Predigt (Test)
Erneuerung, erneuern 1) Erneuerung ist Ziel des göttlichen Heilshandelns (Offb 21,5). Die ganze Kreatur ist nach dem Sündenfall erneuerungsbedürftig, denn nicht nur die Menschheit ist dahingegeben unter die Verderbensmächte von Satan, Sünde und Tod, sondern auch die übrige Kreatur ist der »Nichtigkeit«, d.h. der Vergänglichkeit und Sinnlosigkeit, unterworfen (Röm 8,19ff).
2) Diese Neuschöpfung hat Gott in Jesus Christus beschlossen. Jesus selbst, der Bringer und Mittler der rettenden, göttlichen Königsherrschaft, ist der neue Mensch, Haupt und Anfang der neuen Schöpfungsreihe (Röm 5,12ff; 1Kor 15,21ff). Er selbst bringt und verkörpert den »neuen Bund« (Lk 22,20). Wer in Christus ist, der ist im Glauben eine »neue Kreatur« (2Kor 5,17), er lebt nach dem »neuen Gebot« (Joh 13,34) und wird je länger, je mehr umgewandelt in seinem Geist und Sinn (Eph 4,23), dass Christus in ihm »Gestalt gewinnt« (Gal 4,19) und er verwandelt wird in Jesu Bild von einer Herrlichkeit zur anderen (2Kor 3,18).
3) Diese Erneuerung wird uns zuteil durch die Kraft des Heiligen Geistes. Wer im Glauben dem Willen und Wirken Gottes gehorsam wird, wird wiedergeboren zu einem neuen Leben. Er hält sich dafür, dass sein »alter Mensch« mit Christus gekreuzigt ist (Röm 6,6), und zieht den »neuen Menschen« an, »der nach Gott geschaffen ist« (Eph 4,24). So ist die Erneuerung zugleich gnädige Gabe (1Petr 1,3) und heilige Aufgabe (Röm 13,14; Kol 3,10) für den Christen.
4) In solches Neuwerden wird auch unser Leib hineingezogen. In dem neuen Leben in Christus haben wir jetzt schon die »Erstlingsgabe des Geistes« und strecken uns doch, solange wir noch im Fleisch leben, sehnsüchtig aus nach der »Erlösung des Leibes« (Röm 8,23) und der Vollendung bei der Wiederkunft unseres Herrn. Dann erst wird offenbar und sichtbar, was wir sein werden; dann werden wir Jesus gleich sein in verklärter Leiblichkeit und werden ihn sehen, wie er ist (1Joh 3,1–2).
5) In der Vollendung wird sich verwirklichen, was verheißen ist. Der neue Himmel und die neue Erde (Offb 21,1), das neue Jerusalem (Offb 21,2), der neue Name der Erlösten (Offb 2,17) und das neue Anbetungslied des Volkes Gottes (Offb 5,9; 14,3) werden den Glanz der ewigen göttlichen Herrlichkeit widerspiegeln.
Erneuern, Erneuerung, auch verneuern = etwas in einen solchen Zustand versetzen, daß es wieder wie neu ist; von Bauwerken, 2 Chr. 15, 8; 24, 12; am Menschen geht so etwas vor in der Wiedergeburt, die daher Tit. 3, 5 als eine vom h. Geist bewirkte Erneuerung beschrieben wird. Doch ist auch diese Erneuerung nicht mit einem Schlag fertig, sondern es bleibt Aufgabe des Christen, daran zu arbeiten, sich so zu verändern, daß er ein ganz neuer Mensch werde (Rö. 12, 2; Eph. 4, 23; Kol. 3, 10). War das schon erreicht und der Mensch fällt wieder zurück, so ist eine nochmalige Erneuerung nach Hbr. 6, 6 unmöglich.
Th. Hermann.
ἀνακαίνωσις, εως, ἡ (außerhalb der christl. Lit. nicht nachweisbar; Nägeli 52. – καίνωσις Jos., ant. 18,230) d. Erneuerung; von d. geistigen Erneuerung d. Menschen μεταμορφοῦσθαι τῇ ἀ. τοῦ νοός umgestaltet werden durch d. Erneuerung d. Geistes Rö 122. λουτρὸν ἀ. πνεύματος ἁγίου Bad d. Erneuerung durch d. Hl. Geist (neb. παλιγγενεσία) Tit 35. ἀ. τῶν πνευμάτων ὑμῶν d. Erneuerung eures Geistes d.h. Verleihung e. neuen G. H 16,9.* (2) III 455; X 2, 1126
5. Die übrigen ntl. Schriften (die sog. Spätschriften) bewegen sich in ihrem Menschenverständnis weitgehend in den aufgezeigten Traditionen. Beibehalten wird (neben den allg. Aussagen wie πᾶς ἄ.) die Vorstellung vom alten und neuen Menschen (Kol 3, 9f; in V. 10 νέος [ohne ἄ.] statt καινός; Eph 4, 22. 24: der Mensch κατὰ θεόν steht dem παλαιὸς ἄ. gegenüber), allerdings stärker als bei Pls auf die Praxis bezogen (vgl. J. Gnilka, Eph [HThK] 229f); dabei wird die christologische Aussage Eph 2, 15, daß aus zwei gegensätzlichen Menschen (Juden und Heiden) ein neuer Mensch wurde (εἰς ἕνα καινὸν ἄνθρωπον) anthropologisch umgesetzt. Auch die Aussage über den inneren Menschen (Eph 3, 16: ἔσω ἄ. ohne den Komplementärbegriff ἔξω ἄ.) aus der pln Tr. wird übernommen, jedoch wieder nicht im Sinne eines Leib/Seele-Dualismus, wie ein Vergleich mit 1Petr 3, 4 (ὁ κρυπτὸς τῆς καρδίας ἄ.) zeigt: Der zum Gehorsam fähige innere Mensch entscheidet, was vor Gott Geltung hat, nicht Äußerlichkeiten wie Schmuck, Luxus u. ä. Eine mehr negative Sicht bricht sich Bahn, wenn der Mensch als hohl, leer (Jak 2, 20: ὦ ἄ. κενέ), als doppelherzig und gespalten (→ δίψυχος) bezeichnet wird: Jak 1, 8 (ἀνήρ greift ἄ. von V. 7 auf), vgl. auch 4, 8; F. Mußner, Gal (HThK) 71, verweist hierzu auf die Nähe zu Qumran, führt aber auch atl. Analogien an: Ps 11, 3; 77, 37 LXX; Hos 10, 2. Damit verbunden ist eine stärkere Betonung des Gerichts, unter das der Mensch gestellt wird: Jak 5, 9; 2Petr 2, 9 (ἡμέρα κρίσεως, auch 3, 7); Hebr 9, 27; 10, 27 (mit Verweis auf Jes 26, 11) u. ö. Maßstab des Urteils sind – wie schon in der synopt. Tr. – die ἔργα τοῦ ἀ. (Hebr 13, 4; 1Petr 1, 17; Apk 20, 12). Traditionell (vgl. Mk 13, 9; Lk 23, 31) ist die Betonung, daß das Gericht bei der Gemeinde, beim Hause Gottes beginnt (1Petr 4, 17: οἶκος θεοῦ; vgl. 1Tim 3, 15). In zunehmendem Maße zeigen die Spätschriften eine spürbare Neigung, sich der hellenistischen Begrifflichkeit (und Vorstellung) zu bedienen. Dichotomische und trichotomische Aussagen über den Menschen (vgl. schon 1Thess 5, 24) werden zahlreicher (1Petr 2, 11; Hebr 4, 12 u. ö.), die ψυχή gewinnt eine gewisse Selbständigkeit (1Petr 1, 9: σωτηρία ψυχῶν). Dennoch bleibt die Einheit des Menschen gewahrt, da ψυχή und πνεῦμα wechselseitig gebraucht werden (1Petr 3, 20) und ψυχή den ganzen Menschen bezeichnen kann (1Petr 3, 20b: ὀκτὼ ψυχαί steht in Antithese zu καὶ ὑμᾶς in V. 21). Grundsätzlich kann der Mensch als ἄ. τοῦ θεοῦ bezeichnet werden. 1Tim 6, 11 bezieht sich diese Anrede zwar nur auf Timotheus (vgl. schon im AT: 1Kg 2, 27; Dtn 33, 1) und ist einerseits Aussage über seine Gottzugehörigkeit, andererseits aber auch schon Amtsprädikat; 2Tim 3, 17 dagegen hat ἄ. τοῦ θεοῦ umfassende Bedeutung: von jedem Christen (vgl. 2Tim 2, 21) wird gesagt, daß er durch Rechtgläubigkeit (2Tim 2, 2) brauchbar ist für den Herrn und gerüstet zu jedem guten Werk; vgl. auch 2Petr 1, 21 Sin (A) vg: die atl. Propheten waren ἅγιοι (τοῦ) θεοῦ ἄνθρωποι.
2Kor 4, 16 unterscheidet Pls zwischen ἔσω und ἔξω ἄνθρωπος beim Getauften, Röm 7, 22 (nur ἔσω ἄ.) in bezug auf den Ungetauften. Hier liegt dichotomische Ausdrucksweise vor, nicht aber ein anthropologischer Dualismus. Sowohl der Gebrauch der anderen anthropologischen Termini als auch der jeweilige Kontext zeigen, daß bei Pls wie im AT der Mensch als Einheit gesehen wird, daß allerdings durch Anwendung philosophischer Kategorien bestimmte theol. Akzente gesetzt werden. Auch 1Thess 5, 23 (πνεῦμα – ψυχή – σῶμα) widerspricht dem nicht; der Segenswunsch für die Brüder betont, daß sie umfassend und ungeteilt für die Parusie bewahrt bleiben mögen (vgl. E. v. Dobschütz, Thess [KEK] 228–232).
Für Pls steht fest, daß die ganze Menschheit ohne die Heilstat in Jesus Christus verloren ist: Röm 1, 19–3, 20. Durch den Glauben (und in der Taufe) ist der Mensch „in Christus“ und damit ein neuer Mensch (καινὸς ἄ.), der vom alten, adamitischen Menschen (παλαιὸς ἄ.) total getrennt ist: Röm 6, 6 (vgl. Kol 3, 9; Eph 4, 22. 24). Mit hellenistischen Begriffen verschärft Pls diesen Gegensatz, wenn er vom ψυχικὸς ἄ. und πνευματικός (ἄ.) spricht: 1Kor 2, 14f (den Ungläubigen stehen die Gläubigen gegenüber). Dieser heilsgeschichtlich orientierten Unterscheidung liegt das Wissen zugrunde, daß Christus als der „zweite Mensch“ (im Gegensatz zum „ersten Menschen“ Adam) eine neue Schöpfung hervorgebracht hat (1Kor 15, 45. 47; vgl. Röm 5, 15).
Röm 7, 7–25 wirft – wegen der massiven Konfliktschilderung – die Frage auf, wer das redende „Ich“ ist (ἐγώ 8mal in VV. 7–25): Spricht Pls von sich oder hat das „Ich“ typische und grundsätzliche Bedeutung? Weder die Redeweise im Präteritum (7, 7–13) noch die Intensität des Sprechens im Präs. (VV. 14–25; V. 25a ist entweder als Glosse oder als vorgezogene Aussage zu Kap. 8 zu verstehen) lassen eine autobiographisch vorchristliche (z. B. C. H. Dodd, Romans [Moffatt NTC] 104. 107. 108. 116) bzw. eine autobiographisch christliche (z. B. A. Nygren, Romans [Lo 1958] 287. 293) Deutung zu. Vielmehr spricht Pls vom Menschen unter der Sünde. Daß er dies tut vom Standpunkt des Glaubenden aus, ist richtig; doch ist unwahrscheinlich, daß er zugleich auch auf den inneren Kampf des Christen Pls hinweisen will (gg. MacGorman 40). Weder ein psychologisches, noch ein transpsychologisches (transsubjektives), sondern ein „geschichtlich-theologisches“ Menschenverständnis liegt in Röm 7, 7–15 vor (vgl. Kertelge 114).