So sein wie Gott

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So sein wie Gott

Liebe Gemeinde,
sie kennen vielleicht auch dieses Stapelspiel Jenga oder wie es auch in seinen verschiedenen Formen heißt. Da soll man solange mit 60 Steinen einen Turm bauen bis dieser umfällt, indem man unten heraus Steine herauszieht. Bei dem dann der Turm umfällt, der hat verloren.
Ja um eine Turmgeschichte geht es am heutigen Pfingstsonntag in unserer Predigt, bei der es letztlich auch Verlierer gibt. Denn das Projekt des Turmes ist gescheitert. Wir lesen das aus dem 1 Mosebuch Kapitel 11,1-9 (BB):
1 Damals hatten alle Menschen
nur eine einzige Sprache
– mit ein und denselben Wörtern.
2 Sie brachen von Osten her auf
und kamen zu einer Ebene im Land Schinar.
Dort ließen sie sich nieder.
3 Sie sagten zueinander:
»Kommt! Lasst uns Lehmziegel formen und brennen!« Die Lehmziegel wollten sie als Bausteine verwenden
und Asphalt als Mörtel.
4 Dann sagten sie:
»Los! Lasst uns eine Stadt mit einem Turm bauen!
Seine Spitze soll in den Himmel ragen.
Wir wollen uns einen Namen machen,
damit wir uns nicht über die ganze Erde zerstreuen.«
5 Da kam der Herr vom Himmel herab.
Er wollte sich die Stadt und den Turm ansehen,
die die Menschen bauten.
6 Der Herr sagte: »Sie sind ein einziges Volk
und sprechen alle dieselbe Sprache.
Und das ist erst der Anfang!
In Zukunft wird man sie nicht mehr aufhalten können.
Sie werden tun, was sie wollen.
7 Auf! Lasst uns hinabsteigen
und ihre Sprache durcheinanderbringen!
Dann wird keiner mehr den anderen verstehen.«
8 Der Herr zerstreute sie von dort über die ganze Erde.
Da mussten sie es aufgeben, die Stadt weiterzubauen.
9 Deswegen nennt man sie Babel, das heißt: Durcheinander.
Denn dort hat der Herr
die Sprache der Menschen durcheinandergebracht.
Und von dort hat sie der Herr
über die ganze Erde zerstreut.
Ich weiß nicht, wie es ihnen geht: Verstehen Sie immer, was die anderen Sagen? Besonders verstehen sie auch immer, was die anderen mit dem was sie sagen meinen?
Es ist natürlich wichtig, dass man überhaupt miteinader redet. Wir tun das ja eigentlich viel zu wenig? Gerade jetzt in der Corona-Zeit haben wir das ja besonders gemerkt, als wir durch Abstandhalten und Kontaktsperren nichtmehr so einfach miteinander reden und kommunizieren konnten. Da spürten wir auch wie gut doch der Schwatz über den Gartenzaun ist und wie hilfreich das Smartphone und manche digitale Enfgerät sein können. Ja und mancher reete auf einmal viel mehr miteinander gerade über das digitale.
Dennoch kennen wird das, dass wir den anderen nicht verstehen. Mit dem Nachbarn sprechen wir die gleich Sprache, haben das gleich soziale Umfeld und verstehen uns doch nicht. Oder die Eheleute stellen nach ein paar Jahren fest: “Du verstehst mich nicht” und sie gehen getrennte Wege.
Kommunikationsstöungen finden wir überall in unserem Leben, in der Arbeit, in der Kirchgemeinde, in der Familie, in der Nachbarschaft, unter Freunden im Verein und wo auch immer. Und vieles ist daran kaputt gegangen.
Wir kennen das alle. Und oft leiden wir darunter. Ich könnten nun heute Morgen einen Vortrag darüber halten Doch das ist nicht der Zweck der Predigt, sondern uns geht es darum: Was sagt die Bibel dazu?
Ihre Antwort ist erst einmal die Geschichte vom Turmbau zu Babel. Genau diese alte Geschichte will die Kommunikationsstörung der Menschen erklären. Es will die verschiedenen Sprachen auf Erden erklären und warum sich die Menschen nicht verstehen wollen und können. Für uns heute ist diese Geschichte sozusagen der Antitext zum Pfingstgeschehen, wie wir es vorhin in der Apostelgeschichte 2 gehört haben. Denn dort geschieht es: - die Überindung der Sprachbarrieren, die Überwindung der Kommunikationsstärungen, das Aufeinanderzugehen völlig fremder Menschen, eine neue Gemeinschaft und ein Neuanfang - der Aufbruch als Gemeinde - als Kirche.
Ganz anders hier. Sicher sind sie auch noch als Gemeinschaft unterwegs. Aber sie haben ein ganz anderes Ziel. Die Menschen wollen sein wie Gott. Und sie leisten ja auch etwas. Sie ziehen in eine flache große Ebene, wo kein natürliches Baumaterial vorhanden ist. Sie nutzen ihren Erfindungsreichtum und brennen Ziegel. Mit Ziegel und Schlamm bauten sie den Turm nach der Devise: größer, höher, mächtiger. Und ihr Ziel: “Gemeinsam sind wir stark!”
Die Bestrebungen dieser Siedler in Schinar sind charakteristisch für die menschliche Suche nach Utopie, aber alle Menschen in dieser Region hätten sich einem gemeinsamen System unterwerfen müssen. Unterdrückung wäre unerträglich geworden, da keine Ausnahmen von den gemeinsamen Gesetzen und Regeln erlaubt gewesen wären. Diejenigen, die an der Spitze stehen, wären die Herren, und die Menschen am unteren Ende wären dem System unterworfen.
Der Turm war ein Zikkurat-Tempel, ein massiver Ziegelstein-Treppenturm, der die Landschaft dominierte. Er stand etwa bis 330 vor Christus und wurde von Alexander den Großen zerstört. Da war er auch schon teilweise zerfallen. Reste finden sie noch mit dem Ischtar-Tor im Pergamon-Museum in Berlin. Da kann man auch die Ziegel-Technik betrachten.
Aber dennoch der Turm selber ist ja nicht das Problem, sondern das Ziel, welches die Menschen erreichen wollten: “Wir wollen uns einen Namen machen, damit wir uns nicht über die ganze Erde zerstreuen.”
Dennoch beinhaltet diese Geschichte auch etwas ironisches: “Gott muss erst einmal vom Himmel herabfahren, um zu betrachten, was die Menschen da so in ihrer Kühnheit fabriziert haben. Also soweit her scheint es mit der Höhe bis zum Himmel nicht gewesen zu sein. Es war so etwa 90 Meter.
Die Folge war nun die Sprachverwirrung, die Zerstreuung der Menschen und der Abbruch des Städtebaus Babylons. Ob die Urbanisierung Babels wirklich zu Ende war, sei einmal dahingestellt. Aber der Untergang des Reiches war eingeleitet. Daher wurde auch Babel so ein Synonym für Sprachübersetzung. Vieleicht kommt sogar das Wort babbeln davon.
So sein wollen wie Gott?
Ein alte Geschichte - aber auch ein neue Geschichte Denn auch heute wollen sich Menschen immer wieder einen Namen machen und groß sein.
Kennen Sie die St.-Ulbrichts-Kathedrale in Berlin? Die älteren werden wissen, wissen was meine. Es ist der Berliner Fernsehturm. Damit wollten sich Walter Ulbricht und die in der DDR herrschenden Ende der 60iger Jahre einen Namen machen, in dem sie den damals 2. höchsten Fernsehturm der Welt bauten. Er ist ja auch heute noch eine beliebte Sehswürdigkeit. Doch Walter Ulbricht und seine Genossen haben damals nicht mit dem lieben Gott gerechnet. Der schichte ihnen mit der Nachmittagssonne ein 10x10m großes Lichtkreuz . Alle Welt spottete über die “Rache des Papstes”. Alles Versuche das Kreuz zubeseitigen scheiterten.
Groß sein wie Gott - sich einen Namen machen - aber ohne Gott und vielleicht sogar gegen Gott - das funktioniert nicht. Es kann eine Zeitlang gut gehen, aber am Ende komm das Scheitern. In unserer Welt gibt es viele Türme, die ohne Gott gebaut werden, ind der großen Welt der Politik, aber auch in unserem eigenen Leben, manche haben sogar einen religiösen Anschein.
Nun könnte man meinen die Geschichte Gottes mit den Menschen ist zu Ende. In der Bibel ist mit dem Turmbau von Babel die Urgeschichte zu Ende. Sie endet ohne weiter Heilszusagen Gottes.
Aber Gott macht dennoch weiter. Er macht weiter mit den Menschen. Er macht weiter mit Abraham und seinen Nachkommen. Er macht weiter mit Israel. Dennoch ist dieses Weitermachen nicht reibungslos. Davon berichtet uns dann auch die Bibel. Immerwieder stehen da Störungen zwischen Gott und den Menschen und Gott muss immerwieder neu beginnen.
Dann macht Gott den großen Neuanfang durch seinen Sohn Jesus Chrisus, durch sein Herabkommen in die Tiefe des Menschsein, durch Kreuz, Auferstehung und Himmelfahrt. Und Gott und Jesus lassen uns nicht allein - Pfingsten wird. Gott schickt uns seinen Heiligen Geist. Gott kommt wieder zu uns Menschen herab. Diesmal nicht um zerstören, sondern zu verbinden. Seine Sürungen sind jetzt ganz anderer Art. Durch den Heiligen Geist stört Gott unseren Alltag. Er stört unsere Trennung. Er stört unser Nichtverstehen. Er stört unsere Herzenshärtigkeit und macht uns zur Versöhnung bereit. Wollen wir diese Störungen?
Durch den Heiligien Geist schafft Gott eine neue Form der Kommunikation mit Gott, mit mir selbst und mit meinen Mitmenschen. Das kann manchmal radikal sein und stürmisch. Denken wir nur daran Symbole für den Heiligen Geist sind unter anderen Wind und Feuer. So haben die ersten Menschen zu Pfingsten nur noch gefragt: “Was müssen wir tun?”
Sind wir bereit uns vom Heiligen Geist in unserer frommen Selbstgerechtigkeit stören zu lassen und uns im Namen Gottes dem Nächsten zu zu wenden?
Sind wir bereit uns vom Heiligen Geist in unserer frommen Selbstzufriedenheit stören zu lassen und uns einzusetzen für Not in der Nähe und in der Ferne?
Sind wir bereit uns in unserer Beschaulichkeit und vielleicht auch frommen Beschaulichkeit stören zu lassen und unsere Schuld aufzuzeigen?
Sind wir bereit auf den anderen zuzugehen - zur Versöhnung und zur Vergebung?
Der Heiliger Geist ist der große Störer!
Er ist der Zerstörer unserer Selbstgerechtigkeit!
Nur so gewinnt Gottes Reich Gestalt bei uns und in dieser Welt!
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
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