2. Gottes Bundesschluss mit Abram. Gen 15, 7–21

Vater Abraham  •  Sermon  •  Submitted
0 ratings
· 13 views
Notes
Transcript
…vom Höheren zum Niedrigeren.
Nicht Abram schloss einen Bund mit Gott, sondern Gott schloss einen solchen mit Abram. Der erfolgte Bundesschluss wäre für die Zukunft von sehr geringer Tragweite gewesen, wenn er von Abram und nicht von Gott ausgegangen wäre. Der Mensch kann zwar hineingezogen werden in das Handeln Gottes, aber niemals kann Gott hineingezogen werden in das Tun des Menschen. Auch der beste Wille und der reinste Entschluss des Menschen versagen in den nächsten Augenblicken des wechselvollen Lebens, wenn nicht Gott für sie der Inspirierende war, und wenn sie sich nicht durch höhere Kraft getragen wussten.
Gottes Offenbarung hatte Abram soeben in eine viel völligere Vertrauensstellung Gott gegenüber hineinziehen können. Nun will Gott ihm durch den Bundesschluss enthüllen, dass im Blick auf all das Verheißene die Garantien für alle Zukunft nicht in Abram, sondern allein in Gott liegen werden. Wenn der weit Stärkere den weit Schwächeren in ein Bundesverhältnis hineinzieht, so geschieht es immer um des Schwachen willen, damit er im engsten Anschluss an den Starken gewinne, was er ohne ihn niemals gewinnen könne.
Darauf sprach Er zu ihm: „Ich bin Jahve, der Ich dich aus Ur-Kasdim geführt habe, dir dieses Land zu geben, damit du es in Besitz nehmest.“
Da sprach er: „Adonai Jahve, woran soll ich wissen, dass ich es ererben werde?“
Gott hatte Abram für die fernere Zukunft etwas Schweres und Dunkles zu enthüllen, daher erinnerte Er ihn zu nächst an die außerordentliche Errettung aus Ur in Chaldäa, die er erlebt hatte. Abram sollte wissen, wie es Gott nicht unmöglich war, ihn aus dem Glutofen Kasdims zu erretten, so wird es Ihm auch nicht unmöglich sein, einst den Samen Abrams aus dem Feuerofen Ägyptens zu führen. Welche Schwankungen daher auch im natürlichen Verlauf der Geschichte eintreten mögen, welchen Widerstand die herrschenden Weltmächte auch der dem Abram gegebenen Gottesverheißung entgegenzusetzen wagen: „Ich habe dich aus Ur-Kasdim geführt, dir dieses Land zu geben, es in Besitz zu nehmen!“.
War nun Abrams Frage: „Jahve, mein woran werde ich wissen, dass ich es in Besitz nehmen soll?“ eine Frage nach einem Zeichen der Gewissheit, dass das Verheißene eintreten werde, oder aber eine Frage nach dem Zeitpunkte, wann dieses große In-Besitz-nehmen beginnen werde?
Sollte Abrams unerwarteter Sieg über Kedorlaomer und dessen Verbündeten bereits der erste große Schritt auf dieser Linie gewesen sein?
Hätte die Besitznahme des verheißenen Landes für Abram und seine Nachkommen auf dieser Linie gelegen, so wäre seine Geschichte und die seines Samens niemals ein Wunder Gottes in der Völkerwelt geworden.
Er wäre auch nur ein Held unter den vielen Helden der Geschichte gewesen, niemals jedoch der Vater der Glaubenden geworden, der der Menschheit durch seine Separation und sein Vertrauen zu Gott das Vorbild einer völlig neuen Existenzbasis und Heilszukunft zu geben vermochte. Wir nehmen daher an, dass es sich in Abrams Frage weit mehr um den Zeitpunkt der Besitznahme handelte, als um ein Zeichen der Gewissheit, ob die Einnahme des Landes überhaupt geschehen werde. Denn hatte Abram auf Grund der Offenbarung Gott das weit Schwerere zu getraut, dass Er ihm einen Samen als ein unmittelbares Wunder seiner Schöpfermacht geben könne, wie sollte er dem Herrn nicht vertraut haben, wo es sich doch nur um die Besitznahme des verheißenen Landes handelte.
Zwei Offenbarungen:
1. Einen Nachkommen und damit ein großes Volk
2. Ein Land zum Erbbesitz
Wissen wollte Abram (בַּמָּ֥ה אֵדַ֖ע Gen 15, 8: Doch Abram entgegnete: »O allmächtiger HERR, wie kann ich sicher sein, dass ich es wirklich bekommen werde?« und wissen sollte er (יָדֹ֨עַ תֵּדַ֜ע Gen 15, 13ff: »Du sollst wissen, dass deine Nachkommen Fremde in einem fremden Land sein werden. Sie werden 400 Jahre lang als Sklaven unterdrückt werden. 14 Doch ich werde das Volk, das sie unterdrückt, bestrafen. Am Ende werden sie mit großen Reichtümern von dort wegziehen. 15 Du aber wirst ein hohes Alter erreichen und in Frieden sterben. 16 Erst wenn die Sünde der Amoriter das Maß voll gemacht haben wird, werden deine Nachkommen nach vier Generationen hierher zurückkehren.«
Damit aber sein Glaube nicht zusammenbräche, was Gott ihm als Wissen zu enthüllen hatte, verband Gott in eigenartiger Weise Bundesschluss und Zukunftsenthüllung mit einander. Da sprach der Herr zu ihm:
„Nimm mir doch
- dreimal ein weibliches Kalb, und
- dreimal eine Ziege, und
- dreimal einen Widder und
- eine Turteltaube und
- eine junge Taube.
Er nahm ihm alle diese, da zerteilte er sie in der Mitte und legte die zerstückelte Hälfte eines jeden seiner entsprechenden Hälfte gegenüber, aber den Vogel zerteilte er nicht. Da fuhr der Raubvogel über die Leichen nieder; Abram verscheuchte ihn.“
Abram musste zu nächst dreimal ein junges Kalb, dreimal eine Ziege und dreimal einen Widder nehmen und jedes mal das Tier dem Herrn darbringen. Durch das Zerstücken der genannten drei lebendigen Opfertiere, auf deren Leichname sich alsdann der gierige Raubvogel stürzen wollte, sollte nichts Geringeres „als die Gefahrveranschaulicht werden, die über die kommenden Geschlechter“ kommen werde.
Diese Tiere sind somit die kommenden Geschlechter.“ Wenn nun gesagt wird, „dass erst das vierte Geschlecht wieder zur Erlösung ersteht, somit drei Geschlechter von dem verkündeten Elend betroffen werden, so ist es ebenso unmittelbar klar, wie das dreimalige Hingeben dieser Tiere an Gott nichts anderes heißt als:
Dreimal hat sich dein Geschlecht, d. h. drei deiner kommenden Geschlechter haben sich mir mit dem, was sie als Kalb (עֶגְלָה) Ziege (עֵז) und als Widder (אַיִל) sind, und als Turteltaube (תּוֹר) und junge Taube (גִּוֹזָל) hinzugeben. Drei dieser Geschlechter lasse ich als Kalb, Ziege und Widder gewaltsam ersterben und nur als Turteltaube und junge Taube lebendig bleiben. Als Kalb-, Ziegen- und Widderleichen werden sie zu Boden liegen, der Raubvogel in ihnen eine willkommene Beute erblicken, und nur du wirst sie ihm nicht zum Fraße werden lassen.“
Verständlicher wird noch die ganze Sprache dieser symbolischen Bundesschließung, wenn wir uns vergegenwärtigen, was die einzelnen genannten Tiergattungen „im Gebiet von Menschen- oder Volker-Persönlichkeiten“ bedeuten. „Dass sie überhaupt bestimmte Beziehungen von Menschen-Persönlichkeiten bedeuten, bewahrheitet ein auch nur oberflächlicher Blick auf die Opfergesetze, die eben nur diese Tiere zu lassen, und für bestimmte Persönlichkeiten, und darum bestimmte Zustände und Beziehungen immer nur bestimmte Arten und Geschlechter derselben vorschreiben.“
Rind oder die Rindergattung (בָּקָר oder שור)
„das arbeitende, im Dienste des Herrn tätig schaffende Tier“
Tatkraft
tätige Wirksamkeit
Jungstier, „Farre“ (פר)
Vollkraft
im Opfer immer die öffentliche Persönlichkeit, die im Dienste Gottes und in der Gesamtheit zu wirken berufen ist, und mit ihrem Wirken den anderen vorangehen soll.
junge Kalb (־נגלה)
die angehende, in Entwicklung begriffene Tatkraft
Gattung der Ziege (צאו)
(wie Schaf/ Widder)
Tiere der Weide
Das nur seinem Herrn gegenüber gefügige Tier; jedem Fremden weist es störrig die Hörner
Bild für die allgemeinste Beziehung des Menschen und des Volkes zu Gott
Volk ist Herde, Gott ist Hirte
Ziege bezeichnet daher die Kraft des Widerstandes.
nur dem Pflichtgebot ihres Herrn unwandelbar treu folgt
(Schaf) Widder (אַיִל)
das Erwachsene in seiner Kraftfülle der Herde vorangehende Schaf. Es charakterisiert den Besitzenden und ist die allgemeine Bezeichnung für die begüterten und Großen eines Volkes.
Opfertier für Sühne in Beziehung auf einen Besitz oder wo es sich um die Weihe handelte. Widder bezeichnet somit die durch Besitz und Berechtigung ausgezeichnete Persönlichkeit.
Der reine Vogel
ציפר = der Gefiederte, bei welchem das Gefieder überwiegend ist, im Gegensatz zum Raubvogel, dem auch die Klaue zum Werkzeug und zur tötenden Waffe gegeben ist.
macht- und widerstandslose Lebewesen, das sich allein durch seine Schwungkraft einem drohenden Gewaltbereiche zu entziehen vermag. Er galt daher als ein Bild „für das macht- und wehrlose und doch freie und glückliche, geborgene Dasein Israels.
Im Opfer war „der reine Vogel“ [108] einerseits das Symbol der Persönlichkeit, die sich aller Macht, Stellung und des Besitzes entkleidet sah und sich nur noch ihres nackten Daseins erfreute. Andrerseits war er auch der Ausdruck „des freigewordenen frischen Lebens“, das den Banden der Krankheit und der Schwäche entronnen war.
Turteltaube (תּוֹר) der ewige Frühlingsbote Turteltauben gelten als Symbol des Glücks und der Liebe. Umgangssprachlich nennt man zwei frisch verliebte Menschen „Turteltauben“.
als Zugvogel kündete sie Jahr um Jahr den anbrechenden Frühling an
Der „reine Vogel bezeichnet somit das macht- und wehrlose, durch seinen Aufschwung sich rettende und erhaltende Dasein“, und zwar die Turteltaube das ältere Geschlecht, das mit seinem Aufschwung zu gleich das jüngere rettet und birgt.
Was wollte nun der Herr durch diese ganze Symboloffenbarung in ihrem einzelnen Wortlaut dem Abram sagen? Wohl nichts Geringeres, als „stelle dich Mir, oder als Stammvater dein Geschlecht in dir, dreimal mit deiner Tatkraft, dreimal mit deiner Widerstandskraft, dreimal mit deinem Besitz und deiner Berechtigung und mit deiner das alte und das junge Geschlecht zum Leben emporrettenden Schwungkraft zur Verfügung“. Nachdem Abram in der Darbringung der Opfertiere diesen Auftrag erfüllt hatte, „zerstückte der Herr sie in der Mitte, brach also in drei abrahamitischen Geschlechtern alle Tatkraft, allen Widerstand und alle Berechtigung, und nur die nackte, innere, über das Elend sich emporhebende Schwungkraft ließ er ungebrochen“.
Dies alles aber ist nun nichts anderes als die schwere Enthüllung an Abram:
„Wissen sollst du, dass deine Nachkommen Fremdlinge, also unberechtigt sein sollen in einem ihnen nicht gehörenden Lande“: dies ist der zerstückte Widder.
„Sie werden ihnen Sklaven werden, also wird ihnen die freie Tatkraft gebrochen werden“: dies ist die zerstückte junge Kuh.
„Man wird sie peinigen, sie werden also alles widerstandslos erdulden müssen“: das ist die zerstückte Ziege.
Und dennoch werden die Geschlechter für eine kommende Erlösung nicht verlorengehen. Denn die Turteltaube und die junge Taube durften nicht zerteilt, mithin die innere Geistes- und Schwungkraft nicht gebrochen werden.
Das zerteilte Kalb ist mithin „Sklaverei“
die zerstückelte Ziege ist „Peinigung, Misshandlung“
der zerstückelte Widder ist der „recht- und bodenlose Fremdlingsstand
Abrams Frage an den Herrn war gewesen: „Wodurch werde ich wissen?“ und nun antwortete ihm der Herr: „Wissen? Wissen sollst du, dass Fremdling dein Same sein wird in ihnen nicht gehörendem Lande, sie werden ihnen dienen und sie werden sie peinigen, vierhundert. Aber auch das Volk, dem sie dienten, richte Ich, und nachher werden sie hinausziehen mit großer Habe. Du aber wirst zu deinen Vätern in Frieden kommen, wirst in gutem, hohen Alter begraben. Das vierte Geschlecht wird hierher zu rückkehren, denn die Sünde des Emoriten ist noch nicht voll bis jetzt.“
Wie verständlich wird diese Antwort Gottes, wenn man zuvor die symbolische Sprache der vorangegangenen Opferdarbringung in ihrer eigentlichen Bedeutung begriffen hat. Abram forschte nach dem Zeitpunkt, wann die ihm und seinen Geschlechtern gewordene Verheißung, das Land in Besitz zu nehmen, nach Gottes Ratschluss in Erfüllung gehen werde. Darauf kann Gott ihm nur antworten, dass er persönlich es nicht in Besitz nehmen werde. Auch die kommenden Geschlechter werden nicht gleich das ihnen verheißene Erbe betreten. Auch wird es ihnen nicht auf dem Wege eines stets fortschreitenden Glückes und der rein geschichtlichen Entwicklung werden. Erst werden drei Geschlechter als Fremdlinge hingehen, recht- und heimatlos, in ihrem Widerstand gebrochen und unter dem Druck des Sklavendienstes seufzend. Erst das vierte Geschlecht wird hierher zu rückkehren und das verheißene Land in Besitz nehmen. „Der jetzige Besitzer wird erst in Üppigkeit der ihn verurteilenden Entartung entgegenreifen, der künftige Besitzer erst in Armut, Sklaverei und Elend für den einstigen Besitz gereift werden.“
Mit Abram selbst sollte jetzt nur der Bund geschlossen und seinem Glauben damit die Garantie gegeben werden, dass das von Gott Verheißene Erfüllung werden würde. So groß die augenblickliche Drangsal, so aussichtslos die fernere Zukunft, so stark der feindliche Widerstand auch immer sein werden, ist erst die Stunde Gottes gekommen, dann vermögen keine Armut und Ohnmacht Israels und keine Stärke und Feindschaft der Völker aufzuhalten, was der Herr zum Heil seiner Erwählten verheißen hat. „Vierhundert Jahre“- mit diesem Zeitraum begrenzte der Herr die große Wartezeit bis zur Erfüllung des Verheißenen.
So unverständlich den ungeduldig Wartenden die „Stunde Gottes“ im Laufe der Geschichte auch je und je war, sie kam nie zu früh und verspätete nie. Gottes Uhr stand nie still, Gottes Handeln griff nie vor, Gottes Warten war nie Verspätung. Auch in der Geschichte Israels nicht.
„Als nun die Sonne untergegangen und Finsternis geworden war: siehe, da war es ein rauchender Ofen und eine Feuerfackel, was zwischen diese Stücke durchgefahren war.“
Wie oft geschah es, wenn Abram und seine Geschlechter in ihrem Druck, in ihrer Heimatlosigkeit und in ihrem Frondienste vergeblich auf die Morgenröte eines neuen Tages, auf den Anbruch der ersehnten Freiheit und Erlösung warteten, dass eine hoffnungslose Angst und eine große Finsternis sie überfiel und sie in ihrer Betäubung macht- oder ratlos dahinlebten. In dieser Zeit geschah aber etwas Ungeahntes, nie Vorhergesehenes: Alle Leiden, alle Sklaverei, alle Enttäuschungen, alle Widerstände der Feinde waren ihrem tiefsten Wesen nach doch nur ein „rauchender Ofen“, der zwar die Geschlechter Abrams läutern, jedoch nie verbrennen konnte, und nur eine „Feuerfackel“, die denen leuchtete, die in ihren Leiden klagten und warteten.
So Geschichte zu machen vermag nur Gott allein. Während die ganze Welt in hoffnungslose Nacht gehüllt ist, wird den „Fremdlingen“ aus ihren bisherigen Leiden eine „Fackel“, die ihnen leuchtet, bis der neue Tag anbricht; und während alle Welt von der Glut unaufhaltsamer Gerichte verzehrt wird, gestalten sich dieselben Katastrophen der Geschichte für die „Auserwählten“ nur als ein „läuternder Ofen“, der sie von jenen Schlacken löst, die nicht zu ihrem eigentlichen Wesen gehören. Wie oft lag später in Israels Gerichten im Laufe der Jahrtausende weit mehr erlösende Gnade als verzehrender Untergang! Und ist nicht die messianische Schau der Propheten, das sehnsuchtsvolle Warten auf einen Messiaskönig und das Harren auf einen vollendeten Gottesstaat in der dunkelsten Nacht der israelitischen Geschichte geboren? Wie leuchtet diese prophetische Fackel auch uns wieder in unsrer Nacht und lässt die große Adventshoffnung auf den Kommenden und auf das Kommende in der Seele einer harrenden Gemeinde nicht zusammenbrechen! Wieviel unverlöschliche Leuchtkraft lag nicht immer wieder für die späteren Zeitalter in der Glaubenssprache jener Psalmen, die einst in tiefster Not von ihren Schöpfern gesungen wurden! Fanden doch ihre Dichter erst in den dunkelsten Nächten jene inspirierte Sprache, die etwas zu künden vermochte, was keine Zeit mehr zum Schweigen bringen konnte. Ja, läuternder Ofen und weit leuchtende Feuerfackel muss das Leben mit seinen Leiden, seiner Versklavung, seiner Fremdlingsschaft und seinem Warten für alle Geschlechter werden, mit denen Gott wie mit Abram einen Bund für immer schließen konnte. Das Erleben der kommenden Gerichte wird zwar Läuterung, der Ertrag jedoch unvergänglicher Gewinn für alle Zukunft sein.
Related Media
See more
Related Sermons
See more