Hosianna dem Sohn Davids!
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Da liegt ein roter Teppich. Zahlreiche Menschen haben sich versammelt, Reporter und Fotografen, und alle warten. Auf einmal fährt eine schwarze Limousine vor. Die Türen öffnen sich, und alle Leute recken den Hals, um zu sehen, wer da kommt. Blitzlichtgewitter, Mikrofone werden hingehalten. Und dann steigt er aus – der Star des Abends. Die berühmte Schauspielerin. Oder der große Politiker. Und die Menge tobt. Die Leute rufen und winken, suchen, die Aufmerksamkeit dessen, der da ausgestiegen ist, auf sich zu ziehen. Machen Selfies. Wollen dabei sein, Teil sein.
Vielleicht könnte man sich die Szenerie beim Einzug heutzutage so ähnlich vorstellen. Da reitet einer auf einem geliehenen Esel in die Stadt ein, und die Leute jubeln ihm zu. Klar, es gibt Unterschiede im Detail: Da liegt z.B. kein roter Teppich. Für den war auch keine Zeit. Denn das, was da gerade passiert, hatte niemand erwartet. Von diesem Jesus hatte man zwar schon viel gehört: Das er Kranke heilt und die Menschen mit seinen Worten in den Bann zieht. Vielleicht ist er ja ein Prophet. Ein charismatischer Wanderprediger. Dass der nun zum Passafest nach Jerusalem kommt, ist zunächst nicht weiter verwunderlich. Aufsehen erregt er allerdings, denn ihm läuft gerade eine große Menschenmenge nach. Als er dann kurz vor Jerusalem auf diesen Esel steigt, fällt es manchen Menschen wie Schuppen von den Augen: Das ist der vom Propheten Sacharja verheißene König!
Das, was sie nun tun, gleicht einem Bekenntnis: Sie breiten ihre Kleider, vermutlich ihren Mantel, auf dem Weg aus. Und sie reißen Zweige von den Bäumen und legen sie auf den Weg, damit der Esel nicht auf dem blanken, staubigen Boden laufen muss. Denn das gebührt einem König nicht! Un die Leute stimmen eine Huldigung an:
Weg aus. Sie
Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!
“Hilf doch, Herr!” So müsste man das Hosianna übersetzen. Das war der Ruf beim Einzug eines Herrschers in eine Stadt. “Hilf doch! Zeige dich gnädig!” Dass war im alten Israel der Ruf im griechisch abgefassten Matthäusevangelium im hebräischen Wortlaut aus stehen geblieben ist und auch noch falsch mit dem Dativ verbunden wird: “Hosanna dem Sohn Davids”, zeigt, dass er in der amaräischsprachigen Umwelt Jesu und später in der frühchristlichen Gemeinde nicht mehr verstanden wurde. Das Hosianna ist zum Heils- oder Freudenruf geronnen. Vielleicht im Sinne eine “God save the Queen”: Gott schütze dich, den Sohn Davids!” “Gelobt sei, der da kommt ihm Namen des Herrn!” Ursprünglich begrüßte mit diesem Ruf einst die Priester die Pilger am Tor des Tempels. Jetzt aber ist er ganz auf Jesus bezogen: Er ist der Messias, der im Namen, d.h. im Auftrag und mit der Vollmacht Gottes kommt. Und in diese Huldigung soll auch die Engel mit einstimmen.
Ein starkes Bild: Der König zieht in seine Stadt! Und die ganze Stadt erregt sich. Ja, sie “erbebte”. Der Einzug ist für Matthäus wie ein Erdbeben. Eine Erschütterung durch Furcht. Ganz ähnlich beschreibt er die Bestürzung, in die die Stadt Jerusalem damals – wir erinnern uns – mit den Priestern am Tempel und dem König Herodes durch die Kunde von der Geburt des Messiaskindes geriet. Wenn wir diesen Text vom Beginn der Passionsgeschichte heute am ersten Advent hören, weist er uns zurück nach vorne: Der Einzug des Königs in Jerusalem, der für ihn zum Tod am Kreuz und zur Auferstehung und damit zur Erhöhung, ja zur Inthronisation führt, liefert uns zum Beginn des Advent die Folie, vor der wir das Weihnachtsereignis deuten können: Es ist Jesus, unser König, der in die Welt kommt. Das ist keine Idylle, keine stille, heilige Nacht. Das ist ein weltveränderndes Beben. Sind wir bereit, diesem König zu begegnen?
Und wenn wir diesen Text vom Beginn der Passionsgeschichte heute am ersten Advent hören, bildet er gleichsam eine Klammer: Der Einzug des Königs in Jerusalem, der für ihn zum Tod am Kreuz und zur Auferstehung und damit zur Erhöhung, ja zur Inthronisation führt, liefert uns zum Beginn des Advent die Folie, vor der wir das Weihnachtsereignis deuten sollen: Jesus, unser König, kommt in die Welt.