Viva la Reformation

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Viva la Reformation

Revolutionär Jesus

Johannes 2,13–16 LU
13 Und das Passafest der Juden war nahe, und Jesus zog hinauf nach Jerusalem. 14 Und er fand im Tempel die Händler, die Rinder, Schafe und Tauben verkauften, und die Wechsler, die da saßen. 15 Und er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel hinaus samt den Schafen und Rindern und schüttete den Wechslern das Geld aus und stieß die Tische um 16 und sprach zu denen, die die Tauben verkauften: Tragt das weg und macht nicht meines Vaters Haus zum Kaufhaus!
Da war dieser Mann mit der Peitsche. Und die Peitsche war sinnbildlich für sein ganzes Reden. Denn wie der Knall der Peitsche in der Luft aufschreckt, so schreckten auch seine Worte auf. Es waren Worte die eines Messias würdig sind, denn sie revolutionierten das Denken seines Volkes. Denn er rüttelte an die alten Erinnerungen. Er rüttelte daran, dass nicht der Ritus Gottes würdig ist, sondern das wahre glaubende Herz. Und so tobte er durch die Reihen der Geldwechsler und Händler, die nicht vor dem Tempel, sondern im Tempel handelten. Die den Tempel nicht als Tempel erschienen ließen, sondern als Ort, wo das weltliche den Vorrang hat.
Und seine Freunde, die sahen, was dort vor sich ging. Sie waren erstaunt. Denn auch wenn seine Worte der Veränderung schon immer radikal waren, so handelnd, haben sie ihn vorher nicht gesehen.

Revolutionär Luther

Und seine Worte waren wie ein Peitschenschlag. Die Schläge des Hammers an der Tür dröhnten wie seine Worte und stellten die Welt der Christen auf den Kopf. So eine starke Spaltung, hatte es in der Westkirche nicht gegeben und so stand er da und seine Worte hallten durch den Raum. Denn die vor ihm standen, wollten ihn in die Knie zwingen. Aber er wollte nicht von seiner Überzeugung zurücktreten und so legte er seine Überzeugung dar:
"Wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde; denn weder dem Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, daß sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben, so bin ich durch die Stellen der heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!" (M. Luther 1520 vor dem Wormser Reichstag)
Diese Worte sind wie ein Peitschenschlag für die sonst so sicheren Kleriker. Dachten sie doch, dass sie diesen kleinen Mönch aus Wittenberg schnell zum schweigen bringen. Dachten sie doch, dass dieser nicht weiter an den Grundfesten rütteln würde.
Doch dieser Mönch revolutionierte die westliche Kirche. Nicht nur die nun entstehende, sondern auch die römisch-katholische Kirche sollte nie wieder die selbe sein. Mit seiner Überzeugung über die Wirkmächtigkeit der von Gott ihm gegebenen Worte revolutionierte er die Welt der Kirche.

Revolutionär Dutschke

„Revolution ist nicht ein kurzer Akt, wo mal irgendwas geschieht und dann ist alles anders. Revolution ist ein langer komplizierter Prozess, wo der Mensch anders werden muss.“ (Rudi Dutschke) So dröhnt es aus dem Mikrofon. Und der junge Mann, der diesen Satz sagt, der macht das aus seiner religiös-sozialistischen Erziehung heraus die er in der evangelischen Kirche mitbekommen hat. Er selbst beschreibt einmal sein Handeln wie folgt: „Ich bin ein Sozialist, der in der christlichen Tradition steht. Ich bin stolz auf diese Tradition. Ich sehe Christentum als spezifischen Ausdruck der Hoffnungen und Träume der Menschheit.“ (Rudi Dutschke) Und so träumt und hofft Rudi mit seinem Gretchen ein barbarisch schönes Leben, indem er seinen Einsatz für die Studentenbewegung immer wieder christlich reflektiert und sich Jesus als revolutionäre Vorbild nimmt, der mit der Peitsche einst die Geldwechsler aus dem Tempel verjagt hat. Er träumte, bis die Folgen die Josef Bachmann ihm antat dafür sorgten, dass er in der Badewanne am heiligen Abend 1979 ihn zu dem führten, von dem aus er die Kraft für seine Revolution nahm.

Revolution oder Reformation

Jesus, Luther, Dutschke. Sie alle veränderten auf ihre Art die Welt. Und sie alle machten es aus Glauben an Gott. Denn für Jesus war klar, dass Gott sein Vater ist. Und für Luther war klar, dass Jesus der Sohn Gottes war. Für Luther war es klar, dass er sich nur von Jesu und Gottes Wort leiten wollte und nicht von den Fehlentwicklungen in der Welt und in der Kirche.
So sah es auch Dutschke. Dutschke lehnte sich auf gegen eine Welt die aus den Fugen geriet. Auch sein Wort war wie eine Peitsche für die Welt. Und wer sich mit Dutschke auseinandersetzt merkt sehr bald, dass er dies nicht nur wollte, weil er seinen Marx sehr gut gelesen hatte, sondern weil er auch aus den Worten Jesu die Kraft für diese Veränderung zog.
Was wären sie alle nur ohne ihre Überzeugung in Gottes handeln gewesen? Ich befürchte, dass sie nur ein Windhauch in der Geschichte gewesen wären. Was hat sie ausgezeichnet? Es hat sie ausgezeichnet, dass sie für ihre Überzeugungen eintraten. Mit welchen Folgen teilweise, das sehen wir heute. Heute ist Reformationstag. Aber eigentlich ist dieser Begriff aus meiner Sicht nicht ganz richtig. Denn Luther hat vor 500 Jahren nicht die Kirche reformiert. Er hat sie vielmehr revolutioniert. Er hat sie vollkommen verändert. So wie Jesus die Welt seiner Mitbürger verändert und revolutioniert hat mit seinem handeln. Denn aus seinem Vorbild ist eine kleine jüdische Sekte entstanden, die zur größten Religion der Welt werden sollte.
Durch Luthers Thesenanschläge ist eine kleine Häresie Bewegung entstanden, die in Deutschland zur größten Kirche neben der römischen geworden ist.
Durch Dutschkes und den Einsatz seiner Mitstreiter hat sich die Universitätslandschaft verändert wie vorher noch nie.
Und nun? Nun wo sind die Revolutionäre aus dem Glauben an Gott heraus? Denn ich denke, dass die Kirche dringends revolutionäre braucht. Menschen, die die Kirche radikal neu denken. Menschen die wie Jesus einst mit Peitschenschlägen auf die Fehler in der Kirche hinweisen. Menschen die wie Dutschke und Luther aus ihrem Glauben heraus den Mut haben Krach zu machen. Und ich glaube, dass es diese Revolutionäre gibt. Revolutionäre, die sich nicht mit dem kirchlichen: “Das haben wir immer schon so gemacht!” zufrieden geben. Revolutionäre die kritisch zurück fragen: “Und warum soll es nicht auch anders gehen? Wir haben da unsere eigene Ideen!” Und diese Revolutionäre sitzen unter uns. Ich bin davon fest überzeugt, dass diese revolutionäre sogar die Kirche fit machen werden für das 21. und 22. Jahrhundert. Anders, als wir sie kennen. Anders, als es für manchen von uns bequem ist. Aber manchmal ist eine radikale Veränderung notwendig, damit der Blick wieder klar wird für das eigene Ziel.
Wenn sie nun fragen, wen ich im Blick haben könnte, liebe Gemeinde, dann sage ich Ihnen: Unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden. Denn Sie sind es, die die Kirche von morgen sind. Sie sind es, die neue Ideen haben. Sie sind es, die kritisch auf die Kirche schauen und sich oftmals fragen, warum sie so ist, wie sie ist. Und wir merken das. Wenn sie ihren Missmut über etwas ausdrücken, dann ist das für uns ein Peitschenschlag, welcher uns erschüttert und erschreckt. Das ist gut so. Vielleicht erkennen wir ja dadurch, dass wir manchmal den Weg verstellen mit unseren Aussagen.
Von daher liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden will ich euch ermutigen. Habt den Mut zu sagen, was euch nicht passt. Habt den Mut zu sagen, wie ihr euch eine moderne Kirche vorstellt. Denn eure Worte können die Peitschenhiebe sein, die wir brauchen um zu sehen, wie sehr manchmal der Blick auf die eigentliche Aufgabe der Kirche versperrt ist. Habt den Mut zu revolutionären der Kirche zu werden. Weist uns mutig auf unsere Fehler hin. Denn es ist nicht richtig, das wir oftmals versuchen euch in das Korsett des: “So haben wir das schon immer gemacht!” hineinzuzwängen. Richtig ist es, das wir versuchen euch zu ermutigen. Ermutigen eure eigenen Wege im Glauben zu gehen. Richtig ist es, dass ihr uns ermutigt diese Wege mutig mit zu gehen.
Amen!
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