Jakob und Esau - Gottes freie Gnadenwahl

Gottes freie Gnadenwahl  •  Sermon  •  Submitted
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Einleitung

Es gibt Passagen in der Bibel, die kennen wir alle - und sie sind uns wichtig und teuer geworden. Z.B. Joh 3:16. Und dann gibt es Abschnitte im göttlichen Wort, die kennen wir auch, machen aber lieber einen großen Bogen um sie. Und die Gründe hier können vielfältig sein:
die Passagen sind langweilig (Namensregister) oder
wir haben die Texte schon x-mal gehört oder aber
wir können mit der Stelle nichts anfangen, weil sie eigentlich mit unserem Gottesbild nicht zusammenpasst, z.B. Mal 1,2-3
Ich möchte euch heute mit dieser Predigt ermutigen, aber gerade solche Texte in der Bibel verstärkt zu betrachten. Denn in diesen Texten können wir am meisten wachsen. Und so möchte ich mit euch gemeinsam die ersten Verse aus Rom 9 studieren, die doch eine gehörige Heruasforderung für den einen oder anderen Christen darstellen - mich eingeschlossen.

Römer 8 - Zusammenfassung

Bevor wir aber in die Details zu Rom 9 einsteigen, sollten wir anschauen, welche Kernaussagen Paulus in Rom 8 tätigt. Dies gibt uns den Kontext bzw. richtige Einleitung zu Rom 9.
Manche Menschen bezeichnen Römer 8 als eine Kathedrale, die Paulus Stück für Stück baut und wo man nur staunend drinnen steht und Gottes Meisterwerk betrachtet. Andere bezeichnen Rom 8 als das wichtigste Kapitel der ganzen Bibel. Aus diesen Aussagen heraus kann man schon ableiten, dass Rom 8 eine fundamentale Bedeutung haben dürfte.
Worum geht es? Paulus schreibt seinen Brief ja nicht an irgendwelche Leute, sondern an die gläubigen Christen in Rom. Und genau diese gläubigen Christen in Rom und sonstwo auf der Welt adressiert das Kapitel 8. Paulus schreibt hier, dass die Basis / die Grundlage allens die ewige Liebe Gottes ist (Rom 8,38-39). Darin begründen sich
unsere Erlösung,
dass uns alles zum Besten dient (nämlich auf unsere Erlösung hin) und
dass der Heilige Geist seine Kraft in uns entfaltet und durch ihn die Liebe, die Gott zu uns Menschen hat, auch in uns regiert (Rom 8,4-14).
Soweit dürfte alles mit unserem Gottesbild gut zusammenpassen.

Römer 9 - Einleitung

Jetzt könnten aber Menschen einwenden, dass Israel als Volk des Bundes alle Vorzüge von Gott genossen hat, die Gott zu geben hatte. Aber was hat es gebracht? Ist nicht Gottes Plan mit dem Volk gescheitert? Und wenn schon Gottes Plan mit dem Volk Israel nicht funktioniert hat, wer will dann garantieren, dass das, was Paulus in Rom 8 über unsere Erlösung geschrieben hat, tatsächlich wahr ist? Ist Gottes Wort wirklich verlässlich oder hat es versagt wie sich an Israel zeigt?
Und die Antwort auf diese Frage liefert Paulus in Rom 9 und den folgenden Kapiteln. So ist auch zu verstehen, dass viele Bibelausleger sagen: Wenn Röm 8 eine Kathedrale ist, dann ist Röm 9 das Fundament dieser Kathedrale.

Römer 9:1-5 - Der Zustand Israels

Paulus startet das 9. Kapitel mit einer Zustandsbeschreibung seines Volks.

Röm 9:1-2

Paulus sagt hier dreimal, dass er die Wahrheit in Vers 2 und folgende sprechen wird:
1. Ich sage die Wahrheit in Christus
2. lüge nicht
3. mein Gewissen bezeugt es mir im Heiligen Geist
Und Paulus macht hier sehr klar, dass er vom Heiligen Geist inspitierte Worte sprechen wird, wenn er sagt, dass er große Traurigkeit in seinem Herzen hat. Warum hat er Schmerzen ohne Unterlass in seinem Herzen?

Röm 9:3-5

Paulus schreibt, dass er selbst
verflucht und
von Christus getrennt sein
wolle und bringt damit indirekt zum Ausdruck, dass dies der Zustand seines Volks der Israeliten ist. Nachdem Jesus aber Gott ist (Rom 9:5), sind die Israeliten von Gott getrennt, da sie Jesus nicht annehmen wollen und Ihn verworfen haben.
Paulus weiß auch, dass es nicht möglich ist, dass er von Christus getrennt wird, wie er in Röm 8:38-39 geschrieben hat.

Röm 9:6 - Gottes Wort bleibt

Paulus setzt hier einen wichtigen Punkt: In Röm 8:38-39 hat Paulus uns noch versichert, dass uns NICHTS von Gott trennen kann. In den ersten Versen von Röm 9 macht er aber deutlich, dass die Juden, seine Stammverwandten nach dem Fleisch, von Gott getrennt sind, obwohl diese alle Vorzüge hatte, die Gott nur hat geben können. Da fragt man sich als Leser von Paulus' Brief schon: Stimmt das wirklich, was Paulus in Röm 8:38-39 geschrieben hat, wenn es schon die Israeliten mit all den Vorzügen nicht "geschafft" haben?
Aus diesem Grund sagt Paulus hier: "Aber ich sage damit nicht, dass Gottes Wort hinfällig geworden sei." Dies ist die Kernaussage des 9. Kapitels. Wenn ihr mögt unterstreicht euch diese Worte ganz dick. Gottes Versprechen hat Bestand. Es bleibt.
Jetzt könnte aber der eine oder andere Leser des Briefes sagen: "Das musst du beweisen.", weil da durchaus wegen dem Volk Israel Zweifel aufkommen können. Und das macht Paulus auch unvermittelt gleich im nächsten Satz, den er mit dem Wort "Denn" einleitet. Dieses Wörtchen “Denn” leitet Paulus’ Beweisführung ein.
Und Paulus begründet seine Behauptung, dass Gottes Wort nach wie vor Bestand hat, mit der Aussage, dass nicht alle, die von Israel abstammen, auch wahre Israeliten sind.
Wie ist das denn zu verstehen? Das wäre so, als wenn ich sage, dass nicht alle, die einen österreichischen Pass haben, auch wirklich zu Österreich gehören. Ihr würdet mich fragen, wieso denn nicht. Woran mache ich denn fest, wer wirklich zum österreichischen Volk gehört?

Röm 9,7-13 - Die Beweisführung, dass Gottes Wort bleibt

Röm 9,7-9 - Isaak und Ismael

Die letzte Aussage in Rom 9,6 mag den einen oder anderen verwirren, und so bemüht Paulus hier eine Analogie / ein Gleichniss: Abraham hatte ja zwei Kinder, um die es zunächst in Gen geht: Isaak und Ismael. Später hatte er mit Ketura noch viel mehr Kinder, was hier aber jetzt nicht relevant ist. Und Gott sagt zu Abraham ganz klar: nur die Nachkommen Isaaks werden Abrahams Geschlecht genannt werden. Gott hat hier gewählt: Isaak vs. Ismael.
Aus menschlicher Sicht kann man diese Wahl noch nachvollziehen. Isaak ist der Sohn der Verheißung, geboren unter Umständen, die auf ein Wunder schließen lassen. Somit ist der eine Sohn ein Sohn des Glaubens und der andere ein Sohn des Fleisches.
An anderer Stelle (Galaterbrief) kommt Paulus genau auf diese Elternschaft zurück und bezeichnet Hagai als die Sklavin (Unfreie) und Sarah als die Freie.
So kann man hier also als Leser des Briefs zu dem Schluss kommen: Gottes Wahl geht schon in Ordnung. In Isaak floss das Blut Abrahams und der Freiheit. Aber in Ismael floss das Blut Abrahams vermischt mit dem Blut der Sklaverei. Von daher konnte Gott gar nicht anders, als sich für Isaak zu entscheiden.

Röm 9,10-13 - Jakob und Esau

Paulus möchte aber unbedingt vermeiden, dass beim Leser der Eindruck entsteht, der Mensch - und wenn es nur seine Abstammung ist - kann Gott in seiner Wahl beeinflussen. Und deshalb setzt er am Anfang von Rom 9,10 ein dickes ABER. Und Paulus referenziert auf ein weiteres Beispiel aus den Vätern des auserwählten Volks: Isaak und Rebecca. Wieder geht es um zwei Söhne: Esau und Jakob. Und auch hier geht es wieder um Gottes Wahl für einen von den beiden. Aber hier weißt Paulus in Rom 9,10 gleich auf den ersten Unterschied zum ersten Beispiel hin: Hier stammen beide Söhne von EINER Frau und EINEM Mann. Somit gibt es das Argument, dass unterschiedliches Blut in den Adern der Söhne fliesst, hier nicht. Die Blutlinie von Jakob und Esau ist völlig ident.
Und noch viel mehr: Beide Kinder waren noch nicht geboren, hatten also nichts Gutes und auch nichts Schlechtes getan, da hat Gott bereits seine Wahl getroffen. Gott sagte früher mal zum Volk Israel wie Paulus in Rom 9:13 zitiert: Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst.
Damit hat Paulus bewiesen, dass rein gar nichts uns von Gott und Seiner Liebe trennen kann. Warum? Weil Gottes Liebe zu uns nicht von unseren Taten und Werken abhängt. GOTT IST ABSOLUT SOUVERÄN IN SEINEM HANDELN!!! - siehe auch im Vers 16. Und weil das so ist, ist Gottes Wort auch nicht hinfällig oder ungültig geworden. Wir dürfen darauf vertrauen und immer daran festhalten. Und wenn Gott sagt, dass er wiederkommen wird, dann ist es so und Er wird uns eines Tages in den Wolken des Himmels heim holen.

Röm 9,14-21 / Mal 1,1-4 - Ist Gott gerecht?

Aber jetzt tut sich natürlich ein weiteres Problem auf: Ist das denn gerecht, wie Gott hier entscheidet? Ist das nicht Willkür und völlig unfair? Welche Möglichkeit hatte Esau, sich zu verteidigen? Was konnte der Embryo Esau dafür, dass Gott ihn hasst?
Paulus antwortet in Rom 9,16 einfach nochmals mit den Worten: So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen. Er spricht hier und in den folgenden Versen wieder die absolute Souveränität Gottes an. Er vergleicht Gott und Mensch wie mit der Beziehung zwischen Töpfer und Tonklumpen (Rom 9:20).
Viele Christen dürfte diese Antwort Paulus' heute allerdings nicht befriedigen. Man kann natürlich die absolute Souveränität Gottes einfach blind akzeptieren. Oder aber man forscht weiter, was hinter Gottes Aussage steckt: "Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst."
Ein Blick in Mal 1:1-4 sollte da mehr Aufschluss geben:
In Mal 1:2 sagt Gott zu Israel, dass Er Israel liebt. Gemäß Vine's Complete Expository Dictionary of Old and New Testament Words bedeutet dies eine starke gefühlsmäßige Bindung und ein Verlangen nach etwas. Israel scheint sich dieser Liebe Gottes nicht bewusst zu sein und fragt Gott, woran sie merken können, dass Gott sie liebt. Und jetzt führt Gott das Beispiel von Jakob und Esau an. Wie auch der eine Bruder nichts besser gemacht hat als der andere, so hat auch Israel als Volk absolut nichts besseres gegenüber den anderen Völkern. Und doch hat Gott Israel ausgesucht und mit all den Vorteilen bedacht, die Paulus in Rom 9,4-5 aufzählt - und noch darüber hinaus.
Über Esau und dessen Nachkommen die Edomiter sagt Gott in Mal 1:4, dass Er das, was sie bauen, wieder abbrechen wird: "Werden sie bauen, so will ich abbrechen." Eine ähnliche Aussage macht Paulus etwas später in Rom 9,18: "So erbarmt er sich nun, wessen er will, und verstockt, wen er will." Das sind Aussagen, die einen über dem eigenen Gottesbild grübeln lassen.
Man darf aber über diesen Versen nicht vergessen, dass jeder Mensch, der auf dieser Welt lebt, die gleiche Chance hat, sein Herz zu Gott zu bekehren. Jeden Menschen erhält Gott am Leben, jedem Menschen gibt Gott einen freien Willen zur Entscheidung. Gott lässt es regnen über den Gerechten wie den Ungerechten. Jeder bekommt die gleiche Luft zum Atmen. Verdient hat allein das kein einziger Mensch. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir alle zusammen - und damit meine ich jetzt alle Menschen auf der ganzen Welt - sündige Menschen sind, die keinerlei Anspruch auf irgendwas bei Gott haben.
Dass Gott uns liebt, obwohl wir gefallen sind: es ist seine Entscheidung.
Dass Gott uns immer wieder vergibt, obwohl wir im Gesetz bestens unterrichtet sind: Es ist seine freie Entscheidung.
Dass Gott uns seine Kinder nennt, obwohl wir seinen Charakter nicht mehr wiederspiegeln: Es ist seine freie Entscheidung.
Dass Gott uns erlöst hat und eines Tages nach Hause holen wird: Es ist sein freies Geschenk an uns Menschen.

Zusammenfassung

So lasst uns noch einmal zusammenfassen, was wir heute aus der Schrift erkannt haben.
Nichts kann uns von Gottes Liebe trennen, egal was wir auch machen, weil Gottes Liebe nicht von unseren Taten und Errungenschaften abhängig ist.
Wir können weiterhin festhalten, dass Gott in seinen Entscheidungen absolut souverän ist - ähnlich wie der Weinbergbesitzer, der allen Tagelöhnern den gleichen Lohn zahlte - egal, wie lange sie auch für ihn am Tag gearbeitet haben.
Alle Segnungen Gottes sind für uns ein völlig unverdientes Geschenk. Eigentlich hätten aller Menschen “verdient”, dass wir nicht mal am Leben sind. Alle darüber hinaus, ist eine reine Gnadengabe Gottes, für die wir nur dankbar sein können.
AMEN.
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