Gottes Treue und Güte im Leben
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Gottes Treue und Güte im Leben
Gottes Treue und Güte im Leben
Liebe Gemeinde,
am 1. Juni 1986 begannen Tamara und ich unseren Dienst in Nobitz. Da ging auch meine Pfarrassistentenausbildung los. Wenige Tage vorher sind wir in ein etwas notdürftig renoviertes Pfarrhaus eingezogen.
Die ersten Leute aus der Gemeinde in Nobitz, die wir trafen, machten uns die Situation der Gemeinde deutlich: “Herr Pfarrer, wir sind die letzten Christen. Nach uns uns kommt niemand mehr.” Nun dass das nicht so war, das können wir heute 35 Jahre später sehen. Auch heute gibt es in Nobitz eine aktive Gemeinde. Sicher gab es da viele Auf und Ab im Leben der Gemeinde. Es gab da schwere Zeiten und viele schöne Zeiten. Ich denke an das viele schöne Erlebte in den 90iger und 2000er Jahren gern zurück, die ABM-Zeit, den Jugendclub im Pfarrhaus. Jeden Tag war etwas los. Ja und aus Mitarbeitern wurden Ehrenamtliche und mancher von denen ist sogar bis heute noch verantwortlich aktiv. Die Aktion Weihnachten im Schukarton haben wir begonnen, die bis heute läuft. Im Kirchenkreis Altenburger Land, in dem ich über 2/3 meiner Dienstzeit als Pfarrer war, wurde viel an Pfarrern, Pfarrerinnen und Mitarbeitern geschrumpft. Die Anzahl der Pfarrer von 1986 bis heute hat sich auf 1/5 reduziert. Das war und ist hart. Aber leider nötig. Nun könnte man darüber klagen, aber wenn Tamara und ich ehrlich sind, hatten wir kaum Grund dazu, eigentlich hatten wir gar keinen Grund zu klagen. Wir erinnern uns dankbar und gern an diese 19 Jahre in Nobitz, Wilchwitz und Kraschwitz und besonders an die Menschen dort. Mit manchen sind wir noch heute freundschaftlich verbunden. Gerade erst diese Woche hat uns der Frauentreff in Kriebitzsch besucht. Auch erinnern wir uns dann gern an die 9 Jahre in Fraureuth, Gottesgrün und Reinsdorf bei Greiz, besonders an die Zelttage mit der Deutschen Zeltmission in Gottesgrün und Fraureuth, an die Konzerte meines Freundes Waldemar Grab und die vielen Mitarbeiter in den Gemeinden und das gute Teamwork. Auch hier gab es immer wieder strukturelle Veränderungen, die aber die Gemeinden doch gestärkt haben. Und auch hier sind wir noch mit manchen freundschaftlich verbunden. So wie dann auch die letzten 6 Jahre mit dem Unterwegssein in den Kirchenkreisen Altenburger Land und Naumburg-Zeitz mit den Kirchgemeinden Dobitschen, Meuselwitz, Lucka und Zipsendorf, Schkölen und Osterfeld und am Schluß hier im Wieratal. Der wechselnde Dienst in den Gemeinden war auch noch einmal ein erfahrungsreiches Erleben und brachte viele schöne Begegnungen mit immer wieder tollen Menschen.
Für uns waren diese 35 Jahre erlebnisreiche und gesegnete Jahre. Für Tamara waren die Jahre in Fraureuth etwas anstrengend und manchmal hart, besonders im Winter. Musste sie jeden Tag 80 km auf Arbeit und zurück fahren. Da sind wir dankbar, dass es nahezu unfallfrei war.
So können wir wirklich dem Predigttext dieses Sonntag mit seinem Lobpreis von ganzen Herzen zustimmen. Besonders auch dem dreifachen Gut, dass der Prophet im 2. Teil sagt. Der Predigttext steht in den Klageliedern des Propheten Jeremia Kapitel 3,21-27.31-32:
[21] Deshalb will ich in mich gehen und meine Hoffnung auf den Herrn setzen:
22] Ja, seine Güte hört nicht auf. Sein Erbarmen hat noch lange kein Ende.
[23] Jeden Morgen erbarmt er sich von Neuem. Gott, deine Treue ist unfassbar groß.
[24] Ich bekannte: »Der Herr ist alles für mich! Deshalb setze ich meine Hoffnung auf ihn.«
[25] Der Herr ist gut zu dem, der auf ihn hofft, zu dem Menschen, der nach ihm fragt.
[26] Gut ist es, sich in Geduld zu üben und still zu warten auf die Hilfe des Herrn.
([27] Gut ist es, wenn einer sein Leid trägt, wie er als junger Mann eine Last getragen hat.)
[31] Wenn der Herr einen Menschen verstößt, dann verstößt er ihn nicht für immer.
[32] Auch wenn er straft, erbarmt er sich wieder. Unfassbar groß ist seine Güte.
Wir werden heute mit zurückgenommen in eine schlimme Zeit des Volkes Israel und in ein Stück dunkle Familiengeschichte des Propheten Jeremia. Eigentlich ist es den Leuten zum Heulen und zum Schrein zumute. Und das tun sie auch, wenn wir die restlichen Kapitel dieses Klagelieder-Buches lesen. Ja die Menschen klagen Gott regelrecht an, dass man sich sogar fragt: Kann man so etwas mit einem Gott überhaupt tun? Kann man so mit Gott umgehen?
Aber das es soweit gekommen ist, dass die Israeliten in die babylonischen Gefangenschaft kamen und dass sogar der Gott Israels von den Nachbarvölkern verspottet und ausgelacht wurde, daran sind die Menschen des Volkes Israel erst einmal selbst schuld, denn sie haben ihrem Gott nicht vertraut und nicht an ihn glaubt. Dem Gott, der sie durch die Wüste aus Ägypten geführt hat, dem Gott, der zu ihnen gesagt hat: “Ich bin, der ich sein werde. Ich bin, der der mit euch geht.” Da waren die Götzenfiguren der Nachbarvölker, warum auch immer, ihnen manchmal viel viel interessanter. Vielleicht frei nach dem Motto: “Das was man nicht hat, ist das Spannendere.”
Und angefangen hat dieses Nichtvertrauenwollen schon 400 Jahre vorher mit dem König Salomo, der seine Macht mit einem Brudermord gefestigt hatte, in dem er seinen Stiefbruder Adonija umbringen ließ, obwohl dieser ihn um Gnade gefleht hatte, nach dem er den Kampf um den Königsthron verloren hatte.
Salomo hat dann auch den treuen Hohepriester seines Vaters David, den Abjatar in die Verbannung nach Anatot geschickt hat, weil dieser ihn nicht bei seiner Machtübernahme unterstützt hatte. Jeremia selber ist wahrscheinlich nun ein Nachkomme dieses Abjatars.
Die Könige nach Salomo haben bis auf den König Josia nicht auf Gott vertraut und so steuerte das Volk auf den Abgrund der babylonischen Gefangenschaft zu. Die Propheten, die es in dieser Zeit gab, waren meistens falsche Propheten. Sie verkündeten Heil und gutes Leben. Sie predigten nicht Gottes Botschaft, sondern redeten den Leuten nach dem Mund.
Es war gerade wie jetzt vor den Wahlen bei uns, wo die Politiker, jeder Gruppe von Wählern alles versprechen - und am Ende weiß aber jeder genau: Das geht nicht auf, denn das ist nicht bezahlbar. Man kann die Politiker gar nicht mehr anhören. Die Wahlsendungen im Fernsehen sind keine Lust mehr, sondern eher eine Qual.
Die wenigen Propheten, die wirklich in Gottes Namen ihre Botschaft verkündeten und die Menschen warnten, wurden ignoriert, manchmal verspottet, verbannt, ins Gefängnis geworfen oder sogar getötet. Auch Jeremia erfuhr selbst ein ähnliches Schicksal und landete im Gefängnis und wurde wahrscheinlich nach Ägypten verschleppt.
So war das Schicksal des Gerichtes unausweichlich für das Volk Israel und jetzt sitzen sie da, der Großteil in Babylon in der Verbannung und noch ein kleiner Rest im zerstörten Jerusalem und klagen. Aber auch persönlich empfindet der Prophet das sehr leidvoll und klagt mit seinem Volk.
Vielleicht sagen wir jetzt: Hey, wir leben im 21. Jahrhundert also 2720 Jahre später, was geht es uns das Ganze an? Nun unsere Welt befindet sich doch in einer ähnlichen Situation. Wo finden wir heute noch Gottvertrauen? Wie viele Menschen kehren sich von Gott ab? Ich habe am Anfang einen kurzen Aufriß von meinen Dienst als Pfarrer gegeben. Viele Menschen sind mir in diesen 35 Jahren begegnet. Dennoch fanden die wenigsten zum Glauben an Jesus Christus. Natürlich sind manche im Glauben gestärkt worden und haben Lebenshilfe erfahren. Aber dennoch gibt es die Vielen, die nicht glauben!
Da geht es hier nicht um die große globale Welt? Sondern um die Menschen hier vor Ort in unseren Dörfern und Städten? Was legen wir für Fundamente? Fundamente, auf denen das Zeugnis des Glaubens gebaut werden kann, oder Fundamente des Neides und der Zwietracht?
In all diesen Fragen und Klagen, die wir in den Klagelieder Jeremias finden, weil der Prophet den Eindruck hat, dass Gott sich aus dieser katastrophalen Welt verabschiedet hat, kommt er dann doch zum Schluss, dass dieser Gott doch da ist.
Auch wir klagen Gott an, über den Schicksalsschlägen unseres Lebens, über den Nöten, den Krankheiten wie Corona, über die Unfälle im Leben, über den Tod lieber Angehörige und Freunde, über berufliches und familiäres Versagen und vieles andere mehr.
Der Prophet selber kommt dann plötzlich zu einem ganz anderen Ergebnis im Bezug auf das Verhältnis mit Gott: Klagelieder 3,22 “Die Güte des Herrn ist’s, dass wir nicht gar aus sind.”
Es ist also schon die Güte Gottes, dass wir überhaupt leben, egal wie wir leben und egal was wir erleben. Das ich bin, das ich lebe und existiere, ist die Güte Gottes. Unabhängig davon, wie mein Leben aussieht. Ich glaube, wenn wir uns diese Worte des Propheten bewusst machen, dann haben wir ganz schön zu buchstabieren.
Das Leben ist also an sich schon lebenswert, weil es von Gott kommt. Damit beendet dieser Vers eigentlich alle Diskussion über lebenswertes und lebensunwertes Leben. Angefangen vom Schwagerschaftsabbruch, weil das Kind behindert ist, über Euthanasie bis hin zur Selbsttötung. Das Leben ist lebenswert, weil es von Gott kommt. Es ist seine Güte, dass wir leben. Nun ich weiß dem wird vielleicht mancher widersprechen, aber lassen wir es einmal stehen.
Und dann heißt es weiter (und ich bleibe jetzt beim Luthertext): “Seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß.” Klgl 3,22–23
Für mich beginnt zur Zeit der Tag folgendermaßen: Ich starte am Morgen mit einer Tasse Kaffee meinen Computer und rufe den Social-Media-Dienst Twitter auf. Dort lese ich die Herrnhuter Losung und verbreite sie noch über Twitter. Dann erstelle ich von einem der beiden Texte eine kleine Grafik und schreibe dazu eine kurze Microandacht, welche ich dann zusammen mit der Grafik über verschiedenen Social-Media-Kanäle verbreite. Das Lesen der Losungen, das Nachdenken, in dem ich eine Grafik erstelle und eine Microandacht schreibe, machen mir genau das jeden Morgen bewusst, dass jeder Tag neu aus Gottes Güte heraus beginnt.
Vielleicht ist es bei ihnen etwas anderes? Das Lesen der Herrnhuter Losung oder eines Bibelabschnittes, oder ein Morgengebet, das Hören einer christlichen Andacht oder eines Liedes oder etwas anderes. So etwas kann hilfreich sein, den Tag ganz neu mit Gott zu beginnen und sich gerade am Morgen die Treue Gottes bewusst zu machen.
Un nun kommen wir noch zu dem dreifachen Gut, welches ich vorhin schon angedeutet habe und zu dem uns der Prophet ermutigt:
[25] Der Herr ist gut zu dem, der auf ihn hofft, zu dem Menschen, der nach ihm fragt.
[26] Gut ist es, sich in Geduld zu üben und still zu warten auf die Hilfe des Herrn.
([27] Gut ist es, wenn einer sein Leid trägt, wie er als junger Mann eine Last getragen hat.)
Das erste Gut ist Gott selbst. Der Prophet macht deutlich, trotz allem, was im Leben geschieht, trotz aller Schicksalsschläge, trotz aller auf und ab im Leben, trotz aller Unfälle, Katastrophen und Kriege, eines steht fest: Der Herr ist gut, zu dem der ihm vertraut, an ihn glaubt und auf ihn hofft. Das ist gewiss.
Das zweite Gut ist das Warten können, Geduld zu haben, auf Gottes Hilfe. Wer hat von uns noch Geduld? Diese Geduld hier ist aber kein stoisches Ausharren, sondern es ist ein aktives Ausruhen in der Güte Gottes, in der hoffnungsvollen Erwartung, dass die eigenen Lebensprüfungen ein Ende haben werden. Denn es gibt Zeiten, da kann ein Leidender nur auf Gott warten. Doch dieses Warten ist gut, denn Gott ist es wert, dass man auf ihn wartet. Seine Rettung wird zu gegebener Zeit kommen, entsprechend seinem Willen und seinem Zeitplan.
Ja und das dritte Gut, da geht es um das Jungsein, um die Jugend - Schicksalserfahrungen in der Jugend, die stark und weise für das Alter machen. Ihr kennt ja auch den Ausspruch: “Was Hänschen nicht lernt, das lernt Hans nimmer mehr”. Vielleicht ist das auch hier ein stückweit so. Jeremia spricht an dieser Stelle aus eigener Lebenserfahrung.
Ich weiß nicht, wie es euch geht. Ich spüre richtig das Ringen des Propheten Jeremia, wie er von der Klage und der Anklage Gott gegenüber hin zum Gottvertrauen und sogar zum Lobpreis und zur Anbetung kommen will.
Auch wenn für ihn Gott erst einmal dunkel und verborgen ist. Er sieht in Gott dennoch die einzige Rettung und Hilfe. "Denn der Herr verstößt nicht ewig; sondern er betrübt wohl und erbarmt sich wieder nach seiner großen Güte."
Dieses Gottvertrauen in den guten aber auch in den den schweren Zeiten des Lebens, das wünsche ich euch auch für die Zukunft eures Lebens. Möge Gott mit seinem Segen bei euch sein auch in den Zeiten, wo uns Gottes Treue und Barmherzigkeit zur Frage werden, dass uns immer neue Hoffnung, neuer Mut und fester Glaube wächst.
Ich weiß, wenn Tamara und ich jetzt im nicht mehr im aktiven Dienst sind, sondern im Ruhestand, dann haben wir viel Grund Gott zu Loben und zu Danken und können auch hoffnungvoll in die Zukunft schauen und unserer weiteres Leben Gott anvertrauen.
Liebe Gemeinde,
das war meine letzte Predigt! - bis nächsten Sonntag in Großstechau und übernächsten Sonntag hier in Flemmingen und in Frohsdorf.
Amen.