Von durstiger Leere zu sprudelnder Quelle

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Lesung Joh 7,37-39
37 Aber am letzten, dem höchsten Tag des Festes trat Jesus auf und rief: Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! 38 Wer an mich glaubt, von dessen Leib werden, wie die Schrift sagt, Ströme lebendigen Wassers fließen. 39 Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten; denn der Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verherrlicht.
Levi war ein junger Mann. Er lebte in Israel. Jedes Jahr pilgerte er von seinem kleinen Heimatdorf zu den drei großen Festen nach Jerusalem. Das hatte er schon als kleiner Junge mit seiner Familie so gemacht und so machte er es auch jetzt mit seiner eigenen Familie: Im Frühjahr zum Passafest und 7 Wochen später zum Pfingstfest — und im Herbst, so wie auch jetzt wieder, zum Laubhüttenfest.
Sie waren bereits seit über einer Woche in Jerusalem. Morgen sollte es wieder nach Hause gehen, doch heute stand noch der große Abschlusstag des Laubhüttenfestes an. Der letzte große Feiertag vor dem Winter. Die Stadt war voller Menschen, die sich dicht an dicht durch die Straßen und Gassen drängten. Viele wollten zum Tempel und dabei sein, wenn die Priester das Wasser in die Schalen auf dem Altar ausleerten.
So lief das jeden Morgen: Einige Priester machten sich auf den Weg hinab zum Teich Siloah. Sie füllten dort einen goldenen Krug mit Wasser und trugen ihn in einer feierlichen Prozession zum Tempel. Unter dem Jubel des Volkes und den Klängen der Tempelmusik wurde dieser Krug gleichzeitig mit einer Kanne Wein in die silbernen Schalen auf dem Altar ausgeleert. Jeder wusste, dass sie damit die Prophezeiung Jesajas erfüllten, der geschrieben hatte: „Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus dem Heilsbrunnen.“ (Jes 12,3) Das war ihr Stolz und ihre Seligkeit, dass sie diesen Heilsbrunnen besitzen und aus ihm schöpfen konnten. Und was für ein Fest das war!
Auch heute war es Levi wieder gelungen, ganz nah dabei zu sein und alles gut beobachten zu können. Insgeheim wollte er auch Priester werden, aber er war aus dem falschen Stamm Israels. Nur den Leviten, also denen, die von Levi, dem Sohn Jakobs, abstammten, war es vorbehalten, als Priester am Tempel zu dienen. Levi aber war, anders als es sein Vorname vermuten ließ, aus dem Stamm Simeon und konnte somit kein Priester werden. Nichtsdestotrotz interessierte er sich für all diese Bräuche, forschte in der Tora nach ihrem Ursprung und freute sich jedes Mal darauf, endlich wieder zum Tempel in Jerusalem zu reisen.
Doch es war mehr als nur diese Bräuche, die ihn interessierten. Und es war auch mehr als der Tempel in Jerusalem. Levi war regelrecht auf der Suche nach Gott selbst. Er wollte wissen, wer dieser Gott ist und wie er ist. Er wollte die alten Geschichten verstehen. Er wollte Gott erleben.
Die großen Feste waren dafür immer eine willkommene Gelegenheit. Sie waren voller Freude und voller Feiern. Doch manchmal kamen in Levi leichte Zweifel auf. Er war gern dabei, doch fragte er sich in hin und wieder, ob das wirklich alles sein kann. Zwar wurde das Wasser aus dem Heilsbrunnen geschöpft, aber hatte das eigentlich irgendwelche Auswirkungen auf das Leben der Menschen? Wo war das Heil in Levis Leben? Gott hatte durch den Propheten Jesaja auch gesagt: „Auf, ihr Durstigen, alle, kommt zum Wasser!“ (Jes 55,1a) — Doch wie sollte sein Durst hier gestillt werden?
Gedankenversunken schaute er dem Spektakel zu und sah gerade, wie die Priester das Wasser aus dem goldenen Krug in die Schalen auf dem Altar gossen, als er plötzlich eine laute Stimme hörte. Ein Mann rief: „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!“ (Joh 7,37b) — Levi reckte den Kopf und erspähte den Mann, der diese Worte gerufen hatte. „Wer an mich glaubt, von dessen Leib werden, wie die Schrift sagt, Ströme lebendigen Wassers fließen“ (Joh 7,38), rief der Mann weiter.
Levi war plötzlich ganz hellhörig. Die Leute um ihn herum begannen zu tuscheln: „Hast du das auch gehört? — War das nicht dieser Jesus?“ — Levi fing an, sich durch die Menge zu drängen. Von diesem Jesus hatte er auch schon viel gehört. Es hieß, er würde Kranke heilen und sogar Tote wieder lebendig machen. Doch die Pharisäer und Schriftgelehrten hatten immer schlecht über ihn geredet und seine Lehre in Frage gestellt. Aber Levi wollte ihn nun selbst sehen, wollte selbst hören, was dieser Jesus zu sagen hatte. Und er hatte sich angesprochen gefühlt, denn sein Durst war groß — sein Durst nach dem Heil, sein Durst nach Gott. In Levi keimte die leise Hoffnung auf, dass dieses Fest für ihn tatsächlich ein Freudenfest werden sollte. //
Wie wäre es Dir ergangen auf diesem Fest? Bist du noch auf der Suche nach dem wirklichen Heil, nach dem, was deine Sehnsucht erfüllt, deinen Durst löscht? Hast du das Heil schon gefunden? Oder gibst du dich noch zufrieden mit dem Feiern von Traditionen, die sehr aufbauend sein können, aber das Herz im letzten Grunde nicht erfüllen? Oder wechseln sich diese Phasen vielleicht bei dir ab?
Jesus streckt dir die Hand entgegen und ruft dir zu: „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!“ (Joh 7,37b) — Er lädt dich ein, dass du bei Ihm das Heil findest, dass Er den Durst stillt, den du in deinem Herzen verspürst, dass du bei Ihm die Antworten findest, die du vielleicht schon dein Leben lang suchst. „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!“ (Joh 7,37b) — Jesus selbst ist der wahre Heilsbrunnen, bei Ihm findest du Wasser des Lebens.
Und Jesus will dir so viel davon geben, dass es uns nicht nur ganz erfüllt, sondern dass es sogar übersprudelt, sodass du selbst zu einer Quelle lebendigen Wassers wirst: „Wer an mich glaubt, von dessen Leib werden […] Ströme lebendigen Wassers fließen.“ (Joh 7,38) — In Israel, wo Wasser ein noch viel kostbareres weil knappes Gut war und auch heute noch ist als in unseren Regionen, nannte man fließendes Wasser auch lebendiges Wasser. Es war also kein abgestandenes Regenwasser, das man mithilfe von Zisternen aufgefangen und gesammelt hatte, sondern fließendes Wasser, das Leben schaffen kann, das trockene Ufer wieder zum Leben erwecken kann, das Leben bringt, wo vorher nur Dürre war.
Es gibt dafür beim Propheten Hesekiel ein wunderschönes Bild: Gott zeigt Hesekiel, wie im Tempel ein Fluss entspringt. Dieser Fluss wird immer größer und tiefer und da, wo er hin fließt, bringt er neues Leben. Wo vorher noch karge Landschaft und Wüste war, wachsen nun grünende Bäume an seinen Ufern, die viele Früchte bringen. Sogar das Tote Meer wird wieder gesund und mit Leben erfüllt.
Zu einer solchen Quelle werden alle, die zu Jesus kommen und trinken, die bei Ihm den Durst ihres Herzens stillen lassen. — Denn so erklärt es uns der Evangelist Johannes: Das lebendige Wasser meint den Heiligen Geist, den Jesus uns verheißen hat und dessen Ausgießung wir nächste Woche an Pfingsten feiern werden. Paulus ergänzt dazu im 1. Korintherbrief ganz treffend: Wir sind der Tempel des Heiligen Geistes! Wenn wir zu Jesus kommen und trinken, wird auch aus uns das lebendige Wasser — der Heilige Geist — fließen. Und Jesus verheißt uns, dass das nicht nur ein verkümmertes Rinnsal, sondern dass es Ströme — Flüsse sein sollen.
Mit anderen Worten: Da, wo Christen hinkommen, da, wo du hinkommst, da ist Leben! Gott erfüllt dich mit Seinem Heiligen Geist und wirkt durch dich hindurch. Du trägst Seine Liebe, seine rettende Botschaft weiter; du bist ein Brief Gottes an die Welt, wie es so schön heißt. Gott möchte uns alle gebrauchen und jeden von uns zu einer Quelle lebendigen Wassers machen.
Und das einzige, was wir dafür tun müssen, ist der Einladung Jesu zu folgen: „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, von dessen Leib werden […] Ströme lebendigen Wassers fließen.“ (Joh 7,37b-38) — Die griechische Form der Wörter verrät uns dabei, dass es sich nicht um eine einmalige Sache handelt, sondern um etwas, das wir immer und immer wieder tun sollen und tun dürfen. Du darfst und sollst immer und immer wieder zu Jesus kommen und bei Ihm trinken, den Durst deines Herzens und deiner Seele von Ihm stillen lassen.
Amen.
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