Zur Freiheit berufen
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Zur Freiheit berufen
Zur Freiheit berufen
Vor 104 Jahren wurde der Vorläufer des Deutschen Institut für Normierung gegründet. Seit dem bemüht man sich in Deutschland um Normen in allen Bereichen des Lebens. Am bekanntestes ist ja das zum Beispiel beim Papier. Da sprechen wir sogar unter anderem zum Beispiel von DIN A4. Aber auch bei anderen Produkten gibt es Normen. Heute besonders wichtig um sie von den Biligprodukten aus China zu unterscheiden.
Dass es unterschiedliche Normierungen in der Welt gibt, merken wir spätestens, wenn wir ein Produkt aus der USA oder England kaufen. Da wird vieles zum Beispiel in Inch und nicht wie bei uns in Zentimeter angegeben. Bekannte von mir hatten sich ein Haus von einer Firma aus Kanada bauen lassen. Sie hatten dann bei Reperaturen an der Wasserleitung große Probleme, weil die Rohrleitungsmaße nicht übereinstimmten. Sie brauchten dann Adapter.
Dennoch merken wir, wie wichtig prinzipiell Normen und Ordnungen für unser menschliches Zusammenleben sind. Doch es gibt auch welche, die uns einschränken und begrenzen, die überflüsig sind, ja die uns in eine Art Gefängnis stecken. Auch im Bezug auf unseren Glauben als Christen. Sie kennen vielleicht auch die Aussagen: “Als Christ darfst du dieses nicht, als Christ darfst du jenes nicht!”
Darum warnt der Apostel Paulus und schreibt so an die Christen in Galatien:
1 Christus hat uns befreit, damit wir endgültig frei sind. Bleibt also standhaft und unterwerft euch nicht wieder dem Joch der Knechtschaft! 2 Seht doch! Ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr euch beschneiden lasst, wird Christus euch nichts nützen. 3 Ich sage es noch einmal jedem, der sich beschneiden lässt, in aller Deutlichkeit: Er ist dann verpflichtet, das ganze Gesetz einzuhalten. 4 Ihr habt dann mit Christus nichts mehr zu tun. Jeder, der durch das Gesetz vor Gott als gerecht gelten will, hat damit die Gnade verspielt. 5 Wir aber dürfen durch den Heiligen Geist hoffen, aufgrund des Glaubens vor Gott als gerecht zu gelten. 6 Denn wenn wir zu Christus Jesus gehören, spielt es keine Rolle, ob jemand beschnitten ist oder nicht. Es zählt nur der Glaube, der sich in Liebe auswirkt.
Eigentlich brauche ich deine Worte nicht, lieber Paulus, wir leben ja in dem Jahrhundert der Selbstverwirklichung und der Selbstbefreiung. Es zählt heute nur noch, was ich mache und wie ich mich nach außen verwirklichen kann. Es zählt nur noch mein Können und die Stärke meiner Arme. Ich bin es, der da zählt und der sich verwirklicht. Ich bin es selbst, der sich frei macht.
Aber ist das wirklich so?
Und dennoch sind da Mauern zwischen Menschen, und nur durch Gitter sehen wir uns an. Unser versklavtes Ich ist ein Gefängnis und ist gebaut aus Steinen unsrer Angst.
So heißt es in einem Lied, das wir früher gern in der Jugend gesungen haben. Ist das nicht eigentlich unsere wahre Lebenserfahrung? So einfach freisein geht doch nicht. Da gibt es viele Mauern und viele haben wir selbst errichtet, aus Angst. Und wenn wir heute von Freiheit und Selbstverwirklichung reden, dann ist das geprägt von Angst, Mauern und letztlich Selbstbeschränkung.
Die Christen in Galatien haben durch Paulus die befreiende Erfahrung durch das Evangelium von Jesus Christus erfahren. Es macht frei von den Zwängen des Lebens, frei von den falschen Göttern, frei von Ängsten und Nöten, frei von Gesetzen und Geboten. Er sagt: Die wahre Freiheit ist geprägt durch Liebe, durch die Liebe Gottes!
Und dann kommen auf einmal irgend welche Leute und sagen: “Also ihr seid noch keine richtigen Christen - zum richtigen Christsein fehlt euch noch das Wahre, das Eigentliche - ihr müsst euch bescheiden lassen - ihr müsst erst Juden werden, ehe ihr Christ werdet!” - Christwerden auf Umwegen!
Also Christwerden auf Umwegen - das erinnert uns ein wenig an Martin Luther und an sein streitbares Gegenüber, den Ablasshändler Johann Tetzel “Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!". - Du kannst dir die Freiheit mit Geld erkaufen.
Du musst noch etwas dazu tun, damit dein Seelenheil endgültig verbrieft und sicher ist. Mache noch ein gutes Werk! - Nein, sagt Paulus: Durch Jesus Christus bist du schon frei. Er hat dich zur Freiheit berufen und diese Freiheit darfst Du leben.
Doch das ist nicht so einfach, diese wirkliche Freiheit zu leben: Wir wissen es doch, wie viele Menschen auch heut noch diese vermeintliche Freiheit, der Selbstbefreiung und Selbstverwirklichung leben und heute noch mehr als früher und es wird leider auch ganz stark in Kirche propagandiert.
Seit über ein einhalb Jahren leben wir mit der Pandemie Corona und gerade in dieser Zeit ist das Thema Freiheit ein ganz wichtiges Thema unter uns Menschen, nicht nur hier in Deutschland, sondern in vielen Ländern unserer Welt, besonders im Zusammenhang mit den Einschränkungen der Corona-Maßnahmen. Der Ruf nach Freiheit ist groß, aber es ist eben mehr ein Ruf nach Selbstbestimmung als ein Ruf nach der wahren Freiheit und meistens wird diese wahre Freiheit mit Egoismus verwechselt.
Denn wer von der wahren Freiheit spricht, der spricht dann eben nicht nur von der eigenen Freiheit, sondern auch von der Freiheit des anderen. Dann muss es heißen: Freiheit, was nützt sie mir? Und was nützt sie dem anderen? Was nützt sie dir? Kann ich um der Freiheit des anderen willen auf meine Freiheit verzichten?
Paulus macht deutlich, was wichtig ist und was zählt, wenn er schreibt: “Denn wenn wir zu Christus Jesus gehören, spielt es keine Rolle, ob jemand beschnitten ist oder nicht. Es zählt nur der Glaube, der sich in Liebe auswirkt.”
Ohne diesen Glauben an Jesus Christus ist Freiheit immer eine egoistische Freiheit. Der Glaube bewirkt da, wo er echt ist, das Gottes Gnade geschieht. Sie geschieht aus der Liebe Gott heraus und drückt sich in der Liebe zu den Geschwistern aus. Glaube, der sich in Liebe ausdrückt, ist etwas, was für unser Christsein wichtig ist.
Dann überwinden wir auch die Mauern und Gittern, auch gerade die, die sich durch die Corona-Pandemie und über den Streit des Impfens und Nichtimpfen, so wie über allen Verwörungstheorien unter uns Christen entstanden sind und die uns wirklich unfrei gemacht haben. Nur so kann auch die gute und richtige Toleranz im Miteinander entstehen.
Im Gesangbuch habe ich noch ein Wort von Martin Luther gefunden, der uns damit hinweist, wie wichtig Glaube und Liebe für uns ist auch für unsere Freiheit als Christen:
“Zum Festhalten am Glauben und an der Liebe wird ein großer und unerschrockener Mut erfordert. Wie könnte ein solcher Mut besser beschrieben werden, als wenn er eine starke Liebe genannt wird? Denn die Liebe hat über alles andere die Vorherrschaft.”
Lasst uns den Glauben in Liebe leben und uns gemeinsam gewiss sein, was uns der Apostel Paulus zuruft:
Zur Freiheit hat uns Christus befreit! Amen!