Trau dich, zu vertrauen

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Anmerkung: Wir haben an diesem Sonntag einen live-Gottesdienst im ZDF. Die Predigt ist dreigliedrig. Der Bibeltext wird vor der Predigt gelesen. Zwischen den Predigtabschnitten werden Lieder gesungen und andere Elemente eingefügt (u.a. Lesung, Zeugnisse).

Erster Teil

Was hilft, wenn der feste Boden unter den Füßen fehlt? Wenn ich merke: Ich kann gerade nicht mehr funktionieren. Wenn ich im Kopf nur noch renne, renne, renne und mein Akku eigentlich leer ist. Ich weiß nicht, wie das bei dir ist, aber bei mir kommt die Angst „mitten in der Nacht“: Angst, ob ich alles schaffen werde. Tagsüber kann ich sie im Alltagstrott noch wegschieben, aber mitten in der Nacht ist sie mit voller Wucht da. Mir helfen dann keine schlauen Sätze über das Leben wie „das wird schon wieder“ oder „Kopf hoch!“. Auch kein „Fürchte dich nicht!“ Die Jünger sind „mitten in der Nacht“ weit draußen auf dem See. Nur Dunkelheit und Wasser. Und dann der Wind. Er peitscht ihnen ins Gesicht. Sie halten sich fest, das Holz ächzt. Sie merken: Das hier haben wir nicht mehr unter Kontrolle. Was hilft da? So viel ist klar, es ist nicht einfach Jesus. Mitten im Sturm kann dieser Jesus aussehen wie ein Gespenst. Kein Wunder, dass die Jünger vor Angst schreien. Und Jesus? Er sagt: „Fürchtet euch nicht! Ich bin’s.“ Die Jünger hören Jesu Stimme… und ducken sich weg. Appelle jedenfalls helfen nicht gegen die Angst. Den Jüngern nicht und mir auch nicht. Wenn ich Angst habe, habe ich Angst. Punkt. Petrus hat eine andere Strategie. Er ruft: „Herr, wenn du es wirklich bist, dann befiehl mir, zu dir zu kommen.“ Petrus wartet. Lässt Jesus nicht aus den Augen. „Komm“, sagt der. „Komm, du schaffst das!“. Petrus schaut auf Jesus. Er denkt daran, wie der nur mit Worten einen Blinden geheilt oder Dämonen vertrieben hat. Viele positive Erlebnisse schießen ihm durch den Kopf. Vertrauen kommt aus positiven Erfahrungen, das fühlt er. Petrus glaubt Jesus. Dann erst steigt er über diese Kante zwischen Boot und Meer. Setzt einen Fuß aufs Wasser und dann den anderen. Er schaukelt gewaltig. Aber dann läuft er. Das Wasser trägt. Er schafft es und er kann es. Und dann geht was schief. Das passiert. Petrus sieht wie die Wellen höher werden, Wasser spritzt ihm ins Gesicht. Das Heulen des Sturms ist lauter als alles andere. Mut kippt in Zweifel. Sein Vertrauen, das eben noch da war, fühlt sich dünn und zerbrechlich an. Er sinkt. Ich kenne dieses Hin-und-Her. Erst denke ich: Ich packe das! Und im nächsten Moment flüstert eine Stimme: „Was, wenn du´s nicht schaffst?“ Einmal fühle ich mich stark, dann wie im tiefen Fall. Ich erinnere mich an mein erstes Studium. Eigentlich wollte ich ja Mediendesign studieren, bin aber nicht reingekommen. Weil ich wusste, ich muss jetzt was machen, habe ich mich für Informatik eingeschrieben. Damals dachte ich: Das geht schon. Aber dann kamen die ersten Vorlesungen. Plötzlich konnte ich ganz viel nicht verstehen. Dann die Programmieraufgaben: die ersten habe ich mit Mühe geschafft, danach fast nichts mehr. Ich bin morgens aufgewacht und habe gedacht: heute schaffe ich es. Und abends bin ich frustriert ins Bett, weil ich merkte: Wieder nichts. Diese Wellen aus Frust und Überforderung haben mich jeden Tag ein Stückchen tiefer gezogen. Ist man selbst schuld, wenn man sinkt? Wenn das Wasser einem bis zum Hals steht und es nicht fest wird unter den Füßen? Ist das Vertrauen in Gott dann zu dünn? Mein Glaube zu schwach?
An dieser Stelle wird zum Psalm 23 hingeführt, den wir gemeinsam im Gottesdienst sprechen.

Zweiter Teil

Petrus sinkt. Er hatte einen kleinen Glauben und eine Riesenangst. Aber er geht nicht unter. „Herr, hilf mir!“ schreit er einfach. Und da ist diese Hand – diese eine Hand. Und die rettet ihn. Jesus zu vertrauen heißt, den ersten Schritt wagen, auch wenn du zitterst.  Rufen „Ich brauche Hilfe!“, wenn du Hilfe brauchst. Und erleben: Seine Hand hält dich. Und schau mal: Die Wellen peitschen weiter, der Wind pfeift, es bleibt finsterste Nacht. Der Sturm bleibt: Eine Kündigung, die schwere Krankheit oder der Streit in deiner Familie. Aber es heißt: Du bist nicht allein. Einer hält dich. Du gehst nicht unter. Wenige Meter daneben versuchen die anderen Jünger, das schaukelnde Boot unter Kontrolle zu halten. Sie geben alles, was sie an Kraft und Erfahrung haben. Und auch sie schaffen es nicht. Das Boot gerät außer Kontrolle. Sie erleben Ohnmacht, so wie Petrus. Du kennst das: Du willst, du kämpfst, du gibst alles. Aber deine Kraft ist am Ende. Und dann passiert´s. Genau in dem Moment sind sie Zeugen eines Wunders. Sie sehen, wie Jesus die Hand des Petrus hält. Mitten im Sturm sind die beiden fest verbunden. Wisst ihr, verbunden zu sein mit dem, worauf man vertrauen kann, ist eine der besten Strategien gegen die Angst. „Und sie traten in das Boot“ Petrus und Jesus zusammen. Da ist er. „Fürchte dich nicht“ ist nicht nur ein Satz. Er hat ein Gesicht. Jesus steigt mit ins Lebensboot. Obwohl er wirklich nicht müsste, denn er läuft doch mühelos über das Wasser. Er steigt hinein in ihre Überforderung und ihre Angst. Und der Sturm merkt, dass er jetzt keine Macht mehr hat. Der Wind legt sich. Es wird still. Ich glaube, das brauchen wir: Einander im Sturm nicht alleine lassen. Das ist schon viel. Dann können wir davon erzählen, wie Angst klein wird und Vertrauen groß. Wie sich das anfühlt, wenn Jesus meine Hand hält. Und wie Glauben tief im Herzen wächst. Ich finde, solche Geschichten sind stärker als jede Predigt. Wir haben welche in unserer Gemeinde gesammelt.

Zeugnisse

· Ein 70jähriger Mann aus unserer Gemeinde schreibt: Bei mir wurde Schwarzer Hautkrebs diagnostiziert. Nun bin ich seit einigen Jahren „gesund“ und gehe alle Viertel Jahre zu Kontrolle. In meinem Innern habe ich noch Angst, der Krebs könnte wiederkommen. Die Angst drückt mich aber nicht in die Knie, denn ich weiß, über allem steht mein Gott, dem ich vertraue. Gott hält mich.
· Eine andere erinnert sich: Vor einigen Jahren trennte sich mein Mann von mir und der Familie. Eines wusste ich, ich wollte in kein Loch fallen. So vertraute ich Gott meine Situation an. Ich betete: steh mir bei. Zwei Tage mach diesem Knall, fand ich in meinen Unterlagen eine Karte, die mir jemand vor vielen Jahren geschenkt hatte. Auf ihr stand der Bibelvers: „Fürchte dich nicht, ich schütze dich mit meiner rechten Hand. Schau gelassen zu.“ Als ich das las, kam eine große Ruhe über mich, die auch andere bemerkten. Gott hatte mich gehalten.

Teil 3

Sterben ist für mich ist so etwas wie die letzte, große Welle. Da kannst du nichts mehr kontrollieren. Ehrlich gesagt: das verunsichert mich jedes Mal, wenn ich zu einem sterbenden Menschen gerufen werde. Ich komme an und denke, ich müsste trösten. Irgendetwas sagen, das hilft – aber eigentlich fühle ich mich selbst klein und unsicher. Da lag diese Frau, schwach, mit halbgeschlossenen Augen. Ihre leise, fast brüchige Stimme traf mich. Keine großen Worte, kein Erklären – nur ein leises Gebet. Ruhe. Ein Vertrauen, das nicht aus Stärke kommt. Sie wusste: Ich bin gehalten. Ihre Hoffnung und auch ihre Freude mit Jesus zu sein, hat mich - wie soll ich sagen - mich mit hineingenommen. Ich konnte mich mitfreuen. Sie hat mich mit ihrem großen Vertrauen auf Jesus angesteckt. Ich bleibe bei ihr sitzen und erlebe: In dieser letzten, größten Welle ist Gott nicht fern. Wir alle stehen mitten im Leben zwischen Vertrauen und Angst, zwischen Wagnis und Kontrolle. Wir suchen Halt und verlieren ihn wieder. Wir denken, wir schaffen es. Aber wir tun es nicht immer. Wir rufen um Hilfe. Und dann ist da die Hand. Halt sie fest. Sie rettet dich. Und dann gehen wir übers Wasser zurück ins Boot oder ins Leben. Trau dich, zu vertrauen! Amen
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