Vergangene. Ich habe ein bisschen auf Nachrichtenseiten gestöbert, was eigentlich alles passiert ist. Hier eine kleine, ganz zufällige und unterschiedliche, sowie höchst subjektive Auswahl:
Im Januar gibt es deutschlandweit große Proteste gegen Rechtsextremismus, sowie Bauernproteste gegen die geplante Kürzung von Subventionen; außerdem gibt Jürgen Klopp bekannt, zum Saisonende den FC Liverpool zu verlassen.
Im Februar stirbt Alexej Nawalny in einem russischen Straflager. Da wir ein Schaltjahr haben darf meine Schwester am 29. Februar endlich mal wieder Geburtstag feiern.
Im März gibt der Deutsche Fußballbund bekannt, dass Nike ab 2027 Adidas als Ausrüster ablösen wird. Die Deutsche Bahn und die Lokführer-Gewerkschaft GDL einigen sich nach monatelangem Streit und vielen Streiktagen auf einen neuen Tarifvertrag.
Im April wird Cannabis bundesweit unter Auflagen legalisiert, außerdem beschließt der Bundestag ein neues Selbstbestimmungsgesetz. In Kopenhagen gerät die historische Börse in Brand. Und die Basketballer der Niners aus Chemnitz gewinnen mit dem EuropeCup den ersten Titel der Vereinsgeschichte.
Im Mai landet der deutsche Teilnehmer „Nemo“ beim Eurovision Songcontest auf Platz 12. In Erfurt beginnt der Katholikentag 2024.
Im Juni findet die Europawahl statt. Als Reaktion auf die Ergebnisse verkündet Frankreichs Präsident Macron Neuwahlen der Nationalversammlung. Währenddessen startet die deutsche Fußball-Nationalmannschaft grandios in die Heim-EM.
Im Juli finden nun sowohl in Großbritannien als auch in Frankreich Parlamentswahlen statt, die die bisherigen Mehrheitsverhältnisse umkrempeln. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft scheidet absolut unverdient und unter höchst fragwürdigen Umständen bei der Heim-EM gegen ein fußballerisch unbedeutendes Land aus dem Süden Europas aus, das später sogar den Titel erringt. Donald Trump wird bei einer Wahlkampfveranstaltung angeschossen. Und Joe Biden verkündet den Rückzug seiner Kandidatur für die anstehen Präsidenten-Wahl in den USA. In Frankreich werden die Olympischen Spiele eröffnet. – Im Juli war viel los …
Im August wird der Duden wird um 3.000 Worte erweitert. Nach Ilkay Gündogan tritt auch Manuel Neuer aus der Nationalmannschaft zurück. Unsere Kirchgemeinde feiert an Käppels Floßteich Gemeinde- und Ehrenamtlichen-Fest.
Im September werden in Sachsen und Thüringen neue Landtage gewählt. In Dresden stürzt ein Teil der Carolabrücke ein. Nur wenige Tage später kommt es in Polen, Tschechien und Österreich zu Überflutungen. Im Libanon gelingt dem israelischen Geheimdienst mit der Explosion hunderter Pager ein Coup. Tupperware meldet Insolvenz an.
Im Oktober wird Mark Rutte neuer NATO-Generalsekräter. Red Bull gibt bekannt, dass Jürgen Klopp Chef des internationalen Fußball-Geschäfts des Konzerns wird. Der Gemeindepfarrer feiert Geburtstag.
Im November gewinnt Donald Trump die Präsidentenwahl in den USA mit deutlichem Vorsprung. In Sachsen werden die Sondierungsgespräche zwischen CDU, SPD und BSW abgebrochen. Im Bundestag zerbricht die Regierungskoalition. Zwischen Israel und der Hisbollah tritt eine Waffenruhe in Kraft.
Und im Dezember wird in Paris die Kathedrale Notre Dame feierlich wiedereröffnet. In Syrien kommt es zu einem Umsturz und der syrische Machthaber Assad flüchtet nach Russland, das nach wie vor die Ukraine angreift. In Sachsen wird Michael Kretschmer wieder zum Ministerpräsidenten gewählt. In Magdeburg rast auf dem Weihnachtsmarkt ein Auto durch die Menschenmenge. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier löst den Bundestag auf.
All das und noch viel mehr ist in diesem Jahr passiert. Die Welt hat sich weitergedreht, die Erde einmal die Sonne umrundet, wir sind alle ein Jahr älter geworden – sogar die, die am 29. Februar endlich einmal wieder Geburtstag feiern durften. Vieles ist gleich geblieben, doch manches hat sich auch geändert.
Besonders im politischen Bereich ist manches aus den Fugen geraten, was für uns selbstverständlich und normal war. Von manchen vertrauten Gewissheiten der letzten Jahrzehnte müssen wir nach und nach Abschied nehmen. In unserem Bundesland versucht sich jetzt eine Minderheitsregierung, in Thüringen ist eine linke Partei an die Macht gekommen.
Die Frage, was in der schnell verfliegenden Zeit – ähnlich einer Fliege, die an uns vorbeibrummt und unserem Blickfeld schon wieder entschwunden ist – bleibt, gewinnt neue Dringlichkeit.
Wir hören den Predigttext für den Altjahrsabend:
Jesaja 51,4-6 (BasisBibel)
Gott spricht:
4 Hör mir gut zu, mein Volk, und pass auf! Denn von mir kommt Weisung. Bald mache ich meine Rechtsordnung zu einem Licht für die Völker.
5 Meine Gerechtigkeit ist nahe, meine Rettung ist schon auf dem Weg. Mit starker Hand schaffe ich Recht unter den Völkern. Auf mich hoffen die Bewohner der fernsten Inseln. Sie warten darauf, dass ich meine Stärke zeige.
6 Schaut hinauf zum Himmel und blickt herab auf die Erde! Der Himmel verweht wie Rauch, die Erde zerfällt wie ein abgetragenes Kleid. Ihre Bewohner sterben wie die Fliegen. Aber meine Hilfe wird niemals enden, meine Gerechtigkeit ist unerschütterlich.
Recht, Gerechtigkeit, ein neues Gesetz, Himmel und Erde, Licht der Völker: Große Worte durchziehen unseren Predigttext. Der Blick geht bis an die Enden der Erde: Die Inseln markieren das äußerste damals bekannte Territorium.
Für den großen Propheten Jesaja waren politische Umwälzungen nichts Unbekanntes. Während seines Lebens und Wirkens im 8. Jahrhundert vor Christus erfährt das Nordreich Israel seinen Untergang, nur das Südreich Juda bleibt bestehen. Viele der prophetischen Worte, die Gott zu Jesaja gesprochen hatte, beziehen sich bereits auf die Zeit 150-200 Jahre später, als auch das Südreich Juda untergeht, die Menschen 50 Jahre später aber wieder zurückkehren dürfen.
Alte Gewissheiten bröckeln plötzlich gewaltig, Unerwartetes geschieht, erst Schlimmes, später Schönes.
Unser Predigttext fügt sich hier bestens ein: Die Welt soll neu geordnet werden. Gottes Wille soll aufgerichtet werden unter allen Völkern. Über die Hoffnungen auf die Gewissheiten unserer Welt wird ein ebenso nüchternes wie radikales Fazit gesprochen: „Schaut hinauf zum Himmel und blickt herab auf die Erde! Der Himmel verweht wie Rauch, die Erde zerfällt wie ein abgetragenes Kleid. Ihre Bewohner sterben wie die Fliegen.“ – womit wir wieder bei den vergänglichen Fliegen wären… Sowohl der Blick nach oben in den Himmel unserer Hoffnungen und Träume von einer besseren politischen Weltordnung, wie auch der Blick nach unten auf die Schätze, die wir uns im Leben erworben haben, fällt hier ernüchternd aus. Verrauchende Ideale: zerfallen wie ein Kleid, dahingestorben wie die Fliegen – am Ende des Jahres berauben uns diese Worte jeder Illusion, wir könnten uns schon irgendwie an Gewissheiten festhalten, die uns vor Augen stehen.
Wir müssen uns eingestehen, dass uns der Blick bis an die Ränder der Erde und die Grenzen unserer Vorstellung keine andere Einsicht gibt, als die, die hier ausgedrückt wird: Es gibt keine irdische Gewissheit, die im Flug der Zeit bei uns verweilt, außer die, dass eines Tages alles vergehen wird.
Am Wechsel des Jahres und im Flug der Zeiten fordert uns unser Predigttext heute also erst einmal dazu auf, loszulassen: Das loszulassen, an dem wir uns gerne festhalten: Das, was wir kennen, das, was uns lieb und teuer ist.
Unser Text endet allerdings nicht mit diesem radikalen Blick auf die irdische Vergänglichkeit, sondern mit einer himmlischen Verheißung! Gott sagt: „Aber meine Hilfe, mein Heil, meine Rettung werden niemals enden, meine Gerechtigkeit ist unerschütterlich.“
Es geht hier nicht um irgendeine Gerechtigkeit, die letztlich doch so verzagt und unvollkommen daherkäme, wie es unsere menschlich Gerechtigkeit tut. Es geht nicht um irgendeine Hilfe, irgendeine Rettung, die in diesem Leben doch immer nur von begrenzter Dauer ist. Gott verspricht uns Seine Rettung und Seine Gerechtigkeit! „Aber meine Hilfe, mein Heil, meine Rettung werden niemals enden, meine Gerechtigkeit ist unerschütterlich.“
Und am Beginn unseres Textes steht: „Hör mir gut zu, mein Volk!“ – „Hört mich, alle, die ihr zu mir gehört!“ Gott rückt sich in den Mittelpunkt. Er sagt in diesem kleinen Text: „Ihr könnt so vieles probieren, auf so vieles in dieser Welt hoffen – nichts wird euch letztlich tragen.“ Alles vergeht. So wie der Rauch, der sich sofort verflüchtigt, wenn man nach ihm greift oder ein ganz altes Kleid, das zerfällt, sobald man es berührt. „Aber wenn ihr zu mir kommt“, so Gott weiter, „dann findet ihr Rettung und Hilfe in alle Ewigkeit. – Ich bin eure Rettung.“
Das Wort, das hier im Hebräischen für Rettung bzw. Heil steht, ist das Wort Jeshua, in seiner Schreibweise fast identisch mit dem Namen unseres Retters Jeshua – Jesus. Und Jesus greift diese Stelle selbst auf, als Er die Jünger über die Endzeit lehrt: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht.“ (Mt 24,35) Er reicht uns die Hand, damit wir sie ergreifen und uns an Ihm festhalten. Sein Wort, Seine Verheißungen, Seine Versprechen für uns haben Bestand. Selbst wenn alles vergeht, selbst wenn alles in unserer Welt ins Wanken gerät, was uns Halt gegeben hat: Jesus steht fest, Er ist selbst der feste Grund, der uns Halt gibt, der uns hält.
Die Betonung Seiner Person, die Betonung der Verheißung, dass Er selbst das Heil ist, der Weg, die Wahrheit, das Leben ist die große Einladung an uns, mit Ihm in Beziehung zu treten, mit Ihm in Beziehung zu sein. Er ist der, der Bestand hat, selbst wenn sich alles um uns herum verändert. Er ist der, der uns durch Seine Weisungen und Ordnungen selbst in stürmischsten Zeiten Orientierung gibt. Er ist der, auf den wir uns im wahrsten Sinne des Wortes verlassen können. Ihm können wir vertrauen. Ihm können wir anbefehlen, was uns betrifft. Ihm können wir geben, was uns Sorgen macht und uns beschwert und aus Seiner Hand können wir bekommen, was wir zum Leben brauchen.
„Hör mir gut zu, mein Volk, und pass auf! Denn von mir kommt Weisung. Bald mache ich meine Rechtsordnung zu einem Licht für die Völker.“ Gott hat Seine Verheißung in Jesus erfüllt. Jesus ist das Licht der Welt, das Licht der Völker, das Licht, das in alle Ewigkeit leuchtet und strahlt und unser Leben hell macht – selbst wenn sich alles um uns herum auf dieser Welt verschiebt und verändert. Wenn uns alle irdischen Gewissheiten abhanden kommen, steht Gottes Gewissheit umso fester: Seine Liebe für uns ist unumstößlich (s. Röm 8,38f), Seine Zukunft für uns gesichert, Sein Heil für uns ewig.
Mit diesem wundervollen, alles überragenden Gott, der über die ganze Welt und das Universum herrscht und uns dabei so unendlich liebt, dürfen wir in das neue Jahr gehen! – Was für ein toller Ausblick! An jedem Tag können und sollen wir voller Hoffnung an Ihm festhalten, weil Seine Zusagen für uns feststehen, weil Er selbst an unsere Seite ist, weil Er an uns festhält. Deswegen können wir guten Mutes sein, ganz egal was um uns herum auf dieser Welt geschieht. – Jesus Christus ist bei uns und Sein Heil für uns steht in Ewigkeit.
Amen.
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