Gnade eilt dem Gericht voraus
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Gnade eilt dem Gericht voraus | Amos 7,1-9; 8,1-3
Ein 40-jähriger Mann aus Werdohl steht im Mai 2019 vor dem Amtsgericht in Altena. Bereits mit einer 18-monatigen Bewährungsstrafe behaftet hat er sich weiteres zu Schulden kommen lassen. Einkauf von Drogen, fahren ohne Versicherungsschutz und das Mitführen mehrerer Elektroschocker sind bei einer nächtlichen Kontrolle aufgedeckt worden. Es stehen 3 Jahre Gefängnis im Raum. Trotz des Schuldenbergs, den er sich angehäuft hat, kommt das Urteil anders. Claudia Oedinghofen, die Richterin, lässt Gnade vor Recht ergehen und verhängt nur eine Bewährungsstrafe von 2 Jahren.
Damit kommen wir zum Thema: Gnade eilt dem Gericht voraus. Mitgebracht habe ich euch einen Text aus dem Alten Testament. Um genauer zu sein: den Propheten Amos.
Warum das AT und warum Amos? Fragst du dich vielleicht. Wenn wir aus dem AT ein Buch auswählen sollten, dass am besten auf unser 21. Jahrhundert passt, unsere Gesellschaft und teils gelebtes Christentum wiedergibt, dann ist es Amos. Wie genau, werden gleich gemeinsam sehen.
Wenn es um Gnade geht, kommt uns zuerst immer das Neue Testament und Jesus Christus in den Sinn. Als ich mich in den letzten Monaten durch das AT gearbeitet habe, ist mir aber genau dieses Prinzip immer wieder aufgefallen. Gott lässt sich immer wieder dazu bewegen das Gericht auszusetzen.
Aus menschlicher Sicht entscheidet sich die Zukunft an dem, was wir in der Gegenwart tun und vorsorgen. Das spiegelt sich in unserer Gesellschaft wider. Heute schon an morgen denken – wird für die Altersvorsorge oder Klimaschutz geworben.
Bei unserem allwissenden Gott ist die Perspektive anders. Was in der Zukunft geschehen wird, leuchtet bereits jetzt in die Gegenwart. Der größte Gnadenbeweis in Jesus Christus, zeigt sich bereits im Alten Testament im Wesen Gottes.
Nun zu Amos. Wir befinden uns ca. im Jahr 762 vor Christus. Die Reichsteilung Israels ist bereits etwas über 170 Jahre her. Im Nordreich regiert Jerobeam II. Dieser atmet gerade die letzten Jahre seines Lebens. Jerobeam hat Samaria, die von Omri gegründete Hauptstadt neu befestigt. Teilweise beträgt die Schutzmauer eine 10 m. Dazu hat es seit längerer Zeit keine ernsten Angriffe auf Israel gegeben, da Assyrien mit nationalen Problemen beschäftigt ist. Handel mit Phönizien, Zolleinnahmen vom Karawanenverkehr zwischen Israel und Arabien, sowie die Gebietserweiterung nach Norden auf Kosten Syriens füllen die Schatzkammern Jerobeams. Der rasche Anstieg des Lebensstandards der Reichen vergrößert den Abstand zwischen Arm und Reich. Es ist eine Zeit des großen Wohlstands und der Selbstsicherheit. Dies hat soziale Missstände zur Folge und wird vom moralischen Zerfall begleitet.
In Juda regiert der gottesfürchtige König Usija. Er wird als der fähigste Herrscher nach Salomo bezeichnet. Auch hier ist die Wirtschaft im Aufschwung. Ackerbau und Viehzucht tragen zum Anstieg von Wohlstand und Sicherheit bei.
Aus Tekoa das wenige Kilometer südlich von Bethlehem liegt, kommt Amos. Ein Hirte und Züchter von Maulbeerbäumen. Gott beruft ihn zum Propheten und sendet ihn ins Nordreich. Die Situation ist für ihn keine leichte Aufgabe, denn das Nordreich ist mit Südreich verfeindet.
Doch Amos führt seinen Auftrag mutig aus. An dieser Stelle schauen wir uns Gottes Botschaft durch Amos an. Amos predigt gegen …
1. … den rapiden Anstieg im Lebensstandard der Reichen auf Kosten der Armen
2. … die große Kluft zwischen den sozialen Schichten
3. … moralische Verderbtheit
4. … selbstsüchtigen Luxus
5. … die Unterdrückung der Armen
6. … politische Korruption
7. … religiöse Rituale an Stelle von Gerechtigkeit
8. … Sittenlosigkeit
9. … Weltlichkeit
Merken wir die Parallelen zu unserer aktuellen Zeit? Trotz der Pandemie werden die Reichen immer reicher. „Europa war noch nie so reich wie heute“, hieß es in einer Schlagzeile. Gleicherweise werden die Armen ausgebeutet. Leiharbeitnehmer arbeiten für die Hälfte des Lohnes wie Festangestellte. Dabei sollen sie dasselbe leisten. Eine Ungerechtigkeit. Selbstsüchtiger Luxus und Weltlichkeit ist schon längst in unserer Gesellschaft angekommen und leider auch in den Gemeinden. Wer gibt denn heute noch bereitwillig dem Herrn, wenn er davon seinen Luxusurlaub machen kann? Sittenlosigkeit und Unmoral sind vorherrschend in unserer Zeit. Die Bewegung LGBT „pride“ macht es deutlich. Der Mensch will selbst bestimmen, was das Geschlecht angeht. Sexuelle Neigungen frei ausleben und anerkannt werden. Dazu hängen sie noch das englische Wort „pride“ mit dran, was Stolz bedeutet. Stolz sind sie ihrer Unmoral und Gottesferne. Und das sind nur einige Parallelen zu unserer Zeit heute.
In so eine Gesellschaft wird Amos gesandt, um Gottes Gericht zu verkünden. Amos gibt sich Mühe Israel wieder wachzurütteln. Dann möchte Gott ihm etwas zeigen. Lasst uns dazu gemeinsam in den Text schauen.
Die Heuschreckenplage
1 So hat mich Jahwe, der Herr, schauen lassen: Ich sah, wie er einen Heuschreckenschwarm schuf. Es war in der Zeit, als das Gras für den König gemäht worden war und das Spätgras zu wachsen begann.
2 Als die Heuschrecken alles Grün abgefressen hatten, sagte ich: "Herr, Jahwe, vergib doch! Wie kann Jakob sonst überleben? Es ist ja so klein."
3 Da hatte Jahwe Mitleid mit ihm. "Es soll nicht geschehen!", sagte er.
Das Feuer
4 Dann hat mich Jahwe, der Herr, Folgendes schauen lassen: Jahwe, der Herr, rief das Feuer zum Gericht herbei, das alles Wasser aufzehrte. Als es auch das Ackerland fressen wollte,
5 rief ich: "Herr, Jahwe, halte doch ein! Wie kann Jakob sonst überleben? Es ist ja so klein."
6 Da hatte Jahwe Mitleid mit ihm. "Auch das soll nicht geschehen!", sagte Jahwe, der Herr.
Damit kommen wir zum ersten Punkt: Wenn du in der Gnade stehst – bete für Gottferne Menschen.