Einführung in die Psalmen / Psalm 90

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Eine Einführung in die Psalmen + Auslegung zu Psalm 90

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1 Einführung Psalmen

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1 Einführung Psalmen

1.1 Einführung

Stell Dir vor, die Bibel bestünde ausschließlich aus Paulusbriefen. D.h. 66 Bücher, 1189 Kapitel, 31.171 Verse, 738 765 Wörter tiefgründigste Theologie verpackt in logischer Argumentation und Schachtelsätzen, die sich teilweise über 10 Verse erstrecken. Ich übertreibe ein bisschen, aber das wäre ganz schön anstrengend, und dazu ziemlich eintönig. Es gehört zu den genialsten und schönsten Seiten der Bibel, dass sie kein „Einheitsbuch“ ist, sondern dass sie auf ganz unterschiedliche Art und Weise geschrieben ist, und mit einer Vielfalt an unterschiedlichsten Literaturformen über Gott spricht.
In unserer neuen Themenreihe, die ich heute einführen darf, wollen wir uns einem ganz besonderen Buch zuwenden, nämlich dem ältesten Gesangsbuch der Welt, den Psalmen.
Psalmen: An Gott gerichtete Gebete und Lieder aus dem alten Israel. In den nächsten Wochen wollen wir uns auf diese Gebete und Lieder einlassen und wollen hören, was Gott uns durch diese Gebete und Lieder zu sagen hat.
Mein Plan für heute: Ich werde heute zunächst, son paar einführende Worte zu den Psalmen verlieren und anschließend werden wir uns einen Psalm anschauen

1.2 Entstehung von Psalmen

Kurz zur Entstehung der Psalmen: Die Psalmen sind über einen Zeitraum von etwa 1000 Jahren entstanden. Der älteste stammt aus der Zeit von Mose um 1400 v.Chr. die jüngsten aus dem 5.Jhd., nachdem das Volk aus dem babylonischen Exil heimkehrte und den 2. Tempel aufgebaut hat. Zu dieser Zeit wurden die Psalmen vermutlich auch zu einem Buch zusammengefasst und dienten damals als Gesangsbuchs Israel Wir finden ganz unterschiedliche Verfasser, die häufig auch in der Psalmüberschrift erwähnt werden. Die meisten Psalmen stammen von König David – etwa 74. 12 Psalmen stammen von seinem Chorleiter Asaf. Daneben gibt’s noch 12 Psalmen von den Söhnen der Korachiter, die ebenfalls als professionelle Sänger und Musiker am Tempel gedient haben. Als Buch zusammengefasst wurden die Psalmen wahrscheinlich im 5. Jhd. V.Chr.

1.3 Psalmen als Worte von Menschen AN Gott und Gottes Wort AN uns

Wenn wir Christen die Bibel lesen, dann verstehen wir die Aussagen der Bibel als Gottes Wort AN UNS – Wir fragen, was hat uns Gott dadurch zu sagen, ja wir nennen die Bibel sogar das Wort Gottes. Bei den Psalmen ist das jetzt natürlich ne spannende Angelegenheit, denn hier ist es ja eigentlich umgekehrt – in den Psalmen spricht nicht Gott zu den Menschen, sondern Menschen sprechen zu Gott. Menschen wenden sich mit ihren Problemen, in ihrer Trauer, in ihrer Hoffnungslosigkeit, aber auch in ihrer Freude und mit ihrem Dank an Gott. Und trotzdem können wir davon ausgehen, dass der Heilige Geist zu 100% wollte dass diese Worte in der Bibel stehen, warum weil er uns darin zeigt, wie wir Menschen Gott begegnen können und weil die Psalmen uns aus den unterschiedlichsten Perspektiven das Wesen Gottes zeigt.

1.4 Poesie in den Psalmen

Wenn wir jetzt Psalmen lesen, dann gibt’s da son paar Sachen zu beachten. Das Wichtigste, was wir verstehen müssen: Psalmen sind durch und durch Poesie. Psalmen sind Gebete und Lieder in Gedichtform, und somit begegnet uns in den Psalmen ein Stück weit Kunst – die Menschen, die sie geschrieben haben, die haben sich was dabei gedacht, die haben sich zur Ehre Gottes Mühe gegeben, und das sollten wir auch würdigen.
Das wichtigste Stilelement der Poesie, die uns in den Psalmen begegnet ist der Parallelismus:
In unserer deutschen Poesie haben wir eine ganz bestimmte Vorstellung was ein Gedicht ausmacht – und ein zentrales Element ist der Reim: Reimen tut es sich dann, wenn in zwei Versen die Silben irgendwie gleich klingen: „Wer reitet so spät durch Nacht und Wind, es ist der Vater mit seinem Kind“. In der Bibel wird man solche Reime vergeblich suchen; die hebräische Poesie ist wenig daran interessiert, ob die Silben gleich klingen, sondern daran, dass die Inhalte gleich klingen.
Das hört sich dann so an: Ausschnitt aus Ps. 142: „Mit meiner Stimme schreie ich zum Herrn // Mit mit meiner Stimme flehe ich zum HERRN.“ „Ich schütte mein Anliegen vor ihm aus // meine Not erzähle ich vor ihm.“
Was für uns Deutsche wie ne unnötige Wiederholung klingt, weil wir ja eher effizient denken, ist für den Hebräer Kunst.
Ein zweites Element der hebräischen Poesie ist die Metaphorik – die Psalmen sind voll von Bildern, die man auch deuten muss, wenn man sie liest. Wenns in heißt „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“, dann ist damit nicht gemeint, dass ich mit Gott an der Hand durch Nürnberg lauf und über alle Mauern spring, sondern dass wir einen starken Gott haben, der uns zur Seite steht.

1.5 Arten von Psalmen

So jetzt gibt es nicht nur eine Art von Psalmen sondern ganz verschiedene. Die deutsche Theologie war Vorreiter darin, innerhalb der Psalmen verschiedene Kategorien zu entdecken. Deutsche brauchen halt Strukturen und Kategorien – aber es hilft tatsächlich

1.5.1 Klagelieder

· Größte Gruppe der Psalmen (ca. 60) – spricht für sich
· Drücken mit tiefer Leidenschaft und Ehrlichkeit den Kummer aus, den Menschen verspüren
· Individuelle / gemeinschaftliche Klagelieder à Anwendung: Warum nicht als Gemeinde mal ein Klagelied anstimmen
· Klagelieder bleiben idR nicht bei der Klage/ Bitte stehen à Aufbau: Klage / Bekenntnis des Vertrauens zu Gott / Lobpreis

1.3.1.1 Fluch-/Rachepsalmen

1.5.2 Dankpsalmen

· Gebete, in denen Einzelnen und das ganze Volk auf das konkrete Eingreifen Gottes im persönlichen Leben reagieren und Gott für sein Handeln Lob und Dank aussprechen
· 10x gemeinschaftliches Lob / 6x individuelles Lob
· Aufbau: Rückblick auf die Not / Bericht von der Rettung / Aufruf zum Lob

1.5.3 Loblieder/Hymnen

· Bekenntnis und Lobpreis Gottes - ohne speziellen Bezug zu einer Erfahrung, sondern Konzentration auf das Wesen Gottes, auf das was er ist:
· Gott wird gepriesen als: Ewiger Schöpfer und Gott des Alls / Herr der Geschichte (bezogen auf die Heilsgeschichtliche Erlösung des Volkes) / König

1.5.4 Weisheitspsalmen

· Anzahl: ca. 8
· Weisheitspsalmen betrachten das menschliche Leben. Sie machen Aussagen darüber, wie das Leben gelingt, nämlich dann, wenn man nach Gottes Geboten lebt (z.B. , 119). Sie beschreiben, dass das Glück der Gottlosen nur ein äußeres scheinbares Glück ist (). Sie sprechen von der Vergänglichkeit des Menschen
· Inhaltliche Nähe zu Sprüchen
· Beispiele: 1, 73, 90, 119

1.5.5 Bußpsalmen

1.5.6 Königspsalmen

1.6 Der Nutzen der Psalmen für den heutigen Leser

1. Ein Vorbild und ein Ansporn über Gottes Wesen und über sein Handeln nachzudenken Die Leute, die Psalmen schreiben, die machen sich Gedanken über Gott. Und das ist tatsächlich auch eine Fähigkeit, die in unserer hektischen Zeit nicht mehr so ausgeprägt ist. Man setzt sich verloren geht. 2. Eine Hilfe/Orientierung, wie wir uns Gott gegenüber ausdrücken können: Freude, Leid, Erfolg, Misserfolg, Hoffnung, Bedauern, Anbetung 3. Realness: Die Psalmen zeigen, die Wirklichkeit des Lebens, so wie es ist – sie zeigen, dass das Leben mit Gott kein angenehmes Leben sein muss. Die Psalmen zeigen Menschen, die von Gott gesegnet sind, die aber genauso mit massiven Schwierigkeiten zu kämpfen haben, aber die inmitten dieser Schwierigkeiten an Gott festhalten. Das sind die Gründe, warum die Psalmen 4. Die Psalmen offenbaren uns das Wesen Gottes und das aus den unterschiedlichsten Perspektiven

2

2.1 Einführung

2.1.1 Hinführung

So genug der Vorrede, jetzt wollen wir uns direkt in einen Psalm stürzen. Ich hab einen ausgesucht der in mehrerlei Hinsicht einzigartig ist. Zum einen hat der Verfasser dieses Psalms auch nur diesen einen Psalm geschrieben, zum Anderen dürfte es wohl der älteste Psalm sein, den es überhaupt gibt, ich dachte mir: Das ist doch ein würdiger Beginn für diese Themenreihe.

2.1.2 Psalmlesung

Ein Gebet Moses, des Mannes Gottes.
Herr, du bist unsere Zuflucht von Geschlecht zu Geschlecht!
2 Ehe die Berge wurden und du die Erde und den Erdkreis hervorbrachtest, ja, von Ewigkeit zu Ewigkeit bist du Gott!
3 Du läßt den Menschen zum Staub zurückkehren und sprichst: Kehrt zurück, ihr Menschenkinder!
4 Denn tausend Jahre sind vor dir wie der gestrige Tag, der vergangen ist, und wie eine Nachtwache.
5 Du läßt sie dahinfahren wie eine Wasserflut, sie sind wie ein Schlaf, wie das Gras, das am Morgen aufsprießt; 6 am Morgen blüht es und sprießt, am Abend welkt es und verdorrt.
7 Denn wir werden aufgerieben durch deinen Zorn und schnell hinweggerafft durch deinen Grimm.
8 Du hast unsere Missetaten vor dich hingestellt, unser geheimstes Tun in das Licht deines Angesichts.
9 Denn alle unsere Tage schwinden dahin durch deinen Zorn; wir verbringen unsere Jahre wie ein Geschwätz.
10 Unser Leben währt siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind's achtzig Jahre; und worauf man stolz ist, das war Mühsal und Nichtigkeit, denn schnell enteilt es, und wir fliegen dahin.
11 Wer erkennt aber die Stärke deines Zorns, deinen Grimm, so wie es der Furcht vor dir entspricht?
12 Lehre uns unsere Tage richtig zählen, damit wir ein weises Herz erlangen!
13 Kehre zurück, o HERR! Wie lange noch? Und hab Erbarmen mit deinen Knechten!
14 Sättige uns früh mit deiner Gnade, so wollen wir jubeln und fröhlich sein unser Leben lang.
15 Erfreue uns so viele Tage, wie du uns beugtest, so viele Jahre, wie wir Unglück sahen.
16 Laß deinen Knechten dein Walten sichtbar werden, und deine Herrlichkeit ihren Kindern!
17 Und die Freundlichkeit des Herrn, unsres Gottes, sei über uns, und das Werk unsrer Hände fördere du für uns, ja, das Werk unsrer Hände wollest du fördern! (Psa 90:1-17 SCL)

2.2 Hauptteil

2.2.1 Hintergrund

, das merken wir beim ersten Lesen, ist kein Happy-Life-Psalm, sondern über weite Strecken ist das was wir hier lesen ziemlich schwermütig. Mose, der Mann Gottes, wie hier bezeichnet wird, klagt Gott das was ihn bedrückt und vielleicht auch innerlich verstört. Als er diesen Psalm schreibt liegen 40 Jahre Wüstenzeit hinter ihm und dem Volk Israel, dem er vorsteht – 40 Jahre, in denen eine Nation von wahrsch. weit über 2 Millionen Menschen in einer Wüste umherirrt, und zwar nicht weil sie den Weg vergessen hatte, sondern weil sie unter dem Gericht Gottes stehen. Ursprünglich sollte die Wüste einmalig durchzogen werden mit dem Ziel das verheißene Land Kanaan einzunehmen. Doch als man an der Grenze zu Kanaan steht, da passiert was ziemlich typisches für dieses Volk: Trotz all der Wunder, die man mit Gott erlebt hat (10 Plagen, Teilung des roten Meeres, Versorgung aus der Luft …) scheint es auf einmal unüberwindbar dieses Land einzunehmen – Zu groß und zu stark wären die Menschen die dort leben – so die Begründung der 10 Kundschafter. Und so entsteht im Volk eine tiefe Antistimmung gegen Gott, der es gewagt hat sie überhaupt hierherzuführen und gegen Mose. An seiner Stelle wollen sie sich einen neuen Führer wählen, der sie zurückbringt nach Ägypten in die Sklaverei.
An dieser Stelle so können wir das im 4. Buch Mose Kap. 14 nachlesen, ist für Gott der Punkt erreicht, wo er sagt – ich will und kann nicht mehr mit diesem Volk. Im Gespräch mit Mose ist sein erster Impuls, das gesamte Volk auszurotten, das kann ihm Mose grad noch so ausreden. Und so lautet sein Urteil schlussendlich: 40 Jahre sinnlose Dauerschleife in der Wüste für das ganze Volk und kein Mann über 20 Jahre, der sich an dem Aufstand gegen Gott beteiligt hat, wird diese Zeit in der Wüste überleben. Zum Abschluss seines Urteils sagt Gott: „Ihr soll wissen, wie es ist, wenn ich mich von Euch abwende“. Und so wurde die Wüste Paran über 40 Jahre zu einem großen Friedhof für vermutlich über 600.000 Männer, die in der Sinnlosigkeit starben.
Mose kannte sich aus mit dem Sterben, denn er hat es tagtäglich gesehen. Und wir merken in diesem Psalm, wie nahe ihm dieses Wegsterben einer ganzen Generation ging. Und so kann man diesen Psalm wie einen einzigen Schrei nach Befreiung verstehen, dass Gott in diese Situation reinkommt, dass er verändert, ja dass das Volk bessere Zeiten sehen darf.

2.2.2 Der ewige treue Gott und der vergängliche Mensch (V.1-10)

Trotzdem, wenn wir uns jetzt dem Psalm zuwenden, dann beginnt der alles andere als negativ sondern voller Zuversicht. Mose schafft es sich von der momentan schwierigen Situation zu lösen und zunächst mal seinen Blick zurück zu werfen in die Geschichte seines Volkes. Und wenn er sich das anschaut, was seit Abraham alles passiert ist, dann kann er eigentlich nur EINES sagen, nämlich: Gott du bist treu! Über alle Generationen hinweg warst du für uns eine Wohnung, oder besser übersetzt: ein Ort der Zuflucht. Und das ist durchaus wörtlich gemeint: Von Anfang an hatte das Volk Israel keinen festen Ort, an dem sie leben konnten. Und doch hat sie Gott sie immer bewahrt und beschützt. Anwendung: Für uns
So. Wenn wir jetzt die nächsten Verse weiterlesen, dann merken wir, dass Mose eine grundlegende Eigenschaft Gottes absolut ins Zentrum rückt, eine Eigenschaft für die der bekannt ist, nämlich die zeitliche Grenzenlosigkeit Gottes. Gott ist der Gott, der schon immer da ist. Gott ist da, noch bevor irgendein Berg existiert, ja er ist da noch bevor dieser Planet Erde überhaupt entsteht. Sein Dasein reicht aus der unbegrenzten Vergangenheit in die unbegrenzte Zukunft von Ewigkeit zu Ewigkeit – 1000 Jahre kommen ihm vor, wie uns der gestrige Tag. Vielleicht denken wir einen Moment über dieses Bild nach … Was war eigentlich gestern? Könnt ihr euch noch erinnern, was ihr gestern gemacht habt? – also ich weiß es tatsächlich noch – ich hab diese Predigt vorbereitet zu Mittag gabs xxx irgendwann hab ich mit Joel gespielt. Aber wenn wir jetzt mal ne Woche zurückgehen - wie war das nochmal am letzten Sonntag im Gottesdienst, wer hat da überhaupt gepredigt, es sind ja zurzeit immer so viele unterschiedliche Leute, die hier predigen – ah stimmt das war doch dieser sympathische Schwabe der Reiners Jacket anhatte - wie hieß der nochmal - Ahhhh, genau der hieß doch wie dieses Tier – hmmmm Pfau, Pfau war sein Name; und um was gings in der Predigt … der hatte doch son. Kennt ihr das wenn man sich selbst beglückwünscht, dass man noch weiß, was das Thema der letztwöchigen Predigt war??? Ich Tatsächlich weiß Gott ganz genau was Hans Pfau letzten Sonntag gepredigt hat – Genausowenig Probleme hat Gott damit wenn diese Predigt vor 763 Jahren stattgefunden hätte, denn 1000 Jahre kommen ihm vor, wie uns der gestrige Tag. Für Gott spielen Zeiträume schlichtweg keine Rolle – er ist nicht an die Zeit gebunden, sondern er steht außerhalb von Zeit und Raum, denn er hat Zeit und Raum geschaffen – Und so kennt seine Existenz weder Anfang noch Ende …
Normalerweise würde ich an dieser Stelle irgendein Beispiel erzählen, damit wirs besser verstehen, wie das mit der Ewigkeit Gott so funktioniert, und doch will ich das in diesem Fall nicht tun, ganz einfach weil jeder Versuch Gottes Ewigkeit in ein Beispiel zu packen kläglich scheitern würde. Was die Ewigkeit Gottes bedeutet, was es bedeutet, dass Gott losgelöst von der Zeit zu existieren, was bedeutet dass er keinen Anfang und kein Ende hat, das können wir nicht rational nachvollziehen, sondern das Einzige was uns Menschen bleibt ist diese Wahrheit staunend und anbetend wahrzunehmen. Und so möchte ich uns zumindest eine Minute zeitgeben um über diesen ewigen Charakter Gottes nachzudenken.
Jetzt müssen wir uns an der Stelle eine Frage stellen: Warum stellt Mose in diesem Psalm die Ewigkeit Gottes so ins Zentrum – das naheliegendste wäre zu denken: Lobpreis - und auch wenn das zu einem bestimmten Teil Anliegen ist, glaube ich doch, dass Mose hier über die Ewigkeit Gottes mit einer ganz bestimmten Absicht spricht: Was Mose hier tut ist : Er führt Gott seine eigene Größe, seine eigene Unbegrenztheit vor Augen – um ihm im nächsten Schritt zu zeigen, wie klein, wie unbedeutend der Mensch vor ihm ist – ja wie angewiesen er selbst und das Volk Israel auf ihn ist. Und so zieht Mose diesen ungleichen Vergleich. Dem ewigen Gott, der ohne Anfang und ohne Ende ist, stellt Mose das gegenüber, was er tagtäglich sieht, nämlich begrenzte, vergängliche Menschen. Menschen, die dahinsterben und zu dem werden, woraus sie entstanden sind, nämlich Staub. Und Mose findet eindrückliche Bilder um diesen Kontrast, um diesen unendlichen Abstand zwischen Gott und Mensch darzustellen: Aus der Perpektive der Ewigkeit Gottes betrachtet erscheint Mose das menschlichen Leben wie ein Grashalm, der morgens aufsprießt und blüht, aber noch am gleichen Abend verwelkt wieder verdorrt. So kurzweilig und schnell vorbei ist das menschliche Leben. Der Mensch kommt und der Mensch geht, Generation für Generation. Und alles was er in seinen 70-80 Jahren tut und zustandebringt ist letztendlich nur Mühe und Nichtigkeit. Das ist die bittere Erfahrung, die Mose insbesondere in diesen 40 Jahren Wüstenzeit gemacht hat. Und das legt er Gott vor die Füße und sagt: Schau uns an, schau uns an wie vergänglich und hilflos wir sind! Und damit drückt er implizit aus: Wir sind auf deine Hilfe und deine Gnade angewiesen.
Aber es geht noch weiter, denn ist ja nicht so dass Mose hier mit Gott über ein Problem spricht, an dem Gott irgendwie unbeteiligt wäre, nein sondern im Gegenteil Gott selbst hängt da ja mit drin – er ist selber beteiligt. Und so spricht Mose das auch ziemlich direkt und persönlich an: V.3: DU lässt den Menschen zum Staub zurückkehren / oder noch extremer V.5: DU schwämmst Sie hinweg / V.7: Wir vergehen durch DEINEN Zorn und durch DEINEN Grimm werden wir verstört. Für Mose ist klar, die Ursache die Vergänglichkeit des Menschen und für dieses Leiden in der Wüste ist der Zorn Gottes! Und ich weiß nicht wies euch geht, aber das wirkt schon ziemlich anklagend, oder? Gibt Mose hier Gott die Schuld für alles was sie erleiden??? Ist Mose einer der Menschen, die sagen: Gott wie kannst Du nur, Gott du bist ungerecht, Gott du bist ein Monster??? Das dem nicht so ist beweist V.8: Du hast unsere Ungerechtigkeiten vor dich gestellt, unser verborgenes Tun vor das Licht deines Angesichts. Mose ist sich vollends bewusst ist, dass nicht Gott das ursächliche Problem ist, sondern dass letztendlich der Mensch selbst verantwortlich ist. Den Zorn Gottes, den das Volk dort in der Wüste in seiner ganzen Härte zu spüren bekommt ist die gerechte Antwort auf die Ungerechtigkeit des Volkes. Die Klage von Mose wird nicht zur Anklage, dazu lässt er sich nicht hinreißen! Was Mose aber mit dieser persönlichen Ansprache sehr wohl ausdrücken möchte ist: Gott Du hast doch alles in der Hand – Du bist doch derjenige, der hier die Regeln macht, du entscheidest ob wir Leiden oder nicht - also bist Du auch in der Lage die Regeln zu ändern und deinen Zorn zurückzunehmen.

2.2.3 Reflektion: Die Bitte um ein weises Herz, das die eigene Begrenzung anerkennt (V.11-12)

Dieses ganze Nachdenken über die Vergänglichkeit des Menschen und in dem Zusammenhang mit dem Zorn Gottes, das führt Mose zu einer rhetorischen Frage, mit der er seine Klage abschließt: V.11 Wer erkennt die Stärke deines Zorns und deines Grimms, wie es der Furcht vor dir entspricht? Die Antwort auf diese rhet. Frage ist: Niemand! Das Problem, dass Mose hier beschreibt ist, dass ER sich zwar dieser Dimension des Zorns Gottes bewusst ist (das zeigt er ja in diesem Psalm) – ABER: Dass, die Leute um ihn herum, das Volk, das ganze Ausmaß dieses Zorns überhaupt nicht begriffen hat. Irgendwann hat man eben akzeptiert, dass man in der Wüste im Kreis läuft – man hat sich daran gewöhnt Einen nach dem Anderen zu beerdigen, und man hat aufgehört zu hinterfragen, warum das so ist. Man hat sich mit dem Gericht Gottes aklimatisiert, sodass man garnicht mehr merkt, dass es ein Gericht ist. Das Gericht hat nicht dazu geführt, wofür Gott eigentlich Gerichte schickt, nämlich, dass Menschen anfangen nachzudenken, dass sie umkehren zu Gott, und dass sie eine neue Ehrfurcht vor Gott entwickeln. Ich denke, dass Mose hier ein Problem anspricht, das auch für unsere Zeit heute, noch total aktuell ist. Den wenigsten Menschen ist bewusst, dass sie hier auf der Erde unter dem Zorn Gottes leben – die meisten Menschen auch in unserer Kultur haben sich damit aklimatisiert, dass das Sterben und die Vergänglichkeit des Menschen eben zum Leben dazugehört, aber die wenigsten fragen nach, warum es denn den Tod überhaupt gibt. Die wenigsten Fragen über den Tod hinaus Die wenigsten erkennen darin ein Gericht Gottes, dass seit dem Sündenfall existiert. Und so stellt sich die Frage: Was muss passieren, dass uns Menschen das klar wird. Die Antwort finden wir in der direkt folgenden Bitte von Mose: So lehre uns denn zählen unsere Tage, damit wir ein weises Herz erlangen! So lehre uns denn zählen unsere Tage, damit wir ein weises Herz erlangen!
Gott soll uns dazu bringen unsere Lebenstage zu zählen: Habt ihr das schon mal gemacht? Also ich hab das bisher nicht gemacht … hab aber gestern damit begonnen; wenn man das macht dann muss man ja erstmal rausfinden, wann man denn (statistisch gesehen) Sterben wird – da hilft natürlich das Internet: Ich bin auf ein Alter von 78,15 Jahren gekommen – in Lebenstagen ausgedrückt hätte ich noch 16.991 Tage vor mir, wenn nix dazwischen kommt. Jetzt geht’s Mose hier sicherlich nicht allein drum, dass wir Tage zählen, sondern dass in uns mehr und mehr dieses Bewusstsein entsteht: Wow, dieses Leben geht nicht ewig weiter, mein Leben ist begrenzt, ja eigentlich ist es ultrakurz. und dass es eben nicht nur bei dieser Erkenntnis bleibt, sondern dass wir daraus verstehen, wie sehr wir auf Gott angewiesen sind, und dass daraus wiederrum in uns ne echte Ehrfrucht vor Gott entsteht, die nach den Sprüchen der Anfang aller Weisheit ist.

2.2.4 Reaktion: Bitte um die erneute gnädige Hinwendung Gottes zu seinem Volk (V. 13-17)

OK, ich komm jetzt zum letzten Abschnitt dieses Psalms Und man kann sagen: Alles was Mose bisher in diesem Gebet von sich gegeben hat zielt auf das was jetzt kommt. Diese ganzen Gedanken über den Zorn Gottes, die Vergänglichkeit und die Sinnlosigkeit des Lebens dort in der Wüste lassen Mose nicht in ein depressives Loch fallen, sondern in ihm entsteht dieser Hunger und die Sehnsucht nach der Gnade Gottes und seiner Barmherzigkeit. Warum? (denken wir an V.1 zurück) Weil Mose weiß, dass Gott von Generation zu Generation treu ist Und so spricht er es laut aus, was die ganzen Verse vorher unter der Oberfläche mitschwingt: V.13: Kehre WIEDER HERR? Bis wann. Hab Erbarmen mit deinen Knechten. Sättige uns am Morgen mit deiner Gnade, so werden wir jubeln und uns freuen in allen unseren Tagen. Erfreue uns so viele Tage, wie du uns gebeugt hast, so viele Jahre, wie wir Übles gesehen haben! Laß an deinen Knechten sichtbar werden dein Tun, und deine Majestät über ihren Söhnen. Die Freundlichkeit des Herrn, unseres Gottes, sei über uns und festige über uns das Werk unserer Hände! Ja, das Werk unserer Hände, festige du es!
Ich will diese Bitte nicht weiter kommentieren, weil sie für sich selbst spricht, möchte nur einen Kommentar geben: Alles steht und fällt mit Gnade Gottes.

2.3 Anwendung

So: Was bedeutet das jetzt alles für uns?
1. Zunächst mal : Mose lehrt uns wie wir Gott begegnen können. Und da fallen bei Mose in diesem Gebet mindestens drei Pole: 1. Mose ist demütig. Mose weiß vor wem er da steht, Mose weiß, dass er vor dem ewigen Gott so winzig ist, und so macht er sich nackig vor ihm, legt alles ab, was er hat. 2. Auf der anderen Seite ist Mose in seinem Gebet ganz schön fordernd. Von vorn bis hinten will Mose Gott von seinem Anliegen überzeugen. Fast jede Aussage in diesem Psalm dient dem Zweck Gott auf seine Seite zu ziehen. Mose ringt hier mit Gott 3. Mose zeigt uns wie man richtig klagt. Mose lässt hier alles raus, was ihn bedrückt – er legt alles vor Gott hin, wird ehrlich vor ihm und nimmt dabei auch kein Blatt vor dem Mund. Und trotzdem wird aus seiner Klage keine Anklage Gott. Mose lässt sich nicht dazu verleiten Gott die Schuld in die schieben. Und darauf sollten wir auch achten, wenn wir klagen.
2. Der aufmerksame Bibelleser wird sich gewundert haben, dass das was die letzten drei Beerdigungen in unserer Gemeinde eben nicht zu einem Trauerfest, sondern zu nem Freudenfest hat werden lassen, hier überhaupt keine Erwähnung findet, nämlich diese Hoffnung auf eine Auferstehung aus den Toten und das ewige Leben bei Gott. Dieser Psalm ist doch sehr stark auf das Hier und Jetzt auf Irdische fixiert. Das liegt daran, dass diese Hoffnung auf die Auferstehung eine Wahrheit ist, die in der Bibel erst Stück für Stück offenbart wird. Je weiter das AT fortschreitet umso klarer wird sie. Aber erst durch Jesus ist diese Hoffnung wirklich real und greifbar geworden. Durch sein Sterben am Kreuz und durch seine Auferstehung hat er den Tod besiegt. So wie Paulus das ausdrückt: Tod wo ist dein Stachel, Tod wo ist dein Sieg! Und so können wir als Menschen, die an Jesus glauben, und ihn im Herzen haben auf diesen Psalm mit Freude und Dankbarkeit reagieren, weil wir wissen: Diese Vergänglichkeit und Sinnlosigkeit des menschlichen Lebens, wie sie Mose beschreibt, all das gehört in Christus der Vergangenheit an. Wer mit Christus lebt, der hat das ewige Leben, und wer mit Christus lebt, der hat Sinn im Leben. Und trotzdem sollten wir diesen Psalm dann nicht einfach auf die Seite schieben, so nach dem Motto: Darüber sind wir schon lange hinweg. Denn er zeigt uns ja auf, wie dieses Leben ohne Christus, ohne Gnade, ohne die Zuwendung Gottes aussieht. Ohne Gnade versinkt unser Leben in der absoluten Bedeutungslosigkeit. Ohne Gnade ist unser Leben wie dieser Grashalm, der mal kurz aufblüht und dann wieder verdorrt. Und so bin ich fest davon überzeugt: Diese Frage aus V.11: Wer erkennt die Stärke deines Zorns und deines Grimms, wie es der Furcht vor dir entspricht? Die gilt auch uns Christen. Mit dem Zorn Gottes da tun wir uns ja im Allgemeinen recht schwer – entweder, wir schieben ihn von uns weg, und tun so als ob es ihn nicht gäbe, weil wir das mit der Liebe Gottes nicht vereinbaren können – Oder wir sagen: Naja wir haben ja durch Jesus die Gnade – wozu dann noch über Gottes Zorn nachdenken? Wenn wir als Christen keine Vorstellung mehr davon haben, was es heißt wenn Gott sich abgewendet hat, was es heißt unter dem Zorn Gottes zu leben, dann wissen wir auch nicht, wovor Jesus Christus uns gerettet hat – und dann wird sein Werk am Kreuz für uns Bedeutungslos. Dann wird – so wie Dietrich Bonhoeffer das beschreibt – aus der teuren Gnade, billige Gnade. will uns lehren wie derart angewiesen und abhängig wir von der Zuwendung und Gnade Gottes. An seiner Gnade zu uns entscheidet sich alles! Amen
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