Und wenn Gott nicht antwortet?

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Und wenn Gott nicht antwortet?

Liebe Zuhörerinnen und liebe Zuhörer,
heute ist im Kirchenjahr der Sonntag Rogate. Rogate ist lateinisch und bedeutet auf deutsch: Betet! Darum geht es an diesem Sonntag auch um das Gebet.
In der Vorbereitung dieser Andacht wurde ich an die Biografie eines Mannes erinnert, die ich schon als Jugendlicher gelesen habe. Er hat mich einerseits faziniert, aber andererseits doch befremdet. Es war die Biografie von Georg Müller aus Bistol in England. Eigentlich stammte er aus Kroppenstedt. Das liegt in der Magdeburger Börde. Als Jugendlicher war er ein richtiger Playboy. Dennoch studierte er in Halle Theologie und fand dort zum Glauben an Jesus Christus und begeisterte sich dann über die soziale Arbeit der Frankeschen Stiftungen.
Sein Weg führte ihn nach England. Und dort nach Bristol. Die soziale Lage der Menschen war kathastrophal, besonders die der Waisenkinder. Darum begann er in Bristol ein Waisenhaus einzurichten, aber nur durch die Kraft des Gebetes, ohne persönlich bei den Leuten um Spenden zu werben. Er sagte dazu:
„Das Heim wird nur eingerichtet, wenn Gott alles Notwendige und die geeigneten Mitarbeiter schenkt. Aber ich bin mehr und mehr zu der Überzeugung gelangt, dass das seine Angelegenheit ist. Nun, wenn das so ist, kann er seine Leute in jedem Teil der Welt beeinflussen. Ich sehe nicht auf Bristol, nicht einmal auf England, sondern auf den lebendigen Gott, dem das Gold und Silber gehört. Er wird mir die notwendigen Dinge anvertrauen.“
Es war für ihn klar, sein Waisenhaus sollte ein Gebetsprojekt sein, dass allein von Gott abhängig ist, weil Gott Gebet erhört.
Dass Gott Gebet erhört und ganz besonders das Gebet des Armen, dass weiß auch ein Weisheitslehrer im Alten Testament mit Namen Jesus Sirach. Sein Enkel hat dessen Worte ein paar Jahrzehnte später aufgeschrieben. Wir lesen Sirach 35,16-22
Sirach 35:16–22 EÜ
16 Er bevorzugt niemanden gegenüber einem Armen, / die Bitte eines ungerecht Behandelten wird er erhören. 17 Er missachtet nicht den Hilferuf der Waise / und die Witwe, wenn sie ihren Jammer ausschüttet. 18 Fließen nicht Tränen der Witwe über die Wangen / 19 und richtet sich der Schrei nicht gegen den, der sie hinabfließen ließ? 20 Wer Gott wohlgefällig dient, wird angenommen / und seine Bitte dringt bis in die Wolken. 21 Das Gebet eines Demütigen durchdringt die Wolken, / und bevor es nicht angekommen ist, wird er nicht getröstet / und er lässt nicht nach, bis der Höchste daraufschaut. 22 Und er wird für die Gerechten entscheiden und ein Urteil fällen. / Und der Herr wird gewiss nicht zögern und nicht langmütig sein gegen die Unbarmherzigen, / bis er ihre Hüften zerbrochen hat.
Corona-Pandemie 2020/2021 - Wieviele Tränen sind nicht in dieser Zeit schon geflossen? Wieviel Gebetsschreie wurden nicht schon in diesen Zeit zu Gott gerufen? Wie oft hatten wir nicht das Gefühl, dass unsere Gebet nur bis zur Decke dringen und nicht bis in die Wolken also bis zu Gott? Und dann gibt es sie, diese Momente, diese Augenblicke, wo wir das Gefühl haben Gott schweigt. Gott ist nicht da.
Selbst Jesus kannte diese Gottverlassenheit, als er am Kreuz rief
Mark 15:34 LU
34 Und zu der neunten Stunde rief Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Bei Jesus und auch hier bei Jesus Sirach sehen wir: Dies ist nicht das Ende. Auch wenn wir in bestimmten Situationen des Lebens meinen, Gott hat uns verlassen und unsere Gebete werden nicht gehört, geschweige denn erhört, so dürfen wir wissen Gott hört und erhört uns dennoch. Gerade für die Leidenden und Schwachen hat Gott ein offenes Ohr.
Der Theologe Helmut Thielicke schreibt: Das Neue Testament lehrt uns auf Schritt und Tritt immer wieder, auf das Ende aller Dinge zu blicken, wo die verwirrenden Straßen unseres Lebens, an denen so viele Ruinen von Hoffnungen und Gräber unserer Liebsten und Nächsten sind, alle an ihr Ziel gekommen und die großen Friedensgedanken Gottes zu Ende gedacht sind.
Darum ist unser Festhalten am Gebet gerade auch in dieser Zeit ganz besonders wichtig. Es ist wichtig im Gespräch mit Gott zu bleiben.
Georg Müller wusste manchmal bei der Morgenandacht noch nicht, was er seinen Waisenkindern zum Frühstück geben konnte, aber durch Gebet und Gottvertrauen hatten sie immer reichlich.
Amen
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