Vortrag Frauenkreis

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Die Kirche ist im Wandel

“Ecclesia reformata semper reformanda” ist ein Wahlspruch des großen Theologen Karl Barth gewesen. “Die reformatorische Kirche hat sich immer zu reformieren.” Das heißt Stillstand darf es in der Kirche nicht geben. Das heißt ein: Das haben wir immer schon so gemacht, ist das pure Gift für die protestantische Kirche. Kirche ist im Wandel. Das ist ein Kerngedanke der schon seit Martin Luther die Antriebsfeder des Protestantismus ist. Denn hätte Martin Luther gesagt: Das haben wir immer schon so gemacht. Dann hätte er nie seine provokanten 95 Thesen gegen den Ablasshandel verfasst. Hätte die protestantische Kirche auch später immer gesagt: Das haben wir schon immer so gemacht, dann gäbe es keine nassauische Union und die daraus resultierende Leuenberger Konkordie, welche dafür sorgt, dass Lutheraner, Reformierte und Unierte Protestanten gemeinsam das Abendmahl feiern können und noch wichtiger ohne kirchliche Probleme heiraten könnten.
Würde die Kirche sagen: Das haben wir schon immer so gemacht, dann wäre die Ordination von Frauen ins geistliche Amt vor gut 60 Jahren nicht eingeführt worden und später nicht die Zölibatsklausel für evangelische Pfarrerinnen gekippt worden. Würde die Kirche sagen: Das haben wir immer schon so gemacht, dann gäbe es bis heute keine ökumenischen Angebote. Wir würden eher sagen: Diese Papisten sollen uns gestohlen bleiben.
Wie gut also, dass die Kirche immer im Wandel ist. Und wie besorgniserregend. Denn waren das was ich bis jetzt geschildert habe eher langsame Prozesse die sich über Jahrzehnte oder Jahrhunderte hingezogen haben, so erleben wir gerade in der Kirche nichts weniger als den Beginn eines radikalen Wandels.
Dieser radikale Wandel lässt sich auch statistisch erfassen. In der Freiburger Studie hat die Evangelische Kirche Deutschland untersucht, wie sich die Mitgliederzahl voraussichtlich bis 2060 entwickeln wird. Ergebnis ist, dass bis 2060 von den zur Zeit ca. 21 Millionen Menschen die in Deutschland zur evangelischen Kirche gehören, werden es 2060 voraussichtlich nur noch 10 Millionen sein. Also eine Halbierung der Gemeindegliederzahl. Um es etwas anschaulicher zu gestalten unsere 4000 Menschen starke Gemeinde wird dann nur noch 2000 Menschen stark sein. Hinzu kommt die Überalterung der Gesellschaft. Das heißt im Klartext immer weniger Ehrenamtliche die sich für die Gemeinde einsetzen können. Bleiben ja noch die Hauptamtlichen. Aber auch hier wandelt sich ein radikaler Wandel an. Die EKHN hat zur Zeit ca. 1500 Pfarrer:innen. Bis 2025 wird davon rundeweg ein Drittel der Pfarrerschaft in den Ruhestand gehen. Schön wäre es, wenn die Ruhestandssetzungen durch Ordinationen aufgefangen würden. Aber diesen frommen Wunsch kann sich die Landeskirche nicht erfüllen. In der Regel ist die Landeskirche froh, wenn sie pro Jahr 40 Theolog:innen zu Pfarrer:innen ordinieren kann.
Wir merken: Die Arbeit ist viel, die Arbeiter im Weinberg des Herrn sind wenig. Oder anders gesagt die Kirche ist im Wandel. Und dabei haben wir es hier noch gut. Hier sind ca. 1600 Kirchenmitglieder notwendig damit eine Kirchengemeinde Anspruch auf einen Pfarrer setzen kann. Schauen wir rüber in die rheinische Kirche, sieht das schon wieder ganz anders aus. Dort sind 3600 Kirchenmitglieder notwendig, damit eine Pfarrstelle existieren kann. Oder um das auch anschaulich zu gestalten. Würde Idstein zur rheinischen Kirche gehören, gäbe es in Idstein nur eine Pfarrstelle und nicht wie zur Zeit zwei Pfarrer die für sie da sind. Kirche ist im Wandel.
Das merkt auch die Kirche. Deswegen hat sie das Projekt EKHN2030 ins Leben gerufen. Hier wird geschaut, wie die Kirche mit all diesen Änderungen trotzdem noch eine lebendige Kirche bleiben kann. Klar ist: “Das haben wir schon immer so gemacht.” Ist nicht die Antwort auf die Herausforderungen. Denn bleibt alles so wie es die letzten Jahrzehnte war, dann wird die Kirche untergehen. Was eine evtl. Zukunft sein könnte, das können wir bei unseren römischen Geschwistern sehen. Weg vom Kirchturm denken: Meine Gemeinde, meine Veranstaltung hin zu einem geweiteten Blick, welcher die Augen offenhält, was kann man in der Region anbieten, wie kriegen wir Leute aus verschiedensten Orten zusammen an einen Tisch. Was wir dazu brauchen? Den Mut der ersten Christinnen und Christen, die aufgebrochen sind und radikal Neues gewagt haben. Denn eines ist im Glauben auch sicher: NIchts ist beständiger als der Wandel.
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