2Kor 12,1-10 Predigt 19.02.2016 in Wittendorf und Lombach

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1. Die außergewöhnlichen Erfahrungen sind's nicht 2. Die schweren Erfahrungen verhindern's nicht 3. Jesu Kraft ist in den Schwachen mächtig.

Notes
Transcript
[a] Wir alle haben wohl schon irgendwann einmal in unserem Leben eine besondere Auszeichnung bekommen:
Ø [1] Ein guter Schüler bekommt für sein Zeugnis eine Belobigung oder sogar einen Preis.
Ø [2] Ein gelehriger Fahrschüler bekommt – nach bestandener Prüfung – den Führerschein.
Ø [3] Eine gute Sportlerin bekommt für einen schnellen Lauf oder einen weiten Sprung einen Pokal oder eine Medaille.
Ø [4] Die Hausfrau bekommt – hoffentlich nicht nur ab und zu – ein dickes Lob für das gelungene Mittagessen und den Dank für ihre unermüdliche Arbeit.
Ø [5] Ein Handwerker bekommt für seinen Fleiß und sein Geschick den Gesellen- oder sogar den Meisterbrief,
Ø [6] die Studentin für ihre Studien ein Diplom
Ø [7] Und ein treuer Sänger im Kirchenchor oder ein treuer Bläser im Posaunenchor bekommt eine Ehrenurkunde oder eine goldene Anstecknadel.
[b] Auszeichnungen tun uns gut und bei manchen von uns hängen die Auszeichnungen und Urkunden zuhause an der Wand. Und beim Draufschauen denkt man dann – vielleicht auch mit ein wenig Stolz: Ja, das habe ich geleistet. Das bin ich!
[c] Aber: Wie ist das eigentlich in Sachen Glauben mit diesen Auszeichnungen?
Gibt es da auch etwas, was einen Christen besonders auszeichnet, was man sich – vielleicht auch nur in der Vorstellung – an die Wand hängen kann, was anderen imponiert und das eigene Selbstbewusstsein aufpoliert?
Und wenn’s das gibt – was ist es dann?
Der Apostel Paulus hat sich mit diesen Fragen in einem Brief an die Gemeinde in Korinth auseinandergesetzt.
Denn dort wurde nach den Auszeichnungen des Apostels gefragt.
Was zeichnet ihn aus – was zeichnet uns aus – und worauf kommt es an? Für Paulus und auch für uns. Hören wir, was er uns schreibt.
Textverlesung 2 Kor 12,1-10
[a] Worauf kommt es für uns als Christen an?
Was brauchen wir?
Was ist die Hauptsache für unser Christsein?
Was ist der Maßstab, um von einem „erfüllten, reichen, vollmächtigen Christsein“ reden zu können?
Paulus gibt uns in diesen Versen eine dreifache und doch einfache Antwort: 1. Die außergewöhnlichen Erfahrungen sind’s nicht – die Gnade genügt. . 2. Die schweren Erfahrungen verhindern’s nicht – die Gnade genügt. 3. Die Kraft Gottes allein trägt uns durch – die Gnade genügt..
1. Die außergewöhnlichen Erfahrungen sind’s nicht
[a] Einige Christen in Korinth waren der Meinung:
Wenn dieser Paulus meint, uns etwas sagen zu dürfen, dann muss er sich zuerst einmal ausweisen. Wenn der uns belehren will, dann muss er zunächst einmal zeigen, dass er „näher an Gott dran ist“ als irgend ein „Durchschnittschrist“.
So hatten sie es nämlich bei anderen Evangelisten, die zu ihnen kamen, auch erlebt.
Ø Die konnten von außergewöhnlichen Erfahrungen berichten: von Visionen, von Offenbarungen, von etwas, was nur sie mit Gott erlebt haben.
Ø Sie sprachen von spektakulären Wundern, von Heilungen – und die Korinther – zumindest ein Teil von ihnen – waren begeistert.
Ja, so sieht vollmächtiges Christsein aus. Sie waren der Überzeugung: Das ist mehr, mehr als das, was uns Paulus mit seinem einfachen Evangelium und seiner unbeholfenen Verkündigung gebracht hat.
Die können reden, das sind Virtuosen der Sprache – und du Paulus? Was kannst du schon?
Ø „Du bist ungeschickt in der Rede“ haben sie ihm vorgeworfen.
Ø „Du bist schwach, schwächlich, du bist kränklich, ein Todeskandidat“
Ø „Paulus – wo sind deine Auszeichnungen? Als Diener des großen Herrn musst du uns was Herrliches vorweisen. Darauf kommt es an.“
[b] Liebe Gemeinde, diese Überzeugung und diese Sehnsucht gibt es bis heute. Und ich kann sie verstehen:
Dass Menschen sich nach den in ihren Augen „großen“, nach den auffälligen Geistesgaben sehnen, nach dem Zungenreden, dem Reden in frem­den Sprachen, nach Heilungen und danach, dass man ganz besondere Erfahrungen der Nähe Gottes macht.
Man sehnt sich danach, weil man meint, dass es auf diese Erfahrungen ankommt, um im Glauben wirklich vorwärts zu kommen. Dass das der Schlüssel sei oder zumindest die Auszeichnung von vollmächtigem Christsein.
[c] Paulus sagt uns: Wenn ihr mich dazu zwingt, dann will ich es euch sagen: „Ja, so etwas habe ich auch erlebt.“
Ich kenne einen Menschen“ sagt er und redet dabei ganz distanziert in der 3. Person von sich selbst:
Der wurde entrückt in den dritten Himmel, in Gottes Lebensraum, und der durfte ins Paradiesschauen und dort unaussprechliche Worte hören.
Das hat Paulus erlebt – aber er hat bisher nie davon den Korinthern gegenüber gesprochen oder geschrieben.
Weil für ihn klar ist: damit geht man nicht hausieren. Darauf ist man nicht stolz. Sich darauf etwas einzubilden, bringt’s nicht.
Bevor er seinen Bericht beginnt, schreibt Paulus im 1. Vers – wie ein Vorzeichen: Wenn es auch nichts nützt .
Wo es darum geht, im Glauben vorwärts zu kommen, in meinem Leben als Christ zu wachsen, erfülltes, reiches, vollmächtiges Christsein zu erleben, da nützt das nichts, sich dessen rühmen zu können, was man Großartiges mit Gott erlebt hat.
Das ist nicht der Maßstab. Darauf kommt es nicht an.
Sondern: Allein die Gnade genügt. Allein dasgenügt, dass Jesus Christus sich mir heute zuwendet.
Dass er mich mit den Augen seiner Liebe ansieht und sagt: „Du gehörst zu mir. Und ich bin bei dir!“ Allein die Gnade genügt – mehr brauchen wir nicht. Mehr gibt es nicht, um im Glauben zu wachsen und zu reifen, als das, was Gott uns in seinem Sohn Jesus Christus schenkt.
[d] Was können wir von dem, was Paulus hier schreibt, für unseren Glauben heute lernen?
[1] Es gibt sie auch heute noch, die außergewöhnlichen Erfahrungen mit Gott.
Ø Es gibt die wunderbare Heilung – aber heute wie zur Zeit des Paulus ist sie immer nur als Signal, als Leuchtfeuer für das, was in Gottes neuer Welt auf uns wartet, zu verstehen. Nicht als etwas, was jeder Christ für sich sozusagen beanspruchen könnte.
Ø Es gibt das Zungenreden, es gibt Zeichen und Wunder.
Das ist das Eine.
[2] Das andere, aber, was wir lernen wollen ist, dass das, was spektakulär aussieht, für uns nicht im Zentrum stehen und nicht zur Hauptsache werden darf.
Es darf die Hauptsache auch nicht verdrängen: Jesus – seine Gnade.
[3] Es stimmt: Unser Glaube macht Erfahrungen – auch großartige Erfahrungen – aber unsere Erfahrungen machen keinen Glauben. Die Gnade genügt.
2. Die schweren Erfahrungen verhindern’s nicht
[a] So wenig die großartigen Erfahrungen mit Gott für unser Glaubensleben unbedingt sein müssen, so wenig sind die schweren Erfahrungen, die wir machen, ein Hinderungsgrund für den Glauben.
Auch wenn die Korinther so dachten, und an dem schwächlichen und kränkelnden Mann aus Tarsus Anstoß nahmen. Auch wenn sie die Nase rümpften über seiner Unbeholfenheit, seiner jämmerlichen Erscheinung – dieser Mann ist mit Gottes Vollmacht unterwegs.
[b] Bis heute ist dieses Denken der Korinther weit verbreitet und tief verwurzelt:
Dass man am äußeren Wohlergehen eines Menschen, ablesen kann, wie Gott zu ihm steht.
Als gesegnet gilt, wer gesund und erfolgreich ist, dynamisch und beliebt, von den andern anerkannt.
Aber was ist, wenn es mir nicht so geht, wenn das Leiden bei mir Einzug gehalten hat.
Ø Wenn die Schmerzen mich immer wieder auf den Boden zurückholen und mich kaum einen klaren Gedanken fassen lassen.
Ø Wenn die Krankheit nach meinem Leben greift und immer mehr Besitz ergreift.
Ø Wenn ich unter den Verhältnissen in der eigenen Familie leide, weil ich nichts ändern kann.
Ø Wenn Sorge, Einsamkeit oder Trauer auf mich einstürmen?
Ist dann auch mein Glaube blockiert? Gibt es dann kein Fortkommen im Glauben mehr?
Ist das gar das Zeichen, dass Gott sich von mir abgewendet hat? Dass er mich nicht mehr liebt? Hindern diese schweren Erfahrungen nicht im Glauben?
[b] Wenn es einen Apostel im Neuen Testament gibt, dessen schwere Erfahrungen sprichwörtlich wurden, dann ist es dieser Paulus.
Er hat nicht nur die „himmlische Herrlichkeit“ sehen dürfen, sondern auch „satanische Niederträchtigkeit“ erleben müssen:
Mir ist gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe.
Worin genau der „Pfahl im Fleisch“ für Paulus bestand, darüber brauchen wir nicht spekulieren.
Paulus gibt uns nur soviel zu verstehen: Gott hat das, worunter er so sehr leidet, zugelassen, ja sogar gegeben.
Und sein Herr hat es trotz dreimaligen Betens nicht weggenommen sondern ihm belassen.
Aber das, worunter er leidet, das hindert ihn nicht, im Glauben vorwärts zu kommen.
Das hindert ihn nicht, dem Ziel Gottes näher zu kommen, sondern Paulus weiß: Es hält mich auf dem Boden – und es hält mich in der Abhängigkeit von meinem Herrn. Ihn brauche ich in jedem Augenblick. Ohne ihn kann ich nicht leben. Allein seine Gnade genügt, seine Zuwendung, seine Nähe
[c] Ich bin unendlich dankbar für diesen Einblick, den Paulus uns in sein Leben gibt.
Wenn das, was er uns schreibt, für ihn als Apostel galt, dann gilt das auch für uns:
[1] Dann gilt das, dass das Leiden, das wir an Schwerem, auch an unbegreiflich Schwerem durchmachen, zu Gottes Plan für uns gehört.
Dass uns das, was wir erleben und erleiden müssen, das, was wir nicht begreifen – und wo wir auf die Frage nach dem „Warum“ und „Wozu des Leides keine Antwort geben oder finden können – am Ende – wie es im Römerbrief heißt: zum Besten dienen muss. Gott weiß was er tut – und er kommt zum Ziel mit uns.
[2] Dann gilt auch das, dass wenn Gott unser Gebet nicht so erhört, wie wir es uns wünschen; wenn er unsere Wünsche – auch den Wunsch nach Heilung und Linderung – uns so nicht erfüllt, ich nicht automatisch denken muss: Mein Glaube ist zu schwach. Oder angefochten sein muss, dass vielleicht doch noch nicht alle Sünde und Schuld von mir genommen sei.
[3] Und dann gilt auch das, was Jesus dem Paulus sagte, mir: Lass dir an meiner Gnade genügen. Meine Gnade ist genug für dich. Ich bin genug für dich. Denn
3. Jesu Kraft ist in den Schwachen mächtig
[a] Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Man könnte auch übersetzen: Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft kommt in Schwachheit zur Vollendung – oder: Lass dich von meiner Gnade, meiner Zuwendung zu dir, meiner Nähe, meinem Durchtragen ans Ziel führen.
[b] Paulus sieht auf Jesus, den Gekreuzigten.
Dessen Weg zum Thron der Herrlichkeit, zum Offenbarwerden des Herrn aller Herren, des Königs aller Könige führte ihn nicht von Erfolg zu Erfolg, Stufe für Stufe nach oben auf der Karriereleiter, sondern ganz nach unten: von der Herrlichkeit des Himmels hinab als kleines Kind in den staubigen Stall in Bethlehem.
Durch den Staub dieser Erde bis hin zum Kreuz auf Golgatha – als Verachteter, als Ohnmächtiger starb er dort. Das war sein Weg.
Das ist Gottes Weg – auch mit uns: Nicht durch menschliche Kraft führt er zum Ziel, sondern durch seine Kraft, die gerade dort wirksam wird, wo wir nicht mehr auf unsere eigenen Kräfte vertrauen können, wo alle unsere Kräfte am Ende sind.
Wir haben einen Herrn, bei dem wir nicht stark sein müssen, sondern der uns – gerade da, wo wir gar nichts mehr können – stark macht.
Wir haben einen Herrn, bei dem wir nicht perfekt sein müssen, sondern der uns wie der liebende Vater in seine Arme schließt, und uns all unser Versagen und unsere Schuld vergibt.
Seine Gnade genügt. Mehr brauchen wir nicht und mehr gibt es nicht, um im Glauben vorwärts zu kommen und im Glauben ans Ziel zu kommen.
[c] Am Ende sagt Paulus: Darum bin ich guten Mutes ... Das ist seine Grundhaltung.
Dazu hat ihn die Gnade Jesu, die Nähe seines Herrn befähigt. Dazu, guten Mutes zu sein, in Schwachheit und Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen, in Ängsten – um Christi willen. Jesus ist für uns heute noch derselbe Herr.
Er lässt auch uns guten Mutes sein – er lässt auch uns nicht los. Er trägt auch uns durch. Ja, seine Gnade ist für uns genug. Dass er für uns ist, das ist wahrlich Auszeichnung genug. Amen.
Lied: Allein deine Gnade genügt...
(FJ I 128 - Liedblätter)
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