Predigt (unbenannt) (3)
Brainstorm zur Passage
Paulus’ Erklärung, warum das Evangelium, also die Enthüllung von Gottes Gerechtigkeit und Erlösung, dringend erforderlich ist, lautet: weil der Baum durch und durch verfault ist und jeden Moment umfallen kann
Wenn also Menschen in die falsche Richtung laufen, gerät die ganze Welt aus den Fugen. Dass Paulus diese weiter gefasste Erlösung im Blick hat, geht klar aus dem Höhepunkt in Römer 8 hervor. Doch im Moment konzentriert er sich auf das zentrale Merkmal des Problems: die menschliche Rebellion. Von Vers 18 bis 2,16 baut er eine Anklage gegen die Menschheit im Allgemeinen auf: Die Menschheit ist in ihrem Kern verfault, und der letztendliche Zusammenbruch, zu dem das führen wird (1,32; 2,5; 2,16), wird in den Anzeichen der Vergänglichkeit, des Verfalls und der Verwesung vorweggenommen, die wir sozusagen in den oberen Ästen erkennen können (1,24–31).
Alle Bäume sind von der Krankheit an der Wurzel befallen; aber die Krankheit kann geheilt werden, und Paulus wird erklären, wie das geht.
An dieser Stelle beschreibt er jedoch ganz anschaulich, wie sich die Krankheit ausbreitet. Was damit beginnt, dass Menschen die Wahrheit über Gott unterdrücken, setzt sich nicht – wie wir vermuten könnten – in bösartigem Verhalten fort (das kommt später). Es setzt sich fort im irregeleiteten Denken und in einem verfinsterten Herz (Vers 21). Das ist die ernüchternde Wahrheit, die viele Philosophen zu ignorieren versucht haben: Es gibt gesunde und ungesunde Weisen des Denkens. Das Denken, ganz auf sich allein gestellt, wird nicht zwingend die richtigen Antworten hervorbringen. Aus sich selbst kann die menschliche Vernunft genauso wenig garantieren, uns in die richtige Richtung zu führen, wie ein Kompass in einem Raum voller Magnete. Eine der Tragödien der rebellischen Menschheit ist die schiere Verschwendung gottgegebener intellektueller Kräfte – denken wir etwa an den cleveren Kriminellen, der listige, detaillierte Pläne ausarbeitet, um ein Verbrechen zu begehen und unerkannt davonzukommen, oder an den cleveren Diktator, der darüber nachdenkt, wie er die Opposition brechen, die Menschen über seine wahren selbstsüchtigen Motive im Dunkeln lassen und an der Macht bleiben kann. Stellen Sie sich vor, Sie würden Ihre gottgegebenen denkerischen Fähigkeiten für derartige Zwecke einsetzen.
Zorn Gottes »Zorn« ist nicht ein unkontrollierter Wutausbruch, sondern Ausdruck seiner strafenden Gerechtigkeit (→Rache): seine Reaktion auf die Verletzung der gottgesetzten Rechtsordnungen. Das Wort wird von daher gleichbedeutend mit »Gericht« (Röm 1,18; vgl. Dan 11,36).
Zorn, zürnen Meint in Bezug auf den Menschen eine Reaktion des Gefühls, die da entsteht, wo etwas dem Menschen Liebes oder Wertvolles angetastet, verletzt oder bedroht wird. Sie richtet sich als äußere Erscheinungsform inneren Aufbegehrens gegen den, der die als solche empfundene Schädigung des eigenen Glücks oder Besitzes herbeiführt. Daraus erwächst das Aufbrausen, und die »Glut« des Zornes. Zorn ist zunächst eine plötzliche Augenblicksregung; er kann sich steigern, durch Worte oder Handlungen abreagiert oder auch durch innere Besinnung unterdrückt bzw. aufgehoben werden. Wo er sich im Menschen verfestigt, führt er zum → Hass. Jedoch ist Zorn immer auch ein notwendiger Bestandteil der Liebe, weil Liebe das Gegenüber ernst nimmt, sich ihm verbunden fühlt und ein Bruch der Liebe auch Zorn hervorruft. Zorn ist in dieser Hinsicht nicht als Gegenteil von Liebe, sondern als deren notwendige Folge zu sehen.
Rache Das Wort wird besser mit »Vergeltung« wiedergegeben. Wenn die Bibel vom »Gott der Rache« spricht, meint sie den Gott, der leidenschaftlich für das Recht eintritt. Auch der Wunsch biblischer Beter um Rache an ihren Feinden ist in diesem Zusammenhang zu sehen: als das Verlangen gequälter Menschen nach dem ihnen zustehenden Lebensrecht. Im Neuen Testament führt Jesus über diesen berechtigten Wunsch hinaus, indem er seine Jünger dazu auffordert, auf Rache zu verzichten und den Gegner durch Liebe zu überwinden (Mt 5,38–48; vgl. Röm 12,17–21). Auch das Gesetz der gleichwertigen Vergeltung (»Auge um Auge…«) hat nichts mit irgendeiner Rachsucht zu tun, sondern schränkt sie im Gegenteil ein.
Besonders einige Psalmen drücken für unser Empfinden ein ungezügeltes Rachebegehren aus (vgl. 3,8; 5,11; 9,6.18.20–21; 12,4; 35,1–8; 55,16; 58,7–12; 59,11–14; 69,23–29; 79,6.10–12; 83,10–19; 94,1–2; 109,6–20; 137,7–9; 140,10–11). Die Beter verdrängen ihre aufgewühlten Gefühle nicht, sondern sprechen sie rückhaltlos vor Gott aus. Damit geben sie jedoch gleichzeitig die Ausführung der Bestrafung an Gott ab, der allein nicht nur die Macht, sondern auch das Recht dazu hat.