Das Erbarmen Jesu - Helfer und Retter

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Das Erbarmen Jesu - Helfer und Retter

Gnade sei mit euch und Friede Von Gott unserem Vater und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus Liebe Gemeinde!
Liebe Gemeinde!
Millionen in Deutschland tun es mindestens einmal in der Woche, mancher sogar zweimal. Sie spielen Lotto.
Für wenig Geld kaufen sie sich eine Hoffnung. Sie möchten sich einmal die großen Wünsche des Lebens erfüllen können: Eine Weltreise, ein Haus, sich alles leisten können.
Auch gestern Abend hat das Lottofieber wieder ein ungezähltes Publikum vor dem Bildschirm versammelt. Da wurde gehofft und gezittert, 5 Minuten lang. Und dann, als die letzte der Glückskugeln gefallen war, hat sich millionenfach die Spannung gelöst: "Wieder nichts, das nächste Mal vielleicht, einmal kommt jeder dran; es trifft ja mehr, als man denkt."
Aber das nächste Mal wird's genauso sein. Die Chance ist einfach zu gering. Eins zu soundsoviel Millionen. Und doch wird weitergespielt, Woche für Woche. Wie groß muss die Hoffnung sein, die es die Menschen immer wieder versuchen lässt?
Und in anderen Bereichen unseres Lebens ist es so. Ist es nicht eigentlich diese Hoffnung, die wie ein Motor unser Leben treibt, die uns auch in aussichtslosen Lagen durchhalten lässt?
Da ist die Hoffnung des Einsamen, einmal einen Menschen zu finden, der sich um ihn kümmert. Da ist die Hoffnung des Strafentlassenen, Verständnis zu finden und einen neuen Anfang zu wagen. Da ist die Hoffnung von uns allen, auf Anerkennung und Liebe unserer Mitmenschen, des Nächsten.
Auch unser heutiger Predigttext handelt von der Hoffnung und ihrer Erfüllung. Er handelt von der Hoffnung eines Menschen auf Heilung und wie sie sich erfüllt. Sie erfüllt sich aber ganz anders als er erwartet hat. Wir lesen dazu im Joh.-Evangelium das 5. Kapitel:
Textlesung: (LU)
Johannes 5,1–16 LU
Danach war ein Fest der Juden, und Jesus zog hinauf nach Jerusalem. Es ist aber in Jerusalem beim Schaftor ein Teich, der heißt auf Hebräisch Betesda. Dort sind fünf Hallen; in denen lagen viele Kranke, Blinde, Lahme, Ausgezehrte. Es war aber dort ein Mensch, der war seit achtunddreißig Jahren krank. Als Jesus ihn liegen sah und vernahm, dass er schon so lange krank war, spricht er zu ihm: Willst du gesund werden? Der Kranke antwortete ihm: Herr, ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich bringt, wenn das Wasser sich bewegt; wenn ich aber hinkomme, so steigt ein anderer vor mir hinein. Jesus spricht zu ihm: Steh auf, nimm dein Bett und geh hin! Und sogleich wurde der Mensch gesund und nahm sein Bett und ging hin. Es war aber Sabbat an diesem Tag. Da sprachen die Juden zu dem, der geheilt worden war: Heute ist Sabbat, es ist dir nicht erlaubt, dein Bett zu tragen. Er aber antwortete ihnen: Der mich gesund gemacht hat, sprach zu mir: Nimm dein Bett und geh hin! Sie fragten ihn: Wer ist der Mensch, der zu dir gesagt hat: Nimm dein Bett und geh hin? Der aber geheilt worden war, wusste nicht, wer es war; denn Jesus war fortgegangen, da so viel Volk an dem Ort war. Danach fand ihn Jesus im Tempel und sprach zu ihm: Siehe, du bist gesund geworden; sündige nicht mehr, dass dir nicht etwas Schlimmeres widerfahre. Der Mensch ging hin und berichtete den Juden, es sei Jesus, der ihn gesund gemacht habe. Darum verfolgten die Juden Jesus, weil er dies am Sabbat getan hatte.
2 Es ist aber in Jerusalem beim Schaftor ein Teich, der heißt auf Hebräisch Betesda. Dort sind fünf Hallen;
3 in denen lagen viele Kranke, Blinde, Lahme, Ausgezehrte.
Sie warteten darauf, dass sich das Wasser bewegte.
5 Es war aber dort ein Mensch, der war seit achtunddreißig Jahren krank.
6 Als Jesus ihn liegen sah und vernahm, dass er schon so lange krank war, spricht er zu ihm: Willst du gesund werden?
7 Der Kranke antwortete ihm: Herr, ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich bringt, wenn das Wasser sich bewegt; wenn ich aber hinkomme, so steigt ein anderer vor mir hinein.
8 Jesus spricht zu ihm: Steh auf, nimm dein Bett und geh hin!
9 Und sogleich wurde der Mensch gesund und nahm sein Bett und ging hin. Es war aber Sabbat an diesem Tag.
10 Da sprachen die Juden zu dem, der geheilt worden war: Heute ist Sabbat, es ist dir nicht erlaubt, dein Bett zu tragen.
11 Er aber antwortete ihnen: Der mich gesund gemacht hat, sprach zu mir: Nimm dein Bett und geh hin!
12 Sie fragten ihn: Wer ist der Mensch, der zu dir gesagt hat: Nimm dein Bett und geh hin?
13 Der aber geheilt worden war, wusste nicht, wer es war; denn Jesus war fortgegangen, da so viel Volk an dem Ort war.
14 Danach fand ihn Jesus im Tempel und sprach zu ihm: Siehe, du bist gesund geworden; sündige nicht mehr, dass dir nicht etwas Schlimmeres widerfahre.
15 Der Mensch ging hin und berichtete den Juden, es sei Jesus, der ihn gesund gemacht habe.
16 Darum verfolgten die Juden Jesus, weil er dies am Sabbat getan hatte.
Liebe Gemeinde,
Offensichtlich war dieses Heilbad Bethesda als ein Ort bekannt, an dem Heilungswunder stattfanden. Ob diese Wunder immer oder nur zu bestimmten Zeiten wie den Festtagen stattfanden, wissen wir nicht. Um den Teich herum lagerten viele Kranke, die in der Hoffnung gekommen waren, geheilt zu werden. Einige waren blind, gelähmt oder anderweitig behindert. Diese verschiedenen Krankheiten sind ein Bild für den sündigen Menschen in seiner Hilflosigkeit, Blindheit, Lahmheit und Nutzlosigkeit.
Darum ist es fast wie beim Sechser im Lotto.
Bethesda heißt übrigens 'Ort des Erbarmens'. Aber trifft dieser Name zu?
Wir können uns ausmalen, was geschieht wenn die Wellen in dem Teich hochschlagen, ob es nun vielleicht durch pulsierende Quellen geschah, oder wie es der Volksmund behauptete, durch Engel bewegt wurde: Von Erbarmen ist da auf jeden Fall keine Spur. Sobald die Wellen sich bewegten, begann vielmehr das große Rennen zu den Fluten des Teichs. Die egoistische Jagd um die eigene Gesundung hebt an. Die Ellenbogen regieren. Jeder ist sich jetzt selbst der Nächste. Alles was laufen kann, stürzt zum Wasser. Einer rennt den anderen um. Gehbehinderte und Lahme schaffen es nicht. Die anderen sind schneller.
Diese Menschen, die unter den Auswirkungen der Sünde an ihrem Leib zu leiden hatten, warteten »auf die Bewegung des Wassers«. Ihre Herzen waren von der Sehnsucht erfüllt, von ihrer Krankheit geheilt zu werden, und sie wollten von ganzem Herzen Heilung finden.
Einer, ein Gelähmter, wartet schon 38 Jahre. Wie lange er am Teich schon wartete, wissen wir nicht. Aber seine Chancen sind noch geringer, als das heutzutage jemand im Lotto 6 Richtige bekommt.
Und doch hat der Mensch auch nach 38 Jahren immer noch nicht die Hoffnung aufgegeben. Vielleicht wird dieses Wunder einmal wahr. Vielleicht bringt ihn einmal einer zum Wasser, zur rechten Zeit, im rechten Augenblick. Vielleicht erfährt er das, was der Name des Ortes aussagt: Erbarmen! Doch allein ist er hilflos. Einer muss ihn zum Wasser tragen. Denn nur ein anderer kann das Wunder für ihn möglich machen. Darauf wartet und hofft er seit 38 Jahren.
Stellen Sie sich vor und rechen sie einmal von heute dem Jahr 2019 zurück. Seit 1981 wartet dieser Mensch, das ist ein halbes Leben lang. Nichts anderes tun als nur warten, warten, warten, dass ihm doch endlich einer hilft.
Und nun begegnet dieser Mensch Jesus. Und Jesus spricht ihn an. Jesus spricht den Einzelnen ganz persönlich an: „Willst du gesund werden?“
Was das denn für eine Frage? Oder ist sie doch berechtigt. Hat sich dieser Mensch vielleicht mit seinem Schicksal abgefunden. Hat er schon resigniert?
Seine Antwort ist da auch sehr zum Nachdenken: „Ich habe keinen Menschen.“ Er weiß allein schaffe ich es nicht. Ich brauche einen anderen Menschen. Ich brauche es, dass sich einer mir ganz persönlich zuwendet. Allein bin ich niemals der glückliche Gewinner, der zuerst kommt und die Heilung empfängt.
In dieser Aussage liegt ein deutliches Ja auf die Frage Jesu: Gesund möchte er schon werden; doch für ihn gibt es noch keine andere Hilfe als an die, die von dem wunderbar bewegten Wasser kommen soll. Und doch keimt jetzt Hoffnung auf als Jesus ihn fragt? Vielleicht will er mich tragen? In dieser persönlichen Zuwendung Jesu gibt es Hoffnung für diesen Menschen.
Lässt sich das Bild von den Kranken am Teich Bethesda nicht auch gut in unsere Zeit übertragen? Sind wir Menschen dieser Tage nicht auch wie eine große Menge von Hoffenden? Warten wir nicht alle auf unsere Weise auf das Wunder, das uns zurechtbringt, uns hilft und heilt? Warten wir nicht auch darauf, dass uns einer hilft?
Die Hoffnung auf das große Geld, wie sie sich beim Lottospiel äußert, ist nur ein Beispiel dafür. Das Problem ist nur, wie damals am Teich: Wunder sind selten. Wenn eins eintrifft, will jeder etwas davon haben. Und andere sind schneller, stärker und oft rücksichtsloser. Immer sind die Schwächsten die Dummen, sie haben das Nachsehen. Es müsste einmal einer nicht nur an sich denken und sehen, dass andere noch schlechter dran sind. Aber wer sollte das tun?
Wer bringt es fertig, einmal die eigenen Hoffnungen und Wünsche hintenanzustellen und sich für den anderen einzusetzen, der Hilfe braucht? Da vergehen leicht 38 Jahre, bis einer merkt, da liegt einer, der mich nötig hat!
Das ist eine zeitlose Geschichte, die da am Teich Bethesda spielt! Wenn wir noch einmal genauer hinhören, bemerken wir noch etwas seltsames an ihr: Eigentlich steht gar nicht das Wunder, die Bewegung des Wassers im Teich und die Heilung, im Mittelpunkt der Erzählung, sondern die Not des Gelähmten, der sich selbst nicht helfen kann. Wir sollen also nicht über das Wunder staunen oder darüber rätseln, wie es wohl möglich ist, sondern über die Zuversicht, die unerfüllte Sehnsucht des Gelähmten ins Nachdenken kommen. In den 38 Jahren, die er in den Hallen gelegen hat, wird er oft Zeuge des Wasserwunders gewesen sein. Sicher hat er viele Heilungen gesehen. Er weiß um seine fast völlig aussichtslose Lage und doch hat er die Hoffnung nicht aufgegeben. Er wartet auf das größere Wunder, als das sich das Wasser bewegt! All die Jahre hofft er auf einen Menschen, der sich ihm zuwendet, der sich erbarmt und ihm hilft.
Doch er kommt, der andere, der Mitmensch, der hilft. Jesus sieht den einen Lahmen und erbarmt sich seiner. Ohne Wunder von oben und ohne heilkräftiges Wasser. Der Mensch Jesus heilt ihn. Das ist der springende Punkt. Der Nächste, der Bruder, wie er damals in Jesus erscheint, bringt die Heilung, die Erfüllung der Hoffnung. Darauf will die Geschichte hinaus.
Aber ich glaube, auch wir können heilen. Andere Gebrechen zwar, aber auf die gleiche Weise:
Der Einsame braucht einen Menschen, der Zeit hat, der die eigenen Sorgen einmal vergessen kann und sich vorbehaltlos zur Verfügung stellt. Wer von Ängsten umgetrieben wird, hofft auf Trost, auf einen Menschen, der ihm Mut macht.
Der Ausgestoßene sucht einen, der ihn annimmt, der in Not Geratene einen, der ihm zurecht hilft.
Der sich Ängstigende braucht einen, der ihm zu hört, der die Not und die Last des anderen mitträgt, sei es „nur“, dass er ihm ein offenes Ohr schenkt. Manchmal muss es kein Wunder sein, auch wir können helfen.
Die Geschichte von der Heilung am Teich Bethesda macht uns Jesus zum Vorbild. Sie fragt nicht nach dem Wunder selbst: Wie war es möglich, dass Blinde sehen, Lahme wieder gehen konnten? Wie konnte die Heilung geschehen? Was veränderte sich im Wasser, wenn es sich bewegte? Auch die Frage, warum hat Jesus von all den Kranken nur den einen geheilt, interessiert die Geschichte nicht. Das ist alles zweitrangig.
Hier in dieser Geschichte wird nach dem Menschen gefragt, der die Not sieht, der sich erbarmt und hilft. Jesus war damals dieser Mensch. Wir können es heute sein.
Überall wo Menschen nach der Not und der Hoffnung anderer sehen und fragen kann Bethesda sein: Der 'Ort des Erbarmens'. Jesus will auch unsere Gemeinde zu einem Ort der Barmherzigkeit machen.
Aber die Geschichte hier geht dann auch noch weiter. Sie fragt nicht nur nach der äußeren Heilung des Menschen, sondern gerade nach seinem inneren heil werden vor Gott.
Das leichtere Übel hatte Jesus dem Geheilten abgenommen. Nun will er auch das schwerere, wahrhaft verderbliche ihm ersparen: wenn er der Mensch aufs Neue sündigt. Denn sonst verwandelt sich die erfahrene Hilfe für ihn in Unsegen und wird zur Anklage gegen ihn. Es gibt noch Schlimmeres als sein bisheriges Leiden, und dieses Schlimmere trifft ihn dann, wenn ihn die Wohltat Jesu nicht vom Sündigen abzuhalten vermag.
Es ist wesentlich ernster, wenn man gegen die Gnade als gegen das Gesetz sündigt. Jesus hatte diesem Mann wunderbare Liebe und Barmherzigkeit gezeigt. Und diese soll er nun auch leben.
Auch wir dürfen aus dieser wunderbare Liebe Jesu und seine Gnade leben und von ihr Zeugnis geben.
Amen.
Und der Friede Gottes Welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unseren Herrn.
Amen
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