Aufrichtig leben
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Im Galaterbrief kämpft Paulus für die Wahrheit des Evangeliums (Galater 2, 5+14), nämlich, dass ein Mensch allein aus Gnade durch den Glauben an Jesus Christus und ganz ohne eigene Werke gerettet wird. Doch es gab starke Kräfte, die dieses Evangelium torpedierten und auch Paulus als Apostel angriffen. In seinem Brief an die Gemeinden in Galatien verteidigt er dieses eine und einzige Evangelium. Dabei macht er deutlich, dass es konkret mit unserem Leben zu tun hat. Wir sollen in Übereinstimmung mit dem Evangelium leben, denn es ist offensichtlich möglich, den Weg des Evangeliums zu verlassen, wie er in Vers 14 schreibt:
Als ich aber sah, dass sie nicht richtig wandelten.
14 Als ich aber sah, daß sie nicht richtig wandelten nach der Wahrheit des Evangeliums, sprach ich zu Petrus vor allen: Wenn du, der du ein Jude bist, heidnisch lebst und nicht jüdisch, was zwingst du die Heiden, jüdisch zu leben?
In diesem Abschnitt wirft der Apostel ein Licht darauf, wie schnell es gehen kann, dass wir vom Weg des Evangeliums abkommen. Er beschreibt eine tragische Situation, die sich in seiner Heimatgemeinde in Antiochia abspielte, in der er und Barnabas leitend aktiv waren. Ein Teil der Gemeinde, ja, sogar ein großer Teil, verließ den Weg des Evangeliums und verfiel der Heuchelei.
I. DER HEUCHELEI VERFALLEN
I. DER HEUCHELEI VERFALLEN
Petrus kam nach Antiochia und hatte Gemeinschaft mit den Juden- und den Heidenchristen. Er saß mit ihnen an einem Tisch und aß, was auch die Heiden zu sich nahmen. Dabei beachtete er nicht länger die alttestamentlichen Speisegesetze, die den Juden verboten, unreine Lebensmittel zu essen. Sein Verhalten stimmte mit einer Vision überein, die in Apostelgeschichte 11 geschildert wird. Dort hatte Petrus ein Tuch vom Himmel kommen sehen:
6 Als ich nun hineinblickte und es betrachtete, sah ich die vierfüßigen Tiere der Erde und die Raubtiere und die kriechenden Tiere und die Vögel des Himmels. 7 Und ich hörte eine Stimme, die zu mir sprach: Steh auf, Petrus, schlachte und iß!
8 Ich aber sprach: Keineswegs, Herr! Denn nie ist etwas Gemeines oder Unreines in meinen Mund gekommen! 9 Aber eine Stimme vom Himmel antwortete mir zum zweitenmal: Was Gott gereinigt hat, das halte du nicht für gemein!
In Antiochia handelte Petrus also gemäß seiner inneren Überzeugung, dass die alttestamentlichen Speisegesetze für einen Christen, auch mit jüdischem Hintergrund, nicht mehr gelten.
Doch als Leute aus Jerusalem kamen, die auf die Einhaltung der Satzungen und Gebote Moses achteten,
12 Bevor nämlich etliche von Jakobus kamen, aß er mit den Heiden; als sie aber kamen, zog er sich zurück und sonderte sich ab, weil er die aus der Beschneidung fürchtete.
Von jetzt auf gleich wandte Petrus sich von den Heiden ab. Paulus beobachtete ihn und benannte klipp und klar sein Fehlverhalten.
13 Und auch die übrigen Juden heuchelten mit ihm, so daß selbst Barnabas von ihrer Heuchelei mit fortgerissen wurde.
Das Wort „Heuchelei“ stammt aus der antiken Schauspielerei. Damals setzten Schauspieler für ihre Rolle eine Maske auf. Wenn du also heuchelst, dann maskierst du dein wahres Ich sowie deine wahren Überzeugungen und spielst eine Rolle, die dir nicht entspricht.
Genau das erkannte Paulus bei Petrus und den anderen Judenchristen in Antiochia. Sie setzten eine Maske auf und überdeckten ihre wahren Glaubensüberzeugungen. Nur weil eine Delegation aus Jerusalem vorbeikam, änderte Petrus sein Verhalten. Plötzlich holte er seine Maske heraus, verbarg seine wahre Überzeugung und hing sein Fähnchen nach dem Wind. Er passte sich der Umgebung an wie ein Chamäleon, das seine Farbe wechselt.
In Vers 11 macht Paulus deutlich
11 Als aber Petrus nach Antiochia kam, widerstand ich ihm ins Angesicht, denn er war im Unrecht.
Heuchelei ist Unrecht. Das hat sich bis heute nicht geändert. Wir alle haben mit Sicherheit schon einmal geheuchelt, eine Maske aufgesetzt und vorgegeben, jemand zu sein, der wir nicht sind. In welchen Situationen schauspielerst du? Wann verdeckst du deine wahren Überzeugungen und legst eine Maske an? Wie oft haben wir bereits versagt, indem wir unser wahres Ich versteckten, als es um ein öffentliches Bekenntnis für Jesus Christus ging? Wie lebst du gerade in diesen Tagen? Bist du aufrichtig oder führst du ein Doppelleben? Wissen die Menschen in deinem Umfeld, wer du bist, nämlich ein Kind Gottes?
Dieses „Spielchen“ funktioniert auch andersherum. Nicht nur Christen können sich maskieren und ihren Glauben vor anderen verbergen. Es kann auch passieren, dass sich Menschen die Maske des Christseins überstülpen, aber gar nicht von Herzen Christus folgen. Sie kommen in die Gemeinde, zahlen Kirchensteuern, engagieren sich für den Klimaschutz und glauben, dass sie den Anschein erwecken können, wirklich Kinder Gottes zu sein. Sie mögen alle äußeren Formen erfüllen, aber im Herzen sind sie weit weg von Gott. Sie schließen beim Beten ihre Augen und heben beim Singen ihre Hände, sie tragen ordentliche Frisuren und anständige Kleidung, aber ihr Herz ist unrein, bitter, unversöhnlich, stolz und ichsüchtig. Dieses Doppelleben ist Sünde. Petrus zeigt uns, wie wir als Christen nicht sein sollten: äußerlich fromm und korrekt und innerlich ganz woanders.
II. DIE MOTIVATION DER HEUCHELEI
II. DIE MOTIVATION DER HEUCHELEI
Wie kommt es zu Heuchelei? Was treibt uns an? Warum heuchelte Petrus? Eigentlich hatte er theologische Überzeugungen, stellte sich in Debatten gegen die mosaischen Gesetze und verteidigte die Freiheit in Christus. Wie kam es, dass dieser Mann von jetzt auf gleich wie ein Strohhalm einknickte?
Auf den ersten Blick hatte die Maskerade Vorteile für ihn. Mit der Ankunft der Jerusalemer Delegation war plötzlich ein starker sozialer Druck vorhanden. Sie hatte eine gewisse Autorität und Einfluss in den Gemeinden, sodass er sich vor Konflikten und Zurechtweisung fürchtete (V.12). Petrus rutschte in die Unaufrichtigkeit ab, weil er Angst hatte, dass es negative Konsequenzen mit sich bringen würde, wenn er weiter mit den Heiden aß. Er wollte für die Freiheit des Evangeliums keine Nachteile in Kauf nehmen.
Unter der Maske der Heuchelei versteckt sich der Wunsch, Menschen zu gefallen.
Doch zu Beginn dieser Predigtserie haben wir in Galater 1,10 gelesen, dass ein Doppelleben nicht funktioniert.
Wir können nicht aus Menschenfurcht die Wahrheit verleugnen und gleichzeitig Knechte und Diener Christi sein. Paulus schreibt es ganz eindeutig:
10 Rede ich denn jetzt Menschen oder Gott zuliebe? Oder suche ich Menschen zu gefallen? Wenn ich allerdings den Menschen noch gefällig wäre, so wäre ich nicht ein Knecht des Christus.
Mit der Heuchelei versuchen sich Menschendiener durch schwierige Situationen zu navigieren. Sie setzen eine Maske auf, um eine unangenehme Lage zu meistern. Wenn wir soziale Ausgrenzung fürchten, sind wir versucht, zu heucheln. Wir greifen nach der Maske, um unsere wahren Überzeugungen zu verbergen, denn wir haben Angst vor dem, was andere über uns denken. Wir fürchten, dass sie herausbekommen, wer wir wirklich sind. Aber Jesus möchte, dass wir klar sind und der Wahrheit, Seinem Wort dienen. Unser Ja soll ein Ja sein und unser Nein ein Nein (Matthäus 5,37). Es ist sehr wichtig, dass unser alter Mensch mehr und mehr mit Christus gekreuzigt wird, damit Er in uns zunimmt und wir aus Seiner Kraft den geraden Weg gehen.
III. DIE AUSWIRKUNG VON HEUCHELEI
III. DIE AUSWIRKUNG VON HEUCHELEI
Das Verhalten des Petrus hatte ganz konkrete Folgen. Ebenso hat unsere Sünde Konsequenzen. Wenn wir falsche Entscheidungen treffen, wirkt sich das nicht nur auf uns, sondern auch auf unser Umfeld aus. Das geschah in Antiochia:
13 Und auch die übrigen Juden heuchelten mit ihm, so daß selbst Barnabas von ihrer Heuchelei mit fortgerissen wurde.
Die Sünde hat immer auch Auswirkungen auf andere. Das gilt besonders für christliche Leiter, wie hier der Apostel Petrus, aber es gilt auch für jeden Einzelnen von uns. Die Juden wurden von der Sünde des Petrus fortgerissen. Er als Leiter ging den ersten Schritt und die jüdische Fraktion der Gemeinde folgte ihm. Dabei wurde sogar Barnabas, ein weiterer Leiter der Gemeinde, mit fortgerissen. Der Ermutiger Barnabas, der Paulus aufnahm, als er noch ganz frisch im Glauben war, der ihn zu den Aposteln brachte und Barmherzigkeit übte. Seine große Gabe war es, Menschen zu lieben und zu ermutigen. Aber sogar er stand in der Gefahr, zu heucheln. Warum? Vielleicht, weil er nicht nur Menschen liebte, sondern auch den Wunsch hatte, von Menschen geliebt zu werden. Das Verlangen, von jedem gemocht zu werden, öffnet die Tür zu Kompromissen.
Was können wir daraus lernen? Wir leben in einer individualistischen Gesellschaft, in der jeder zuerst an sich selbst denkt. Alles ist auf den Einzelnen ausgelegt. Das Individuum wird betont. Diese Prägung kann sich in unseren Köpfen ausbreiten, sodass wir glauben, das Christsein sei ebenfalls individualistisch: „Ich bin Christ für mich selbst!“ Aber der Predigttext lehrt uns: Sogar wenn wir sündigen, sind wir nicht allein. Unser Verhalten hat Auswirkungen auf unser Umfeld. Wir können nicht meinen, wir führen unser Leben mit Gott für uns und niemanden interessiert und betrifft es – weder im positiven noch im negativen Sinn. Wir haben Einfluss auf unsere Mitmenschen. Besonders Eltern machen diese Erfahrung. Unsere Kinder beobachten uns, ob wir es wollen oder nicht. Aber auch unsere Enkel, Nichten und Neffen, Arbeitskollegen und Nachbarn sehen, wie wir leben.
In der Gemeinde führen wir alle unser Christenleben in der Gemeinschaft mit anderen. Wir sind gemeinsam der Leib des Herrn. Unsere Sünden wirken sich auf andere aus, auch wenn wir es nicht gleich erkennen. Das sollten wir ernst nehmen und uns immer wieder überprüfen.
Heuchelei macht auch vor den geistlichsten Christen nicht Halt. Dieser Abschnitt zeigt, dass selbst die Hochangesehensten, wie Petrus es war, sündigen. Jakobus schreibt:
2 Denn wir alle verfehlen uns vielfach; wenn jemand sich im Wort nicht verfehlt, so ist er ein vollkommener Mann, fähig, auch den ganzen Leib im Zaum zu halten.
„Denn wir alle verfehlen uns vielfach“
Kein Christ gelangt in seinem Leben jemals an den Punkt, an dem er ohne Sünde ist. Selbst wenn wir reife Christen sind, können wir erheblich sündigen. Diese Feststellung sollte uns demütig machen. Jesus sagt: „…getrennt von mir könnt ihr nichts tun“ (Johannes 15,5).
Wir sind bei jedem Schritt abhängig von der Gnade Gottes. Niemand von uns kann sich für das rühmen, was er erreicht hat, denn alles, was wir haben, ist ein Geschenk vom Herrn:
7 Denn wer gibt dir den Vorzug? Und was besitzt du, das du nicht empfangen hast? Wenn du es aber empfangen hast, was rühmst du dich, als ob du es nicht empfangen hättest?
IV. DIE HEUCHELEI ZURÜCKWEISEN
IV. DIE HEUCHELEI ZURÜCKWEISEN
Paulus beobachtete das falsche Verhalten des Petrus und führte ihm seine Sünde vor Augen:
11 Als aber Petrus nach Antiochia kam, widerstand ich ihm ins Angesicht, denn er war im Unrecht.
Hier haben wir eine Konfrontation zwischen zwei Brüdern im Glauben, zwei Männern Gottes, ja, sogar zwei Aposteln. Paulus ermahnte Petrus, obwohl dieser ein angesehener Mann und Diener Gottes war. Wir sehen, auch ein hohes Amt schützt nicht vor Fehlverhalten. Auch Menschen in hohen Ämtern müssen zurechtgewiesen werden, wenn sie falsch liegen.
Als Christen haben wir die Verantwortung, unsere Geschwister einerseits zu ermutigen aber andererseits, wenn nötig, auch zu ermahnen. Das ist das Schöne an Gemeinde: Wir sind eine Familie, die Familie Gottes. Wenn wir jedoch das Fehlverhalten unserer Geschwister auch in Liebe nicht ansprechen, verfallen wir der Heuchelei und verlieren den Status einer gesunden Familie. Es ist nicht immer einfach und wir müssen unsere eigenen Herzen überprüfen, dass wir unsere Kritik nicht aus egoistischen Motiven oder Rechthaberei üben, sondern aus Liebe, um unserem Nächsten zu helfen, sein Fehlverhalten zu verstehen und abzustellen.
Beim Zurechtweisen sind wir oft zögerlich. Vielleicht haben wir Angst vor Konflikten und vor der Reaktion des anderen. Möglicherweise ist der Grund aber auch, dass wir uns der eigenen Sünde bewusst sind und uns dadurch gehemmt fühlen, ein Wort über das Verhalten des anderen zu verlieren. Und doch möchte Gott, dass wir die, die vom Weg des Evangeliums abkommen, sanft zurechtweisen:
1 Brüder, wenn auch ein Mensch von einer Übertretung übereilt würde, so helft ihr, die ihr geistlich seid, einem solchen im Geist der Sanftmut wieder zurecht; und gib dabei acht auf dich selbst, daß du nicht auch versucht wirst!
Häufig wird Liebe falsch verstanden. Man meint, man müsse den anderen stehenlassen, wie er ist und ihn nicht hinterfragen, aber die Bibel lehrt, dass Liebe den Mut hat, zu korrigieren. Wir sollen andere in Demut zurechtweisen, weil wir sie wirklich lieben.
Paulus tat es hier in einer sehr scharfen Form. Aber er tat es aus Liebe. Er wollte diesem Missstand ein Ende bereiten, um die Gemeinde und das Evangelium zu bewahren. War es denn angebracht, Petrus öffentlich zurechtzuweisen? Ja, in diesem Fall schon, denn sein Versagen war öffentlich und hatte große Kreise gezogen
20 Die, welche sündigen, weise zurecht vor allen, damit sich auch die anderen fürchten.
Was aber, wenn wir fallen? Wenn wir geheuchelt haben? Wenn wir feststellen, dass unser Leben nicht mit dem Evangelium übereinstimmt? In solchen Momenten gibt es nur eine Person, zu der wir gehen können: Jesus Christus. Er hat für unser Versagen bezahlt. Er kam auf diese Erde, um für Sünder zu sterben. Er kam, um dich und mich zu erlösen und uns zu vergeben. Wir müssen und wir dürfen in all unserem Versagen zurück zum Evangelium gehen und mit dem Apostel Paulus sagen:
16 doch weil wir erkannt haben, daß der Mensch nicht aus Werken des Gesetzes gerechtfertigt wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, so sind auch wir an Christus Jesus gläubig geworden, damit wir aus dem Glauben an Christus gerechtfertigt würden und nicht aus Werken des Gesetzes, weil aus Werken des Gesetzes kein Fleisch gerechtfertigt wird.
„[doch] weil wir erkannt haben, dass der Mensch nicht aus Werken des Gesetzes gerechtfertigt wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus“ (Galater 2,16).
Gott spricht den Sünder durch den Glauben gerecht. Das ist die herrliche Wahrheit des Evangeliums.
In seinem Kommentar zum Galaterbrief schreibt Luther: „David und viele andere berühmte Männer, die vom Heiligen Geist erfüllt waren, fielen in große Sünden. Hiob und Jeremia verfluchten den Tag ihrer Geburt. Elia und Jona waren ihres Lebens müde und beteten, dass sie sterben mögen. Solche Fehler und Sünden der Heiligen werden dargelegt, damit diejenigen, die über ihre Sünde beunruhigt und verzweifelt sind, Trost finden, und diejenigen, die Stolz sind, Angst bekommen. Kein Mensch ist jemals so tief gefallen, als dass er nicht wieder aufstehen könnte. Auf der anderen Seite hat niemand einen so sicheren Stand, dass er nicht fallen kann. Wenn Petrus fiel, kann auch ich fallen. Wenn Petrus wieder aufstand, kann ich es auch“
Wie kannst du wieder aufstehen? Indem du dich Christus zuwendest und Seine Vergebung in Anspruch nimmst. Möge Gott uns helfen, dass wir als Arche geradeaus gehen, nicht heucheln, keine zwei Gesichter haben, sondern Jesus ernsthaft folgen. Amen!