Jesus ist unser Altar
Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
13,12 Die Tiere, die außerhalb des Lagers verbrannt wurden, waren entsprechende Typen, während der Herr Jesus den Antitypus verkörperte. Er wurde außerhalb der Stadtmauern Jerusalems gekreuzigt. Außerhalb des organisierten Judentums (sozusagen »außerhalb des Lagers«) »heiligte« er »durch sein eigenes Blut« »das Volk«.
13,13 Die Anwendung für die Hebräer war, dass sie eine klare Trennung gegenüber dem Judentum vollziehen sollten. Sie sollten sich von den Tempelopfern wegwenden und sich zu dem vollendeten Werk des Herrn als ihrem hinreichenden Opfer hinwenden.
Die Anwendung ist für uns ähnlich: Das »Lager« ist heute das gesamte religiöse System, das Erlösung durch Werke, durch Charaktereigenschaften, durch Rituale oder Vorschriften verheißt. Es ist das moderne Kirchensystem mit seiner von Menschen eingesetzten Priesterschaft, seinen irdischen Anbetungsgegenständen und seinen liturgischen Fallstricken. Es ist ein verdorbenes Christentum, eine Gemeinde ohne Christus. Der Herr Jesus ist außerhalb, und wir sollten »zu ihm hinausgehen … und seine Schmach tragen«.
13,14 Jerusalem war den Herzen derer lieb und heilig, die im Tempel dienten. Es war das geografische Zentrum ihres »Lagers«. Der Christ hat »keine« solche »Stadt« hier auf Erden, sein Herz sehnt sich nach der himmlischen Stadt, dem neuen Jerusalem, wo das Lamm in all seiner Herrlichkeit wohnt.
Vers 11 gibt uns das Vorbild, Vers 12 dessen Erfüllung, weil Jesus außerhalb der Tore Jerusalems litt. Vers 13 gibt uns eine darauf gestützte Ermahnung, und zwar in der Sprache des Vorbildes. Wir werden nicht aufgefordert, aus der Stadt hinauszugehen, denn wir haben hier keine bleibende Stadt, woran Vers 14 erinnert, sondern wir sollen aus dem Lager hinausgehen. Für den Gläubigen ist die Welt eine Wüste geworden.
Wenn die Ermahnung gelautet hätte: „Gehet … hinaus aus dieser Stadt“, wäre sie von diesen frühen hebräischen Christen kaum anders als politisch verstanden worden. Wohl besteht die Tatsache, daß, als einige Jahre später Jerusalem von den Römern zerstört wurde, nahezu alle Christen aus der Stadt geflüchtet waren, aber darum ging es hier nicht. Das Lager war Israel, religiös betrachtet, das Israel, wie es sich gemäß göttlicher Ordnung um die Stiftshütte lagerte. Der Aufruf an diese Hebräer lautete, aus dem religiösen System des Judaismus hinauszugehen und so die Schmach des Christus aufzunehmen. Es gab nur einen Grund, der sie veranlassen konnte, diesem Ruf zu folgen, und das war die Liebe zu Ihm. „Deshalb laßt uns zu ZU IHM hinausgehen.“
Wenn wir die Apostelgeschichte aufmerksam lesen, erkennen wir, daß die Masse der gläubigen Juden keineswegs ihre Verbindungen zu dem Judaismus abbrach. Sie beabsichtigten jetzt mit Christus UND dem Judaismus weiterzuleben. Bei nicht wenigen war es eine Sache des Judaismus und Christus; ihr hervorstechendes Merkmal war: „Alle sind Eiferer für das Gesetz„, weniger Eiferer für Christus. Als dieser Brief geschrieben wurde, hatte die Stunde für eine entschiedene Wendung geschlagen. Es konnte nicht länger Christus und Judaismus sein. Jetzt mußte es heißen: Christus ODER Judaismus. Wenn sie CHRISTUS haben wollten, dann mußten sie aus dem Lager hinaus und zu IHM gehen.
Noch einige Jahre vergingen, und mit dem Fall Jerusalems verlor der Judaismus sein eigentliches „Herz“. Tempel, Altäre, Opfer, Priester, alles wurde weggefegt. Damit war, streng genommen, das Lager verschwunden. Sollen wir annehmen, daß damit diese Ermahnung bedeutungslos wurde? Keineswegs, denn die Juden bewahrten einige Ähnlichkeit ihres religiösen Systems mittels ihrer Synagogen und Rabbis, und so ist es bis heute geblieben. Sie haben immer noch eine Art Lager, obwohl nicht das Lager, wie Gott es ursprünglich eingesetzt hatte. Wenn sich ein Jude heute bekehrt, ruft diese Ermahnung ihn fraglos aus dem Judaismus heraus zu dem verworfenen Christus, und zwar ebenso wirkungsvoll wie je zuvor.
Und wie steht es um das traurige Zerrbild des ursprünglichen Christentums, das heute Christenheit genannt wird? Sie hat sich nahezu vollständig nach dem Muster des jüdischen Lagers organisiert. Sie rühmt sich ihrer Priester, ihrer weltlichen Heiligtümer und oft auch ihrer Opfer. Sie stützt sich auf eine weltliche Basis und ermuntert häufig zu Verbindungen mit der Welt. Hören wir angesichts dessen nicht diese Ermahnung? Ist es wahrscheinlich, daß Gott wohl damit begonnen hat, Sein Volk aus einem religiösen System herauszurufen, das Er selbst einst begründete, und dann damit endete, daß Er von ihm erwartet, in religiösen Systemen zu bleiben, die Er nicht aufgerichtet hat, die vielmehr in langen Zeitaltern der Untreue und des Verfalls gebildet worden sind? Was für eine Wiederbelebung würden wir sehen, wenn jeder Christ wirklich den Ruf hörte: „Hinaus zu IHM, außerhalb des Lagers!“ und ihm gehorchte.
Warnung vor judaistischen Lehren 9; der Platz des Christen ist „außerhalb des Lagers“ (des Judentums) 10–13; „Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir“ 14; die geistlichen und materiellen Opfer der Christen für Gott
7–16 Der Schreiber sieht Gefahren für die Gemeinde kommen. Es scheinen vor allem Menschen dagewesen zu sein, die immer wieder dazu drängten, man müsse die alten Ordnungen Israels festhalten (Speisevorschriften u.ä.). Dabei knüpft er nun selbst an eine Ordnung in Israel an: Man schaffte die Opfertiere am Versöhnungstage aus den Lagern heraus und trennte sich dann von ihnen. Das deutet der Schreiber auf Jesus: Man habe ihn auch „hinausgeschafft“ und sich von ihm getrennt. Daraus müßten alle Gläubigen die Folgerungen ziehen und sich genauso von allem trennen, was nicht mit Christus zusammenhängt. – Die Opfer, an denen Gott Freude hat, sind Dankopfer im Gebet und im Dienst für andere (mit Lippen und Händen). Mittendrin aber prägt der Verfasser Worte, die zu den „goldenen Worten“ des Neuen Testaments gehören (V. 8 u. 9). Er stellt die Leiter der Gemeinde als Vorbild hin, vor allem aber den Herrn selbst, der immer und überall derselbe ist und bleibt.
Hebr 13:10–16
Manche Ausleger sehen in V. 10 einen Hinweis auf das Abendmahl; doch ist die Aussage eher bildlich zu verstehen: der Altar als das Kreuz (d.h. Kreuzesopfer) Christi, von dem die Glaubenden leben. Dieses Kreuz wurde außerhalb der Stadtmauer Jerusalems errichtet (vgl. Mt 21:39; Joh 19:17). Dort beim Gekreuzigten ist auch der Platz seiner Gemeinde; diese Welt ist nicht ihr Zuhause (vgl. 11:13–16), und ihr Ziel ist die zukünftige Welt Gottes. Die →Opfer der neutestamentlichen Gemeinde (V. 15–16) sind nicht mehr geschlachtete Tiere, sondern der Lobpreis Gottes (statt bekennen besser »preisen«) und das Gute, das man dem Nächsten erweist.