Das größte Geschenk
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Lesung 1. Johannes 3,1-2 (BasisBibel)
1 Seht doch, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat:
Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es tatsächlich.
Doch diese Welt weiß nicht, wer wir sind. Denn sie hat Gott nicht erkannt.
2 Ihr Lieben, jetzt sind wir Kinder Gottes.
Aber was wir einmal sein werden, ist noch gar nicht sichtbar.
Wir wissen jedoch: Wenn es offenbar wird, werden wir Gott ähnlich sein.
Denn dann werden wir ihn sehen, wie er ist.
Ihr Lieben,
gestern haben wir in unseren Familien um den geschmückten Tannenbaum gesessen, uns ordentlich den Bauch voll geschlagen — ich bin ehrlich froh, dass ich es auf die Kanzel hoch geschafft habe — und dann die in mühevoller Arbeit liebevoll eingepackten Geschenke innerhalb von Sekundenbruchteilen weniger liebevoll wieder geöffnet.
Beim Anblick des Inhaltes haben wir uns gefreut über das neue Besteck-Set, das wir uns so sehnlichst gewünscht hatten. Wir haben gestaunt, dass es CD’s überhaupt noch zu kaufen gibt. Wir haben in uns hinein gegrinst, weil wir schon lange wussten, dass die 27 Packungen Toffifee für uns sind. Und vielleicht hat der ein oder andere auch geflucht: Schon wieder sehr sehr „schöne“ Weihnachtssocken… Am besten laufen solche Abende ja immer bei den „Wir-schenken-uns-diesmal-nichts-Paaren“, wo sich das Nichts beim einen plötzlich als Diamantring mit 24 Karat herausstellt und beim anderen eben als Nichts.
So mag gestern Abend jeder von uns seine ganz eigenen Gefühlsregungen gehabt haben. Ich hoffe, sie waren bei euch positiv.
Prinzipiell werden wir ja gern beschenkt. Geschenke sind ein Ausdruck von Liebe und Aufmerksamkeit, von Wertschätzung und Zuneigung. Und irgendwie sind Geschenke auch unverdient, sonst wäre es ja ein Lohn und kein Geschenk. Auch wenn Eltern ihren Kindern gern etwas anderes erzählen: Das Verhalten in der Adventszeit ändert doch nichts an der Größe der Geschenke, denn es sind Geschenke; der Beschenkte muss sie sich nicht verdienen.
So war das auch mit dem ersten Weihnachtsgeschenk, das es gab. Weihnachten begann schon vor über 2.000 Jahren damit, dass wir beschenkt wurden. Gott machte uns das größte Geschenk, das Er geben konnte: sich selbst. Gott wurde Mensch, Er entschied sich, sich selbst zu geben, selbst Mensch zu werden.
Es gibt diesen schönen Spruch: „Schon viele Menschen wollten Gott sein — aber nur ein Gott wollte Mensch sein.“ (Wdh.) Gott kommt aus Seiner Herrlichkeit in unsere Niedrigkeit, aus Seinem Licht mitten hinein in unsere Dunkelheit. Er bringt uns Sein Licht, das alle Dunkelheit vertreibt und ist uns ganz nah.
Für Johannes, den Verfasser des gleichnamigen Briefes, ist es das größte Geschenk, dass wir Gottes Kinder sind: „Seht doch, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es tatsächlich.“ (1Joh 3,1a)
Wie — im wahrsten Sinne des Wortes — unfassbar ist die Vorstellung, dass wir Gottes Kinder sind! Wir dürfen zu Gott kommen, wann immer wir wollen; wir müssen nicht erst um eine Audienz bitten. Wir können Ihm uneingeschränkt vertrauen, so wie ein kleines Kind seinen Eltern uneingeschränkt vertraut. Wir können Ihm alles erzählen: das, worüber wir uns freuen, aber auch das, was uns Sorgen macht; Gott hört uns zu, freut sich mit uns und trägt unsere Sorgen. Selbst unsere Fehler dürfen wir vor Ihm ausbreiten und darum wissen, dass Er die Dinge wieder gerade rückt.
Er ist der gute Vater, besser als jeder Vater hier auf der Erde es sein könnte. Er ist liebevoll und stark, sorgt sich um uns und beschützt uns. Er hat gute Ideen für unser Leben und lässt uns nie im Stich. Er hat immer ein offenes Ohr und kräftige Schultern zum Ausweinen. Seine Gedanken über uns sind gut und Seine Pläne vollkommen. Wie wunderbar ist es, ein Kind dieses guten Vaters sein zu dürfen!
Doch nicht jeder versteht das. Etwas kryptisch schreibt Johannes, dass „diese Welt nicht weiß, wer wir sind. Denn sie hat Gott nicht erkannt.“ (1Joh 3,1b)
Leider sind nicht alle Menschen Gottes Kinder, so sehr Gott sich das auch wünscht. (1Tim 2,4 u.a.) Zwar sind alle Menschen Gottes Geschöpfe, geschaffen, um mit Ihm in Gemeinschaft zu leben, doch wissen wir selbst, dass viele Menschen von Gott nichts wissen wollen und Sein Angebot in den Wind schlagen. Wer sich von Gott abwendet, verzichtet auf das Angebot, Sein Kind sein zu dürfen.
Und so ist es natürlich nicht verwunderlich, dass diejenigen, die an Gott glauben und zu Seinen Kindern gehören, bei all jenen, die eben das ablehnen, auf Unverständnis stoßen. Wie sollte jemand die Größe, Tiefe und Weite der Liebe Gottes auch nur ansatzweise erfassen und lieb gewinnen können, der nie davon geschmeckt hat? Wer sollte sich der Fürsorge Gottes gewiss sein, der sich Ihm nie anvertraut hat? Es gibt Dinge, die muss man selbst erleben, um sie zu verstehen.
Ich hatte einen solchen Aha-Moment bei der Geburt unseres Sohnes. Oft hatte ich vorher Sätze gehört wie: „Die Liebe, die Eltern für ihr Kind empfinden, ist viel größer und mit nichts anderem vergleichbar. Dieses Gefühl ist unbeschreiblich.“ Da hab ich immer gedacht: „Also kommt, Leute, ich weiß auch, was Liebe und Freude ist. Tragt hier mal nicht so dick auf.“ Manchmal haben mich diese Sätze auch genervt; ich konnte sie nicht nachvollziehen. Aber an jenem Tag vor reichlich zwei Jahren, als unser Sohn zur Welt kam, habe ich auf einmal begriffen, dass solche Sätze die Wahrheit sind. Ich habe plötzlich eine Liebe gespürt, die ich so noch nie empfunden hatte. Ich habe Rotz und Wasser geheult, weil ich so überwältigt war beim Anblick dieses kleinen Menschen. —
Genauso ist es mit Gott. Das Gefühl, Gott zu begegnen, Seine Liebe zu spüren, von Seinem Frieden erfüllt zu werden, Gottes Kind sein zu dürfen — einfach so, das kann man niemandem plausibel erklären, der es noch nie erlebt hat.
Ich kann dich nur einladen: Wenn du keine Ahnung hast, was ich hier erzähle und du damit nichts anzufangen weißt, dann probier es einfach mal aus. Bitte Gott darum, dass du Sein Kind sein darfst, dass Er in dein Leben kommt. Lege Ihm alles hin, was du mit dir trägst, alles Schöne ebenso wie alles Schlechte.
Und wenn du noch nicht einmal sicher bist, ob es diesen Gott überhaupt gibt, dann sprich einfach nur: „Gott, wenn es Dich gibt, dann zeig Dich mir.“ Gott ist groß genug, um auf dein Gebet zu antworten; und gleichzeitig ist Er nur ein Gebet entfernt.
„Seht doch, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es tatsächlich.“ (1Joh 3,1a) — Dieses Angebot unterbreitet Gott jedem von uns. Dafür ist Er selbst Mensch geworden und auf diese Erde gekommen. Er hat alles ausgeräumt, was zwischen Ihm und uns steht und sich selbst für uns gegeben. Das ist Sein Geschenk an uns, der Grund warum wir Weihnachten feiern.
An dieser Stelle könnte die Predigt wohl zu Ende sein, doch Johannes setzt in seinem Brief noch einen drauf: „Ihr Lieben, jetzt sind wir Kinder Gottes. Aber was wir einmal sein werden, ist noch gar nicht sichtbar. Wir wissen jedoch: Wenn es offenbar wird, werden wir Gott ähnlich sein. Denn dann werden wir ihn sehen, wie er ist.“ (1Joh3,2)
Ein Kind Gottes zu sein ist schon ein Riesenprivileg! Aber das ist noch lange nicht alles. Eines Tages werden wir Gott sehen, Ihm gegenüber stehen von Angesicht zu Angesicht — Ihm in die Augen sehen. Wir werden Ihm ähnlich sein, denn dann haben wir Gott erkannt, so Johannes.
Dabei geht es keineswegs um eine langweilige Gleichmacherei, wir werden immer noch sehr unterschiedliche Menschen sein, jeder mit seinem einzigartigen Wesen, aber wir werden Gott ähnlicher werden — in Seiner Liebe, in seinem Frieden, in Seiner Heiligkeit und Vollkommenheit.
Indem Gott in Jesus Mensch wurde, hat das alles schon begonnen — alle, die an Ihn glauben, sind jetzt schon Gottes Kinder —, doch die Vollendung erwartet uns erst, wenn wir ganz in Seiner Gegenwart leben. Auf dieses Geschenk dürfen wir uns noch freuen: Gott gegenüber zu stehen und Seinen unendlich liebevollen Blick mit unseren eigenen Augen zu erfassen.
Bis zu diesem Zeitpunkt leben wir im Vertrauen auf diese Verheißung und in der Gewissheit, dass wir schon jetzt Gottes Kinder sind, von Ihm geliebt, begleitet und reich beschenkt.
Amen.