Mk 4,7.18 - Unkraut

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Notes
Transcript

Grün

Die Ehefrau fragt den Ehemann: “Soll ich heute Abend das grüne oder blaue Kleid anziehen?” So in etwa ein Loriot-Sketsch. Er endet - wie man ahnen kann - in einem spektakulären Streit.
Völlig unspektakulär hat unsere Kirche schon vor vier Wochen die Farbe gewechselt. Die weißen Paramente der Osterzeit sind nun schön grün und zeigen uns an: Es ist die Zeit nach dem Dreieinigkeitsfest Trinitatis - heute der vierte Sonntag nach Trinitatis.
Die Farbe grün ist bewusst gewählt. So wie in der Natur alles eingesät ist, wachsen und reifen soll, so soll es auch in unserem Leben sein.

Himmlisches Wachstumspaket

Damit nimmt das Kirchenjahr ein wichtiges Anliegen der Bibel auf. Wie ein roter Faden, oder besser wie ein grüner Faden, durchzieht dieser Wunsch das ganze Buch.
Dabei geht es der Bibel weniger um das äußere, sondern vor allem um das innere Wachstum.
Wichtiger als dass unser Auto und unsere Wohnung größer werden, ist dass unser Herz größer wird. Dass in ihm der Glaube, die Liebe, die Hoffnung und das Gute, immer mehr Raum haben, und aus diesem Herzen heraus zum Segen für diese Welt werden.
Die Logik der Bibel geht von Innen nach Außen. Was im Herzen ist, hat Auswirkungen auf das ganze Leben - gute oder weniger gute. Ob wir das wollen oder nicht: Das Herz prägt unser Leben, unsere Beziehungen und die Welt um uns. Darum soll Wachstum und Reife hier beginnen.
In Spr 4,23 lesen wir deshalb.
Sprichwörter 4,23 LU
23 Behüte dein Herz mit allem Fleiß, denn daraus quillt das Leben.
Keiner wird dem widersprechen, doch immer wieder leben wir anders. Wir kümmern uns um das Äußere, und das Innere verkümmert.
Deshalb hat nicht nur unsere Regierung ein Konjunkturpaket. Es gibt auch ein himmlisches Wachstumspaket. Es setzt innen an, beim Herz des Menschen.
Jesus erzählt in einem Gleichnis, dass Gott in das Innere eines Menschen etwas Gutes sät. Er will, dass es aufgeht, wächst und Frucht bringt - Segen für uns selbst und für die ganze Welt.

Unkraut

Jesus sagt nun: Bei manchen Menschen fällt die Saat auf ein Feld, auf dem schon ganz viel anderes Zeug wächst.
Jesus spricht von Dornen, im trockenen Klima Israels ist das das häufigste und am schwierigsten zu bekämpfende Unkraut. Diese Dornen wachsen schneller als die Saat und ersticken die gute Pflanze, die im Innern wachsen soll.
Jesus sagt das so:
Markus 4,3 LU
3 Hört zu! Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen.
Nun erzählt Jesus vom Saatgut, das auf den Weg fällt und von Vögeln gefressen wird. Anderes findet keine Nahrung und verdorrt.
Lukas 8,7 LU
7 Und anderes fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten’s.
Es gibt also etwas in unserem Leben, das das, was Gott in uns gesät hat, ersticken kann. Es gibt etwas, das das das Gute überwuchern und am Wachsen hindern kann.
So dass unser Leben keine Frucht hervorbringt. Das Gute verkümmert oder bleibt unreif. Es bringt keinen Segen für uns und andere.
Was könnte das sein? Was hat diese zerstörerische Kraft?
Im Blick auf das eigene Gemüsebeet kann jeder Hobbygärtner diese Frage schnell beantworten.
Ich muss im Internet nachschauen, doch da gibt es eine Liste der zehn nervigsten Unkräuter. Auf Platz eins steht der Giersch. Platz zwei die Diestel und Platz drei die Zaunwinde.
Was ist das Unkraut im geistlichen Leben?
Jesus gibt die Antwort wenige Verse später. Er nennt drei Gewächse, die Wachstum und Reife effektiv verhindern.
Lukas 8,14 LU
14 Was aber unter die Dornen fiel, sind die, die es hören und gehen hin und ersticken unter den Sorgen, dem Reichtum und den Freuden des Lebens und bringen keine Frucht zur Reife.
Das sind die TOP-3 der Herzensunkräuter für Jesus: Sorgen, Reichtum und die Freuden des Lebens.
Johannes Hartl hat in einer schönen Predigt zu diese Thema festgestellt: Alle drei Dinge sind an sich nichts Schlechtes, aber sie haben in sich die Dynamik, immer mehr Raum und Einfluss zu wollen.

Sorgen

Sorgen gehören zum ganz normalen Leben dazu, weil wir Menschen vorsorgende und fürsorgende Wesen sind.
Wenn eines deiner Kinder, dein Partner oder ein Elternteil schwer krank ist, oder du auf das Ergebnis einer Untersuchung wartest, machst du dir Sorgen, weil du fürsorglich bist.
Wenn die Corona-Pandemie deine ganzen Finanzen pötzlich durcheinanderwirbelt, machst du dir Sorgen, weil du vorsorgend bist.

Reichtum

Das zweite Unkraut ist der Reichtum. Geld und Besitz ist an sich nicht Böse. Gerade im AT ist ein Zeichen des Segens Gottes, wenn ein Mensch viele Schafe und Rinder hat.
Zur neutestamentlichen Gemeinde gehörten nicht nur mittellose Sklaven, sondern auch reiche Hausbesitzer, die dann die ganze Gemeinde zu sich nach Hause zum Gottesdienst eingeladen haben.

Freuden des Lebens

Auch das Dritte, die Freuden des Lebens sind nichts Schlechtes. Gott hat die Welt so geschaffen, dass sie für den Menschen eine Freude ist und er sie genießen kann.
Im Schöpfungsbericht lesen wir gerade nicht, dass Gott den Menschen miesepetrich in eine Welt wirft und überall das Schild “genießen verboten” aufstellt. Nein, dort heißt es:
Gen 2,9: “Und Gott der Herr ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen.”

Überwuchern

Sorgen, Wohlstand und Lebensfreude sind also nicht automatisch Böse. Und doch haben sie das Potential, dass sie unkontrolliert wachsen und die gute Saat in uns ersticken können.
Denn alle diese drei Dinge nehmen im Laufe des Leben zu.
Mit 14 Jahren macht man sich vor allem Sorgen darum: Wie sehe ich aus? Wie sehen mich die anderen? Mit 40 sind diese Sorgen in der Regel nicht weg. Es sind aber viele andere hinzugekommen. Wir sind ja nicht mehr nur für uns, sondern für andere Menschen verantwortlich.
Beim Reichtum ist es zwar nicht so, dass wir automatisch mehr davon haben. Aber das Thema bekommt in der Regel immer mehr Bedeutung für unser Leben. Nicht mit 18, aber irgendwann fängt man an, an die Rente zu denken.
Das dritte Unkraut, die Freuden des Lebens, nehmen vor allem dann zu, wenn wir uns sie leisten können.
Wir haben unsere Flitterwochen auf einem Campingplatz mit einem Zwei-Personen-Zelt verbracht. Unser Luxus bestand darin, morgens ein frisches Baguette zu essen.
21 Jahre später darf es schon ein bisschen mehr sein.
Und wenn es nicht so wäre, dann würde in meinem Leben der Neid wachsen, dass die anderen sich diese Lebensfreuden gönnen können.
Und so wächst im Laufe der Zeit die Lebensfreude und der Reichtum oder zumindest der Neid auf die Lebensfreude und den Reichtum der anderen.

Initiative notwendig

Alle drei Unkräuter sind also fleißig am Wachsen - und zwar ganz automatisch.
Das hat Unkraut so an sich. Ich muss es nicht gießen oder düngen. Ich muss nicht initiativ und aktiv werden. Es reicht völlig aus, einfach nichts zu tun. Einfach nur passiv abwarten. In nur wenigen Wochen ist alles überwuchert und der Kopfsalat erstickt.
Wir wissen das! Warum sind wir so naiv zu glauben, in unserem geistichen Leben wäre das anders?
Jesus sagt: Dort ist es nicht anders.
Wenn du nichts unternimmst und passiv bleibst, dann wird das ganze Zeug in deinem Leben - auch wenn es noch so harmlos ist - unkontrolliert wuchern.
Denn du keine Iniative und Verantwortung für dein geistliches Wachstum ergreifst, wird es das ersticken, was Gott in dir reifen lassen will.

Bebauen und Bewahren

Am Anfang der Bibel lesen wird, dass Gott Adam und Eva einen wunderschönen Garten geschenkt hat. Mit diesen ganzen Bäumen, deren Früchte - wie wir schon gehört haben - “verlockend… und gut zu essen” (Gen 2,9) waren. Und Gott gibt ihnen den Auftrag, diesen Garten zu “bebauen und bewahren” (Gen 2,15).
In ähnlicher Weise sät und pflanzt Gott Gutes in unser Herz. Das ist vor allem Gottes Wort. In Jak 1,21 steht, dass Gott das Wort in uns gepflanzt hat - und dass es Kraft hat, unser Leben zu retten.
Gott pflanzt Worte in unser Herz, die uns Mut machen, etwas anzupacken
Gott pflanzt Worte in unser Herz, die die Angst nehmen vor dem Unbekannten
Gott pflanzt Worte in unser Herz, die daran erinnern, wie wertvoll wir in seinen Augen sind
Gott pflanzt Worte in unser Herz, die uns auf den rechten Weg zurückbringen und auf ihm halten
Wenn dieser Same nicht überwuchert wird, sondern aufgeht, dann wachsen kräftige Pflanzen heran. Sie retten unser Leben und tragen noch Frucht für andere.
Jesus versprichst: Wenn du deinen Garten bebaust und das Wort Gottes vor dem Unkraut bewahrst, dann wächst da Frucht: dreißigfach, fünfzigfach und hundertfach.
Dazu braucht der Samen einen inneren Raum zum Wachsen.
Das in uns gepflanzte Wort Gottes braucht Nahrung und Zeit, in der wir es immer wieder lesen, darüber nachdenken und darüber beten. Dann kann sich die Saat tief in uns verwurzeln.
Das in uns gepflanzte Wort braucht Umkehr, dass wir Gott die Schwere in die Hand geben und sagen: Schneide du die Sorgen, den Wohlstand und die ganzen Ablehnkungen so zurück, dass sie mein Inneres nicht ersticken.

Konkret

Ich will das am Ende noch einmal ganz konkret machen - und Achtung: Vielleicht trete ich jetzt jemandem ein bisschen auf die Füße.
Wenn du an Weihnachten oder Ostern in den Gottesdienst gehst - lässt du Gott ein bisschen Saatgut in dein Herz streuen. Es wird aufgehen. Doch wenn du nun nichts weiter unternimmst, wird die kleine Glaubenspflanze weder groß noch reif. Sie schlägt keine tiefen Wurzeln und wird überwuchert und von dem vielen anderen Zeugs in deinem Leben erstickt.
Wahrscheinlich warst du aber noch viel öfter hier im Gottesdienst, vielleichst weil du den Kellner gerne predigen hörst. Das ist schön. Denn du hast Gott immer wieder dein Herz geöffnet und er hat viele Male Gutes in dich säen und pflanzen lassen.
Wenn du aber in der ganzen Zeit keine Eigenverantwortung für dein geistliches Leben übernommen hast, dann hast du dich in falscher Weise von einem Menschen abhängig gemacht.
Wenn du dich in den letzten Jahren nicht darum bemüht hast,
selbst zu beten,
in der Bibel zu lesen,
ein geistliches Buch in die Hand zu nehmen
oder dich einem Gemeindekreis anzuschließen,
dann habe ich wirklich die Sorge, dass deine Glaubenspflanze keine tragenden Wurzeln ausbilden konnte und vom Unkraut überwuchert wird.
In eine christliche Buchhandlung zu gehen und sich eine Hilfe zum Bibellesen zu kaufen ist nicht schwieriger, als eine Gießkanne zur Hand zu nehmen.
Du selbst bist für deinen inneren Garten verantwortlich - und du kannst diese Verantwortung nicht an deinen Pfarrer abgeben - weder an den, der geht, noch an den, der kommen wird.

Nochmals: Grün

Unsere Kirche hat sich ein grünes Kleid angezogen. Es soll uns die nächsten 20 Wochen der Trinitatiszeit daran erinnern, dass Gott uns in Gutes gesät hat und es wachsen lassen will.
Vielleicht führt es uns dieses grüne Kleid, immer wenn wir in den Gottesdienst gehen, zu einem kurzen Gebet - zum Beispiel mit den Worten eines alten Gesangbuchliedes.
“Hilf mir und segne meinen Geist
mit Segen, der vom Himmel fleußt,
dass ich dir stetig blühe;
gib, dass der Sommer deiner Gnad
in meiner Seele früh und spat
viel Glaubensfrüchte ziehe,
viel Glaubensfrüchte ziehe.”
Amen.
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