Mit dem Herzen fasten

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Notes
Transcript
Thomas erklärt seinem Kumpel stolz: „Ich habe gerade ein ‚7-Tage-Fasten‘-Programm beendet.“
„Machst du das nicht erst seit gestern?“
„Ja, aber ich hab’s schneller durchgezogen.“
Ihr Lieben,
am Mittwoch beginnt die Fastenzeit! Knappe 7 Wochen dauert sie an, als Vorbereitung auf Ostern.
Habt ihr euch schon überlegt, auf was ihr verzichten wollt? So wie die letzten Jahre wieder auf Süßigkeiten? Tut ja auch mal ganz gut. Auf das blöde Handyspiel, mit dem ich jeden Tag so viel Zeit vergeude? Vielleicht auf Fleisch oder zeitweise sogar ganz auf Essen?
Unser Predigttext erzählt uns heute vom Propheten Jesaja, der dem Volk Israel sagen soll, um was es beim Fasten eigentlich geht.
Für die Israeliten war Fasten nichts ungewöhnliches. Immer wieder gab es im Laufe eines Jahres Tage, an denen gefastet werden sollte. Bei besonders religiösen Gruppen ging das soweit, dass sie jede Woche 1 oder 2 Tage hatten, an denen sie fasteten.
Bis heute ist Jom Kippur — der Versöhnungstag — der höchste und wichtigste Feiertag, an dem auch gefastet wird.
Und dabei muss man noch bedenken: Wenn in der Bibel vom Fasten die Rede ist, dann wird damit tatsächlich der Verzicht auf Nahrung gemeint, manchmal sogar zusätzlich der Verzicht auf Trinken.
Und so ist das Fasten auch in unseren christlichen Glauben gekommen. Es kann als Zeichen der Umkehr dienen oder auch als Vorbereitung auf die Begegnung mit Gott, so wird es schon in der Bibel bezeugt. Nicht selten wird es auch als Unterstützung des Gebets praktiziert, denn Fasten und Beten gehören mitunter zusammen.
Viel könnte hier über die Aspekte des Fastens gesagt werden, doch unser Predigttext schickt uns in eine andere Richtung. Jesaja soll nicht über das Warum des Fastens reden, sondern über das Wie. Wie fastet man richtig? Was gehört dazu? — Und was nicht? Denn es ist wie mit so vielen Dingen im Glauben: Man kann sie auch missbrauchen. Wenn Handlungen, die aus dem Glauben heraus geschehen sollen, nichts mehr mit meinem Glauben zu tun haben, dann sind sie nutzlos. Wenn ich nur faste, damit ich vor anderen gut dastehe, dann ist mein Fasten vor Gott nutzlos. Wenn ich meine Kollekte nur gebe, um damit vor anderen prahlen zu können, dann ist meine Gabe vor Gott nutzlos. Wenn ich nur in die Kirche gehe, um von anderen gesehen zu werden, dann ist mein Gottesdienstbesuch vor Gott — und letztlich auch für mich — nutzlos.
Die Israeliten erleben das am eigenen Leib. Sie klagen zu Gott: „Warum fasten wir und du siehst es nicht an? Warum erniedrigen wir unsere Seelen und du willst’s nicht wissen?“
Gott antwortet ihnen: „Euer Fasten ist falsch! Denn es ist nur äußerlich. Zwar fastet ihr mit eurem Körper, indem ihr ihm das Essen verwehrt, doch fastet ihr nicht mit euren Herzen, sondern lebt so weiter wie bisher. Ihr geht euren Begierden nach, unterdrückt eure Arbeiter, streitet miteinander und schlagt auf andere ein.
Auch dass ihr so deprimiert drein guckt, den Kopf hängen lasst und euch in Sack und Asche hüllt, das alles sind doch nichts als äußerliche Zeichen — aber euer Herz ist nicht dabei.“
Es sind harte Worte, die der Prophet verkündigen soll, aber es sind wichtige Worte. Denn manchmal verrennen wir uns im Leben, meinen auf dem richtigen Weg zu sein und laufen doch grad in die entgegengesetzte Richtung. Manchmal werden wir selbstgerecht, sind stolz, dass wir doch so tolle Christen sind und merken dabei gar nicht, wie wir am Ziel vorbei schießen.
Es kann uns passieren, dass wir beten — oder sogar fasten — und zu Gott rufen und dabei doch unser schlechtes Verhalten gegenüber unserem Nächsten nicht ändern.
Wie oft tragen wir anderen nicht ihre Schuld hinterher, ob bewusst oder unbewusst, und halten sie ihnen wieder und wieder vor, halten sie gefangen und werden selbst darüber bitter. Wie oft benachteiligen wir doch andere, weil es zu unserem eigenen Vorteil dient? Wie oft legen wir bei anderen einen höheren Maßstab an als bei uns selbst?
Gott hält uns unsere Schuld vor die Nase und sagt uns: „Was bringt es, wenn du fastet und nach außen ein tolles Leben führst, aber in deinem Herzen alles beim Alten bleibt?? — Wollt ihr das ein Fasten nennen und einen Tag, an dem der HERR Wohlgefallen hat?“
Das ist ein hartes Wort. Aber es ist nicht das letzte Wort!
Ich habe eine frohe Botschaft für euch: Gott ist kein alter Motz-Esel, der nur kritisiert und runterputzt und dann nichts mehr zu sagen hat, sondern unser Gott ist voller Liebe: Denn er zeigt uns unsere Fehler nicht, um sich daran zu ergötzen, sondern damit wir sie ablegen können, damit wir mit Seiner Hilfe unser Leben ändern können. — Wenn Gott mit uns über unsere Schuld reden will, dann weil Er sie uns vergeben möchte!
Und so möchte Er uns auch helfen, dass unser Fasten, ja man kann eigentlich sagen, dass unser Leben als Christen gelingt. Er tut dies in unserem Predigttext auf zwei Ebenen: Zuerst auf einer persönlichen, die unser Herz betrifft. Gott sagt: „Lass los!“ Lass los, wo du jemanden bindest; lass los, wo du jemandem seine Schuld nicht vergibst; lass los, wo du andere unterdrückst!
Das mag mitunter schwer sein. Es kann zum Beispiel schwer sein, jemandem zu vergeben, der mich tief verletzt hat. — Ja, das kann schwer sein. Aber es führt in die Freiheit — meinen Nächsten, wie auch mich. Meinen Nächsten, weil die Ketten endlich abfallen, die ich um ihn gelegt habe, und mich, weil ich ihm seine Schuld endlich nicht mehr nachtragen muss, wovon ich schon einen krummen Rücken bekommen habe. Gott möchte, dass wir anderen ihre Schuld nicht nachtragen, sondern dass wir sie frei davon machen, weil Gott uns freimacht von unserer Schuld. Weil wir selbst erlöst sind, können — ja sollen — wir auch mit unseren Mitmenschen „befreiend“ umgehen.
Und Er möchte, dass wir niemanden unterdrücken, indem wir ihn etwa benachteiligen oder drangsalieren, sondern Gott möchte, dass wir jede Last, die wir anderen auferlegt haben, wieder wegnehmen, denn auch Er nimmt uns jede Last.
Und dann zeigt Gott uns in unserem Predigttext noch eine zweite Ebene, die wir beachten sollen: Es geht darum, das Leid unseres Nächsten zu lindern: „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!“
Will heißen: Sei großzügig! Kümmere dich um den, der es nötig hat! Gib von deinem Überfluss ab! Sei für deinen Nächsten da! Nicht aus Hochmut heraus, sondern aus Liebe zu deinem Mitmenschen. — Das ist ein Fasten, das Gott gefällt. Wenn das Herz weich wird und wir füreinander da sind. Dann wird Gottes Licht aus unserem Leben leuchten, Seine Gerechtigkeit und Seine Herrlichkeit um uns sein.
Ich ermutige euch: Nutzt die anbrechende Passionszeit zum Fasten! Fastet, um euch wieder neu auf Gott auszurichten! Und sei es durch den Verzicht auf Süßigkeiten. Man kann ja jedes Mal, wenn wieder geneigt ist, das Süßigkeitenfach zu öffnen, ein Gebet zu Gott sprechen; zum Beispiel für jemanden, dem es grad nicht gut geht oder jemandem, der einem einfach am Herzen liegt. So nutzt man selbst diese vermeintliche Kleinigkeit, um im Glauben zu wachsen und für andere einzustehen.
Und ich ermutige euch: Nutzt die anbrechende Passionszeit, um auch mit dem Herzen zu fasten! Prüft, wo ihr anderen Schuld nachtragt und vergebt ihnen. Lasst alle Bitterkeit los — Gott wird euch dabei helfen!
Lasst uns die Zeit bis Ostern bewusst nutzen, um unsere Herzen wieder neu auf Gott auszurichten, denn so lautet die Verheißung am Ende unseres Predigttextes: „Dann wirst du rufen und der HERR wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: ‚Siehe, hier bin ich.‘“
Amen.
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