Tagegedanke 16.04.2020

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Bin ich der, der ich bin?

Liebe*r Leser*in,
heute nehme ich Sie mit auf eine kleine Zeitreise. Wir gehen fast 10 Jahre zurück. Damals war ich Student der Theologie in Marburg und mein Homiletik Professor hatte mit uns ein Experiment vor. Zusammen mit einem Poetry Slammer wollte mein Professor einen Preacher Slam starten. Jede*r seiner Student*innen nahm an diesem Wochenendkurs teil und trat im Kreuzgang der Alten Universität auf.
Ich habe mir damals sehr viele Gedanken um den Satz “Ich werde sein, der ich sein werde” (Ex 3,14) gemacht, da die hebräischen Worte schillernd sind. Ich habe mir Gedanken gemacht, in welche innere Verzweiflung einen die Frage führen kann, wer man ist und ob man ist. Ich habe mir die existenzphilosophische Frage nach dem Jetzt und dem Sein in dem Jetzt gestellt. Ich habe meine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass die zweifelnden Fragen, die ich habe, eines Tages von Ihm beantwortet werden. Das ist von damals mein Vortrag für das Publikum gewesen und soll heute Ihre kleine Denkaufgabe werden:
„Ich bin der ich bin.“ Das sage ich oft. Und gehe durch die Straßen, mit einem Lächeln auf den Lippen schaue ich nach außen. Doch schaue ich in mich hinein, werde ich zum Haderwasser und komme ins Grübeln:
„Bin ich der, der ich bin?“ oder: „War ich der, der ich war?“ Wenn ich mal war, der ich war, warum bin ich dann nicht mehr der, der ich einst war? Kann ich je wieder werden, der ich war? Aber wenn ich werden kann, der ich war, warum bin ich nicht jetzt der, der ich war? Wenn ich jetzt nicht bin, der ich war, werde ich auch nicht der, der ich war. Bin ich also der, der ich werde? Aber wie kann ich etwas sein, was ich noch nicht bin und erst noch werde? Werde ich also sein, der ich werde? Wenn ich aber werde, was ich werde, warum bin ich es noch nicht? Und wenn ich nicht bin, der ich werde und nicht werde, der ich bin. Und wenn ich nicht bin, der ich war und nicht war der ich bin. Und wenn ich nicht werde, was ich war und nicht war, wer ich werde. Ja wenn das so ist, bin ich dann überhaupt? Oder bin ich dann vielmehr nicht? Aber wenn ich nicht bin, wie war ich dann je? Und wie werde ich dann je? Aber da ich das denke, muss ich ja sein! Ich bin also nicht Nichts! Und doch bin ich nie ich. Entweder ich war, oder ich werde. Denke ich: Ich bin; so war ich vielmehr schon und werde zu dem, der ich werde.
So drehen sich die Gedanken und werden zum Joch meiner Knechtschaft. So friste ich mein Dasein und hoffe auf den „der ist, der er ist. Der war, der er war. Der wird, der er wird.“ Denn solange dieser nicht kommt, werde ich nicht sein, der ich bin. Und bin nicht der, der ich war. Und so lange ich nicht ich bin, wird die Angst meines Seins sein, dass obwohl ich denke, dass ich bin, vielleicht doch nicht bin, nie war und nie sein werde. So kann ich voll Angst nur hoffen, dass ich bin und der kommt, der mir sagt, das ich bin.
Daher wende ich meinen Blick von innen nach außen und halte mit einem lächeln Ausschau nach dem, „der da ist, der da war und der da sein wird!“
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