Warum Leid?
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Heute wagen wir uns mit unserer neuen Predigtreihe an ein Thema, dass unmöglich in 30 Minuten abgewickelt werden kann. Die Frage nach dem Leid in der Welt ist so alt wie die Menschen selbst. Ich will deshalb gleich zu Beginn sagen, dass ich heute morgen für euch nicht “die” Antwort auf die Frage habe. Aber ich glaube, dass wir einige wichtige Beobachtungen miteinander teilen können, die uns helfen dieser Frage auf die Spur zu kommen.
Die Frage nach dem Leid ist keine rein biblische bzw. christliche Frage, sondern eine menschliche Frage. Verschiedene Philosophien haben unterschiedliche Antworten darauf gefunden. In der Esoterik, die davon ausgeht, dass alles göttlich und eins ist, wird das Böse einfach als Illusion betrachtet. Im Hinduismus ist Leiden einfach Karma. Deshalb darf man nichts dagegen unternehmen, weil sonst das Karma (Schicksal) verändert wird.
Der Atheismus meint es ganz schlau, verbirgt damit aber auch, dass er auf die Frage nach dem Leid keine Antwort hat. Der Atheist leitet aus dem Leid ab, dass es keinen Gott geben kann. Was eigentlich bemerkenswert ist, denn gerade für einen Atheisten, der von einem evolutionistischen Weltbild ausgeht, sollte Leid, Selektion und das Überleben des Stärkeren das Natürlichste von der Welt sein. Aus einem evolutionistischen Denken heraus sollte man sich über Leid überhaupt nicht beklagen. Und der Humanist, der an das Gute im Menschen glaubt, ist jedes Mal geschockt, wenn Menschen etwas Böses tun, weil dass doch eigentlich nicht möglich sein kann.
Dieser kurze Exkurs zeigt deutlich, dass die Frage eine viel diskutierte ist. Ich will heute morgen mit uns schauen, was die Bibel zu diesem Thema zu sagen hat. Wie kann eine christliche Antwort bzw. Umgang mit dem Thema Leid aussehen?
Grundsätzlich können wir feststellen, dass die Bibel das Thema nicht ignoriert oder ausblendet. Ganz im Gegenteil: Sie stellt sich diesem Thema mit brutaler Ehrlichkeit. Manchmal ist diese Ehrlichkeit schon fast unerträglich. Da gibt es Menschen, die ganz ehrlich ihre Fragen stellen, wie z.B.:
Habakuk 1,3 Warum muss ich so viel Unrecht mit ansehen, und warum schaust du untätig zu, wie die Menschen einander das Leben schwer machen? Unterdrückung und Gewalt, wohin ich blicke, Zank und Streit nehmen kein Ende!
Ganze Bücher, wie der Prediger, Jeremia, Klagelieder, die Psalmen und vor allem Hiob widmen sich des Themas. Durchgängig beschreiben sie die Not, den Schmerz und die Verzweiflung, die mit dem Leid in der Welt einhergeht. Alle diese Text vermitteln und verstärken eine wichtig Botschaft: Wir leben in einer kaputten und kranken Welt.
Auf den ersten Seite der Bibel wird von der Schöpfung gesprochen. Dort heißt es in 1Mose 1,31 Schließlich betrachtete Gott alles, was er geschaffen hatte, und es war sehr gut! Genauso wie es hier steht ist es auch gemeint, d.h. Gott schuf Gutes, nicht Leiden und Böses. Er schuf eine gute Welt für uns Menschen. Die Menschen waren ebenso gut, sogar sehr gut. Geschaffen nach dem Bilde Gottes. Mit einer Beziehung zu ihrem Schöpfer und großer Freiheit. Das Bild von einem Gott, der Leiden und Leidvolles über die Menschen bringt widerspricht also dem Bild des biblischen Gottes.
Gott gibt dem Menschen den Auftrag über die Schöpfung zu herrschen. 1Mose 2,15 Gott, der Herr, brachte den Menschen in den Garten von Eden. Er gab ihm die Aufgabe, den Garten zu bearbeiten und ihn zu bewahren. D.h. er hat die Aufsicht und trägt Verantwortung. Das Mandat zu Herrschen wird gerade in der Namensgebung der Tiere sichtbar. 1Mose 2,19 Er brachte alle Landtiere und Vögel, die er aus dem Erdboden geformt hatte, zu dem Menschen, um zu sehen, wie er sie nennen würde. Genau so sollten sie dann heißen.
Der Mensch hat also eine herausragende Stellung, die wird vor allem darin sichtbar, dass Gott dem Menschen einen freien Willen gibt. Gott wollte den Menschen als Gegenüber und nicht als Roboter. Liebe ist nur dann echt, wenn sie aus freien Stücken geschieht. Als Gott, der Liebe ist, kann er nicht anders als ein Gegenüber zu schaffen, dass aus freier Entscheidung lieben kann. D.h. es besteht auch die Möglichkeit, dass der Mensch sich dagegen entscheidet. Und leider ist genau das geschehen. Die Bibel nennt diesen Moment, den Sündenfall. Fall, weil damit alles zerschlagen wird - und Sünde, deshalb, weil damit das Ziel dessen, was Gott eigentlich vorhatte, total verfehlt ist.
Dies war ein Moment, der alles verändert hat. Das Mandat der Herrschaft trat der Mensch in diesem Moment an die Schlange ab, die ihn mit List betrogen hatte. Doch, und das ist äußerst wichtig, der Mensch ist hier nicht das Opfer, sondern der Täter. Er hätte die Möglichkeit gehabt anders zu entscheiden. Lesen wir nur einmal, was in 1Mose 4,7 zu Kain (wohlgemerkt nach dem Sündenfall) gesagt wird: »Wenn du Gutes im Sinn hast, kannst du doch jedem offen ins Gesicht sehen. Wenn du jedoch Böses planst, dann lauert die Sünde schon vor deiner Tür. Sie will dich zu Fall bringen, du aber beherrsche sie!« D.h. wir Menschen haben immer noch einen freien Willen und können uns für das Gute entscheiden.
Aber durch den Sündenfall, kam es zu einem Herrschaftswechsel und Tod, Leid, Krankheit, Unordnung und Chaos brach in die Welt ein. Jesus beschreibt das Tun der Schlange, oder des Satans “Durcheinanderbringer” in Johannes 10,10 Der Dieb kommt nur, um die Schafe zu stehlen und zu schlachten und um Verderben zu bringen.
Daraus lässt sich ableiten, dass die Situation in der sich die Welt heute befindet, mehrheitlich daher rührt, dass die Menschen ein falsche Entscheidung getroffen haben und es bis heute immer wieder tun. Wir Menschen haben uns mit der Macht der Sünde infiziert. Der Apostel Paulus beschreibt diesen Zustand in Römer 3,23 so alle haben gesündigt, und in ihrem Leben kommt Gottes Herrlichkeit nicht mehr zum Ausdruck.
Deshalb dürfen wir nicht den Fehler machen, dass wir die Verantwortung für Kriege, Mord und Totschlag, Betrügerei, Naturkatastrophen u.a. Gott in die Schuhe schieben. Das sind menschengemachte Probleme. Der Mensch selbst ist Quelle des Bösen und mit ihm ist die gesamte Schöpfung in einem gefallenen Zustand. Klimawandel und Unwetter sind ein deutliches Zeichen dafür. Paulus schreibt deshalb in Römer 8,19 Ja, die gesamte Schöpfung wartet sehnsüchtig darauf, dass die Kinder Gottes in ihrer ganzen Herrlichkeit sichtbar werden. Das alles sind Folgen, weil der Mensch seinen Platz verloren hat und der Satan Herrschaft über die Welt ausübt.
Natürlich kommt das schnell die Frage auf: Warum lässt Gott das denn zu? Das ist eine gute Frage. Hinter ihr steckt etwas großartiges, nämlich die Tiefe der Entschlossenheit Gottes. Warum? Gott ist die Freiheit des Menschen so wichtig, dass er sie nicht beschneidet, um dem Problem des Leidens zu begegnen. Gott lässt sich also auf das Risiko ein, dass Menschen daneben liegen können. Das tut er übrigens nicht nur in der Welt allgemein, sondern auch wenn es um sein Wort und sein Wirken geht. Gott baut 100% auf die Zusammenarbeit mit uns Menschen. Gott hat uns nicht entmündigt, sondern möchte, dass wir unsere Verantwortung wahrnehmen und gute Entscheidungen treffen.
Dafür gibt er alles. Dafür gibt er sich selbst. Wer meint, dass Gott das Leid egal wäre, der hat Gott überhaupt nicht verstanden. Gleich in 1Mose 6,6 finden wir einen Hinweis, wie Gott über Leid empfindet Der HERR war tieftraurig darüber und wünschte, er hätte die Menschen nie erschaffen. Hier geht es in erster Linie nicht darum, dass Gott den Menschen nicht mehr will, sondern darum das Gott das Handeln des Menschen bis ins Tiefste schmerzt. Hier wird eine zutiefst intensive Emotion beschrieben. Daher ist sein Plan nicht Vernichtung, sondern Rettung. Davon reden die Propheten das ganz Alte Testament hindurch und die Geschichten des Alten Testament dienen dazu, die Erlösungsbedürftigkeit zu unterstreichen.
Wer also meint, dass Gott Leiden verursacht und in unsere Leben bringt, der hat nicht verstanden, wie entschieden Gott gegen das Leid und Elend ankämpft. Jesaja 53,2-5 ist ein Zeugnis der Entschiedenheit Gottes:
Gott ließ seinen Diener emporwachsen wie einen jungen Trieb aus trockenem Boden. Er war weder stattlich noch schön. Nein, wir fanden ihn unansehnlich, er gefiel uns nicht! Er wurde verachtet, von allen gemieden. Von Krankheit und Schmerzen war er gezeichnet. Man konnte seinen Anblick kaum ertragen. Wir wollten nichts von ihm wissen, ja, wir haben ihn sogar verachtet. Dabei war es unsere Krankheit, die er auf sich nahm; er erlitt die Schmerzen, die wir hätten ertragen müssen. Wir aber dachten, diese Leiden seien Gottes gerechte Strafe für ihn. Wir glaubten, dass Gott ihn schlug und leiden ließ, weil er es verdient hatte. Doch er wurde blutig geschlagen, weil wir Gott die Treue gebrochen hatten; wegen unserer Sünden wurde er durchbohrt. Er wurde für uns bestraft – und wir? Wir haben nun Frieden mit Gott! Durch seine Wunden sind wir geheilt.
Das Kreuz ist das Zeichen, dass Gott durch und durch gut ist und alles unternimmt, um der Zerstörung, die der Sündenfall gebracht hat, entgegenzutreten. Am Kreuz bricht er die Herrschaft der Sünde. Wo wir zum Kreuz kommen, wird auch in unserem Leben wieder ein Herrschaftswechsel vollzogen. Wir werden wieder eingesetzt in den Stand, für den wir geschaffen wurden: als Söhne und Töchter Gottes, als Könige und Priester. In Matthäus 28,18 lesen wir: Jesus trat auf sie zu und sagte: Mir ist alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben. Anschließend sende Jesus seine Jünger mit dem Mandat aus die Herrschaft Jesus in die Welt zu tragen. Deshalb redet Jesus immer wieder vom Reich Gottes. Die Botschaft Christi ist viel mehr als nur Bekehrung. Es geht um Wiederherstellung in allen Bereichen der Gesellschaft, selbst der Natur. Wenn wir dem Vorbild Jesu folgen, sollten wir Christen die ersten sein, die sich für Gerechtigkeit, Umweltschutz und Frieden einsetzen. Denn Jesus selbst hat uns dazu ein Mandat gegeben.
Dies sind wichtige biblische Grundlagen, die uns helfen die richtige Richtung für unser Thema zu finden. Nun ist da aber das Problem, dass wir vieles in unserem Leben anders erleben. Wir erleben, dass Menschen krank werden, die Jesus lieben. Das Menschen an unheilbaren Krankheit leiden, andere für sie beten und scheinbar nichts passiert. Wir erleben, dass Kinder Grausamkeiten erleben und Unschuldige leiden müssen.
Es sind gerade die Momente, wo Leiden sinnlos scheint, die uns besonders quälen. Ich selbst kenne diese Fragen und Gefühle aus eigener Erfahrung. In der Bibel werden die Fragen auch gestellt:
Warum muss jemand der Gott liebt trotzdem leiden?
Ich muss bekennen, dass ich heute morgen keine Antwort geben kann. Aber ich weiß sehr wohl, dass es umso wichtiger ist, wie wir mit Leiden umgehen. Es ist nämlich entscheidend, dass wir hören, was die Bibel über Gott sagt, weil wir sonst Gefahr laufen, dass wir unseren Glauben auf das aufbauen, was wir nicht haben bzw. erleben. Das ist dann Theologie, die auf Erfahrung und nicht auf der Bibel basiert.
Mancher schlußfolgert z.B. aus Römer 8,28 SCHL2000 Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen. - dass Leiden Gutes bewirken sollen oder das Gott gar Leiden als Erziehungsmittel in unser Leben bringt. Ich frage mich, was für ein perverses Gottesbild dahintersteckt. Welcher Vater würde seinem Kind Krebs wünschen, damit es etwas lernt. Natürlich erzieht uns Gott auch, aber dazu nutzt er andere Methoden (eine davon sitzt neben dir). Durch Leiden kann man ja auch was lernen, sagen andere. Das stimmt! Das muss allerdings nicht der Fall sein. Viele Menschen kreisen durch Leiden nur noch um sich selbst. Leiden macht Menschen auch bitter. Psalm 23,4 kann uns hier helfen Selbst wenn ich durch ein finsteres Tal gehen muss, wo Todesschatten mich umgeben, fürchte ich mich vor keinem Unglück, denn du, ´Herr`, bist bei mir!
Gott gebraucht nicht das Leid, sondern er begegnet uns im Leid und das verändert uns. Weil die Nähe Gottes unser Herz und auch unseren Körper zu heilen vermag. Darin liegt für mich auch die besondere Botschaft von Hiob. Das Buch spricht in 42. Kapiteln über sein Leid. Daran merken wir wie komplex Leid ist und am Ende gibt es doch keine Antwort - zumindest keine die uns gefällt. Gott nimmt am Ende nicht einmal Bezug auf das Leid. Hiob bekommt keinen Grund, die seine Qual rechtfertigen würde. Kein Wort davon, nichts. Gott fordert ihn vielmehr auf, seinen Blick von seinem eigenen Leiden abzuwenden und sich neu auszurichten.
So das es in Hiob 42,1-3 SCHLA2000 heißt Da antwortete Hiob dem HERRN und sprach: Ich erkenne, dass du alles vermagst und dass kein Vorhaben dir verwehrt werden kann. »Wer verfinstert da den Ratschluss mit Worten ohne Erkenntnis?« Fürwahr, ich habe geredet, was ich nicht verstehe, Dinge, die mir zu wunderbar sind und die ich nicht begreifen kann!
Bill Johnson schreibt in seinem Buch “Gott ist gut” einen treffenden Satz: “Man bekommt nicht den Frieden, der allen Verstand übersteigt bis man bereit ist das Recht auf das Verstehen aufzugeben.”
Es ist in Ordnung nicht alle Antworten zu haben. Wir sollten uns davor hüten, dass wir mit unserem Drang alles einen tieferen Sinn geben zu wollen, behaupten, dass hinter einem behinderten Kind oder einer tödlichen Krankheit irgendwie der verborgene Wille Gottes steckt. Das tut er nicht. Denn unser Vater ist der Geber guter Gaben.
Leiden krafthaft einen Sinn geben zu wollen ist eine Vertröstung. Leiden an sich hat keinen positiven Wert. Die Nähe Gottes, die du im Leiden erleben kannst, ist allerdings wertvoll. Jesus spricht niemals positiv über Leiden. Wir versuchen oftmals eine Erklärung, wo es keine gibt. Deshalb spricht der Prediger von Nichtigkeit. Im Leiden gibt es etwas Sinnloses. Da ist die Nichtigkeit, die auch der Schöpfung unterworfen ist, wie Paulus in Römer 8 schreibt.
Umso stärker wirkt die Botschaft der Bibel, dass der Zeitpunkt kommt an dem es kein Leid mehr geben wird. Offenbarung 21,4 weist uns darauf hin Er wird alle ihre Tränen abwischen. Es wird keinen Tod mehr geben, kein Leid und keine Schmerzen, und es werden keine Angstschreie mehr zu hören sein. Denn was früher war, ist vergangen. Das ist der Moment, wo alles wieder so sein wird, wie Gott es immer gedacht hat: sehr gut.
Es ist gerade diese Botschaft, die am Anfang und am Ende der Bibel zu finden ist, die auch alles zwischendrin erfüllen soll. Gottes Richtung und Wunsch wird damit klar herausgestellt. Deshalb tun wir gut daran, dass wir uns immer wieder daran erinnern. Wir dürfen selbst mit unseren unbeantworteten Fragen als Gemeinde ein Ort sein, wo wir einander trösten, miteinander weinen, klagen und unseren Blick immer wieder zum Kreuz lenken, um uns daran zu erinnern, dass der Gott, der für und und mit uns leidet uns seine Nähe verheisst - immer und überall.