Wir brauchen Wunder

Perikopenreihe II  •  Sermon  •  Submitted
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Der Boden muss uns nähren

Markus 8,1–9 LU
1 Zu der Zeit, als wieder eine große Menge da war und sie nichts zu essen hatten, rief Jesus die Jünger zu sich und sprach zu ihnen: 2 Mich jammert das Volk, denn sie harren nun schon drei Tage bei mir aus und haben nichts zu essen. 3 Und wenn ich sie hungrig heimgehen ließe, würden sie auf dem Wege verschmachten; denn einige sind von ferne gekommen. 4 Seine Jünger antworteten ihm: Woher nehmen wir Brot hier in der Einöde, dass wir sie sättigen? 5 Und er fragte sie: Wie viele Brote habt ihr? Sie sprachen: Sieben. 6 Und er gebot dem Volk, sich auf die Erde zu lagern. Und er nahm die sieben Brote, dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern, dass sie sie austeilten, und sie teilten sie unter das Volk aus. 7 Sie hatten auch einige Fische; und er sprach den Segen darüber und ließ auch diese austeilen. 8 Und sie aßen und wurden satt. Und sie sammelten die übrigen Brocken auf, sieben Körbe voll. 9 Es waren aber etwa viertausend; und er ließ sie gehen.

Die Speisung heute und damals

Stellen wir uns diese Szene heute in Deutschland doch mal kurz vor. Das wäre doch unmöglich. Welcher Platz ist groß genug um über 4000 Menschen zu versammeln. Wie wird das Brot auf Abstand gereicht? Wie werden die 4000 Anwesenheitszettel ausgefüllt und eingesammelt. Die Speisung der 4000 unter Corona-Bedingungen? Ein noch größeres Wunder, als das, was hier von Jesus sowieso schon geschildert wird.
Dabei wäre es so nötig so unvorstellbar viele Menschen zu sättigen. Allein 2019 wird von der Welthungerhilfe die Zahl der chronisch hungernden Menschen weltweit auf ca 690 Mio. Menschen geschätzt oder anders ausgedrückt: Jeder 11. Mensch auf der Welt leidet an chronischen Hunger. Zeitgleich leiden die meisten Menschen in unserem Land nicht an Hunger und wir können uns einen verschwenderischen Luxus leisten. So schätzt die Verbraucherzentrale, dass jährlich 12 Mio. Tonnen Lebensmittel im Müll landen. Oder auch etwas anschaulicher: 75 Kilo Lebensmittel pro Bundesbürger*in im Jahr. Verdammt viele Brote und verdammt viele Fische um die sich lagernden hungernden Menschen zu sättigen.

Woher kommt das Brot

Dabei sind Lebensmittel oftmals aufwendig zu produzieren. Wer schon einmal ein Brot selbst gebacken hat, weiß, dass Brot backen zeitaufwändig ist. Für ein Brot gehen schnell einige Stunden des Tages drauf. Damit das Mehl für die Brotherstellung zur Verfügung steht, brauchen die Landwirte gute Wetterbedingungen und viel Zeit, damit die Saat gut zum vollen Korn aufgehen kann, damit dieses später geerntet werden kann.
Und das wird in den letzten Jahren immer schwerer. Trotz Modernste Technik ist noch kein Mittel gegen die Dürre gewachsen, wie sie die Landwirte in den letzten Jahren immer wieder erleben müssen. Wie schwer ist die Ernte daher erst in den Ländern, die nicht den technologischen Fortschritt zur Verfügung haben wie wir und noch härter vom Klimawandel betroffen sind. Die Speisung der 4000 wird da immer schwerer und grenzt immer mehr an ein Wunder. Wenn dann noch wie dieses Jahr in Ostafrika Heuschreckenplagen und Hochwasser neben dem Kampf und den Einschränkungen durch COVID-19 hinzukommen, ist die humanitäre Katastrophe nahezu perfekt.

Wenn tausende sich lagern, dann teilen sie

Und dennoch ist das Wunder nicht unmöglich. Denn im Gleichnis jammert es Jesus und er ist bereit von dem was er und seine Jünger*innen haben abzugeben. Das hat den Jünger*innen bestimmt nicht gefallen, denn das wenige was sie noch bei sich haben, das sollen sie abgeben. Das was sie sättigen soll, soll nun andere satt machen. Was wird da die Jüngerin geschluckt haben, die mühsam die Brote gebacken hat und sich schon auf ein gemütliches Abendessen im engsten Vertrautenkreis mit Jesus gefreut hat. Genügend zu essen für alle die zu diesem engen Kreis gehören und dazu noch ein paar Unterweisungen von Jesus. Und dann das!
Jesus lässt diese unüberschaubare hungrige Masse sich lagern und gibt Ihnen alles, was sie haben. Er segnet das Essen, so wie es Brauch ist. Er lässt es verteilen. Da sah so manch einer der Jünger*innen aus dem engsten Kreis sich hungrig zu Bett gehen.
Aber wie es so oft ist, ist der Mensch ja ein verschlagenes und auch egoistisches Wesen. Denn so hungrig die Menge der Menschen auch aussah und so sehr es auch aussah, als wenn keiner was dabei hat, so war es vermutlich nur der Schein. Denn die Leute von damals waren oft Leute die von der Vieh- und Landwirtschaft lebten. Es gehörte zur Gewohnheit, dass etwas zu essen mitgenommen wird, weil man eben nicht, wenn der Hunger kam, schnell vom Feld runter konnte und nach Hause zum Essen ging, sondern es wurde auf dem Feld gegessen. Und wenn einer nicht genügend dabei hatte, dann wurde auch mal geteilt. Und als sie sahen, dass Jesus von dem, was er und seine engsten Vertrauten hatten, teilte, da fingen sie auch an zu teilen.

Verborgenes offenbart sich

So offenbarte sich das, was im Verborgenen lag. Der Mangel an Lebensmittel war nur scheinbar. Essen war in Überfluss da und reichte für alle. Es war so ein Überfluss war, dass hinterher nicht sieben Brote verbraucht waren, sondern sieben Körbe voll Brot übrig waren und sich aus dem scheinbaren Mangel ein Überfluss offenbarte.
Ein Überfluss der dadurch entstand, dass die Menschen ihren Egoismus hinter sich gelassen haben und als Gemeinschaft agiert haben um den Mangel zu beseitigen. Dabei merkten Sie, dass durch das Abgeben kein Mangel für einen selbst entstand, sondern scheinbar jeder so satt wurde, dass das was mitgebracht wurde nicht aufgebraucht werden konnte und noch viele weitere Menschen hätten satt werden können. Was für ein Wunder, durch Abgabe entstand ein Mehr für alle.

Wir brauchen Wunder

Liebe Schwestern und Brüder,
wir brauchen solche Wunder. Wunder in denen wir spüren, dass durch Teilen uns kein Mangel, sondern ein Mehr entsteht. Wie gesagt, jeder von uns schmeißt im Schnitt 75 Kilo Lebensmittel pro Jahr weg und zeitgleich hungert jeder 11. Mensch auf der Welt chronisch. Wie viel Verzicht wäre es da für uns, wenn wir weniger konsumieren würden, so dass die Welthandelsflüsse nicht imperialistisch nach Europa fließen würden, sondern gerecht auf die Welt verteilt fließen würden, so dass das Korn nicht nur in den Kornmühlen der Industrienationen ankommt, sondern auch in den Kornmühlen wo das Brot gebacken werden kann für die 690 Mio chronisch hungernden Menschen.
Jesus vollbrachte das Wunder, dass 4000 Menschen anfingen zu teilen. Wie viele könnten wir bewegen, wenn wir bei uns anfangen könnten.
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