2Kor 12,1-10 Gottfried Voigt - Disposition
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· 9 viewsDie Gnade genügt. Darum 1. Nicht Stärke, sondern Schwachheit 2. Nicht Glorie, sondern Kreuz
Notes
Transcript
Gottfried Voigt
Gottfried Voigt
(a) Gefahr der Vergesetzlichung: „So muss es in jedem Christenleben sein!“
Ø Die unmittelbare Gleichsetzung von Paulus und uns käme auf eine Vergesetzlichung des in diesem Text so eindrucksvoll bezeugten Evangeliums hinaus.
Ø Mit dieser Gleichsetzung würde der Wirklichkeit Gewalt angetan.
Ø Die Botschaft gilt auch uns: Die Gnade genügt. Wir brauchen nichts aufzuweisen, damit das gilt, nicht einmal die am Apostel sichtbare Schwachheit.
Ø Er ist Exemplum, wie Gottes Kraft wirkt – nicht: sein Leiden die generelle Conditio für das Erleben der Kraft Gottes.
(b) Theologischer Kontext: Apostolat des Paulus
Ø Pls kann die Frage nach seiner Bevollmächtigung und Beauftragung durch Christus nicht offen lassen.
o Mag er der geringste der Apostel sein, dass er es ist, daran hält er fest. (1 Kor 15,9; 9,1). Er ist es durch „Gottes Gnade“ (1 Kor 15,10)
o Wollte er sich auf mehr berufen, so beriefe er sich auf weniger.
Ø Die Korinther sind in der Gefahr, einen anderen Jesus aufgedrängt zu bekommen, „einen anderen Geist“, „ein anderes Evangelium“ (11,4; vgl. Gal 1,6).
Die Gnade genügt. Darum
1. nicht Stärke, sondern Schwachheit
(a) Die Botschaft der Gegner des Pls: Von harmloser Kritik bis zu schwerer Beleidigung:
Ø Du bist unzuverlässig und doppelzüngig (1,13.17)
Ø Du bist leichtfertig (1,17)
Ø Du bist engherzig (6,11)
Ø Du bist tückisch, hinterlistig (12,16)
Ø Du bist ungeschickt in der Rede (11,6)
Ø Du bist in der Ferne, also in Briefen, stark und dreist, aber im unmittelbaren Gegenüber schwach (10,1.10; vgl. 13,10)
Ø Du bist herrschsüchtig (1,25)
Ø Du kannst nicht viel (3,5)
Ø Du treibst heimlich Schändliches (4,2)
Ø Du bist ein Verführer, bist arm, ein Habenichts, übrigens ein Unbekannter (6,8-10)
Ø Du bist nach der körperlichen Verfassung schwach, krank, eigentlich ein Todeskandidat (11,29f; 12,10; 13,3.9; 4,10ff; 6,9).
(b) Die grundsätzlichere Auseinandersetzung:
Ø In 1Kor war „Weisheit“ und „überzeugende Rede“ ein Programmwort: Worauf es ankomme, müsse sich in religiöser „Virtuosität“ entzünden.
o Bevorzugung auffälliger Geistesgaben, scheinen Überlegenheit des einen über den anderen zu begründen. Die Zungenrede stand besonders hoch im Kurs.
Ø Erwartung: Auch Pls muss sich dessen Rühmen können. Er muss Merkmale seiner Überlegenheit als homo religiosus präsentieren.
Ø Himmelsreisen und derartige Erfahrungen sind für Korinther, womit sich ein Pneumatiker ausweist.
o Pls ist für sie nicht einer der großen Pneumatiker, die anderen selbstgeschaute himmlische Erfahrungen mitteilen; er ist nur Pistiker, einer aus dem Fußvolk.
(c) Auch im Zeitalter der Aufklärung gibt es derartiges: Ekstasen, Visionen, Glossolalie.
Ø „Solche inneren Erfahrungen werden mancherorts sehr hoch bewertet. Erkenntnis höherer Welten begründet ein elitäres, pneumatisches Bewusstsein.“
Ø Auch im säkularen Raum sucht man Ekstase, das Heraustreten aus dem Alltag: Kostüm, Maske, Rausch. Der „Schuss“, durch den man high wird und in eine andere Welt entrückt wird.
Ø Das Pochen auf besondere Bekehrungs- und Wiedergeburtserlebnisse, die einen – vor den anderen, den Durchschnittschristen, auszeichnen.
Ø „Was man in besonderen Stunden mit seinem Herrn erlebt hat, wird dann zur allzueleicht gegen andere ausgespielt, und wer Vergleichbares nicht aufzuweisen hat, ist kein vollgültiger Christ. Man sonnt sich im Reichtum des eigenen religiösen Erlebens. Man ist ‚stark’ im Glauben, in der Erfahrung der Wiedergeburt, in der Heiligung, im Gebet. Man fühlt sich reich und schaut herab auf die Armen.“ (137)
(d) Pls: Nicht Stärke, sondern Schwachheit.
Ø Seiner Schwachheit will Paulus sich rühmen.
o Die Korinther vermuten, genau zu wissen, warum: Dem Fuchs hängen die Trauben zu hoch, aber er gibt es nicht zu und sagt, er mag sie nicht, denn sie sind ihm zu sauer.
Ø Die Korinther zwingen ihn, ein Narr zu werden: Er muss – vorübergehend – die Ebene des Glaubensdenkens verlassen und sich auf die Ebene der Korinther begeben.
o Der Fuchs kommt an die Trauben schon heran!
(e) Pls kann mithalten: Schon bei der Zungenrede war es so (1 Kor 14,17f)
Ø Ekstase: Ja, wenn es um das Gegenüber zu Gott geht.
Ø Aber der Gemeinde gegenüber: Zustand nüchterner Wahrheit.
Ø &14 Jahre – so lange her, so ferne ist das für mich. 3. Person – Zeichen der Distanz.; Im Leibe – aus dem Leibe – das weiß nur Gott – gg die Gnostiker, für die eine echte Entrückung ganz wichtig ist.
Ø Pls hat „übergroße Offenbarungen“ erlebt – und was er dort gehört hat, das darf er nicht weitersagen (man sieht ihn schmunzeln) – nicht einmal die Gegner, die sich ihm gegenüber so überlegen fühlen, dürfen es erfahren.
(f) Die Gnade genügt. Man braucht solche außerordentlichen pneumatischen Erfahrungen nicht
Ø Wenn man sie hat, unterliegt man einer Gefahr: man könnte sich „überheben“, sich größer machen, als man ist,
Ø Das „Star-Unwesen“ in Korinth konnte nur aufkommen, weil die Menschen völlig falsche Maßstäbe anlegten.
o Ihnen kam es auf das menschlich Große, das Idol an.
o Man fragte nach dem großen Menschen – ein fatales Seitenstück zur jüdischen Werkgerechtigkeit.
o yMan kann sich für Menschen begeistern wg ihrer besonderen (natürlichen) Fähigkeiten: Intellekt, Phantasie, Organisationstalent, Kräfte suggestiver Menschenbeeinflussung, - [y Mozartjahr: Wunderkind], künstlerische Formkraft, Esprit.
o ÆSo gibt es immer wieder in der Gemeinde Jesu solche, die anderen ein Prä zugestehen: größere Einsicht, größere Erfahrung, größere Nähe zu Gott, Wunderkräfte, ein höheres Konto von Gebetserhörungen
Ø Pls: Die Gnade genügt! Es wäre eine Verkehrung des Evangeliums ins Gegenteil, wenn auf einmal der religiöse Mensch interessanter wäre als der gnädige Herr;
o &4,7 würde verdreht: „...damit die überschwängliche Kraft von uns sei und nicht von Gott.“
o Was einen zum Apostel macht – oder zum Träger eines Amtes macht – sind nicht seine Vorzüge und Fähigkeiten, die ihn vor anderen auszeichnen, sondern die Gnade, die in dem Auftrag liegt.
o ÆDer Amtsträger ist kein Übermensch oder Überchrist, er hat auch keinen Vorzug vor den anderen; er hat nur den Auftrag, der in der Gnade gründet.
Ø Pls schämt sich seiner Schwachheit nicht. Er macht sie aber auch nicht zum Gesetz, als müsse man erst zu einem schwachen oder schwächlichen Menschen werden, ehe Christus etwas mit einem anfangen könnte.
o Der Herr steht in der Mitte. Der Mensch soll ihn nicht verdrängen.
Ø ÆEine große Entlastung für jeden Christen, dass sich sein Christsein nicht in besonderen Erlebnissen und Erfahrungen beweisen muss.
o ÆKeiner soll meinen, er müsse, um ein richtiger Christ zu sein, auf solches Besondere warten. Die Gnade genügt.
2. nicht Glorie, sondern Kreuz
(a) Vorstellung der Korinther: Der homo religiosus muss sein „Zuhausesein bei Gott“ mit besonderen Erlebnissen (Schauungen, Offenbarungen, Entrückungen) beweisen.
(b) Pls distanziert sich von dem anderen Paulus, der zeitweilig entrückt war.
Ø Man könnte sagen: Pls unterscheidet sein jetziges Selbst von diesem seinem zukünftigen Selbst, das in der Entrückung schon vorweggenommen war. (Schmithals, Käsemann) – Voigt denkt anders: das eschatologische Sein ist auch schon präsentisch (2 Kor 5,17): „Der eschatische Mensch ist da!“
Ø Zweigleisigkeit: Altes und Neues? Nein, denn „was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich dargegeben“ (Gal 2,20) – „Der Glaube lebt auf das Neue zu, aber er weiß, dass er (bis zur Erlösung von dem Leibe dieses Todes, Röm 7,24) im Irdischen leben muss, ‚im Fleisch, doch nicht fleischlicherweise’ (10,3).“ (Voigt 140)
(c) Gott sorgt, dass Pls auf dem Boden bleibt.
Ø Dazu muss der „Dorn im Fleisch“ dienen, den er als Satansboten erfährt, der ihn misshandelt.
o Nicht Gewissensbisse des ehemaligen Verfolgers (Schlatter), sondern eher: Krankheit.
o Pls ist ein schwer leidender Mann: 2 Kor 4,16 (Der äußere Mensch verfällt)
Ø Pls weiß, dass dieses Leiden ihm nicht nur vom Herrn gegeben, sondern auch trotz dreimaligem Betens belassen worden ist. Die Gnade genügt.
(d) Pls weiß wohl von Wundern
Ø „Zeichen des Apostels“ (12,12; vgl. Röm 15,18f) dürften Heilungswunder sein.
Ø Wunder sind Signale des Eschaton.
Ø Sie heben die Kreuzesgestalt des Wirkens Christi nicht auf.
Ø Nicht das unterscheidet Paulus von seinen Gegnern in Korinth, dass sie von der eschatischen Lichtwelt wüssten und er nicht.
o Er hält nur unbeirrt daran fest, dass bis zum Tag der Parusie des Herrn alles, was er tut, „unter dem Kreuz“ verborgen ist.
o Pls trägt das Sterben des Herrn an seinem Leibe, und gerade so wird das Leben des Herrn an ihm offenbar (2 Kor 4,10).
o Auch Jesus erwarb seine Vollendung und Kraft in der Schwachheit des Kreuzes. Paulus ist wieder: beim Wort vom Kreuz.
Ø ÆNiemand braucht ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn er von keinem Satansengel malträtiert wird. Aber das sollten wir wissen, dass Christus sein Werk unter dem Anschein des Gegenteils tut.