Menschenfurcht bringt zu Fall (Sprüche 29,25)
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Menschenfurcht bringt zu Fall; wer sich aber auf den Herrn verlässt, wird beschützt.
Menschenfurcht bringt zu Fall (Sprüche 29,25)
Einleitende Gedanken
Am 3. Januar 1521 wurde Martin Luther in Rom zum Ketzer erklärt. Was damals mit Ketzern geschah ist den meisten von uns bekannt: Sie wurden auf grässlichste Weise hingerichtet. Luther hatte noch eine Chance, diesem Schicksal zu entkommen. Der Fürst Friedrich der Weise setzte sich dafür ein, dass Martin Luther die Gelegenheit bekommt, sich am Reichstag in Worm in der Gegenwart des Kaisers zu verteidigen. Das geschah am 17. April 1521. Zwei Fragen wurden ihm vorgelegt: Ob er alle Bücher, die seinen Namen tragen, als seine anerkennen wolle, und ob er diese verteidigen oder widerrufen werde. Luther bejahte, dass er diese Bücher selber verfasste, doch zur zweiten Frage meinte er: „Dazu kann ich in Kürze nicht Antwort geben. Denn sie ist eine Frage des Glaubens und der Seelen Seligkeit. Deshalb wäre es gefährlich, wenn ich mich hier unbedacht äussern würde. Dies würde mir das Urteil Christi einbringen: ‘Wer mich verleugnet vor den Menschen, den will auch ich verleugnen vor meinem himmlischen Vater.’“ Deshalb bat er den Kaiser um Bedenkzeit, damit er ohne Gefahr für seine Seligkeit auf die Frage richtig antworten könne. Tatsächlich wurde ihm ein Tag Bedenkzeit gegeben. Am nächsten Tag, dem 18. April 1521, wurde Luther erneut vor den Reichstag geführt. Er verteidigte seine Bücher. Er sagte zum Beispiel zu seinen Angriffen gegen den amtierenden Papst: „Wenn ich nun diese Angriffe widerriefe, dann würde ich die päpstliche Gewaltherrschaft unendlich stärken: Ich würde ihrem gottlosen Wesen nicht nur die Fenster, sondern auch Tor und Tür öffnen.“ Und zu seinem Verhalten gegenüber seinen Kritikern meinte er: „Gegen diese bin ich - das bekenne ich - manchmal etwas schärfer und heftiger vorgegangen, als es unter Christen richtig gewesen wäre. Ich mache mich nicht zu einem Heiligen; es geht jedoch nicht um meine Eigenarten, sondern um die Lehre Christi.“ Mit anderen Worten: Auch wenn er sich etwas netter hätte ausdrücken können, ist er inhaltlich nach wie vor derselben Überzeugung, denn: „Würde ich diese Schriften widerrufen, so würde ich die päpstliche Gewaltherrschaft und ihre gottlosen Folgen unterstützen.“ Dem jungen Kaiser Karl V zugewandt sagte er: „Darum ersuche ich Eure kaiserliche Majestät, kurfürstliche und fürstliche Gnaden, und jedermann, er sei hohen oder niedrigen Standes, mir aus den prophetischen und apostolischen Schriften nachzuweisen, dass ich mich geirrt habe. Wenn ich überzeugt werde, geirrt zu haben, werde ich bereitwillig alle Irrtümer widerrufen; dann werde ich der Erste sein, der meine Bücher ins Feuer wirft.“ Das war ausserordentlich mutig, was Luther zu seinen Schriften sagte. Oder – müsste man vielleicht sagen, es war demütig? Ja – er war mutig und demütig zugleich: Gegenüber den Mächtigen war er mutig, gegenüber Gott war er demütig. Die Mächtigen wollten nicht diskutieren. Sie wollten wissen, ob er seine Schriften widerruft oder ob er zu ihrem Inhalt steht. Darauf antwortete Luther schweren Herzens: „Da mein Gewissen in den Worten Gottes gefangen ist, kann ich und will ich nichts widerrufen, weil es gefährlich und unmöglich ist, etwas gegen das Gewissen zu tun. Gott helfe mir. Amen.“ Aus diesem Schlussvotum entstand der Wortlaut: „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Amen.“ Das hatte Luther so nicht gesagt, aber es gibt in einprägsamer Weise wieder, wie er seinen Widerruf verstanden hatte. Es war kein heldenhafter Kampfruf, den er stolz in den Raum schmetterte. Wenn er daran dachte, welche Folgen es haben wird, wenn er nicht widerruft, dann hätte er lieber widerrufen. Trotz grosser innerer Angst, hielt er an seiner Überzeugung fest. Er konnte nicht anders, als zu seinen Schriften stehen. Danach geschah, was zu erwarten war. Der Kaiser verhängte die Reichsacht über Luther. Jetzt konnte er von jedermann straflos getötet werden. Der Fürst Friedrich der Weise liess ihn vorsichtshalber auf die Wartburg entführen und versteckte ihn dort. Ein eindrückliches Beispiel für das Wort aus dem Buch der Sprüche, mit dem wir uns heute beschäftigen werden: „Menschenfurcht bringt zu Fall; wer sich aber auf den HERRN verlässt, wird beschützt.“ Spr.29,25.
I. Lass dich nicht einschüchtern!
I. Lass dich nicht einschüchtern!
Mutige Menschen wie Martin Luther, die sich trotz grösster Widerstände und Gefahren nicht einschüchtern lassen, imponieren uns. Insbesondere dann, wenn der Widerstand gewaltlos ist und sie damit zu einer positiven Veränderung beitragen. Wir bewundern diese Menschen und fragen uns vielleicht, ob wir wohl auch so mutig wären, oder ob wir zugunsten eines ruhigeren Lebens, den Weg des geringsten Widerstands wählen würden. Würden wir es wagen, für unsere Überzeugung unser komfortables Leben zu riskieren? Fragen, die für uns eher theoretisch sind, da wir in der Schweiz glücklicherweise glauben und denken können was wir wollen. Klar – wir müssen damit rechnen, dass es Menschen gibt, die Christen, die es mit dem Glauben an Jesus ernst nehmen, belächeln und etwas einfältig finden, aber damit kann man leben. Es gibt jedoch viele Menschen, die in Ländern leben, in denen vorgeschrieben wird, was sie zu denken und zu glauben haben. Leute, die sich dieser Doktrin nicht fügen, müssen Diskriminierungen und manchmal sogar Verfolgung ertragen. In diesen Ländern ist das, was in den Sprüchen steht für viele Menschen eine grosse Herausforderung: „Menschenfurcht bringt zu Fall.“ Spr.29,25. Im ersten Moment würde man dieser Aussage vielleicht gerne widersprechen und sagen: Nein – Menschenfurcht bringt eben nicht zu Fall. Wenn ich mich vor einem Stärkeren beuge, wenn ich mich stets anpasse und verbiege, dann kann ich einigermassen unbeschadet durchs Leben kommen. Dabei vergessen wir, wer sich ständig einschüchtern lässt und nach der Nase der anderen tanzt, sich unmerklich von diesen Leuten abhängig macht. Menschen, die sich schnell einschüchtern lassen, leben nicht mehr selber, sondern sie werden gelebt. Sie lassen sich meist unbewusst manipulieren. In der Bibel finden wir viele Geschichten über Menschen, die sich einschüchtern liessen. Eine besonders eindrückliche Geschichte ereignete sich, als das Volk Israel von Ägypten auszog und das Land Kanaan besiedeln sollte. Gott hatte ihnen versprochen, sie würden dieses Land problemlos erobern können. Als es dann soweit war zögerten sie. Zuerst wollten die Israeliten das Land besichtigen. So sandte Mose Kundschafter, die das Land bereisen sollten und als sie zurückkamen, waren sie von der Schönheit und Fruchtbarkeit des Landes begeistert. Aber – sie sahen auch die grossen Städte mit mächtigen Stadtmauern und riesengrosse Menschen, denen sie sich nicht gewachsen fühlten. Sie konnten sich nicht vorstellen, wie sie dieses Land mit seinen Bewohnern erobern könnten. Sie standen unter Schock und hatten fürchterliche Angst. Sie jammerten: „In diesem Land kann man nicht leben, es verschlingt seine Bewohner. Alle Männer, die wir gesehen haben, sind riesengross, besonders die Nachkommen Anaks! Wir kamen uns ihnen gegenüber wie Heuschrecken vor und genauso winzig müssen wir ihnen vorgekommen sein!“ Num.13,32–33. Natürlich war das total übertrieben. So gross konnten diese Menschen gar nicht sein. Die waren höchstens einen Meter länger als sie. Das geschieht, wenn wir uns von Menschen einschüchtern lassen, dann werden die anderen viel grösser als sie in Wirklichkeit sind und wir werden viel kleiner als wir sind. Die Folgen können fatal sein. Jedenfalls hatten diese Männer praktisch das ganze Volk Israel in Aufruhr gebracht und eingeschüchtert. „Die ganze Gemeinde Israel schrie laut auf vor Entsetzen und die Leute weinten die ganze Nacht.“ Num.14,1. Das Resultat dieser Menschenfurcht war schlimm. Sie konnten das Land nicht einnehmen, sondern lebten die nächsten 40 Jahre in der Wüste, statt in einem schönen und fruchtbaren Land. „Menschenfurcht bringt zu Fall.“ Spr.29,25. Wer sich von Menschen abhängig macht, der kann dort landen, wo er nie landen wollte. Oft verlieren dabei Menschen die Achtung vor sich selbst, weil sie nicht das getan haben, was sie eigentlich hätten tun sollen. Gott sagte einmal durch den Propheten Jesaja den Israeliten: „Ich bin es, der eurem Leiden ein Ende macht! Wie kommt ihr dazu, vor Menschen Angst zu haben, die doch sterben müssen, die vergänglich sind wie Gras?“ Jes.51,12. Auch wenn uns das alles klar ist, stehen wir in der Gefahr, uns von anderen Menschen einschüchtern und schlussendlich manipulieren zu lassen.
II. Schwimme gegen den Strom!
II. Schwimme gegen den Strom!
Wer sich nicht einschüchtern lassen will, der muss zumindest wissen, was er will und wohin er will. Er muss wissen, was für ihn wichtig ist. Wer sein Ziel kennt und es auch erreichen möchte, wird früher oder später gegen den Strom schwimmen müssen. Vor allem dann, wenn sein Ziel nicht dem Mainstream entspricht. Salomo fordert uns mit seinem Spruch nicht einfach dazu auf, uns von Menschen nicht einschüchtern zu lassen. Er zeigt uns vor allem, was wir stattdessen tun sollten: „Menschenfurcht bringt zu Fall; wer sich aber auf den HERRN verlässt, wird beschützt.“ Spr.29,25. Wer sich auf Gott verlässt, der wird das Ziel erreichen. Das Ziel, das Gott selbst gesteckt hat. Gott wird dann dafür sorgen, dass wir die Ziellinie durchschreiten werden. Genau darauf hatte sich Martin Luther verlassen. Er liess sich weder vom Kaiser noch von den Kirchenführern einschüchtern, sondern er vertraute Gott. Dadurch kam er in grosse Schwierigkeiten, aber er war bereit gegen den Strom zu schwimmen, weil er das Ziel kannte und wusste, dass Gott in dorthin bringen wird, solange er ihm vertraut. Selbst wenn sie ihn sofort hingerichtet hätten, wäre Luther ans Ziel gekommen, denn wer Gott vertraut, der hat nicht nur dieses Leben im Blick, sondern er ist sich dessen bewusst, dass es ein Leben jenseits des Todes gibt. Luther kannte die Aussage von Jesus an seine Jünger: „Fürchtet euch nicht vor Menschen! Sie können nur den Leib töten, aber darüber hinaus können sie euch nichts anhaben. Ich will euch sagen, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet den, der nicht nur töten kann, sondern auch noch die Macht hat, euch ins ewige Verderben zu schicken. Ja, ich sage euch, den sollt ihr fürchten!“ Lukas 12,4-5. Vertraut Gott und habt keine Angst vor Menschen, denn menschliche Macht ist sehr begrenzt. Die göttliche Macht ist unbegrenzt. So sollten wir lieber dem vertrauen, der stärker ist – eigentlich logisch. Übringes gab es auch bei den Kundschaftern in der Wüste zwei Männer, die sich von den grossen Städten mit den mächtigen Stadtmauern und den riesengrossen Menschen nicht beeindrucken liessen. Sie versuchten das Volk umzustimmen, sie riefen in die aufgebrachte Menge: „Das Land, das wir erkundet haben, ist ein sehr gutes Land, das von Milch und Honig überfliesst! Wenn der HERR unser Gott uns gut ist, wird er uns in dieses Land hineinbringen und es uns geben.“ Num.14,7–8. Sie erinnerten das Volk daran, dass Gott ihnen versprochen hatte, dass er ihnen beistehen würde und sie das Land besiedeln werden. Sie müssten nur Gott vertrauen und es würde gelingen. Leider liessen sich die Leute von Kaleb und Josua nicht umstimmen. Glücklicherweise gibt es viele Menschen, die bereit sind, ihrer Überzeugung entsprechend zu leben. Man schätzt beispielsweise, dass heute rund 100 Millionen Christen weltweit verfolgt oder diskriminiert werden. Das sind nicht Menschen, die ein Verbrechen begangen haben. Sie haben niemanden beleidigt. Sie werden verfolgt und diskriminiert, weil sie ihren Glauben leben möchten. Sie sind für ihre Überzeugung bereit, gegen den Strom zu schwimmen. Warum tun sie das? Warum kapitulieren sie nicht? Das wäre doch so leicht! Sie müssten nur sagen, sie würden nicht mehr glauben, dass Jesus der Sohn Gottes sei. Sie könnten problemlos einen andern Gott verehren, denn schlussendlich würden sowieso alle denselben Gott verehren, einfach unter anderen Namen. Warum tun sie das nicht? Das wäre doch so einfach. Sind diese Christen vielleicht fanatisiert? Nein – diese Menschen sind nicht fanatisiert. Sie wissen, was ihnen durch den Glauben an Jesus geschenkt wurde. Sie wollen und können nicht anders. Sie haben eine tiefe Beziehung zu Jesus und sie wollen sie nicht aufgeben. Es ist wie wenn jemand von mir verlangen wollte, dass ich sagen müsste, dass Lilian nicht meine Frau sei und ich fortan mit einer anderen Frau leben sollte. Nein, das will ich nicht. Ich kenne sie und ich liebe sie. Es geht also nicht um Rechthaberei, sondern um Beziehung. Wenn du mit Jesus diese Beziehung noch nicht hast, dann lädt er dich ein. Egal, wie und wo du in deinem Leben stehst. Jesus sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“ Joh.11,25. Dieses Leben, das wir durch den Glauben an Jesus bekommen, übertrifft alles, was wir in dieser Welt erreichen könnten. Deshalb ist es gut und sinnvoll, dass wir uns von Menschen nicht einschüchtern lassen. Es lohnt sich, wenn wir Gott vertrauen und ihm treu bleiben.
Schlussgedanke
„Menschenfurcht bringt zu Fall; wer sich aber auf den HERRN verlässt, wird beschützt.“ Spr.29,25. Nun könnte man fälschlicherweise meinen, dieser Spruch würde uns zu einem respektlosen, besserwisserischem und arrogantem Verhalten gegenüber anderen anspornen. Ja – wir könnten dem Irrtum verfallen, dass Christen sich gegenüber Arbeitgeber, Regierungen usw. respektlos verhalten dürften oder gar müssten, denn sie würden sich nicht an Menschen, sondern an Gott orientieren. Doch Martin Luther ist ein gutes Beispiel dafür, das uns zeigt, dass dieser Spruch nicht so verstanden werden darf. Luther unterschied deutlich zwischen dem Reich Gottes und der Welt oder anders gesagt: zwischen Kirche und Staat. Er war der Überzeugung, dass Christen den Mächtigen mit Respekt begegnen sollten. Ja – sie sollten ihnen auch gehorchen. Doch Widerstand sei dann nötig, wenn der Staat dem Christen vorschreibt wie und was er zu glauben hat. Christen sind also nicht Rebellen, die ein Volk auf revolutionäre Weise gegen die Regierung aufbringen. Und es ist auch nicht so, dass Christen keine Angst haben. Luther hatte bestimmt grosse Angst, aber er hatte seine Angst überwunden. So ging es übrigens auch dem Apostel Paulus. Er schrieb einmal den Christen in Korinth über die Zeit, als er bei ihnen das Evangelium verkündigte: „Ich fühlte mich schwach; ich war ängstlich und sehr unsicher, als ich zu euch sprach.“ 1.Kor.2,3. Aber er hatte seine Angst überwunden, weil er Jesus vertraute. Christen sind bereit für ihren Glauben an Jesus Nachteile in Kauf zu nehmen. Müssen sie zwischen Jesus und einem anderen Gott entscheiden, dann werden sie sich trotz ihrer Angst für Jesus entscheiden – ob das den anderen passt oder nicht, ob das die gesellschaftlichen Konventionen fordern oder eine Regierung es verlangt. Petrus zeigt dieses Spannungsfeld, in das Christen geraten können, in seinem Brief schön auf und damit will ich schliessen. „Wenn ihr also mit unermüdlichem Eifer das tut, was gut und richtig ist, kann euch dann überhaupt jemand etwas Böses antun? Und solltet ihr trotzdem leiden müssen – gerade weil ihr euch nach Gottes Willen richtet –, dann seid ihr glücklich zu preisen. Habt keine Angst vor denen, die sich gegen euch stellen, und lasst euch nicht einschüchtern! Ehrt vielmehr Christus, den Herrn, indem ihr ihm von ganzem Herzen vertraut. Und seid jederzeit bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der euch auffordert, Auskunft über die Hoffnung zu geben, die euch erfüllt. Aber tut es freundlich und mit dem gebotenen Respekt, immer darauf bedacht, ein gutes Gewissen zu haben. Denn wenn ihr ein vorbildliches Leben führt, wie es eurer Zugehörigkeit zu Christus entspricht, werden die, die euch verleumden, beschämt dastehen, weil ihre Anschuldigungen sich als haltlos erweisen. Und sollte es Gottes Wille sein, dass jemand leiden muss, weil er Gutes tut, dann ist das auf jeden Fall besser, als wenn er leiden muss, weil er Böses tut.“ 1.Petr.3,13-17.