Gottes Gegenwart verändert jede Situation
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Einstieg:
Einstieg:
Ich habe eine Frage an euch: Was hat Bielefeld eigentlich mit Corona zu tun?
die wenigstens von euch werden, wenn sie diese Frage hören, denken: Krass! Das ist ein Thema, die mich schon mein ganzes Leben beschäftigt… wie gut, dass endlich mal jemand dazu predigt.
Wahrscheinlich denken die meisten: Na toll… wieder mal eine Frage aus der Kategorie “Scheuermanns Schwachsinn”…
Und völlig Unrecht hätten sie damit nicht
Denn: Außer, dass sowohl über Bielefeld als auch über Corona einige bizarre Verschwörungstheorien im Internet kursieren —> kein augenscheinlicher Zusammenhang zwischen dem Virus und der Stadt in Ostwestfalen.
Für mich persönlich gibt es allerdings eine Verbindung: Und zwar hat mich sowohl Corona als auch Bielefeld schon in den Lockdown geschickt.
zugegeben: da konnte kein Bielefelder und auch die Stadt selbst nichts dazu.
Aber, wenn ich im Januar 2017 auch nur das Wort “Bielefeld” gehört habe, hat sich mein Kopf in eine Art Quarantäne bzw. in einen gedanklichen Lockdown begeben.
Ganz einfach deswegen, weil ich wusste: In Bielefeld befindet sich das LKA der EKvW. Und da musste ich im Januar 2017 hin, um meine Examensprüfung abzulegen. —> und allein der Gedanke daran, hat meinen Kopf immer wieder in eine Art Quarantäne geschickt
Ich weiß nicht, ob ihr so etwas kennt:
In so einer Situation: Kein Gesetzgeber, der vorschreibt, wo man hingeht und wen man trifft —> Aber, trotzdem scheinen im Kopf dann bestimmte Regeln zu gelten, die verhindern, dass man an irgendetwas anderes denkt als an die Angst vor der Prüfung. Dass man sich Sorgen macht. Nervös wird.
das kann richtig fies sein. Bin aus diesem Lockdown teilweise über Stunden nicht mehr rausgekommen. Mein Kopf war dann wie in Quarantäne… und selbst von den freundlichsten und ermutigendsten Worten abgeschirmt. Die sind einfach nicht durchgedrungen.
Außer an einem Tag
Ich kann mich gut daran erinnern:
war kurz vor den Prüfungen aus Tübingen zu meinen Eltern gefahren —> einfach näher dran an Bielefeld.
War allein gefahren. Meine Frau Jana war wegen ihres Jobs in Tübingen gebölieben.
So saß ich eines Abends allein in meinem alten Kinderzimmer und versuchte nach einem langen Lerntag und gefühlten 22 Probeklausuren abzuschalten.
und wie so häufig merkte ich, wie mein Kopf langsam aber sicher in den Lockdown fährt und stellte mich gedanklich auf eine richtig ätzende Einschlafphase ein.
Wollte zwar noch kurz mit Jana telefonieren. Aber wirklich Hoffnung, dass sie mich mit ihren Worten aus dem Gedankenkarusel rausholen würde, hatte ich nicht. Das hatte in den vergangenen Tagen auch nicht geklappt.
Und dann: Kurz bevor ich zum Handy greife, klopft es an meiner Zimmertür. Und da steht: tatsächlich Jana. In Person. Obwohl sie eigentlich 500 Kilometer entfernt sein müsste.
Ganzen Tag mit dem Fernbus durchgefahren, um mich zu überraschen.
Weil sie wusste, dass Telefonieren und Skypen manchmal nicht ausreichen, wenn man sich in einer gedanklichen Quarantäne befindet.
An diesem Abend sind die Sorgen und Ängste nicht wieder gekommen. Für einen Augenblick waren die Gesetze des Lockdowns außer Kraft gesetzt.
Eigentlich hatte sich an der generellen Situation nichts verändert. Ich musste immer noch nach Bielefeld. Am nächsten Tag standen immer noch viel zu viele Probeklausuren und Lernkarten auf meinem Plan.
aber für einen Augenblick war die Sorge vor den Prüfungen trotzdem vergessen. Meine Stimmung war anders. Und die Situation irgendwie auch.
Warum erzähle ich euch das?
Nicht um euch zu demonstrieren, was ich für eine tolle Frau habe (das auch).
Aber eigentlich geht es mir um etwas anderes:
Und zwar darum, dass manchmal die tatsächliche, reale Gegenwart einer Person einen extremen Unterschied machen kann. Nicht nur für unsere Stimmung, sondern für die Gesamtsituation.
Es macht einen Unterschied, ob ich mein Gegenüber nur höre und auf einem Bildschirm sehe ODER ob wir uns wirklich in die Augen schauen, uns berühren, die Gegenwart des anderen wirklich erleben können.
Denn: Was Stunden am Telefon nicht geschafft haben, konnte eine echte Begegnung in wenigen Augenblicken.
Wahrscheinlich habt ihr das in den vergangen Wochen gemerkt. Beim Skypen, Telefonieren oder Zoomen. Selbst die beste Videotelefonie kann die Verwandten und Freunde nicht ersetzen.
Und in der ein oder anderen Situation, würde es einen gewaltigen Unterschied machen, wenn sie wirklich da wären.
Erlebbar anwesend. Wirklich gegenwärtig.
Part I: Gottes Gegenwart macht einen Unterschied
Part I: Gottes Gegenwart macht einen Unterschied
Für das Volk Israel gab es auch eine Gegenwart, die die Stimmung und die Gesamtsituation immer schlagartig veränderte: Und zwar die Gegenwart ihres lebendigen Gottes.
Ob es nun darum ging, in Wüste und Wildnis den richtigen Weg zu finden oder das Volk einer übermächtigen, feindlichen Streitmacht bedroht wurde:
Wenn ihr Gott dabei war, wenn seine Gegenwart sie begleitete, dann wusste Israel: Das wird schon.
Jetzt könntest du natürlich sagen: Was meinst du eigentlich mit “WENN” Gott dabei war ? Gott ist doch eigentlich immer und überall gegenwärtig. In Psalm 139 steht es doch ganz klar: Es gibt keinen Ort, an dem Gott nicht ist!
Vollkommen richtig. Und trotzdem hatte Gott seinem Volk ein Zeichen gegeben, um den Israeliten zu versichern: “Ich bin dabei. Ihr seid nicht allein. Ich gehe euch voran.”
Als sie durch die Wüste wanderten, war das eine Feuer- und Wolkensäule...
Und später wurde die Bundeslade DAS Zeichen, an dem ganz Israel erkennen konnte: “Gott ist gegenwärtig! Er ist hier”
Die Bundeslade, das war so eine Art Kasten, in dem die zehn Gebote aufbewahrt wurden.
Und natürlich konnte Gott auch in einem Dornbusch gegenwärtig sein oder im Säuseln des Windes oder eben auch immer und überall den Raum mit seiner Gegenwart erfüllen.
Aber er hatte sich nun einmal entschlossen, seine Begegnung mit Israel an diesen Kasten zu binden.
Wieso er das gemacht? Keine Ahnung. Möglicherweise ganz einfach deswegen, weil Menschen so etwas brauchen:
Ein sichtbares Zeichen, das ihnen etwas Unsichtbares verdeutlicht.
Vielleicht wusste Gott, dass es Israel schwer fallen würde an seine unsichtbaren Gegenwart zu glauben.
Wir Menschen sind ja körperliche Wesen. Wir bestehen nicht nur aus Verstand und Geist. Wir haben Emotionen. Wir haben Sinne. Wir wollen sehen, fühlen, schmecken, erleben.
Und das war bei den Israeliten natürlich nicht groß anders:
Alle Völker rings herum hatten ihre sichtbaren Götterstatuen. Sie wussten, wie der Gott, dem sie opferten, aussieht. Wie sich das Holz, aus dem er gemacht ist, anfühlt. Sie konnten ihre Götter sogar häufig als kleine Statuen mit nach Hause nehmen.
Das alles war den Israeliten nicht möglich. Gott hatte da ganz deutlich gesagt: Bitte kommt nicht auf die Idee, euch von mir ein Bild zu machen. Denn kein Bild kann mir gerecht werden.
Und vielleicht hatte er deswegen gesagt: Passt mal auf… ich bin zwar nicht so sichtbar, wie diese Götterstatuen. Aber dafür gibts mich eben auch wirklich. Und im Gegensatz zu den toten Götzen, bin ich wirklich bei euch, anwesend und kann eure Situation von einem Augenblick auf den nächsten ändern.
Und damit ihr das wisst und glauben könnt, gebe ich euch ein Zeichen meiner Gegenwart und meiner Beziehung zu euch: Die Bundeslade.
Und wie wichtig Israel diese Beziehung zu Gott und seine Gegenwart waren, sehen wir im Predigttext für heute.
Da wird nämlich ein massives Fest für diese Bundeslade gefeiert. Bzw. für Gott und seine Gegenwart in Israel.
Ich lese aus 2.Chronik 5, die Verse 2 bis 14. PREDIGTTEXT LESEN
Israel feiert also ein Fest: Mit viel Essen und viel Musik. Wie sich das gehört.
Wir haben gelesen, dass da wortwörtlich unzählige Rinder und Schafe geopfert wurden.
Nun war ein Opfer natürlich in erster Linie für Gott gedacht. Aber außer bei Brandopfern, wo das ganze Tier verbrannt wurde, fiel dabei auch immer etwas für den Menschen ab.
Bzw. Gott und Mensch teilten sich eigentlich das Tier: Das Fett des Opfers wurde verbrannt. Der Rauch stieg auf und wurde so Gott gewidmet. Und vom Rest des Tieres gab es ein Festmahl für alle beteiligten Menschen.
das war auch so ein bisschen die Grundidee vom Opfer: Gemeinschaft und Begegnung. Zwischen Israel und Gott. Gott hatte seinem Volk zugesagt: Wo immer es ihm einen Altar baut und ihm ein Opfer bringt - da kommt er hin und nimmt die Gastfreundschaft seines Volkes an.
Ähnlich war das mit der Musik bei diesem Fest:
Was ist das für ein krasses Orchester: 120 Trompeten. Alle Musiker aus der Sippe von Asaf, Heman und Jedutun mit Zimbeln, Psaltern und Harfen
aber genau wie das Essen war auch die Musik mehr als schlichte Festbegleitung. Das wird klar, wenn wir uns Psalm 22 anschauen:
Da heißt es, dass Gott im Lobgesang Israels wohnt: Also wo Israel zu Gottes Ehre musiziert, singt und ihn lobt, da ist er gegenwärtig. Da ist er anwesend.
Israel feiert also ein Fest der Gegenwart Gottes. Die Bundeslade, das Opfer, die Lobgesänge. All das soll verdeutlichen: Gott ist jetzt hier.
Und für alle, die sich trotzdem nicht sicher waren, ob der unsichtbare Gott denn nun tatsächlich anwesend war, kommt auch noch eindrucksvoll eine Wolke und erfüllt den Tempel. Viel erlebbarer als zu diesem Ereignis wird Gottes Gegenwart auf Erden wohl nicht mehr werden.
Vielleicht fragst du dich: Wozu all der Aufwand? Die Bundeslade stand doch auch vorher schon in Jerusalem. Das Zeichen von Gottes Gegenwart und Beziehung war doch da. Wozu der teure Tempelbau, wozu die vielen geschlachteten Tiere, das große Orchester? Braucht es das wirklich?
Wie gesagt: Ich glaube nicht, dass Gott einen Tempel braucht (das hatte er übrigens Salomos Vater David auch deutlich gesagt). Und auch auf Opfer und Musik kann Gott laut seinem Propheten Amos manchmal wirklich gern verzichten!
Ich glaube: Nicht Gott braucht das alles. Sondern Israel. Israel braucht das. Und wir brauchen das auch. —> Genau wie mir in der Examensphase kein Telefonat oder ein Skypegespräch aus dem gedanklichen Lockdown helfen konnte, sondern nur die wirklich echte Anwesenheit meiner Frau, brauchen wir Menschen manchmal diese spürbare, erlebbare Gegenwart Gottes, damit sich für uns die Situation ändert. Wir wollen nicht nur theoretisch wissen, dass er da ist. Wir wollen es erleben.
Denn eine Sache ist doch klar: Egal, in welcher Situation du dich gerade befindest und wie es dir geht: Alles ändert sich schlagartig, wenn du auf einmal realisierst und erlebst: Gott ist gegenwärtig. Er ist wirklich da. Garantiert. So etwas verändert die Situation.
Part II: Gottes Gegenwart erfahren
Part II: Gottes Gegenwart erfahren
Jetzt wirst du wahrscheinlich sagen: Steile These! Wirklich steil! Und ich bin mir nicht sicher, ob ich dir da folgen will. Aber mal angenommen, ich würde sie dir abnehmen. Was sollte ich denn dann deiner Meinung nach genau tun?
Ich kann es doch nicht einfach MACHEN, dass ich Gott erlebe. Gott lässt sich doch nicht in irgendein Ritual oder so etwas pressen, wo ich dann sicher sein kann, dass ich ihn erlebe und spüre.
Und das ist natürlich vollkommen richtig.Gott zu erleben - das kann man nicht machen. Das wäre ja ein bisschen so wie ein Tier im Zoo anschauen. Wenn du einen Elefanten oder einen Tiger erleben willst… dann musst du halt nach Rostock. Und da kannst du den dann sehen. So ist das mit Gott nicht. Er lässt sich nicht einsperren.
Aber so wie Gott einst Israel versprochen hat, über der Bundeslade gegenwärtig zu sein, um seinem Volk zu begegnen, so hat er auch uns Zusagen gemacht:
Jesus sagt: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.
Das heißt: Wenn du Gott erleben willst, dann nimm am Gottesdienst teil. Im Internet so wie heute. Und irgendwann bald hoffentlich auch wieder in der Kirche.
Triff dich mit deinem Hauskreis. Das geht auch per Zoom oder Skype. Da ist Gott anwesend. Da kannst du ihn erleben.
Dann hat Jesus uns aufgetragen, das Abendmahl zu feiern.
Das Brot, das wir einander reichen und der Traubensaft oder der Wein, den wir teilen - sagt er: Das ist sein Leib, sein Blut. Da ist er gegenwärtig.
Und es gibt noch weitere Zusagen über Gottes Gegenwart:
Psalm 22 gilt auch heute noch: Gott wohnt auf den Lobgesängen seines Volkes: Wenn wir Gott mit Musik die Ehre geben und ihn loben - dann ist er anwesend. Da können wir ihn erleben.
Wenn sich aktuelle Studien über Jugendliche und Junge Erwachsene nicht komplett vertun, dann dürfte das für viele von euch keine Neuigkeit sein. Für religiöse Jugendliche und Junge Erwachsene scheint Lobpreis eine ganz wichtige Gelegenheit zu sein, um Gott zu begegnen. Deswegen sprechen Soziologen teilweise von einer Generation Lobpreis. Und das ist - je nachdem, wie tolerant eure Nachbarn sind - auch in Corona-Zeiten möglich.
Eine deutlich nachbarn-freundlichere Variante, Gott zu begegnen, ist es, die Stille zu suchen und ins Gebet zu gehen. Jesus hat uns zugesagt, dass unser Vater im Himmel uns zuhört, wenn wir mit ihm sprechen. Er ist anwesend und gegenwärtig, wenn wir ihn anrufen.
Und wenn du denkst: Das ist eine recht einseitige Begegnung, das Gebet. Da rede ja nur ich. Und keiner antwortet. Dann lies doch einfach die Bibel. Denn darin antwortet Gott dir. Das ist sein Wort. Und auch darin kannst du ihm begegnen.
Jetzt kannst du sagen: Ist ja alles ganz schön und gut. Aber ich hätte mal mindestens zwei Einwände.
Und zwar erstens: Bist du dir wirklich sicher, dass das, was Menschen da im Lobpreis oder im Gebet, Gottesdienst oder beim Abendmahl erleben - dass das wirklich Gott ist?
Es ist doch so, dass Neurologen längst herausgefunden haben, in welcher Region des Gehirns sich religiöse Erfahrungen abspielen. Und ob nun ein Charismatiker im Lobpreis Gott spürt, ein Lutheraner sich im Abendmahl der Gegenwart Christi bewusst ist, oder ein Orthodoxer sich in eine Ikone vertieft… das spielt sich alles in derselben Hirnregion ab. Ist Gottes Gegenwart denn dann nicht letztlich nur eine chemische Reaktion im Nukleus accumbens (so heißt diese Hirnregion…)?
Und zweitens: mal angenommen, das wäre wirklich so und Gott lässt sich so erleben… was ist denn, wenn das mir trotzdem irgendwie nie passiert… was soll ich denn dann machen? Bleibt meine Situation dann einfach so wie sie ist…?
Das sind wirklich gute und berechtigte Fragen. Gehen wir der Reihe nach:
zum ersten Punkt. Gott im Gehirn.
Ich finde es ehrlich gesagt überhaupt nicht überraschend, dass sich religiöse Erfahrungen im Gehirn verorten lassen. Bin kein Neurologe, aber ich bin mir trotzdem sicher: Wenn ich gute Musik höre, ein Bild von einer schönen Landschaft in Südafrika sehe, frische Frühlingsluft rieche, einen Fußball an meinem rechten Fuß spüre oder mein Lieblingsessen schmecke, werden auch ganz bestimmte Regionen in meinem Gehirn aktiviert. Und trotzdem würde keiner behaupten, dass Musik, Südafrika, der Frühling, Fußball oder Spagghetti Bolognese nicht existieren.
Ganz im Gegenteil: Die Tatsache, dass wir etwas mit unseren Sinnen im Gehirn wahrnehmen können, ist ein Indiz dafür, dass es existiert.
Ganz offensichtlich hat Gott uns auch in bestimmtem Maß die Fähigkeit gegeben, religiöse Erfahrungen zu machen. Ein Art Sinnesorgan für das Unsichtbare. An das er andockt, wenn er sich erfahrbar machen möchte.
Heißt das nun, dass jede religiöse Erfahrung und jedes Gefühl von religiöser Erfüllung von Gott kommt?
Auf gar keinen Fall. Ganz im Gegenteil. Nur, weil es ein Sinnesorgan gibt, gibt es ja nicht nur einen Sender, der dieses Organ ansprechen kann. Ob ich nun gute Musik höre oder Krach: Das funktioniert beides über das Hören. Aber stammt von zwei völlig unterschiedlichen Sendern.
Und natürlich können sich Sinne auch täuschen… mit manchmal verheerenden Folgen:
Wenn ich an meinem Fuß etwas Rundes Ballförmiges spüre, mich entscheide, zum Schuss auszuholen… aber da unten liegt statt einem Fußball eine Bowlingkugel… dann wäre das eine ziemlich schmerzhafte Angelegenheit.
Deswegen verlass ich mich bei sowas nie ausschließlich auf meinen Tastsinn, sondern gebrauche außerdem meine Augen und meinen Verstand: Wenn das ganze aussieht, wie ein Fußball, sich anfühlt wie ein Fußball, ich auf einem Fußballplatz und nicht an einer Bowlingbahn stehe… dann ist die Wahrscheinlichkeit deutlich geringer, dass ich mich verletze, wenn ich diesen Ball schieße.
Ähnlich ist das mit den religiösen Erfahrungen: Wenn die Art und Weise, wie wir Gott erleben, dem entspricht, wie er sich in der Bibel vorstellt. Er uns so begegnet, wie er sich in Christus offenbart. Dann könnte es vielleicht sein, dass wir es wirklich mit dem lebendigen Gott zu tun haben. Und nicht mit einem emotional aufgeladenen Zustand, in den uns ein paar schöne Lichter, nette Atmosphäre und ermutigend-motivierende Worte hineinmanipuliert haben.
Soweit mal dazu… man könnte da noch viel länger drüber reden und diskutieren… aber dann ufert diese Predigt hoffnungslos aus.
Zum zweiten: Kann ja sein, dass du sagst: “Ich würde mir ja sogar wünschen, dass mich mal jemand in so eine religiöse Erfahrung reinmanipulieren würde. Bei mir gibt es sowas nicht. Egal, was ich mache: Ich erlebe Gott nicht. Ich kann ihn einfach nicht spüren.”
Das ist bitter! Und schmerzhaft! Und ich sag dir von vorneherein: Ich weiß nicht, wieso das so ist. Und wie man das lösen kann. Aber ich hab mal drei Antwortansätze:
Als erstes: Kann es sein, dass du dich nach einer ganz expliziten, ganz bestimmten Erfahrung sehnst?
Vielleicht siehst du Menschen beim Lobpreis mit erhobenen Armen, die irgendwie ganz verliebt in Gott und total ergriffen wirken und du fragst dich: “Wieso hab ich dieses Gefühl nicht? Wieso geht das bei mir nicht?”
Aber vielleicht ist ganz einfach nicht deine Art, Gott zu begegnen. Und ist das vielleicht nicht auch völlig ok so.
Nur weil eine Generation als Lobpreisgeneration gelabelt wird, muss das ja nicht gleich zum Maßstab für alle Christen werden.
Vielleicht bist du ein Typ, der Gott mehr im Verstand begegnet: der die Bibel und theologische Literatur liest und sich begeistern kann für Zusammenhänge zwischen 1.Mose und Offenbarung.
Vielleicht geht dein Herz auf, wenn dein Verstand checkt, wie sich ein wunderbarer roter Faden durch die Bibel zieht.
Das wäre doch nicht weniger wertvoll oder weniger Gott als das, was andere im Lobpreis erleben.
Meine erste unvollständige Antwort ist also: Versteif dich nicht auf eine ganz bestimmte Art, Gott zu begegnen. Gott hat uns Menschen unterschiedlich gemacht und sich entschieden, uns auf unterschiedlichen Wegen zu begegnen.
Mein zweiter unvollständiger Tipp: Räum aus, was zwischen dir und Gott steht. Bzw. Lass es ausräumen.
Und das bitte jetzt nicht falsch verstehen. Wenn du mit dem Gefühl kämpfst, dass Gott dir irgendwie fern scheint, dann muss es in deinen Ohren extrem herzlos klingen, wenn ich dir sage: “Na klar… das liegt an deiner Sünde…Gott kann nicht zu dir kommen, solange du so in Sünde lebst?”
Das wäre totaler Quatsch, wenn ich dir das sagen würde. Denn es ist ja gerade das Geniale an Christus, dass er zu uns Sündern kommt. Und sich von Sünde nicht aufhalten lässt. Dass er sie auf sich nimmt, damit wir Gott begegnen können.
Sünde hindert Gott nicht daran, zu uns zu kommen.
Aber manchmal hindert sie uns daran, ganz bei ihm zu sein.
Klingt komisch. Und deswegen will ich versuchen, es mal mit einem Beispiel zu erläutern…und wie immer gilt da: Bilder haben ihre Grenzen.
Wenn ich meinen kleinen Sohn Sohn Elija ins Bett bringe, dann lege mich immer neben ihn in sein Bett und sing ihm ein Lied vor.
So lange, bis er eingeschlafen ist. Das beruhigt ihn. Das lässt ihn, selbst wenn er die Augen zumacht, wissen: Der Papa ist immer noch da. Ich höre ihn ja. Wenn ich singe, weiß er: Alles ist ok. Und irgendwie denke ich immer, dass ihm das so ein bisschen ein geborgenes Gefühl gibt.
Manchmal kommt Elija aber auf eine echt nervige Idee in dieser Einschlafenszeit. Und zwar denkt er sich manchmal mitten beim Einschlafen: “Es wäre doch lustig, dem Papa in die Augen zu stechen. Immer und immer wieder. Das wäre doch richtig lustig und vielleicht hilft mir das ja beim Einschlafen.”
Doch das Gegenteil ist der Fall. Wenn er dieses Spiel spielt, pusht er sich noch mal richtig hoch und kommt nicht zur Ruhe.
Und deswegen höre ich dann irgendwann auf, zu singen. Und drehe mein Gesicht weg. Nicht nur, um meine Augen zu schützen, sondern um ihm zu signalisieren: Das ist nicht ok. Das tut mir und dir nicht gut.
Ich bin dann immer noch da. Und ich bleibe auch da. Aber unser Kontakt ist gestört. Ich singe nicht mehr und schaue ihn für einen Augenblick auch nicht an. Weil ich möchte, dass er mit diesem Augen-Stechen aufhört. Nicht, weil ich mich nicht dagegen wehren könnte oder es mich daran hindern würde, in seiner Gegenwart zu sein. Sondern, weil es ihm nicht gut tut. Weil er sich dann nicht auf das Singen einlassen kann, nicht zur Ruhe kommt und nicht einschläft.
Vielleicht ist dieses Gefühl, dass Gott uns irgendwie fern vorkommt auch manchmal ein Signal von unserem Vater im Himmel, umzukehren. Sünde zu bekennen und abzulegen. Nicht, weil sie ihn daran hindern könnte, zu uns zu kommen. Das kann sie seit Christus nicht mehr. Aber, weil sie uns daran hindert, ganz bei ihm zu sein.
Das ist mein zweiter unvollständiger Antwort-Versuch.
Und nun ein dritter. Vielleicht der wichtigste. Was kann man tun, wenn man Gott nicht erlebt?
Wenn du da Gefühl hast, Gott nicht zu erleben, dann kannst du eine Sache tun: HALTE DICH FEST an Gottes ZUSAGEN.
Im 1. Johannesbrief heißt es an einer Stelle, dass Gott größer ist als unser Herz. Und, wenn dein Herz nicht fühlen kann, dass Gott da ist, dass er dich liebt, dass er dir deine Sünden vergibt. Dann stimmt das trotzdem immer noch. Daran kann dein Gefühl und dein Erleben überhaupt nichts ändern.
Wenn du Gott nicht spürst, ihn nicht erlebst, er dir scheinbar fern bleibt. Dann ist er trotzdem da. Dann gilt sein Wort für dich trotz allem.
Hättet ihr mich kurz vor meinem Examen gefragt, ob ich das Gefühl hab, gut vorbereitet zu sein. Ich hätte euch gesagt: Ganz ehrlich… ich hab das Gefühl, diese ganze Kiste wird ein Debakel und ich werd krachend scheitern. Ich weiß nix und werde mit jeder Frage überfordert sein.
Meine Wahrnehmung war völlig verzerrt. Mein Gefühl hat mich komplett betrogen. Aber das konnte nichts an der Realität ändern, dass ich mich lange vorbereitet hatte und tatsächlich genug wusste, um die Prüfung zu bestehen.
Deswegen mein letzter unvollständiger Anwortversuch: Wenn du Gott nicht erlebst, halte dich dennoch fest an seinen Zusagen. Sie gelten. Und Gott ist dir auch dann nah, wenn du ihn nicht spürst.
Part III: Was ändert denn nun Gottes Gegenwart?
Part III: Was ändert denn nun Gottes Gegenwart?
Jetzt kannst du sagen: Ok ok ok… alles klar. Also drei unvollständige Antworten… bin mir nicht sicher, ob die zusammen eine Ganze ergeben. Aber lass ich für den Augenblick mal gelten. Aber eine zentrale Frage hast du noch nicht angesprochen: Wie genau verändert sich denn die Situation, wenn Gott anwesend ist. Ob ich ihn nun spüre oder nicht? Das ist ja das eigentlich Spannende!
Und als Antwort auf diese Frage könnte ich euch von ein paar Situationen erzählen, in denen Gott anwesend war
z. B. als Israel in Ägypten versklavt war - und Gott kam, um sein Volk zu befreien
Oder als der assyrische König Sanherib Jerusalem belagerte - und die schlichte Anwesenheit Gottes das übermächtiges Heer in die Flucht schlug. Ohne dass Israel auch nur einen Finger rühren musste.
Oder was ist mit dieser einen Situation, in der Paulus und Silas im Gefängnis sitzen. Und beginnen Lieder zu singen. Gott zu loben.
Und der Gott, der im Lobpreis seines Volkes anwesend ist, ihnen die Türen des Gefängnisses öffnet.
Und dann ist da noch Petrus. Der betet. Und weil Gott da ist, hört er ihn. Und erweckt die tote Tabita wieder zum Leben.
So verändert Gottes Gegenwart die Situation. Manchmal.
Aber Israel wurde trotz der Bundeslade, über der doch Gottes Gegenwart zugesichert war, wieder von fremden Völkern gefangen genommen.
Obwohl der Tempel als Wohung Gottes mitten in Jerusalem stand, hat er die Babylonier nicht in die Flucht geschlagen, als sie kamen, um die Stadt einzunehmen.
Und Paulus wurde nach seiner wundersamen Befreiung wieder ins Gefängnis geworfen. Und schließlich sogar hingerichtet.
Petrus genauso. Trotz Lobpreis. Trotz Gebet. Trotz der Gegenwart Gottes.
Vielleicht erlebt das der ein oder die andere von euch in dieser Corona-Zeit.:
Dass sich Krankheitszustände nicht bessern.
Dass der Arbeitsplatz nicht gerettet werden kann.
Dass die Sorgen um die ungewisse Zukunft den Kopf fest im Griff haben.
Wie bitte verändert Gottes Gegenwart denn jetzt solche Situationen? Wenn sich ganz offensichtlich nichts ändert?
In den Situationen verändert Gottes Gegenwart uns selbst.
Als Israel die Bundeslade sieht, die in den Tempel einzieht, als es das Opferfest feiert und so Gemeinschaft mit Gott hat und die Wolke den Tempel erfüllt:
da realisiert das Volk, dass Gott gegenwärtig ist.
Und in dieser Begegnung mit Gott versteht und bekennt Israel: “Gott ist gütig und seine Barmherzigkeit währt ewig”.
Das passiert auch, wenn wir Gott begegnen.
Wenn wir erleben, dass er da ist.
Oder uns manchmal einfach nur daran festhalten, dass er zugesagt hat, dass er da ist. Selbst, wenn wir ihn nicht spüren.
Dann werden wir auf kurz oder lang zu dieser Erkenntnis und zu diesem Bekenntnis kommen müssen: Er ist gütig und seine Barmherzigkeit währt ewig.
Gott rettet nicht jeden Arbeitsplatz.
Manchmal mutet er uns Ungewissheit zu, was unsere Zukunft angeht.
Und er schützt uns auch nicht immer wundersam vor Krankheit und Tod.
Aber: wenn wir realisieren, dass er gegenwärtig ist und wir ihm begegnen. Und wenn wir ihn in dieser Begegnung immer besser kennen lernen, dann werden wir trotz alledem irgendwann wieder bei dem Bekenntnis herauskommen: Er ist gütig und seine Barmherzigkeit währt ewig.
Und dieses Bekenntnis bzw. diese Erkenntnis stellt unsere Situation immer in eine ganz neue Perspektive.
Vielleicht bleibt die Krankheit, vielleicht bleibt die Sorge um den Arbeitsplatz. Die Nervosität vor der Prüfung. Die unheimliche Ungewissheit, was die Zukunft angeht.
Aber all das kann niemals länger bleiben als Gottes Güte und Barmherzigkeit.
All das kann nicht das letzte Wort behalten. Das letzte Wort hat Gott.
Und dieses Wort ist barmherzig und gut.
Wenn wir das verstehen, dann ändert sich die Situation. Immer. Garantiert.
Amen