Predigt EfG-Wölmersen - Rechenschaft

Geistliches Wachstum  •  Sermon  •  Submitted
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Einleitung

Stell dir doch einmal folgende Situation vor: Ich bin der Chef einer kleinen Firma, die vor wenigen Jahren gegründet wurde und seitdem ständig wächst. Du bist meine recht Hand, also sozusagen der stellvertretende Direktor (oder so ähnlich). Nun möchte ich gerne die Firma weiter ausbauen, indem ich eine Zweigstelle in den USA einrichte. Dazu muss ich für einige Monate in die Staaten und dort alles vorbereiten. Ich treffe die nötigen Vorbereitungen, um auch meine Familie mitnehmen zu können (schließlich kann es ja auch etwas länger dauern. Man weiß ja nie ...). Dich mache ich für die Zeit meiner Abwesenheit zum Chef. Ich sage dir, dass ich dir regelmäßig Briefe und Emails schicken werde, um dir Anweisungen und Hilfestellungen zu schicken.
Also fliege ich in die USA und du bleibst. Die Monate vergehen. Aus den USA kommen regelmäßig Briefe und Mails zu dir in die Firma. In ihnen schreibe ich dir, was ich gerne möchte und was du tun sollst. Dann, nach einer langen Zeit, komme ich zurück. Gleich nach der Ankunft fahre ich ins Büro. Und ich bin entsetzt! Der Rasen vor dem Gebäude ist zu einer ungepflegten Wiese geworden. Ein paar Fenster zur Straße hin sind kaputt.
Ich gehe hinein und sehe die Rezeptionistin, die sich gerade die Fingernägel lackiert, Kaugummi kaut und ihren Lieblingssender im Radio hört. Ich schaue mich um. Die Papierkörbe quellen über, der Teppichboden ist offenbar seit Wochen nicht mehr gesaugt worden, und niemand scheint irgendwie erschrocken darüber, dass der Chef der Firma zurückgekehrt ist.
Ich frage nach dir, und irgend jemand in dem überfüllten Aufenthaltsraum zeigt den Gang hinunter und ruft: „Ich vermute mal, er ist dort drüben“. Etwas verwirrt mache ich mich in diese Richtung auf und treffe dich dabei an, wie du gerade mit dem Verkaufsleiter eine Partie Schach zuende spielst. Ich sage dir, dass du in mein Büro kommen sollst (das zwischenzeitlich offenbar zu einem Fernsehraum für die Nachmittagsserien umfunktioniert worden ist). Dort frage ich dich:
„Was um alles in der Welt ist denn hier los?“
„Keine Ahnung, was du meinst, Chef.“
„Na schau dir doch mal diesen Ort an! Hast du denn keinen meiner Briefe bekommen?“
„Briefe? O ja – natürlich. Habe sie alle erhalten. Es ist sogar so, Chef, dass wir dafür eine Briefstudienzeit jeden Freitag Abend eingerichtet haben, seit du weggegangen bist. Außerdem haben wir das Personal in kleine Gruppen aufgeteilt und viele der Dinge, die du uns geschrieben hast, darin durchdiskutiert. Einige dieser Dinge sind wirklich hoch interessant! Es wird dir sicher gefallen, dass ein paar von uns sogar eine Reihe von Sätzen und Abschnitten aus deinen Briefen auswendig gelernt haben. Ein oder zwei können sogar den einen oder anderen Brief ganz auswendig! Doch – die Briefe enthalten echt großartige Aussagen!“
„Okay, okay – ihr habt meine Briefe bekommen, habt sie studiert und über sie nachgedacht und sie sogar auswendig gelernt. Aber wie habt ihr das umgesetzt, was in ihnen steht?“
„Umgesetzt? – Äh – eigentlich überhaupt nicht ...“
Diese kleine Geschichte ist eigentlich nichts anderes als eine etwas modernere Version eines Gleichnisses, das Jesus erzählt hat. Es steht in Matthäus 24,44-51
Matthäus 24,44–51 NeÜ
So solltet auch ihr immer bereit sein, denn der Menschensohn wird dann kommen, wenn ihr es gerade nicht erwartet.“ „Wer ist denn der treue und kluge Diener, dem sein Herr aufgetragen hat, der ganzen Dienerschaft zur rechten Zeit das Essen zuzuteilen? Wenn nun sein Herr kommt und ihn bei dieser Arbeit findet – wie sehr darf sich dieser Diener freuen! Ich versichere euch: Sein Herr wird ihm die Verantwortung über seine ganze Habe übertragen. Wenn der Diener aber ein böser Mensch ist und denkt: ‚Mein Herr kommt noch lange nicht!‘ und anfängt, die anderen Diener zu schlagen, während er sich selbst üppige Mahlzeiten gönnt und sich gemeinsam mit anderen Trunkenbolden betrinkt, dann wird sein Herr an einem Tag zurückkommen, an dem er es nicht erwartet hat, und zu einer Stunde, die er nicht vermutet. Er wird diesen Diener hart bestrafen und ihn dorthin bringen lassen, wo die Heuchler sind und wo das große Weinen und Zähneknirschen anfängt.“
In diesem Gleichnis geht es um ein wichtiges Thema in der Bibel: Rechenschaft. Jesus hat uns als Christen diese Welt anvertraut. Hier sollen wir in seinem Namen und an seiner Stelle arbeiten. Und eines Tages wird er zurückkommen (oder wir treten vor ihn, weil unsere Zeit auf der Erde abgelaufen ist - je nachdem was zuerst passiert) und dann wird er Rechenschaft von uns fordern. Das hat Jesus in vielen unterschiedlichen Gleichnissen gesagt, z.B. auch in dem Gleichnis von den unterschiedlichen Geldsummen, die zu verwalten waren.
Rechenschaft - das ist das Thema, mit dem wir uns heute beschäftigen wollen. Wir werden das in zwei Schritten tun: 1. Rechenschaft vor Gott und 2. Rechenschaft vor Menschen. Im zweiten Punkt schauen wir uns dann noch verschiedene Aspekte näher an. Aber zunächst möchte ich ein paar grundlegende Gedanken zu unserer Rechenschaft vor Gott sagen.

1. Rechenschaft vor Gott

Paulus schreibt Römer 14,12:
Römer 14,12 NeÜ
Also wird jeder von uns für sich selbst vor Gott Rechenschaft abzulegen haben.
Jesus hat es sogar noch schärfer formuliert:
Matthäus 12,36 NeÜ
Ich sage euch: Am Tag des Gerichts werden die Menschen Rechenschaft über jedes nutzlose Wort ablegen müssen, das sie gesagt haben.
Ich muss gestehten, dass diese Aussage gerade mir, der ich gerne rede und oft auch mal ohne Nachzudenken, schon manchmal Angst gemacht hat. Was werde ich da sagen, wenn ich vor Gottes Gericht stehe? Vielleicht denkst du jetzt: Aber als Christen kommen wir doch überhaupt nichts in das Gericht - oder?
Ich glaube, dass wir hier einem beliebten Missverständnis aufgesessen sind. Wenn du Christ wirst, also wenn du ganz bewusst Jesus Christus zum Herrn deines Lebens machst, dann wird alle Schuld deines Lebens vergeben. Jesus ist ja dafür gestorben. Das ist es übrigens, was wir heute im Abendmahl feiern, an was wir uns erinnern: Meine Schuld ist vergeben und ich komme nicht mehr in das Gericht. Das ist die Botschaft von dem Kelch, den wir gemeinsam trinken. Wer die Vergebung durch Jesus angenommen hat, kommt nicht mehr in das Gericht.
Gemeint ist damit das Gericht Gottes über diese Welt, wenn er darüber entscheidet, wer für immer gerettet und wer für immer verloren ist. Jesus sagt dazu:
Johannes 5,24 LUT84
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.
Die Frage, wo du deine Ewigkeit zubringen wirst, ist also geklärt, wenn du Jesus zum Herrn deines Lebens gemacht hast. - Übrigens: Wenn du das noch nicht getan hast, oder wenn du dir da nicht so sicher bist, dann lade ich dich ganz herzlich ein, nach dem Gottesdienst auf mich oder einen anderen Gemeindemitarbeiter zuzukommen. Wir reden gerne mit dir darüber und helfen dir, das fest zu machen.
Vielleicht ist dir aufgefallen, dass ich gesagt habe “Jesus zum Herrn deines Lebens machen”. Und genau darum geht es jetzt. Er ist der Herr. Und deshalb sind wir ihm gegenüber auch verantwortlich für unser Tun. Und müssen eines Tages Rechenschaft ablegen. Man nennt das dann das sogenannte “Preisgericht”. Ein Gericht, in dem es nicht mehr um die Frage geht, ob du gerettet oder verloren bist. Aber darum, wie du dein Leben in Verantwortung vor deinem Herrn gelebt hast.
Eines Tages müssen wir Rechenschaft ablegen für unser Leben. Ich weiß, dass dieser Gedanke sehr unpopulär ist. Aber er ist entscheidend wichtig für unser geistliches Leben. Ohne diese Verantwortung vor Gott und das Wissen, dass wir einmal für unser ganzes Leben Rechenschaft geben müssen, würden wir uns geistlich nicht weiterentwickeln, wäre geistliches Wachstum eine Nullnummer für uns. Denn wenn am Ende alles egal ist - warum sollte ich mich da anstrengen?
Schmidt vergleicht das mit unserer Erziehung. Er schreibt in seinem Buch:
“Wir haben unser Gemüse gegessen, unsere Hausaufgaben gemacht, unsere Zähne geputzt, gebadet und uns zu einer vernünftigen Zeit schlafen gelegt, weil es Menschen gab, die uns den Auftrag gegeben und uns gefragt haben, ob wir ihn ausgeführt haben. Wenn uns niemand zur Verantwortung gezogen hätte, wären die meisten von uns mangelernährte, ungebildete, übermüdete und verschmutzte kleine Rotzlöffel geblieben.”
Ich mache übrigens die gleiche Erfahrung seit über 30 Jahren in meinem Beruf. Am Anfang war ich da nämlich sehr idealistisch. Ich unterrichte nur Menschen, die 1. volljährig sind, 2. Christen sind und 3. sich für einen geistlichen Dienst ausbilden lassen wollen. Sie sitzen also nicht gezwungermaßen vor mir, sondern weil sie sich dafür entschieden haben. Also müsste man doch eigentlich meinen, dass sie so viel Eigeninitiative und Lernbereitschaft haben, dass sie das, was ich ihnen vermitteln möchte, gerne aufnehmen und dass ich sie durch gute Argumente motivieren kann, ihre Aufgaben zu erledigen und den Unterrichtsstoff zu lernen.
Wie gesagt - ich war sehr idealistisch. 33 Jahre später bin ich zu der felsenfesten Überzeugung gekommen, dass kein Mensch lernt, wenn es keine Prüfungen und Tests gibt. Wenn es also keine Rechenschaft über das Gelernte gibt. Gut, vielleicht bin ich da etwas zu pessimistisch. Vielleicht gibt es ihn doch - den Menschen, der gerne und von sich aus lernt, ohne dass er dafür irgendeinen Druck braucht. Aber ich bin ihm - vielleicht mit ein oder zwei Ausnahmen - noch nicht begegnet :-).
Halten wir fest: Wir alle müssen einmal vor Gott Rechenschaft ablegen für unser Leben. Rechenschaft hat mit Verantwortung zu tun. Weil wir von Gott Verantwortung übertragen bekommen haben, erwartet er auch von uns den Gehorsam. Und wir müssen einmal darüber Rechenschaft ablegen. Paulus sagt das so:
2. Korinther 5,10 NeÜ
Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl des Christus erscheinen. Und dann wird jeder den Lohn für das bekommen, was er in seinem Leben getan hat, mag es nun gut oder schlecht gewesen sein.
Noch einmal: hier geht es nicht darum, ob wir gerettet sind und in den Himmel kommen. Das entscheidet sich daran, wie wir zu Jesus stehen und ob er unser Herr ist. Es geht vielmehr darum, wie wir in den Himmel kommen - ob das gerade so ist (Paulus sagt: “wie durch das Feuer hindurch”), oder ob Gott zu uns sagt: “Gut gemacht, mein treuer Knecht”.
Nun ist dieses Wissen über eine Rechenschaft vor Gott am Ende der Welt etwas, was sehr weit weg ist. Und solche Dinge neigen dazu, in Vergessenheit zu geraten. Noch einmal aus meiner Erfahrung als Bibelschullehrer: Dass ein Studierender weiß, dass am Ende der vier Jahre Examen anstehen, ist natürlich eine sehr wichtige Sache. Aber es genügt nicht, um ihn während dieser vier Jahre Tag für Tag zu motivieren. Dazu braucht es in den einzelnen Fächern Tests, Prüfungen, Hausarbeiten. Es muss also nicht nur die große Rechenschaft am Ende geben, sondern auch die kleine im Alltagsgeschäft. Und da sind wir bei dem zweiten Gedanken:

2. Rechenschaft vor Menschen

2.1 Die Gemeinde

Gott hat uns ja als Christen in eine Gemeinde hineingestellt. Christen gibt es grundsätzlich nicht als Einzelkämpfer. Und diese Gemeinschaft von Christen, die Gemeinde, hat eine klare Aufgabe: Jeder soll da für den Anderen bzw. die Andere da sein. Markus Pfeil hat am letzten Sonntag das Bild des Leibes aufgegriffen. Er hat gesagt, dass es wohl kein besseres Bild dafür gibt, was Gemeinde ist. Ich stimme dem absolut zu. Im Epheserbrief schreibt Paulus:
Epheser 4,11–12 NeÜ
Und er hat die einen als Apostel gegeben und andere als Propheten. Er gab Evangelisten, Hirten und Lehrer, damit sie die, die Gott geheiligt hat, zum Dienst ausrüsten und so der Leib des Christus aufgebaut wird
Das heißt doch, dass die Verantwortlichen in der Gemeinde (Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer) vor allem den Auftrag haben, die Menschen in der Gemeinde für ihren Dienst auszurüsten. Aber nicht nur die Verantwortlichen werden hier angesprochen. Paulus fährt fort:
Epheser 4,15–16 GN
Vielmehr stehen wir fest zu der Wahrheit, die Gott uns bekannt gemacht hat, und halten in Liebe zusammen. So wachsen wir in allem zu Christus empor, der unser Haupt ist.Von ihm her wird der ganze Leib zu einer Einheit zusammengefügt und durch verbindende Glieder zusammengehalten und versorgt. Jeder einzelne Teil erfüllt seine Aufgabe, und so wächst der ganze Leib und baut sich durch die Liebe auf.
“Jedes einzelne Teil erfüllt seine Aufgabe”. Luther übersetzt, dass “jedes Glied das andere unterstützt.”
Wir sind also als Gemeinde dafür da, dass wir uns untereinander unterstützen. Das ist dann das zweite Bild, das wir im Abendmahl feiern: das Brot als ein Bild für die Gemeinde Gottes, sein Leib. Paulus sagt: “Das Brot, das wir brechen, das ist doch die Gemeinschaft seines Leibes.” Wenn wir also gleich Abendmahl feiern, dann 1. weil wir durch Jesus Christus die Vergebung unserer Schuld erlebt haben und 2. weil wir dadurch ein Teil an seinem Leib, der Gemeinde geworden sind. Das bedeutet die Bilder Wein und Brot.
An dieser Stelle muss ich einmal kurz innehalten. Wir werden gleich unser Thema fortführen. Aber ich will es einfach noch einmal ganz klar und deutlich sagen: DU BRAUCHST DIE GEMEINDE UND DIE GEMEINDE BRAUCHT DICH! Wenn du zu Jesus gehörst, dann gehörst du auch zur Gemeinde. Hier sind Menschen, die für dich verantwortlich sind und du für sie. Das ist etwas, was sich ganz konkret in einer Gemeinde vor Ort mit Menschen aus Fleisch und Blut verwirklichen muss. Niemand kann geistlich gesund sein und wachsen, indem er sich als Teil der weltweiten Gemeinde Jesu versteht, aber das nicht konkret in die kleine Münze des Alltags einer Gemeinde vor Ort umsetzt.
Und weil Gemeinde so wichtig ist für das geistliche Wachstum von uns, hat der Teufel auch ein so großes Interesse daran, uns diese Gemeinde madig zu machen. Er tut das auf ganz verschiedene Arten und Weisen. Vielleicht indem er uns die Fehler unserer Gemeinde vor Augen führt. Und seid euch da ganz sicher - die gibt es reichlich, und zwar in jeder Gemeinde. Einfach weil Gemeinde nun mal aus Menschen besteht.
Oder der Teufel schickt uns auf die Suche nach einer noch besseren Gemeinde. Church-hopping (Gemeindespringen), so nennt man das manchmal. Solange du dich nicht verbindlich irgendwo festmachst und einbringst, ist für den Teufel alles ok. Eine ganz moderne Methode dafür ist übrigens in den letzten beiden Jahren populär geworden. Man könnte es “Church-switching” nennen - das hin und her schalten zwischen den verschiedenen Lifestream-Angeboten. Ganz bequem von zuhause aus meint man, dass man ja alles bekommt, was man braucht, wenn man sich Online-Gottesdienste anschaut.
Nun will ich das überhaupt nicht grundsätzlich schlecht reden. Wir streamen ja auch und werden das auch in unserem neuen Gebäude von Anfang an einplanen. Dadurch erreicht man viele Menschen, die sonst nicht in einen Gottesdienst gehen. Und auch den einen oder die andere, die das aus gesundheitlichen Gründen nicht können, nun aber wenigstens so am Gemeindeleben teilnehmen können. Aber um geistlich zu wachsen brauchst du mehr. Dafür brauchst du andere Christen, live und in Farbe. Das muss nicht unbedingt der Gottesdienst sein. Aber es muss eine verbindliche Form der Gemeinschaft mit anderen Christen sein. Das ist übrigens auch einer der Gründe dafür, dass wir so stark unser neues Kleingruppenkonzept betonen.
Lasst mich noch eine letzte Möglichkeit erwähnen, wie der Teufel uns daran hindern kann, wirklich verbindlich in einer Gemeinde vor Ort verankert zu sein. Es sind die anderen Menschen. Die mit den komischen Ansichten und Meinungen. Auch hier gibt es in den letzten Monaten eine ganz neue Art von “komischen Ansichten und Meinungen”. Da sind die, die sich nicht impfen lassen. Oder die, die sich natürlich impfen lassen. Die, die Masken für Unsinn und Corona für eine Grippe halten. Oder die, die sich ängstlich zu Hause verkriechen und am liebsten nur noch in einen Gottesdienst gehen wollen, wenn alle geimpft oder genesen sind.
Mir gehst es jetzt gar nicht um eine Stellungnahme zu diesen Fragen. Das ist sicher ein Thema, über das man miteinander reden muss. Aber eben miteinander. Und nicht nur übereinander. Ich habe den Eindruck, dem Teufel ist hier ein Meisterstück gelungen. Wir zerstreiten uns über so eine blöde Frage, die nichts mit unserem geistlichen Auftrag zu tun hat. Und bleiben getrennt, statt miteinander zu ringen. Mir ist das in dieser Woche in meiner persönlichen Bibellese so bewusst geworden, dass ich hier auch selbst schuldig geworden bin. Dass meine Haltung denen gegenüber, die hier anders denken als ich, eine Haltung von oben herab war. Und ich möchte das wirklich ändern. Deshalb auch die Bitte an dich: Lass doch nicht zu, dass unsere geistliche Schlagkraft darunter leidet, dass wir in diesen Fragen unterschiedlicher Meinung sind! Lass nicht zu, dass der Teufel diese Fragen benutzt, um uns als Christen zu trennen und dadurch geistlich uneffektiv zu machen.
Kommen wir zurück zu unserem eigentlichen Thema: Rechenschaft. Eine gute Möglichkeit, dieses Wissen um die große Rechenschaft am Ende, sozusagen das Examen unseres ganzen Lebens vor dem lebendigen Gott, in die Münze des Alltags umzusetzen ist, dass wir voreinander hier und heute schon Rechenschaft ablegen. Am Besten geht das, indem wir uns einen Menschen suchen, dem wir vertrauen und dem wir erlauben, in unser Leben hinein zu reden und uns infrage zu stellen. Schmidt nennt solche Menschen “Rechenschaftspartner”.

2.2 Rechenschaftspartner

Eigentlich wissen wir alle aus eigener Erfahrung, wie wichtig das ist. Da hat man sich vorgenommen, regelmäßig Sport zu machen - aber wenn niemand da ist, mit dem du das zusammen machst, oder der dich nach der Woche fragt, ob du Sport gemacht hast, ist der Ruf der Couch doch meist stärker.
Das gilt auch geistlich. Wenn du vorankommen möchtest, dann such dir einen anderen Menschen, dem du vertraust. Jemand, dem du dann ganz bewusst das Recht erteilst, ja sogar die Pflicht, dich zu fragen, wie es gerade läuft geistlich gesehen. Ob du dein Vorhaben, regelmäßiger in der Bibel zu lesen, umsetzt. Ob du dein Leben als Christ in der vergangenen Woche im Beruf deutlich hast werden lassen. Ob du in den letzten Tagen wieder im Internet unterwegs gewesen und Pornos angeschaut hast. Usw.
Ein Rechenschaftspartner kann hier eine echte Hilfe sein. Natürlich können diese Aufgabe auch mehrere Menschen übernehmen. Vielleicht ist die Kleingruppe, in der du bist, ein solcher Ort. Vielleicht nicht für alle genannten Themen. Aber man könnte ja die Gruppe bitten, immer wieder einmal nachzufragen, wie man mit einem bestimmten Problem klar kommt.
Es gibt hier keine Vorgabe, wie du das machen musst. Es geht eher darum, dass du für dich den Weg findest, wie du dir selber dabei helfen kannst, geistlich Verantwortung für dein Leben zu übernehmen. Und - ganz wichtig - das ist auch nichts, was man einfordern könnte. Die Kleingruppe kann nicht erwarten, dass du dich mit deinen Problemen öffnest. Du entscheidest, ob und wieweit du das machst.
Das gilt auch für den nächsten Gedanken zum Thema Rechenschaft:

2.3 Beichte

Jakobus schreibt:
Jakobus 5,16 NeÜ
Bekennt also einander die Sünden und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet. Das Gebet eines Gerechten ist wirksam und vermag viel.
Einander Sünden bekennen - das ist es, was mit dem Begriff “Beichte” gemeint ist. Nun ist das in unseren freikirchlichen Kreisen nicht so üblich. Vielleicht auch als Reaktion darauf, dass es im Laufe der Kirchengeschichte oft als Pflicht verstanden wurde. Man musste zur Beichte gehen. Und nur allzu oft hat die Kirche und haben die in der Kirche Verantwortlichen ihre Macht dadurch ausgeweitet, dass sie die Beichte verpflichtend machten und den Beichtenden alle möglichen Strafen für ihr Vergehen aufgelegt haben.
Beichte biblisch verstanden ist etwas anderes. Es geht darum, mit einem Problem, einer Sünde, mit der man nicht alleine fertig wird, zu einem anderen Christen zu gehen und diese Sünde, dieses Problem gemeinsam zu Gott zu bringen. “Betet füreinander”, sagt Jakobus. Bei der Beichte geht es nicht um die Frage, ob meine Sünde vergeben ist. Das ist am Kreuz geschehen. Dafür muss ich sie auch nicht vor einem anderen Menschen beichten. Es geht vielmehr darum, wie sehr sie mich noch belastet, obwohl sie vergeben ist. Und wie sehr mich diese Sünde immer wieder einholt und neu zu Fall bringt.
In solchen Fällen kann es äußerst hilfreich sein, zu einem anderen Christen zu geben, dem man vertraut, und ihm zu beichten. Der Kirchenvater Augustin hat es so gesagt: “Der Beginn der guten Werke ist das Bekennen der bösen Werke.”
Manche nutzen das sehr intensiv. Für andere ist es etwas, was sie nur selten tun. Auch hier kann man keine Regel aufstellen. Es ist eher ein Angebot. Wenn du merkst, dass du mit einer bestimmten Sünde, einer bestimmten Versuchung, einem bestimmten Problem nicht alleine klar kommst, dann nutze die Verheißung Gottes, dass “das Gebet eines Gerechten wirksam ist und viel vermag”, wie Jakobus sagt. Nutze die reinigende Kraft der Beichte. Und vielleicht kann das dann auch der Startpunkt sein, dass du diesem Menschen, dem du gebeichtet hast, dann das Recht erteilst, immer wieder einmal nachzufragen, wie es dir mit diesem Problem in der letzten Zeit ergangen ist - Rechenschaftspartner also zu sein.
Eine besondere Form dieser Rechenschaftspartnerschaft möchte ich noch kurz erwähnen: die Zweiferschaft.

2.3 Zweierschaft

Ich muss sagen, dass ich mich mit diesen Gedanken immer ein wenig schwer getan habe. Ich hatte eine sehr enge Vorstellung von “Zweierschaft”. Zwei Menschen, die sich regelmäßig trafen und geistlich wie persönlich begleiten. Das gibt es sicher. Aber so etwas zu fordern, dagegen wehrte sich irgendwie alles in mir.
Auf der anderen Seite war mir klar, dass die Bibel voll ist von solchen Zweierschaften. Immer, wenn Jesus seine Jünger mit einem Auftrag losschickte, schickte er sie in Gruppen zu zweit. Und schon im Predigerbuch heißt es:
Kohelet 4,9–12 NeÜ
Zwei sind besser dran als einer, denn sie haben einen guten Lohn für ihre Mühe. Wenn sie fallen, hilft der eine dem anderen auf. Doch weh dem Einzelnen, der hinfällt, und keiner ist da, der ihm aufhilft. Wenn zwei zusammenliegen, wird ihnen warm. Doch wie wird ein Einzelner warm? Ein Einzelner ist leicht zu überwältigen, doch die zwei halten stand. Und eine dreifache Schnur zerreißt nicht so schnell.
Ich habe in der Vorbereitung ein wenig über mein Leben nachgedacht. Und ich stellte fest, dass ich das eigentlich immer gehabt habe. Mehr oder weniger intensiv. Aber da war immer jemand, mit dem ich in besonderer Weise gemeinsam unterwegs war. Während meines Studiums, als ich Pastor war, dann hier am Seminar. Ich habe das nicht “Zweierschaft” genannt. Und es hatte auch nicht diesen “offiziellen” Charakter. Aber diese Zweierschaften haben mich ungeheuer geprägt. Sie haben mir sehr gut getan und mir dabei geholfen, immer wieder einmal Rechenschaft abzulegen, zu beichten, Hilfe zu suchen und dadurch geistlich voranzukommen.
Am Ende der Predigt möchte ich dich daher einladen: Sei verbindlich. Such dir einen Menschen, der in dein Leben hineinreden darf. Vielleicht nur in einem bestimmten Bereich. Oder nicht so hochoffiziell. Aber ganz konkret. Jemand, bei dem du beichten kannst, wenn du ein Problem nicht allein bewältigst. Jemand, der dir hilft, damit du am Ende vor Gott Rechenschaft ablegen kannst und er zu dir sagt: “´Du bist mein treuer Knecht”. Und vergiss bei all dem nicht, das Gott für dein geistliches Wachstum die Gemeinde nutzen will. Entziehe dich der Gemeinde darum nicht. Denn auch dich will Gott ja benutzen für das geistliche Wachstum der anderen in der Gemeinde. Sein Ziel ist, dass wir alle gemeinsam immer mehr wachsen und ihm immer ähnlicher werden.
Amen
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