5. Das Geheimnis der Beschneidung
Notes
Transcript
Gen 17, 9–27 6. Abrahams beginnende Weltmission a) Die Welt Abrahams. Gen 18, 1–15 7. Abrahams priesterliche Fürbitte. Gen 18, 20–33 8. Lots Rettung und Sodoms Gericht. Gen 19, 1–29
a) Lots Sitzen im Tore (בְּשַֽׁעַר) Sodoms
b) Sodoms Verhalten den Fremden gegenüber c) Lots Rettung
📷So klar einerseits in der Berufung und bisherigen Lebensführung Abrams auch in Sicht trat, dass Gott in allen Glaubensangelegenheiten und Heilserlebnissen das ursächliche Subjekt ist und der Mensch das empfangene Objekt, so schaltete die von Gott ausgehende Offenbarung jedoch nie den Willen und die freie Entscheidung des Menschen aus. Auch in seinem gefallenen Zustande hat der Mensch als das Ebenbild Gottes selbst die Wahl zwischen Leben und Tod zu vollziehen. Die Offenbarung tritt zwar mit ihrer Berufung und ihrem Evangelium an den Menschen heran, sucht ihn durch ihren schöpferischen Geist zu inspirieren und ihm eine höhere Kraft mitzuteilen, sie zwingt ihn aber nie wider seinen Willen in die Erlösung hinein, die sie bringen will. Denn solch eine Erlösung würde Knechtschaft, aber nicht Erlösung im Geiste der Kindschaft bedeuten.
📷So stark und so einzig die große Heilszukunft einerseits auch von Gottes Bundestreue abhing, so klar und bestimmt bezeugte aber auch die Offenbarung, dass ohne eine Glaubenshingabe Abrahams und seines Samens an denselben Bund Gott das im Bunde Verheißene nie zur Erfüllung bringen könne. Wenn der Mensch sich nicht aus seinem fleischlichen Zustand herausheben und in einen pneumatischen versetzen lässt, kann Gott ihn niemals zu einem Propheten der Offenbarung und zu einem Verwalter seiner göttlichen Geheimnisse werden lassen. Dem natürlichen Menschen fehlt das Ohr für die Sprache der Offenbarung, und es fehlt ihm der Mund, Dolmetscher der Offenbarung zu sein. Ohne Glaubenshingabe Abrahams an Gottes Bund kann nie ein Isaak nach der Verheißung im Geiste der Sohnschaft geboren werden.
📷Dieser tiefe, innerliche Vorgang des gegenseitigen Bundesverhältnisses sollte durch das Symbol der Beschneidung festgehalten werden. Nicht Gott bedurfte dieses Symbols, sondern der Mensch, dem es um seiner Schwachheit willen zur Stärkung seines Vertrauens gegeben wurde. Es war nicht die Beschneidung, durch die Gott sich bestimmen ließ, treu zu seiner Verheißung zu stehen, aber es war die Beschneidung, durch die Abraham seine innerlich vollzogene Hingabe an die ihm gewordene Offenbarung bekunden sollte. Nicht der Akt der Beschneidung selbst war diese Hingabe, sondern nur ein Symbol derselben.
📷Um das Wesen dieser Hingabe als Seelenvorgang und Akt des Glaubens noch etwas tiefer zu verstehen, müssen wir auf die eigentliche Sprache dieses Symbols noch etwas näher eingehen.
📷Die hebräische Wurzel, aus der der Begriff Beschneidung gebildet ist, heißt nicht bloß „schneiden“ oder „beschneiden“, sondern drückt in verbaler Form ein „Entgegentreten“, ein „Einschränken“ aus. Der Sinn des äußerlichen Beschneidens ist innerliche Einschränkung, Begrenzung, sittliche Zucht. Vorhaut am Fleische bezeichnet nun jenen Zustand, wo der Mensch nicht den Gegenstand beherrscht, über den zu herrschen er berufen ist. Ein rein natürliches Instinktleben führt das Tier und findet darin sein Glück, seine Existenz und seine Zukunft. Niemals jedoch der Mensch.
Sobald bei ihm das Fleisch mit den ihm innewohnenden Trieben herrscht, leidet seine geistige Persönlichkeit und wird sein Leben und seine Zukunft entsittlicht und entheiligt.
„Das Fleisch eurer Vorhaut“ bezeichnet mithin einen innerlichen Zustand, in welchem der Mensch nicht die Herrschaft über seinen Leib hat. In solch einem Zustande konnte Abraham aber nicht der Vater eines Isaak und die geistige Vaterschaft der wogenden Menge der Völker werden. Geistige und sittliche Kräfte zur Erhaltung und Befruchtung der Völker können nur von geistigen und sittlichen Persönlichkeiten ausgehen. Das Fleisch kennt in seinen Trieben nur die Mittelbarkeit, und ist daher unfähig für den Empfang des unmittelbaren Wirkens Gottes. Der Geist des Menschen dagegen kann empfänglich sein für göttliche Inspirationen und vermag sich abhängig machen zu lassen von der göttlichen Offenbarung und den höheren Lebensprinzipien. Daher kann der Leib zwar Diener, jedoch niemals Herr des geistlichen Menschen, Tempel, aber niemals Herr des Tempels sein.
📷Mithin wollte Gott auch dem Abraham durch das Symbol der Beschneidung nahelegen, dass ein in der Glaubenshingabe an Gott vollzogenes Geistesleben sich nur äußern könne durch ein entsprechend geheiligtes Leibesleben.
Nachdem Abraham weiter der Auftrag wurde: „Acht Tage alt soll jedes Männliche beschnitten werden für eure Geschlechter, des Hauses Geborener und ein von irgendwelchem Fremden für Geld Erkaufter, der nicht von deinen Nachkommen ist“, da erfolgte auch die Namenänderung Sarais. Wie der Bundesschluss und die damit verbundene prophetische Aufgabe durch den Namen: „Abraham“ festgehalten werden sollte, so auch durch den neuen Namen „Sarah“, „Es sprach (daher) Elohim ferner zu Abraham: „Deine Frau Sarai sollst du nicht Sarai nennen, denn Sarah ist ihr Name.“
📷Die Deutungen des Namens sind teilweise schwankend. König bemerkt: „Der Sinn (Fürstliche oder Fürstin) blieb derselbe. Nur konnte er in der neuen Form klarer ins Bewusstsein treten.“
Ist diese Deutung richtig, so kam durch sie zum Ausdruck, dass auch Sarahs Innenleben entsprechend dem eines Abraham allein auf Gott eingestellt sein müsse, wenn sie den Sohn der Verheißung empfangen und der Welt einen Isaak schenken wolle.
Nach dieser Namenänderung wiederholt der Herr auch der Sarah den Segen, den er zu vor mit der Namenänderung Abrahams verbunden hatte.
„Ich werde sie segnen und habe dir auch schon von ihr einen Sohn bestimmt. Ich werde sie sie wird zu Völkern werden, Könige der Völker werden von ihr werden.“
📷Aus dem Zusammenhang des hier Mitgeteilten geht klar hervor, dass dem Abraham nicht von irgend einer Frau, die dazu bereit wäre, ein Isaak als Sohn der göttlichen Verheißung konnte geboren werden, sondern allein von dem Weibe, das bereit war, sich in dasselbe Bundesverhältnis zu Gott hineinziehen zu lassen, in welchem auch Abraham lebte. Einen Ismael kann Abraham auch mit einer Hagar zeugen, aber ein Isaak kann ihm nur von der Sarah geboren werden.
📷Gottes Verheißung an Sarah enthielt jedoch etwas, das Abraham so überraschte, dass…
📷📷Und doch hat sich letzthin in diesem Lachen, in dem Namen Isaak für alle Zeiten nur das verewigt, was die kommende Geschichte Israels ausmachen würde. Sie wird nur vernünftig, ja, sie gewinnt den allerhöchsten berechtigten Ernst, wenn sie die erste und höchste Kausalität aller Kausalitäten, wenn sie das tief eingreifende, frei allmächtige Wollen und frei allmächtige Vollbringen eines frei allmächtigen Gottes zur Basis der Beurteilung nimmt. Darum wartete Gott mit der Keimlegung dieses Volkes bis zu diesem „lächerlichen“ Alter seiner Stammeltern, darum begann Er erst die Realisierung seiner Verheißung zu pflanzen, nachdem alle menschlichen Hoffnungen zu Ende gekommen; denn es galt ja ein Volk zu schaffen, das von Anfang bis zu Ende seines Lebens und Strebens mit seinem ganzen Dasein im Gegensatz zu allen in die Erscheinung tretenden welthistorischen Potenzen ein Fingerzeig Gottes inmitten der Menschen werden sollte, und daher bis auf den heutigen Tag jeder Gott leugnenden Beschränktheit als die lächerlichste Lächerlichkeit erscheinen muss.“
„Möchte doch Ismael vor deinem Angesichte leben! Da sprach Elohim: Nicht so, deine Frau Sarah gebiert dir einen, und den sollst du Jizchak nennen. Mit ihm (allein) werde ich mein Bündnis aufrechterhalten zu einem ewigen Bündnis für seinen Samen nach ihm.“
Wie schwer vermag doch der Mensch, selbst wenn er in einem so bewussten Glaubensverhältnis zu Gott steht wie Abraham, das loszulassen, was Gott nicht rechtfertigen und nicht in seine Verheißung hineinziehen kann. Auch Abraham begriff noch immer nicht, dass nur Erbe und Träger der göttlichen Verheißungen ein Sohn sein könne, der in demselben Geiste des Glaubens und der Hingabe vor Gott wandeln würde, wie er selbst es bisher getan hatte. Gott wusste aber, dass Ismael sich auch als Sohn Abrahams diesem Geiste nie erschließen würde. Daher konnte er nie Erbe der prophetischen Mission Abrahams und Träger der göttlichen Offenbarung für die Zukunft werden. Göttliche Werte können der Welt zu ihrem Heil nur durch ein göttliches Leben vermittelt werden. Im Blick auf die göttliche Berufung Abrahams blieb Ismael daher der Verworfene und wurde nie Erbe derselben Berufung.
Was Ismael als Sohn Abrahams jedoch miterben konnte, das war der rein äußerliche Segen. Daher sprach der Herr auch zu Abraham: „Was aber Ismael betrifft, habe ich dich erhört. Siehe, ich habe ihn bereits gesegnet und werde ihn fruchtbar machen und ihn im Übermaß vermehren; zwölf Fürsten wird er zeugen, und Ich werde ihn zu einem großen Volke bestimmen. Meinen Bund jedoch werde ich mit Jizchak aufrechterhalten, den dir Sarah zu dieser Zeit im nächsten Jahre gebären wird.“
Insoweit es Gott möglich war, sog er auch Ismael in die Segnungen Abrahams hinein, jedoch Bundeserbe konnte allein ein Isaak sein. Das hat die spätere Gesinnung dieser beiden Söhne Abrahams und die geschichtliche Entwicklung ihrer Nachkommenschaft sehr klar bestätigt.