Jesus und der Sturm (Teil 2)

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Einführung

Rückblick auf Teil 1

Vor zwei Wochen haben wir begonnen, uns die Geschichte um die Stillung des Sturms nach Mt 8,23-27 anzuschauen. Wir haben unter anderem gesehen, dass es aus dieser Geschichte mehr rauszuholen gibt, als man auf den ersten Blick vermuten mag und dass sie viel mit unserer heutigen Lage als Christen und Menschen, die unter der CoVID-19 Krise leiden, zu tun hat.
Beim letzten Mal haben wir uns mit den Versen 23-25 beschäftigt. Der Sturm tobt, die Jünger versuchen alles, um ihr Leben zu retten und Jesus schläft. Dann letztlich wecken sie Jesus auf und bitten ihn um Hilfe. Und hier wollen wir in die Geschichte wieder einsteigen.

Exegese

Vers 26

Jesus ist nun wach. Doch anstatt hysterisch mit den Jüngern anzufangen das Wasser aus dem Boot zu schöpfen, redet Jesus erstmal (zumindest bei Matthäus. Bei Markus und Lukas bringt Jesus zunächst mal den Sturm zur Ruhe bevor er sich seinen Jüngern widmet. Hier redet Jesus zuerst bevor er den Sturm beruhigt.) Jesus fragt die Jünger, warum diese sich so ängstigen? Naja, möchte man meinen, das liegt doch eigentlich auf der Hand, oder? Die Wellen drohen das kleine Schiff auf dem See zu verschlingen - mit Mann und Maus.
Jesus bezeichnet seine Jünger in dieser Situation als Kleingläubige. Doch was heißt das? Was ist ein Kleingläubiger? Ich denke, dass die Antwort für uns selbst Relevanz hat bzw. haben könnte. Denn wir sehen Jesus nicht mehr von Angesicht, so dass er wie bei den Jüngern korrigierend in unser Leben eingreifen könnte. Aber wenn wir die Bibel aufmerksam lesen, wird sie uns ein Spiegel sein. Im griechischen ist das ein Adjektiv, also eine Eigenschaft, die den Jüngern hier anhaftet und setzt sich aus zwei Worten zusammen: oligo und pistos. oligo bedeutet “wenig, ein paar, gering, klein” und pistos kennt wahrscheinlich der eine oder andere als das Substantiv pistis (Glaube). Dies bedeutet “vetrauenswürdig, glaubwürdig, treu, zuverlässig, gläubig”.
Auch wenn der Begriff jetzt vielleicht etwas klarer ist, bleibt die Frage, warum Jesus die Jünger, die ihm ja im Gegensatz zu anderen auf dem Fuße ins Boot gefolgt sind, als kleingläubig bezeichnet. Hier hilft es vielleicht, sich mal andere Bibelstellen anzuschauen, wo der Begriff “kleingläubig” auch noch vorkommt.

Mt 6,30

Ein paar Kapitel vorher in der Bergpredigt, benutzt Jesus schon einmal das Wort “kleingläubig”. Mt 6,30. Lasst uns lesen Mt 6,28-32. Jesus ruft die Menschen hier auf, sich nicht zu sorgen um die Dinge, die wir brauchen, weil wir einen Vater im Himmel haben, der sich um uns kümmert. Aber oftmals denken und verhalten wir uns so, als wenn es Gott nur am Sabbat gibt. Also mir geht es zumindest so. Da kommen Probleme im Alltag und ich fange an zu rotieren und mich zu sorgen, als wenn ich alles allein lösen müsste. Jesus aber sagt, dass diese Sorgen völlig nichtig sind, da wir einen Vater im Himmel haben, der für uns sorgt. Und so sagt Jesus völlig richtig im V33, dass wir zuerst nach Gottes Reich und seiner Gerechtigkeit streben sollen. Und der Rest wird sich dann schon finden.

Mt 16,8

Eine zweite Begebenheit: Jesu Jünger waren ohne ihren Meister unterwegs und trafen ihn am anderen Ufer. Matthäus schreibt, dass sie vergessen haben, Brot mitzunehmen und sich nun darum sorgten. Jesus erkennt ihr sorgen, sagt aber erstmal nichts dazu sondern warnt sie vor den Lehren der Pharisäer und Sadduzäer. Denn kurze Zeit zuvor hatte er eine Auseinandersetzung mit eben diesen beiden Gruppen, bei der sie wie immer keinen Konsens gefunden hatten (es ging da um die Zeichenforderung der Pharisäer). Als die Jünger Jesus gründlich missverstehen und sich noch immer Sorgen um das Brot machen, tituliert sie Jesus wieder als Kleingläubige:
Matthäus 16,8–10 LUT84
8 Als das Jesus merkte, sprach er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, was bekümmert ihr euch doch, dass ihr kein Brot habt? 9 Versteht ihr noch nicht? Denkt ihr nicht an die fünf Brote für die fünftausend und wie viel Körbe voll ihr da aufgesammelt habt? 10 Auch nicht an die sieben Brote für die viertausend und wie viel Körbe voll ihr da aufgesammelt habt?
Jesus erinnert die Jünger dezent an die Erfahrungen, die sie mit ihm hinsichtlich von Nahrung bereits gemacht haben. In beiden Situationen war fast nichts mehr an Nahrung vorhanden. Und doch hat es letztlich für tausende von Menschen gereicht, um diese zu sättigen. Also worum sorgen sich die Jünger? Dieses völlig unnütze Sorgen bezeichnet Jesus als Kleinglauben.

Mt 8,26

Zurück zu unserer Geschichte. Jesus sagt in V26 zu den Jüngern im eigenen Boot: “Ihr Kleingläubige, warum seid ihr so furchtsam?” In Anlehnung an die anderen beiden Bibelstellen können wir an dieser Stelle also festhalten, dass Jesus die Jünger als kleingläubig kritisiert, weil sie sich sorgen bzw. furchtsam sind. Dieser Sturm hat eine Dimension, dass die Jünger keine Chance haben, diesen zu kontrollieren oder ihm irgendwas entgegensetzen können. Der Ausgang dieser Nacht liegt nicht in ihrer Hand. Ob sie nun leben oder nicht, das liegt allein bei Gott.
Ich kann an dieser Stelle so locker flockig predigen. Hier vorne zu stehen erfordert nicht sehr viel Mut. Und dass ich den Gottesdienst heute lebendig verlasse, ist sehr wahrscheinlich. Ich war noch nicht in einer Situation, wo mein Leben aus meiner Perspektive am seidenen Faden hing. In der Vor-Corona-Zeit bin ich viel geflogen. Und ich frage mich, wie ich im Augenblick eines Flugzeugabsturzes reagieren würde? Würde ich hysterisch schreien um die inneren Spannungen loszuwerden? Würde ich wegen des ausgeschütteten Adrenalins in Sekundenbruchteilen mögliche Überlebensszenarien gedanklich durchspielen und mir versuchen im Flugzeug noch eine sichere Position zu finden? Oder würde ich betend mein weiteres Schicksal in Gottes Hände legen, wohlwissend, dass Er für meine Jungs und meine Frau auch im Falle meines Todes sorgen wird? Das sind echte Fragen, die mich beschäftigen. Wie würde ich reagieren?
Ellen White schreibt im Leben Jesu dazu folgendes:
Wie oft ist die Erfahrung der Jünger auch die unsrige! Wenn sich die Stürme der Versuchung über uns zusammenziehen, wenn grelle Blitze zucken und die Wogen der Verzweiflung über uns zusammenschlagen, kämpfen wir mit unserer Not allein, und wir vergessen, daß einer gegenwärtig ist, der uns helfen kann. Wir vertrauen unserer eigenen Kraft, bis uns alle Hoffnung verläßt und wir dem Verderben nahe sind. Dann erst denken wir an den Heiland, und wenn wir ihn im Glauben anrufen, wird es nicht vergebens sein. Wohl tadelt er betrübt unseren Unglauben und unser Selbstvertrauen, doch gewährt er uns bereitwillig die Hilfe, die uns not tut. Wo wir auch sein mögen, auf dem Lande oder auf dem Meer: wir brauchen uns nicht zu fürchten, wenn wir Jesus im Herzen haben. Ein lebendiger Glaube an ihn wird das unruhige Meer des Lebens beruhigen und uns aus der Gefahr befreien in einer Weise, die ihm am besten erscheint.
Jesus?! Jetzt könnte man ja einwerfen, dass Jesus ja doch irgendwie wie Superman unverwundbar ist. Kein Wunder also, dass er in dieser Situation so ruhig blieb. Er war ja auch Gott! Auch hierzu hat Ellen White etwas zu sagen:
Das Leben Jesu 35. „Schweig und verstumme!“

Als Jesus geweckt wurde, um dem Sturm zu begegnen, bewies er vollkommene Ruhe und Sicherheit. Wort und Blick verrieten nicht eine Spur von Furcht; denn sein Herz war frei davon. Nicht weil er im Bewußtsein der göttlichen Allmacht sich sicher fühlte, nicht als Herr der Erde, des Himmels und der Meere bewahrte er diese Ruhe; jene Macht hatte er niedergelegt, denn er sagte: „Ich kann nichts von mir selber tun.“ Johannes 5,30. Er vertraute aber der Macht seines Vaters; er ruhte im Glauben – im Glauben an die Liebe und Fürsorge Gottes. Die Macht des Wortes, die den Sturm stillte, war die Macht Gottes.

In der letzten Predigt habe ich euch ja von meiner Überfahrt auf der Ostsee nach Ystad in Schweden erzählt. Die Wellen haben unserem Boot damals auch sehr zugesetzt - unserem Boot und unseren Mägen. Über viele Stunden hatte dieser Sturm getobt - von Früh morgens bis zum späten Nachmittag. Den ganzen Tag über haben wir die Sonne nicht gesehen, sondern die Wolken hingen grau und tief, so dass sie oft von den Wellen nicht zu unterscheiden waren. Aber am späten Nachmittag, als wir die Küsten Schwedens bereits am Horizont ausmachen konnten, ist die Tiefdruckfront zusammengebrochen. In kürzester Zeit hat sich der Wind komplett gelegt und das Meer lag wie eine spiegelglatte Fläche vor uns. Die Segel hingen schlaff am Mast und das Boot hat sich keinen cm mehr vom Fleck gerührt. Uns blieb nichts weiter übrig als den Außenboarder (Hilfsmotor) anzuwerfen um so dann am späten Abend den Hafen von Ystad zu erreichen. Es war ein sehr eindrückliches Erlebnis in meinem Leben. Es hat mir gezeigt, wie sich Dinge innerhalb kürzester Zeit ändern können, die man als unveränderlich eingeschätzt hat.
Und ich kann nachvollziehen, wie erstaunt die Jünger gewesen sein mussten, als Jesus sich erhob und den Sturm und die See in kürzester Zeit zum Schweigen brachte. Damit haben sie wohl nicht gerechnet. All ihr Mühen, Sorgen, Zweifeln zuvor war völlig unnötig. Aus rein menschlicher Sicht können wir die Jünger sicherlich verstehen. Aber die menschliche Sicht darf für uns Christen nicht der Maßstab sein. Denn wir sind doch überzeugt davon, dass der Schöpfergott des Universums ein Auge auf jeden Menschen hat und auch heute noch Wunder wirken kann, wenn es nötig sein sollte. Also warum haben wir Angst?! Warum sind wir so oft kleingläubig?!
Lasst uns vielmehr ein Beispiel an Paulus nehmen, wie er auch im Brief an die Gemeinde in Philippi schreibt:
Philipper 1,12–14 LUT84
12 Ich lasse euch aber wissen, liebe Brüder: Wie es um mich steht, das ist nur mehr zur Förderung des Evangeliums geraten. 13 Denn dass ich meine Fesseln für Christus trage, das ist im ganzen Prätorium und bei allen andern offenbar geworden, 14 und die meisten Brüder in dem Herrn haben durch meine Gefangenschaft Zuversicht gewonnen und sind umso kühner geworden, das Wort zu reden ohne Scheu.
Auch Paulus befindet sich in einer Lage, welche er selbst nicht ändern kann - er ist gefangen und liegt in Ketten - genauso, wie die Jünger den Sturm nicht kontrollieren konnten. Paulus kann die Fesseln nicht einfach abstreifen. Und doch schaut er nicht auf die Umstände seiner Lage und denkt darüber nach, wie seine Lage ändern kann (z.B. durch Flucht oder Bestechung der Wachsoldaten), sondern sieht vielmehr auf die Chance, die sich für die Mission für Christus daraus ergibt.

Zusammenfassung

Ihr Lieben, ich möchte zum Schluss kommen. Stürme werden in unserem Leben nicht ausbleiben. Und diese Stürme können plötzlich kommen. Dann sind sie auf einmal da. Und die Bibel sagt uns auch, dass die Stürme am Ende der Zeit an Häufigkeit und Intensität zunehmen werden. Aber lasst uns in diesen Situation nicht kleingläubig werden und angstgetriebenen Aktionismus betreiben, sondern darauf vertrauen, dass wir noch immer in Gottes Hand sind und er uns zeigen wird, was wirklich zu tun sei. Ich wünsche uns allen, dass wir in unserem Leben gerade in diesem Bereich noch an Kraft und Stärke zunehmen.
Amen.
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