Frühjahrsputz im Tempel
3. Fastensonntag • Sermon • Submitted
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Transcript
Liebe Brüder und Schwestern,
Ich will es nicht laut sagen, aber Jesus hat eine Leidenschaft und zwar eine Leidenschaft für den Tempel
Deshalb können wir ihn sehen, wie er aus Stricken eine Geißel macht.
Die Geißel schwingend, scheucht er die Händler und Geldwechsler samt ihrer Ware aus dem Tempel.
„Die Tempelreinigung“ steht in der Lutherbibel über diesem Abschnitt.
Gerade so, als tue der Frühjahrsputz zu Passa nicht nur Privathäusern, sondern auch dem Tempel gut. Das Ganze geht geordnet vonstatten.
Zu den Taubenhändlern sagt Jesus, sie sollen ihre Tiere selbst entfernen.
Er sagt auch: Macht nicht meines Vaters Haus zur Markthalle!
Meines Vaters Haus – jetzt verstehen wir Jesu Leidenschaft.
Sie ist eine Leidenschaft für den Tempel.
Der Tempel, er soll nicht ein Haus für die weltlichen Dinge sein, sondern ein Haus des Betens und der Begegnung mit Gott, seinem Vater.
Wir verstehen das. Das ist auch uns wichtig.
Und das weiß man auch.
Für kommerzielle Veranstaltungen gibt es andere Orte als Kirchen.
Aber sollte das alles sein, was Jesus uns sagen möchte?
Den Tempel, die Opfer und die Opfertiere gibt es zurzeit Jesu schon tausend Jahre und deshalb ist Jesus auch nicht der erste, der das sagt.
Jesus spielt mit seinen Worten auf die Prophetie des Sacharja an.
Sacharja erlebte das Ende des babylonischen Exils.
Die Rückkehr der Juden nach Jerusalem. Den Wiederaufbau des Tempels.
Und dann, als der Tempeldienst wieder aufgenommen wurde, sagte er im letzten Vers seines Buches, als sein letztes Wort:
Und es wird keinen Händler mehr geben im Hause des HERRN Zebaoth an jenem Tage (Sach. 14,21).
An jenem Tage: Sacharja schaut voraus auf den Tag des HERRN, auf die kommende Heilszeit, auf den kommenden Friedenskönig, der auf einem Esel in Jerusalem einreiten wird.
Wenn Jesus den Tempel eine Markthalle nennt, dann ruft er bei denen, die ihre Bibel kennen, die Erinnerung an Sacharja hervor: an das kommende Heil, den kommenden Messias, den Tag des HERRN.
Und sie begreifen: Jesus zeigt uns, dass dieser Tag, das Heil und der Messias so nahe sind wie das bevorstehende oder das nächste oder übernächste Passa. Darauf zielt seine Leidenschaft.
Wenn die, die bei Jesus im Tempel sind, das verstehen, dann haben sie viel verstanden. Denn der Evangelist sagt uns, dass sich die ganze Geschichte den Jüngern erst nach der Auferstehung Jesu von den Toten erschlossen hat.
Erst im Nachhinein denken sie an den Psalmvers und an die Worte, die Jesus gesagt hat, und beginnen zu verstehen: Ostern ist der Schlüssel für unsere Geschichte.
Juden und Christen bewahren das Erbe des Tempels in ihren Gottesdiensten
Als Johannes sein Evangelium niederschrieb, war der jüdische Aufstand gegen Rom verloren.
Der Tempel war zerstört und mit ihm große Teile der jüdischen Gesellschaft.
Nur die pharisäische Bewegung und die Jesusbewegung existierten weiter.
Beide suchten nach einer theologischen Antwort auf die Tempelzerstörung.
Die Pharisäer hielten an Gottes Treue fest.
Sie waren gewiss, dass die Herrlichkeit Gottes nicht vom jüdischen Volk gewichen ist und dass sie weiterhin Geliebte Gottes sind.
Ihr gottesdienstliches Leben fand schon in der Tempelzeit auch in ihren Synagogen statt.
Vom Tempeldienst abgeleitet, hatten sie dort bereits opferlose Wortgottesdienste gefeiert.
Ihre Nachfolger, die Rabbinen, tun das so bis heute.
Ähnlich entwickelte die Jesusbewegung schon während der Tempelzeit Wortgottesdienste in ihren Häusern. Die Juden unter ihnen gingen täglich in den Tempel, die Glaubenden aus Juden und den Völkern sammelten sich täglich in den Häusern, um über die Schrift und über die Worte Jesu nachzudenken und miteinander das Brot zu brechen.
Beide, Juden und Christen, bewahren das Erbe des Tempels in ihren Gottesdiensten. Amen.