Offenbarung Sendschreiben und wie wir sie verstehen
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Was sagen die Sendschreiben uns heute?
Was sagen die Sendschreiben uns heute?
( 2 ) Die Sendschreiben haben alle den gleichen Aufbau:
a ) Empfängergemeinde: »Dem Engel der Gemeinde zu... schreibe.«
b ) Selbstvorstellung des Absenders mit einem für den Inhalt des jeweiligen Sendschreibens kennzeichenden Zusatz, in dem meist Worte aus dem Bericht von der Beauftragung des Johannes ( Offb 1,9-20 ) wieder aufgenommen werden.
c ) Anerkennung und Lob ( diese fehlen in dem Sendschreiben an die Gemeinden in Sardes und Laodicea, wobei im Blick auf Sardes festgestellt wird, dass wenigstens an »etlichen« etwas zu loben ist ).
d ) Tadel ( ein solcher fehlt in den Sendschreiben an die Gemeinden in Smyrna und Philadelphia ).
Lob und Tadel werden eingeleitet durch die Worte »Ich weiß« ( vgl. das zu Offb 2,2 Gesagte! ).
e ) Bußmahnung.
f ) Androhung des Gerichts.
g ) Weisung.
h ) Verheißung.
i ) »Überwinderworte« für die, die Glauben halten.
k ) Wort an alle Gemeinden, in dem nachdrücklich zum Hören des in dem Sendschreiben Gesagten aufgefordert wird: »Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt.« ( In den ersten drei Sendschreiben steht dieses Wort an zweitletzter, in den weiteren vier Sendschreiben an letzter Stelle ).
( 3 ) Die sieben Sendschreiben sind nicht die Beurteilung der Gemeinden, zu denen wir gehören, und nicht die Beurteilung unseres Lebens. Andere, die vor uns und an einem anderen Ort gelebt haben, werden hier beurteilt.
Aber wir können an den Sendschreiben erkennen, worauf es dem Herrn ankommt, der auch uns beurteilt, dessen Urteil für Zeit und Ewigkeit entscheidend ist und der gestern und heute und in Ewigkeit derselbe ist ( Hebr 13,8 ) und nach denselben Maßstäben urteilt. Hier sehen wir der Christen Leben im Spiegel des göttlichen Urteils. Und wir müssen uns fragen: Was betrifft hier uns? Darauf werden wir in den Sendschreiben insofern ausdrücklich hingewiesen, als der Auftrag zu hören in jedem der Sendschreiben an »die Gemeinden« geht
( 4 ) Manche haben die sieben Sendschreiben als Beschreibung bzw. Beurteilung der Kirche Jesu Christi während sieben Zeitabschnitten ihrer Geschichte verstanden. Sie verglichen die sieben Gemeinden mit dem siebenarmigen Leuchter, der im alttestamentlichen Tempel stand ( vgl. Offb 1,12.20 ).
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Manches mag uns an dieser Ausdeutung beeindrucken. Aber der Text gibt keinen Anhalt für dieses Verständnis. So handelt es sich doch um Spekulationen. Auch würde dieses Verständnis zur Folge haben, dass für uns nur die letzten Sendschreiben von Bedeutung wären. Doch der Herr will durch alle diese Sendschreiben zu uns reden. »Wer Ohren hat zu hören, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt,« heißt es am Schluss aller sieben Sendschreiben.
( 5 ) Die Sendschreiben gaben aufschlussreiche Einblicke in das Leben, die Arbeit, die Lage, die Leiden, die Gefahren der frühen Christenheit. Das ist für eine in die Endzeit eintretende Christenheit um so wichtiger, als sich, wie die Väter sagten, in der Geschichte der Gemeinde Jesu »das Ende zum Anfang kehrt«. Das heißt, nach den Ankündigungen des Neuen Testaments wird sich die Gemeinde Jesu auf dem letzten Wegstück ihrer Geschichte in einer ähnlichen Lage befinden wie in ihren ersten Generationen.
1 »Schreibe an den Engel der Gemeinde in Ephesus: ›So spricht der, der die sieben Sterne in seiner rechten Hand hält – der zwischen den sieben goldenen Leuchtern umhergeht:
2 Ich kenne deine Taten: deinen Einsatz und deine Standhaftigkeit. Ich weiß, dass du keine bösen Menschen bei dir duldest. Du hast diejenigen auf die Probe gestellt, die sich selbst Apostel nennen, es aber nicht sind. Und du hast sie als Lügner entlarvt.
3 Du bist standhaft und hast viel ertragen, weil du dich zu mir bekennst. Und du hast darin nicht nachgelassen.
4 Aber ich habe dir vorzuwerfen, dass deine anfängliche Liebe nachgelassen hat.
5 Mach dir klar, aus welcher Höhe du gefallen bist. Ändere dich und handle wieder so wie am Anfang. Sonst werde ich gegen dich vorgehen. Ich werde deinen Leuchter von seinem Platz entfernen, wenn du dich nicht änderst.
6 Allerdings spricht für dich, dass dir das Treiben der Nikolaiten genauso verhasst ist wie mir.‹
7 Wer ein Ohr dafür hat, soll gut zuhören, was der Geist Gottes den Gemeinden sagt: ›Wer den Sieg erringt, dem werde ich vom Baum des Lebens zu essen geben. Das ist der Baum, der in Gottes Paradies steht.‹«
a ) »Dem Engel« ( V. 1 ):Vgl. das zu Offb 1,20 Gesagte!
Handelt es sich bei dem »Engel« um ein himmlisches Wesen? Dafür kann die Tatsache sprechen, dass nirgends im Neuen Testament ein Mensch als »Engel« bezeichnet wird. Auch dass der Ausdruck »Sterne«, der immer für diese »Gemeindeengel« benützt wird ( Offb 1,20; 2,1 ), in der Sprache der Bibel wiederholt das Bild für Engel im Sinne von himmlischen Wesen ist ( vgl. Richter 5,20; Jes 14,13 ). Auch sehen wir in jener Zeit der Christenheit in den Gemeinden noch kaum je einen einzelnen Christen in so herausragender Position, dass er so ohne weiteres der Adressat eines solchen Schreibens sein könnte, wie es die Sendschreiben sind. Das könnte dafür sprechen, dass die Sendschreiben an himmlische Repräsentanten der Gemeinde gerichtet sind, auf die Weise, dass zugleich die Gemeinden mithören sollen. Dagegen aber spricht, dass Johannes als Mensch nicht einen Brief an himmlische Wesen, sondern nur an Menschen schreiben konnte. Johannes empfing die Offenbarung zwar durch einen Engel ( Offb 1,1 ), aber er konnte sie nicht an Engel weitergeben, sondern nur an Menschen. Auch ist zu bedenken, dass das Alte Testament an einigen Stellen unter Engeln menschliche Gottesboten versteht ( Hag 1,13; Mal 2,7, vgl. die ursprüngliche Lutherübersetzung ), dabei ist zu beachten, dass die Offenbarung durchgehend sehr stark in der Sprache der alttestamentlichen Prophetie wurzelt ( vgl. das in der Bucheinleitung Ziff. 4 Gesagte ). Auch bedeutet in der Ursprache des Neuen Testaments einschließlich der Offenbarung das Wort für »Engel« zunächst einfach »Bote«, nur wird sonst das Wort im Neuen Testament nicht für menschliche Boten gebraucht. Alles in allem kommen wir zu der Überzeugung, dass Johannes die Sendschreiben an die für die einzelnen Gemeinden vornehmlich verantwortlichen Männer gerichtet hat, an ihre Vorsteher, aber nur so, dass sie »zu ihren Händen« gehen und die eigentlichen Adressaten jeweils die betreffenden Gemeinden sind ( Offb 1,4.11 ).
b ) »Der Gemeinde zu Ephesus schreibe«:
aa ) Die Gemeinde befand sich in der Hauptstadt der Provinz Asia, wo der römische Prokonsul seinen Amtssitz hatte, sozusagen unter dessen Augen. Hier wurde schon sehr früh und mit besonderer Betonung der Kaiserkult gepflegt; die Reste eines für Domitian errichteten Tempels, die ausgegraben wurden, legen dafür ein beredtes Zeugnis ab ( vgl. das in der Einleitung zu diesem Buch Ziff. 2 Gesagte ). Zudem gab die große, blühende Handelsstadt ihren wohl Hunderttausenden von Einwohnern viel Gelegenheit, Geld zu verdienen und ebenso, es auch wieder auszugeben. Auch für die »religiösen Bedürfnisse« konnte man viel tun; die Stadt hatte einen berühmten Artemis -Tempel ( lateinisch: »Diana-Tempel«, vgl. Apg 19,23 ff. ) mit einem »wundertätigen« Bild der Göttin aus schwarzem Ebenholz, das angeblich vom Himmel gefallen war. Die nach Apg 19,24 von der Goldschmiedezunft hergestellten silbernen Nachbildungen des Artemis -Tempels wurden von den Besuchern als Glücksbringer mit nach Hause genommen. Die okkulten Machenschaften wucherten, entsprechende Bücher waren in Mengen vorhanden ( vgl. Apg 19,19 ).
bb ) Und ausgerechnet in dieser Stadt, in der der Mammon, die Vergnügungssucht und der Okkultismus alles Leben zu ersticken drohten, hatte Jesus seit der Missionsarbeit des Paulus eine große und lebendige Gemeinde ( Apg 19 ).
cc ) Außer der Offenbarung ist dafür der wesentlich früher verfasste Epheserbrief ein klares Zeugnis. Dieser Brief war wohl ebenfalls, wie die Offenbarung, ein Rundschreiben. Deshalb enthalten älteste Handschriften keine Angabe einer bestimmten Gemeinde. Aber die Gemeinde in Ephesus war wohl die erste Adressatin. Und nach Ephesus kehrte gewiss auch der Rundbrief nach dem Umlauf wieder zurück und wurde hier verwahrt. So ist dann auch wohl wenig später der Name »Ephesus« als Ort der Gemeinde, an die Paulus den Brief adressiert hatte, in die Urschrift bzw. die Abschriften eingesetzt worden.
dd ) Auch nun, zur Zeit des Kaisers Domitian, als der behördliche Druck zum Kaiserkult gerade am Sitz der Provinzbehörden besonders groß wurde, konnte nichts die Gemeinde zum Abfall bewegen.
( 2 ) Der hier redende Herr.
a ) »Das sagt der«: Diese Wendung entspricht dem Wort der alttestamentlichen Propheten, mit der sie die Kundgaben im Auftrag Gottes einleiteten: »So spricht der Herr.« In Jesus, der hier spricht, redet Gott. Unser Herr sagt: »Ich und der Vater sind eins« ( Joh 10,30 ).
b ) »Der da hält die sieben Sterne in seiner Rechten«: Vgl. das zu Offb 1,16 Gesagte! Dass er sie in seiner Hand hält, bedeutet beides: ihre Bergung und die Verfügungsmacht des Herrn über sie. Auch die Vorsteher von Sardes und Laodicea mit ihren Gemeinden hat er nicht weggeworfen ( vgl. Offb 3,1 ff.; Offb 3,14 ff. ). Er hält sie noch fest. »Wenn wir untreu werden, so bleibt er doch treu« ( 2.Tim 2,13 ).
c ) »Der da wandelt mitten unter den sieben goldenen Leuchtern«: Vgl. das zu Offb 1,12.13 Gesagte. Dass er unter den Gemeinden wandelt, bedeutet für sie Schutz, Aufsicht und Leuchtkraft; sie stehen im Widerschein seines Glanzes.
( 3 ) Das Lob.
a ) »Ich weiß« ( V. 2 ): Das ist erschreckend und tröstlich zugleich. Er weiß Bescheid; man muss ihn nicht erst informieren; man kann ihm nichts vormachen. Und er kennt auch die verborgene Treue im Dienst, in der Fürbitte und im Kampf, an die kein Mensch denkt und die kein Mensch dankt und anerkennt. In jedem der Sendschreiben steht dieses »Ich weiß« ( Offb 2,2.9.13.19; 3,1.8.15 ). Auch uns gilt dieses Wort. Die Tatsache, dass er uns sieht und die Frage, wie er uns sieht, soll für uns beherrschend sein, viel mehr als die Frage, wie Menschen uns sehen und beurteilen. »Herr, diese Offenbarung drück du mir zur Bewahrung beständig in den Sinn, auf dass ich das nur sehe, ich gehe oder stehe, wie ich vor deinen Augen bin« ( Ph. F. Hiller ).
b ) »Deine Werke und deine Arbeit«: Zunächst spricht der Herr ein hohes Lob für die Gemeinde aus. Er kann auch loben; er ist nicht wie einer, dem man überhaupt nichts recht machen kann«. Ephesus ist keine Gemeinde, die träge sich selbst lebt oder sich auf eine »Nur Innerlichkeit« beschränkt oder die nur diskutiert; die Gemeinde in Ephesus kann uns, trotzdem nachher Entscheidendes beanstandet wird, in vielem Vorbild sein.
c ) »Deine Geduld«: Die Erweckung vierzig Jahre zuvor ( Apg 19 ) war nicht ein Strohfeuer; die Christen in Ephesus bewährten Ausdauer und Tragkraft über eine lange Zeit hin.
d )»Und dass du die Bösen nicht ertragen kannst«: Es wird anerkannt, dass sie ihre »Geduld« nicht in falscher Weise ausdehnten auf das Böse, das in ihre Gemeinde einbrechen wollte; sie übten mit Ernst und Eifer echte, legitime Gemeindezucht. Die Schwachen haben sie getragen ( vgl. Röm 15,1; 1.Thess 5,14 ), nicht aber die Bösen. Vielleicht hielten's die Halben und Falschen in dieser Gemeinde auf die Dauer gar nicht aus.
e ) »Du hast geprüft«: Sie haben der biblischen Forderung für alle Gemeinde Jesu entsprochen: »Prüfet alles« ( 1.Thess 5,21 )! »Prüfet die Geister« ( 1.Joh 4, 1 )! In der Gemeinde Jesu ist der Heilige Geist, der auch ein Geist der Prüfung ist, am Werk; die Gemeinde ist nicht rettungslos allem »Wind der Lehre« ( Eph 4,14 ) preisgegeben. Sie fragt: Wird hier schriftgemäß geredet, Jesus gemäß? Unser Herr spricht ja: »Der Heilige Geist wird's aus dem Meinen nehmen und euch erinnern all des, das ich euch gesagt habe. Er wird mich verherrlichen« ( Joh 14,26; 16,14 ). Sie fragt: Wird hier allein aus dem ein für allemal gegebenen Wort der Schrift geschöpft? Wird hier Jesus oder ein Mensch groß gemacht? Wird hier die allgenugsame Gnade Gottes ins rechte Licht gerückt oder das »Kreuz Christi zunichte gemacht« ( 1.Kor 1,17 )? Bleibt hier klar, an welchem heilsgeschichtlichen Ort wir jetzt sind: noch im »Nicht -Sehen und Doch -Glauben«, noch im Leiden und nicht in der Herrlichkeit? Ist hier klar, dass allein Gott »alles neu macht« ( Offb 21,5 ) und nicht etwa der Mensch? Auf dem Gebiet der Prüfung haben wir auch heute eine große Aufgabe.
f ) »Welche sagen, sie seien Apostel und sind's nicht und hast sie als Lügner erfunden«: Aus dem betend nachdenkenden Umgang mit der Schrift und ihren großen Linien kommt die Prüfungsaufgabe, die den Schein, auch den frommen Schein, zu durchstoßen und die nur angemaßte Autorität zu entlarven vermag ( vgl. Hebr 4,12 ). Gerade in der letzten Zeit setzt der Feind viel »Falschgeld« in Umlauf, falsche Boten und Propheten ( Mt 24,11.24 ). Um so wichtiger ist da die Aufgabe der Prüfung.
g ) »Und hast Geduld, und hast um meines Namens wille Last getragen« ( V. 3 ): Die Bösen ertrugen die Christen in Ephesus nicht; aber die Schwachen mit ihren Mängeln trugen sie; mit ihnen hatten sie Geduld, so wie unser Herr mit uns Geduld hat. Und auch im Kreuztragen bewährten sie Tragkraft, auch auf die Länge der Zeit.
h ) »Du bist nicht müde geworden«: Sie haben angesichts der Schwere der Aufgabe und der Not, des Widerstandes der Welt, des oft ausbleibenden Erfolgs und der Mängel in den eigenen Reihen nicht mutlos, verzagt und glaubenslos aufgegeben.
( 4 ) Der Tadel:
»Aber ich habe wider dich, dass du die erste Liebe verlässest« ( V. 4 ): Nach dem Wort des Lobs folgt nun der gewichtige Tadel. Er steht in der Mitte dieses Sendschreibens. Darauf zielt der erste Teil in gewissem Sinn hin, und von da kommt der zweite Teil her. »Erste Liebe«, das bedeutet zeitliche Reihenfolge, und es bedeutet Rangfolge.
a ) »Erste Liebe« meint zeitliche Reihenfolge. Einst war es den Christen in Ephesus ein unbegreiflich großes Wunder, dass Gott gerade sie in Jesus Christus begnadigt, befreit, angenommen, in seinen Dienst gestellt und zu Erben seiner ewigen Herrlichkeit gemacht hat. Das Staunen über dieses Wunder war aber inzwischen geschwunden. Dank und Liebe hatten sich abgekühlt. Gottes Gnade war zur gewohnten Sache geworden. Es ist ja auch schwer, einen starken Eindruck, den man einmal empfangen hat, über längere Zeit hin frisch und lebendig zu erhalten. Dan können wir nur um immer wieder neue Impulse, um immer wieder neue Einflüsse von Gottes Geist bitten. »Neuen Einfluss wollst mir geben deines Geistes, dir zu leben« ( G. Tersteegen ). Er wird empfangen durch Gottes Wort, insbesondere durch eine immer wieder neue und immer mehr vertiefte Erkenntnis der großen Liebestat unseres Herrn Jesus am Kreuz von Golgatha; sie vor allem bewegt uns zu immer wieder neuer Liebe wie nichts sonst. Deshalb haben die Väter, besonders in der Passionszeit, so viel Zeit darauf verwandt, das Leiden Jesu betend zu betrachten. Gerade wir in einer alten Christenheit, einer langen Tradition, sind in besonderer Gefahr, dass unsere Liebe zu unserem Herrn und so unser ganzes Christsein alt und abgestanden wird.
b ) »Erste Liebe« meint auch die rechte Rangfolge. War Jesus, so sahen sich nun die Christen in Ephesus durch dieses Sendschreiben gefragt, noch ihre »erste Liebe«? Nahm Jesus bei ihnen noch den ersten Platz ein? Für wen waren sie so geschäftig? Etwa zu ihrer eigenen Befriedigung, um auf Menschen Eindruck zu machen und ihre Erwartungen zu erfüllen, um den eigenen Kreis und die eigene Partei zu stärken, um ihre eigenen Programme abzuwickeln? Das sind ernste Fragen auch an uns heute, die wir so viel »für den Herrn« tun. Tun wir's wirklich für ihn? Gott hat uns in Jesus Christus seine ganze Liebe gegeben. Er will auch unsere ganze, ungeteilte Liebe haben. Er will, dass wir zu jeder Stunde alles, das Äußerliche und das Innerliche, das Geistliche und das Weltliche, unmittelbar ihm und ihm zuliebe tun ( Kol 3,23 ).
c ) Derselbe Johannes schreibt in seinem ersten Brief doch dann auch: »Dieses Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe«. «Wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht?« ( 1.Joh 4,20.21 ). Und umgekehrt bleibt die von Jesus gebotene Liebe zu den Menschen nur dann taufrisch, lebendig und echt, wenn wir im Empfang seiner unausdenklich großen Liebe bleiben und er deshalb selbst unsere erste Liebe ist. So können wir dann, auch in dieser Hinsicht, was wir sollen. Das Vorhandensein solcher echten und lebendigen, spontanen Bruderliebe im Geist Jesu lässt demzufolge den Rückschluss zu, dass das neue geistliche Leben bei uns vorhanden ist. »Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben gekommen sind, denn wir lieben die Brüder« ( 1.Joh 3,14 ).
( 5 ) Bußruf.
a ) »Gedenke, wovon du gefallen bist« ( V. 5 ): Die Gemeinde in Ephesus hatte, obschon alles in Ordnung zu sein schien, in Gottes Urteil einen schwerwiegenden Sündenfall getan. Gottes Wort wollte sie und will uns aufwecken und zum Nachdenken und zur Besinnung bringen. Nichts ist schlimmer, als gedankenlos in einer frommen Selbsttäuschung dahinzuleben.
b ) »Tue Buße«: Das Wort bedeutet im Griechischen: »Denke um!« Das entsprechende Wort im Hebräischen sagt: »Kehre um!« Hier wird einmal wieder deutlich: Das Griechische ist mit seinen »Wortgefäßen« für die biblische Botschaft ein Konfektionsanzug; die Wörter wurden bereits anderweitig, etwa für Aussagen der griechischen Philosophie, verwandt und entsprechend gefüllt. Wenn sie nun für die biblische Botschaft passen sollten, ging es oft nicht ohne eine Veränderung, ohne einen Bedeutungswandel ab. Die hebräische Sprache dagegen ist für den biblischen Inhalt weit mehr ein Maßanzug; sie hat, so viel wir erkennen können, weitgehend ihre Ausgestaltung dadurch erfahren, dass sie Sprachgefäß für die Gottesoffenbarung an, in und durch Israel wurde. »Buße« ist »Umkehr« des ganzen Menschen, nicht nur seines Denkens, Zukehr, Heimkehr zu Gott. So wurde hier die Gemeinde von Ephesus vom Herrn in seiner Gnade aufgerufen: »Kehre doch wieder um! Kehre wieder heim zu mir, zu mir selbst!«
c ) »Und tue die ersten Werke«: Arbeite wieder wie am Anfang, einfältig, aus Liebe und Dank, aus dem immer wieder neuen Staunen heraus über das Geschenk meiner Gnade! Und darüber so, dass du in allem und vor allem mir zu gefallen trachtest!
( 6 ) Gerichtsandrohung.
»Wo aber nicht, werde ich über dich kommen und deinen Leuchter wegstoßen von seiner Stätte, wenn du nicht Buße tust«: Es handelt sich bei dieser Fehlentwicklung nicht nur um einen kleinen Schönheitsfehler, sondern im Urteil des Herrn um eine sehr folgenschwere Sache. Vieles, alles steht auf dem Spiel. Wenn die Gemeinde in Ephesus nicht umkehrte, würde der Herr sie, die sie doch Leuchter ( Offb 1,12.13.20 und das dazu Gesagte ) sein darf, beiseiteschieben. Und sie und alle Gemeinde Jesu ist »Leuchter« nur im Widerschein seines Lichtes. Wenn er sie beiseiterückt, steht sie selbst im Dunkel und vermag deshalb auch andern nicht mehr zu leuchten. Damit ist die Gemeinde noch nicht aufgelöst, aber sie hat keine Leuchtkraft mehr.
( 7 ) Nochmalige Anerkennung.
»Aber das hast du, dass du die Werke der Nikolaiten hassest, welche ich auch hasse« ( V. 6 ): Der Tadel des Mangels an Liebe bezieht sich nicht auf die Ablehnung dieser Gruppe. Nach außerbiblischen Nachrichten waren die Nikolaiten schwärmerische Kreise eines angeblich christlichen Kommunismus, bei dem sich die Gemeinschaft nicht nur auf das Vermögen, sondern auch auf die Frauen bezog. Es handelte sich wohl um einen Zweig der sogenannten »Gnosis«, einer Mischreligion der Spätantike, die scheinbar auch christliche Elemente in sich aufgenommen hatte und meinte, im Überschwang ihrer aus vielen Quellen gespeisten Kraft auch alle sittliche Normen beiseite schieben zu können. An zahlreichen Stellen des Neuen Testaments sind Spuren der harten Auseinandersetzung mit diesen Geistesströmungen wahrzunehmen. Es ist ein Wunder Gottes, der seine Gemeinde durch die »Pforten der Hölle« nicht überwältigen lässt ( Mt 16,18 ), dass die Gemeinde Jesu auch von dieser Bewegung nicht verschlungen wurde. Fast noch mehr als von dem verfolgenden und den Kaiserkult fordernden Rom war die Gemeinde durch diese geistige Bedrohung und Gefahr der Verfremdung des Evangeliums gefährdet. In einer solchen Situation war die Gemeinde Jesu nicht nur damals.
Doch der Herr und seine Gemeinde haßten nicht die Nikolaiten, sondern, wie hier ausdrücklich steht, die »Werke« der Nikolaiten. Um die verirrten Menschen selbst sollten sich die Christen in Ephesus als Gehilfen des guten Hirten alle Mühe geben ( im Matthäus -Evangelium steht unmittelbar vor dem Gebot der Gemeindezucht das Gleichnis vom guten Hirten, der das verlorene Schaf sucht - Mt 18,12-20 ).
( 8 ) Der Auftrag an alle, zu hören.
»Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt« ( V. 7 ): Das dem Glaubenden von Gott geschenkte innere Ohr ist nötig. »Der Herr hat mir das Ohr geöffnet« ( Jes 50,4 ). Nur ein Mensch, dem von Gott durch seinen Geist dieses Ohr geöffnet ist, hört, »was der Geist den Gemeinden sagt«, auch heute. »Der natürliche Mensch dagegen vernimmt nichts vom Geist Gottes« ( 1.Kor 2,14 ). Doch es sind auch das bewusste ernsthafte Hinhören von seiten des Menschen und die entsprechende Stille nötig«. Du aber steh jetzt still und höre, was der Herr dir sagen will« ( 1.Sam 9,27 ). Vgl. das vor Offb 2; 3 zu den Sendschreiben im Ganzen, Ziff. 2 k, Gesagte. Aus der Mehrzahlsform »Gemeinden« wird deutlich, dass der Herr durch diese Sendschreiben mit allen seinen Gemeinden redet ( vgl. Einleitung Ziff. 3 b ).
( 9 ) Der Siegespreis.
a ) »Wer überwindet«: Achtmal steht dieses Wort »Wer überwindet« in der Offenbarung, siebenmal in den Sendschreiben und einmal, alles zusammenfassend, am Schluss des Buches ( Offb 2,7.11.17.26; 3,5.12.21; 21,7 ). Überwinden heißt, in der Kraft des gekreuzigten und auferstandenen Herrn siegen über die von innen und außen kommende Versuchung, sich von dem Herrn und seiner Nachfolge abzukehren.
b ) »Dem will ich zu essen geben von dem Baum des Lebens, der im Paradies Gottes ist«: Von diesem Baum ( 1.Mose 2,9; 3,22 ) hätte Adam wohl nach bestandener Prüfung essen dürfen und wäre dadurch als Kind Gottes, dem Namen und dem Wesen nach, der Herrlichkeit Gottes teilhaftig geworden. Er hätte damit auch nicht nur einen natürlichen, sondern einen geistlichen Leib, das heißt ein dem Geist Gottes wahrhaft angemessenes Gefäß empfangen ( vgl. 1.Mose 3,19 b; 1.Kor 15,44-55 ). Er wäre zur Herrlichkeit Gottes erhöht und vollendet worden. Und nun sagt der erhöhte Herr der Gemeinde von Ephesus und allen seinen Gemeinden: Wer in meiner Nachfolge ausharrt und in meiner Kraft die Prüfungen besteht, empfängt nach allem Umweg der menschlichen Sünde und trotz ihr doch noch diese große Gabe. Gott ist dann ganz zu seinem herrlichen Ziel gekommen, zu dem Ziel der Herrlichkeit mit uns Menschen ( 1.Kor 2,7; Kol 3,4 ). Vgl. auch Offb 22,2 und das dazu Gesagte.