Blutsverwandt mit Christus

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Blut als Symbol des Lebens und der Beziehung zu Christus

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Blut wäscht weiß?

Nicht nur Hausfrauen stolpern über die letzten Worte der Lesung: Haben wir da richtig gehört? Gewänder weiß waschen im Blut des Lammes? Aus Erfahrung weiß man, dass Blut hartnäckige Flecken hinterlässt, besonders auf weißer Wäsche. Es ist sehr aufwändig, ein Kleid, ein Stück Stoff, auf das Blut geraten ist, wieder weiß zu bekommen. Das wusste man auch schon in der Antike, und mit genau dieser Erfahrung spielt unser Lesungstext aus der Johannesoffenbarung. Es ist durchaus beabsichtigt, dass wir bei diesen paradoxen Worten zusammenzucken und uns fragen: Was soll das? Das geht doch nicht!

Die Offenbarung des Johannes

So manches geht nicht in der Offenbarung des Johannes. Sie ist die letzte Schrift im Neuen Testament und voller Merkwürdigkeiten. Der Verfasser sagt, er sei in der Verbannung auf der griechischen Insel Patmos und habe in Visionen gezeigt bekommen, wie es sein wird, wenn Jesus Christus wiederkommt. Was da beschrieben wird, kann einem schon Angst machen: Die gewaltigen Engel, die die Macht haben, dem Land und dem Meer Schaden zuzufügen, sind nur ein Ausschnitt davon, wie das schreckliche Weltende kommen wird. Die neutestamentliche Schrift heißt auch „Apokalypse“. Dieses Wort ist in unseren Sprachgebrauch so eingegangen, dass damit Schrecken, Gewalt, Zerstörung und Untergang verbunden sind. Der Horror des Weltendes ist aber nicht das eigentliche Thema der Offenbarung (oder: „Apokalypse“) des Johannes. Was da grausam zu Ende geht, sind nur die verdorbene Welt, all das Schlechte und die Feinde, die die Christen verfolgen. Insofern ist diese Schrift eigentlich ein Trost für alle, die treu zu Christus halten. Sie werden am Ende siegen.

Blutsverwandt mit Christus

Man muss also bei den Texten aus der Johannesoffenbarung immer ein wenig um die Ecke denken. Man darf den Text nicht so wörtlich nehmen, wie er dasteht. Das zeigt uns schon das völlig unmögliche Bild von den Gewändern, die „im Blut des Lammes weißgewaschen werden“. Gerade diese schrägen und befremdlich anmutenden Aussagen führen uns in eine Tiefendimension hinein, in der es richtig spannend wird. Lassen Sie sich also auf das „um die Ecke denken“ einmal ein. Hinter all den Wörtern, die so gar nicht zu einander zu passen scheinen, steckt eine tiefere Bedeutung. Die „Gewänder“ sind nicht einfach die äußeren Kleider, sondern das Leben des Menschen in seinen Beziehungen zu anderen. „Das Gewand waschen“ wiederum meint nicht einen Waschvorgang mit Wasser und Waschmittel, sondern eine Vorbereitung auf eine wichtige Begegnung, und das ist mehr als sich nur ein frisches Hemd anzuziehen. Das „Blut“ ist nicht die rote Flüssigkeit im menschlichen Körper, die so hartnäckige Flecken macht, sondern steht für eine intensive Beziehung – wir kennen das vom Wort „Blutsverwandtschaft“ oder „Blutsbrüderschaft“ her. Das „Lamm“ schließlich ist in der Johannesoffenbarung immer ein Code für Christus, und zwar in allen zeitlichen Dimensionen: Das Lamm steht für den irdischen Jesus, der gekreuzigt (gleichsam „geopfert“) wurde, zugleich aber auch für den auferstandenen Jesus, der als Christus die Weltherrschaft antritt und bald wiederkommen wird. Mit diesen Überlegungen können wir den ganzen Satz besser verstehen: Der Seher auf der Insel Patmos sieht in einer Vision eine unzählbare Menge von Menschen in weißen Gewändern: Sie haben sich vorbereitet auf die entscheidende Begegnung mit Christus, ja, sie haben sich durch ihre Treue zu Christus in die Blutsverwandtschaft (oder auch Blutsbrüderschaft) mit Jesus Christus hineinbegeben. Sie kommen aus der „großen Bedrängnis“: Das sind die zahlreichen Verfolgungen, die die frühen Christen erleiden mussten. In dieser Zeit haben sich viele ganz an Jesus Christus gebunden, und schließlich sind sie sogar mit ihrem Leben als Märtyrer für Christus eingestanden und in den Tod gegangen. Diese Märtyrer sind die ersten Heiligen, die die Kirche verehrt und deren besondere Beziehung zu Christus der Seher Johannes in das unmögliche Bild kleidet: Sie haben ihre Gewänder weiß gemacht im Blut des Lammes.

Sich voll und ganz auf Christus einlassen

Die Heiligen sind Menschen, die sich ganz an Christus gebunden haben. Was immer sie in ihrem Leben getan haben, was immer ihnen gelungen oder misslungen ist, sie haben ihr volles Vertrauen auf Jesus Christus gesetzt. Darin sind sie uns ein Vorbild. Dass Sie alle hier sind zum Gottesdienst und zum gemeinsamen Gebet, ist ein erstes Zeichen dafür, dass auch Sie sich auf Christus einlassen. Sie, wir alle, sind also auf dem besten Weg, Heilige zu werden. Freilich gehört noch mehr dazu, gerade auch das Verhalten im Alltag. Da ist es aber nicht so populär, sich auf Christus und seine Weisung der Liebe einzulassen. Die ersten Christen haben den heftigen Gegenwind der Verfolgungen erleben müssen, und leider gibt es auch heute viele Gegenden, in denen Christen wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Zwar werden wir hier in unserem Land nicht gerade verfolgt, aber wer im Alltag Jesu Gebot der Liebe verwirklichen will, muss schon mit Widerständen rechnen. Viel populärer scheinen momentan die Parolen derjenigen zu sein, die Hass und Ausgrenzung predigen, die nur sich selbst und ihre eigene Gruppe gelten lassen und andere verachten und vertreiben wollen. Zutiefst unchristliches Gedankengut, das sich massiv gegen die Solidarität mit Armen und Geflohenen richtet, gepaart mit menschenverachtender Gehässigkeit, wird in der politischen Debatte anerkannt, und der Prozentsatz derer, die solche Hetzparolen gut finden, nimmt zu. Wer da als Christ von der Liebe spricht und sich in der Befolgung des Gebotes Jesu den Benachteiligten solidarisch zuwendet, kann da in Bedrängnis geraten. Die Johannesoffenbarung macht damals wie heute Mut, sich zu Christus und seinem Weg der Liebe zu bekennen – die Rettung kommt nicht von denen, die Hass predigen und Zwietracht säen, sondern von unserem Gott, der die Liebe ist, der alle Macht hat und dem wir treu bleiben wollen – wie die Heiligen.
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