Praise God, we're different!

Wachstum ist kein Zufall  •  Sermon  •  Submitted
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Einleitung

Bei der Vorbereitung dieser Predigt ging mir ein Slogan durch den Kopf, und zwar ein englischer Satz: “Praise God, we’re different!”. Auf Deutsch könnte man das übersetzen mit: “Gott sei Dank sind wir unterschiedlich!”.
Stell dir vor, alle Menschen wären genau so wie du! Auf den ersten Blick wäre das ja eine wirkliche Erleichterung. Es gäbe keinen Streit mehr zwischen Ehepaaren über die Frage, wie man eine Zahnpastatube aufrollt. Und meine Frau und ich würden beide am Sonntagnachmittag zu Hause auf der Couch sitzen. Ich müsste dann nicht mehr spazieren gehen … :-).
Auf der anderen Seite tut mir aber genau das wirklich gut. Dass meine Frau mich auf die Beine und an die Luft bringt. Wenn alle so wären wie ich - Mann, was wäre das langweilig!
Ich habe euch einmal ein anderes Beispiel mitgebracht. Hier seht ihr, was Vielfalt bedeutet (Bild mit vielen bunten Farben). Wie sähe das Bild aus, wenn es nur eine einzige Farbe geben würde? (Bild nur blau). Das ist übrigens tatsächlich ein berühmtes Gemälde! Ein Bild von Yves Klein mit dem Titel “Einfarbig blau”, zu sehen im Museum Ludwig in Köln.
Mal ganz ehrlich - wie langweilig ist es, wenn alles eins ist. Und wie schön, dass wir unterschiedlich sind. Wusstet ihr, dass es an einem Baum keine zwei Blätter gibt, die wirklich völlig gleich sind? Und wenn in ein paar Wochen der Frühling kommt, dann schaut doch mal genau hin, wieviele unterschiedliche Grüntöne es in der Natur gibt. Gott ist einfach großartig. Und Vielfalt gehört zu seinem Wesen. Er hat alles, wie wir das in 1. Mose lesen “nach seiner Art” gemacht.
Genau das gilt jetzt aber auch für uns Menschen. Wir sind unterschiedlich. Und das ist großartig! Auch wenn diese Unterschiedlichkeit hin und wieder zu Problemen führt. Wenn jemand Meinungen vertritt, die ich überhaupt nicht teile. Wenn jemand Musik mag, die ich nicht einmal als Musik definieren würde. Wenn jemand eine Art hat, Gott zu begegnen, die ich nicht nachvollziehen kann ...
Unser Thema für heute ist aus dem Buch von Markus Schmidt entnommen. Unsere Predigtreihe orientiert sich ja thematisch an diesem Buch. Heute geht es um die “sieben Zugänge zu Gott”, sieben Arten, wie Menschen Gott begegnen. Aber ich möchte dabei einen anderen Weg wählen, als Schmidt ihn genommen hat. Ich möchte zunächst in meinem ersten Punkt einmal mit euch darüber nachdenken, wie wir das Thema der Unterschiedlichkeit in der Bibel entdecken können, konkret an den Jüngern von Jesus. Dann will ich im zweiten Punkt auf die unterschiedlichen Zugänge zu sprechen kommen, die wir zu Gott haben.Thematisch geht es dabei immer um das “Unterschiedlichsein”, das “different”. Denn “Praise God, we’re different.” - Gott sei Dank sind wir unterschiedlich.
Beginnen wollen wir mit einem Blick auf die Jünger Jesu.

1. Different - die Jünger Jesu

Wenn wir so über die Jünger Jesu reden, dann haben wir eigentlich meistens eine relativ einheitliche Gruppe vor Augen. Sicher, da gab es unterschiedliche Charactere. Ein Simon Petrus, der immer vorneweg ging und ein Johannes, der eine besondere Nähe zu Jesus zu haben scheint. Oder ein Thomas, der als der “Zweifler” in die Geschichte eingegangen ist. Aber diese Unterschiedlichkeiten sind nur oberflächlich. Ich will einmal ein paar der Jünger etwas näher betrachten.
Fangen wir mal an mit Matthäus. Schon sein Name war Programm. Es war nämlich eine griechische Version des hebräischen Namens Mattathias. Wieso läuft jemand in Israel mit einem griechischen Namen herum? Der Name passte allerdings gut zu seinem Beruf. In Mat. 9,9 lesen wir:
Matthäus 9,9 GN
Jesus ging weiter und sah einen Zolleinnehmer an der Zollstelle sitzen. Er hieß Matthäus. Jesus sagte zu ihm: »Komm, folge mir!« Und Matthäus stand auf und folgte ihm.
Im Paralleltext in Mark. 2,14 lesen wir übrigens, dass Matthäus noch einen anderen Namen hatte, einen typisch jüdischen: “Levi” hieß er. Aber bekannt war er offenbar mehr unter dem griechischen Namen “Matthäus”. Und das passte ja auch. Matthäus war nämlich ein Zöllner. Das ist für uns kein allzu besonderer Beruf. Aber in Israel damals war es das. Zöllner waren Juden, die mit der römischen Besatzungsmacht paktierten. Sie arbeiteten für die Römer und nahmen den Juden Geld weg. Und weil das römische Steuersystem vorsah, dass sie selbst von dem, was sie einnahmen lebten, gab es nicht wenige, die sich dabei unrechtmäßig bereicherten. Wir kennen ja z.B. die Geschichte von dem Zöllner Zachäus. Der war auf diesem Weg zu ziemlichem Reichtum gekommen.
Von Matthäus wird das nicht berichtet. Aber er wurde direkt vom Zolleinnehmer zum Jünger. Was hat das wohl bei den anderen Jüngern ausgelöst? Was haben sie darüber gedacht? Wie kann so jemand, der das Judentum verraten und mit den Besatzern gemeinsame Sache gemacht hat, ein Jünger von Jesus sein?
Videoauschnitt aus “The Chosen”? (kurze Erläuterung vorweg: Wir sehen Matthäus, der an einer Zollstelle arbeitet. Bei ihm ist ein römischer Soldat, der offensichtlich aufpassen musste, dass niemand die Zollstelle überfiel oder Matthäus bedrohte. Und dann werden wir noch Simon Petrus sehen, der Einwände gegen die Beru,fung von Matthäus vorbringt. Film ab ...
Ein anderer Jünger war Simon. Und ich meine jetzt nicht den Simon Petrus, den wir eben gesehen haben, sondern Simon Kanaanäus. Der Beiname “Kanaanäus” heißt übersetzt “der Eiferer”. In der Jüngerliste in Luk. 6,15 lesen wir:
Lukas 6,15 GN
Es waren: Simon, dem er den Namen Petrus gab, und dessen Bruder Andreas; dazu Jakobus, Johannes, Philippus, Bartholomäus, Matthäus, Thomas, Jakobus, der Sohn von Alphäus, Simon, genannt der Zelot, Judas, der Sohn von Jakobus, und Judas Iskariot, der Jesus später verriet.
Simon, genannt der Zelot, so lesen wir hier. Ein “Zelot”, das ist das griechische Wort für “Kanaanäus” - Eiferer. Zeloten waren eine politische Partei in Israel damals. Sie galten als radikalste Partei der religiös-politischen Judentums im 1. und 2. Jh. n. Chr. Sie hatten ihren Namen von dem “Eifer” des Priesters Pinhas, von dem wir in 4. Mose 25 lesen. Damals hatten die Israeliten angefangen, Götzendienst zu betreiben, worüber Gott natürlich sehr zornig gewesen war. Pinhas hatte einen Speer genommen und einen Mann und seine heidnische Frau damit getötet. Dieser Pinhas war das große Vorbild der Zeloten. So wie er wollten sie sein. Sie wollten die Römer und alle, die mit ihnen gemeinsame Sache machten, aus Israel vertreiten. Dazu setzten sie auch Gewalt ein. Heute würden wir - je nachdem aus welcher Sicht man sie betrachtet - entweder als Freiheitskämpfer oder als Terroristen bezeichnen.
Simon, der Zelot, der Eiferer, der zu einer Partei gehörte, die mich Waffengewalt gegen die römischen Besatzer und alle, die gemeinsame Sache mit ihnen machten, vorgegangen war - und ein Matthäus, der Zöllner, der eben das gemacht hatte: gemeinsame Sache mit den Besatzern. Eine größere Spannung kann man sich überhaupt nicht vorstellen!
Was mag das an Diskussionen und Schwierigkeiten unter den Jüngern ausgelöst haben? Wie kamen die beiden eigentlich miteinander klar?
Offensichtlich gab es für Matthäus und für Simon Kanaanäus etwas, was sie vereinte. Etwas, was wichtiger als ihre unterschiedlichen politischen Ansichten war: Jesus. Sie beide waren Jünger geworden, Nachfolger des Jesus, der der Christus war, der Messias. Auch wenn sie vermutlich sehr unterschiedliche Ansichten darüber hatten, was dieser Messias tun sollte, sie folgten ihm beide nach. Und das brachte sie zusammen. Vermutlich hätten sie im “normalen Leben” keine zwei Worte miteinander gewechselt. Vielleicht hätte Simon eher einen Mordanschlag auf Matthäus geplant. Zumindest hätte er ihn mit allen Fasern seines Lebens abgelehnt.
Und da sind sie nun gemeinsam und folgen Jesus nach. Drei Jahre lang! Ich muss sagen, dass mir das in der Vorbereitung noch einmal ganz besonders bewusst geworden ist. Wir sind als Gemeinde nicht eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten. Wir sind eine Gemeinschaft von Jüngern. Und so wie die ersten Jünger Jesu ihre unterschiedlichen Ansichten und Einstellungen überwandten, weil sie ein gemeinsames Ziel hatten, nämlich Jesus - so ist das auch heute in der Gemeinde. Oder sollte es zumindest sein.
Für unsere Zeit und Gesellschaft wäre so eine Gemeinschaft der unterschiedlichsten und gegensätzlichsten Meinungen und Ansichten ungeheuer wichtig! Unsere Gesellschaft erlebt gerade eine immer tiefer um sich greifende Spaltung. Dabei ist Corona aber nur ein Auslöser unter vielen. Schon vorher konnte man das immer mehr spüren. Der Zusammenhalt in der Gesellschaft war auch vor Corona mehr als brüchig. Die unterschiedlichsten Lebenskonzepte und -vorstellungen gab und gibt es. Und statt miteinander zu reden, haben wir uns in uns selbst und unsere “Blase” von Gleichgesinnten zurückgezogen. Da war Corona eigentlich nur der Funke, der das Ganze zum explodieren gebracht hat.
Ich will es einmal so sagen: Wenn ein Matthäus und ein Simon Kanaanäus miteinander Jesus nachfolgen und sogar noch nach Tod und Auferstehung von Jesus gemeinsam die Gemeinde in Jerusalem leiten konnten, dann müsste das doch auch für uns heute mit unseren unterschiedlichen Ansichten möglich sein!
Dabei geht es nicht darum, diese Unterschiedlichkeiten auszublenden. Oder tot zu schweigen. Oder für unwichtig zu erklären. Es geht vielmehr darum zu begreifen, dass das, was uns eint, nicht die gemeinsamen Überzeugungen sind, sondern der gemeinsame Herr. Der, der für unsere Schuld und Sünde gestorben ist, und der einmal als Herr aller Herren und König aller Könige wiederkommen wird. Und dann, wenn wir vor diesem Jesus stehen, dann werden alle unterschiedlichen Meinungen, Ansichten und Charaktereigenschaften, die uns jetzt so unüberwindlich scheinen, völlig unbedeutend und klein werden.
Lasst uns heute schon damit beginnen! Lasst uns von Simon Kanaanäus und Matthäus und den anderen Jüngern lernen. Lasst uns unsere Unterschiedlichkeiten begreifen als unterschiedliche Farben, die nur gemeinsam ein schönes Bild entstehen lassen!
Man könnte übrigens noch mehr über die unterschiedlichen Jünger sagen. Auch charakterlich waren sie keineswegs einheitlich. Da ist ein Simon Petrus, der immer vorneweg ist, immer eine große Klappe hat, und ein Thomas, der lieber zweimal überlegt, bevor er einen Fehler macht. Oder da sind die beiden Jünger Johannes und Jakobus. Sie waren Brüder. Und Jesus gab ihnen einen Beinamen, heute würden wir vielleicht Spitznamen sagen. Boanerges, so nannte er sie (Mk. 3,17). Übersetzt heißt das “Donnersöhne”. Heute würden wir vielleicht “Knallköpfe” sagen.
Das muss wohl eine Anspielung auf ihre Temperament gewesen sein. Als z.B. die Samariter Jesus abgelehnt hatten, fragen sie ihn, ob sie nicht “Feuer vom Himmel fallen lassen” sollen (Lk. 9,54).
Wie gesagt - man könnte noch weitermachen damit. Aber ich glaube es ist deutlich geworden, was ich sagen wollte: Praise God, we’re different!
Das gilt nun auch in einer anderen Hinsicht, auf die ich jetzt zu sprechen kommen möchte: die Unterschiedlichkeit, mit der unser Glaube konkret wird und unsere Gottesbeziehung gefördert werden kann:

2. Different - die sieben Zugangswege

Wir tendieren ja immer dazu, von uns auf andere zu schließen. Vielleicht bist du jemand, dem persönliche Beziehungen unheimlich wichtig sind. Jemand, der sich überhaut nicht vorstellen kann, irgendwo auf einer einsamen Insel glücklich sein zu können. Und du kannst dir gar nicht vorstellen, dass genau das der geheime Traum von jemand anderem sein könnte. Oder du bist ein Mensch, der auflebt, wenn er vor Büchern sitzt und ihn niemand stört. Und du kannst dir gar nicht vorstellen, dass es jemand gibt, der Bücher höchstens zum Kochen aufschlägt.
Das gilt nun aber nicht nur für unseren Charakter oder unsere Vorlieben. Das hat auch Auswirkungen darauf, wie wir Menschen Gott begegnen und was uns dabei besonders wichtig ist. Markus Schmidt hat ihn seinem Buch sieben unterschiedliche Zugangswege von Menschen zu Gott dargestellt. Zwei kurze Vorbemerkungen, bevor wir uns die anschauen: 1. Es gibt viele andere Möglichkeiten, diese Zugangswege zu klassifizieren. Manche haben neun oder vier oder noch andere Systematiken. Die hier genannten Zugangswege zu Gott sind daher eher so etwas wie beispielhafte Listen. Und 2. Es gibt vermutlich niemand, der nur einen dieser Wege gehen kann. Wir haben vermutlich alle mehrere Wege, die unserem Charakter entsprechen. Welche Zugangswege zu Gott zeigt Schmidt auf?

1. Beziehungsorientiert: Der Weg über Beziehungen

Jemand, der beziehungsorientiert ist, wird sofort verstehen, was Jesus meint, wenn er sagt:
Matthäus 18,20 GN
Denn wo zwei oder drei in meinem Namen zusammenkommen, da bin ich selbst in ihrer Mitte.«
Menschen, die beziehungsorientiert sind, haben viele Freunde und Bekannten. Sie leben auf, wenn sie mit anderen zusammen sind. Wenn man sie sieht, sind sie immer mit irgendjemand im Gespräch. Man hört ihnen gerne zu und ist gerne in ihrer Nähe.
Und genau so erleben diese Menschen auch ihre Gottesbeziehung. Schmidt schreibt:
Sie sagen: “Ich würde mich am liebsten (wie die Urgemeinde damals) jeden Tag mit irgendwelchen Leuten treffen, mit ihnen beten und in der Bibel lesen.” (260)
Für sie ist es völlig klar, warum sich die erste Gemeinde täglich getroffen hat und “hin und her in den Häusern” zur Feier des Abendmahls zusammen kam. Sie lieben Kleingruppen und finden es schade, wenn die nur 14-tägig zusammenkommen. Wenn sie mit anderen zusammen sind, leben sie auf. Und sie wachsen geistlich.
Übrigens: die Gemeinschaft und das Zusammenkommen in der Gemeinde oder als Kleingruppe ist für alle Christen wichtig. Aber es gibt einfach Menschen, denen man das nicht besonders erklären muss, weil das einfach ihrem Naturell entspricht.

2. Intellektuell: Der Weg über den Verstand

Menschen, die einen intellektuellen Zugang zu Gott haben, lieben es zu lernen. Sie lesen Bücher, und auch das Bibellesen ist für sie eine Selbstverständlichkeit. Wenn sie in eine christliche Buchhandlung kommen, blühen sie auf. Sie könnten stundenlang darin bleiben und neue Bücher entdecken. Und während für den beziehungsorientierten Menschen am Sonntagmorgen die Gemeinschaft mit anderen Christen das Entscheidende ist, ist es für den intellektuell ausgerichteten die Predigt. Hier lernt er Neues über Gott, wird herausgefordert, nachzudenken.
Schmidt nennt die Christen in Beröa als ein Beispiel für einen solchen Zugang zu Gott. In Apg. 17,11 lesen wir:
Apostelgeschichte 17,11 GN
Die Juden in Beröa waren aufgeschlossener als die in Thessalonich. Sie nahmen die Botschaft mit großer Bereitwilligkeit auf und studierten täglich die Heiligen Schriften, um zu sehen, ob das, was Paulus sagte, auch zutraf.
Sie forschten täglich in der Schrift. Offenbar gab es hier in Beröa viele Christen, die einen solchen intellektuellen Zugang zu Gott bevorzugten.

3. Dienend: Der Weg über unser Tun

Es gibt Menschen, die blühen regelrecht auf, wenn sie anderen helfen können. Wir hatten bei Neues Leben vor vielen Jahren einmal einen Gast aus Indien. Ich glaube, er war für ein Jahrespraktikum bei uns. Genau kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber was ich nie vergessen werden, was sein Satz: “I love to work”. Er sagte das mit so einer hohen Stimme und in diesem unnachahmlichen Pidgin Englisch. Und wenn man ihm begegnete, dann merkte man, dass das auch wirklich stimmte. Wenn es irgendetwas zu tun gab - er war sofort da. Für ihn war es völlig klar, was Jesus in Mt. 25,40 sagt:
Matthäus 25,40 GN
Dann wird der König antworten: ‘Ich versichere euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder oder für eine meiner geringsten Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan.’
Für jemand mit diesem Zugangsweg zu Gott geschieht geistliches Wachstum dadurch, dass er sich für andere einsetzt. Oft sieht man ihn nicht in erster Reihe. Aber wenn er nicht da sein sollte, merken alle, dass er fehlt. In der Gemeinde sind solche Leute ungeheuer wichtig. Ohne sie läuft es einfach nicht rund.
Übrigens, auch hier noch einmal der Hinweis: Gemeinschaft miteinander ist für jeden Christen wichtig. Lernen ist für jeden Christen wichtig. Und Dienen ebenfalls. Hier geht es nicht darum, dass der eine dies und der andere jenes tut. Sondern eher, dass es für jeden von uns unterschiedliche Schwerpunkte gibt. Unterschiedliche Wege, auf denen er besonders gut geistlich wachsen und Jesus näher kommen kann. Das gilt auch für den nächsten Weg, den Schmidt nennt:

4. Kontemplativ: Der Weg der Meditation

Ich will es einmal ganz persönlich machen: Ich kann die ersten drei Wege sehr gut nachvollziehen. Wenn ich mich da einordnen müsste, würde ich vermutlich von allen drei Wegen etwas nehmen, vielleicht von dem des Lernens und des Dienens noch etwas mehr als von dem der Beziehung. Womit ich persönlich mich schwer tue, ist dieser vierte Weg. Irgendwie ist das nicht so meins.
Menschen, die den Weg der Mediation für ihre Gottesbegegnung bevorzugen, leben auf, wenn sie allein mit Gott sind. Sie genießen es, wenn sie da sitzen und nachdenken können. Oder einfach nur dasitzen. Während Menschen mit dem dienenden Weg vor allem Martha verstehen können, die fleißig am Arbeiten war, als Jesus bei ihr zuhause war, können Menschen mit dem kontemplativen Weg sich viel besser in Maria hinein versetzen, die einfach nur zu den Füßen von Jesus sitzt und ihm zuhört.
Aber obwohl das wirklich nicht mein Weg ist, habe ich in den letzten Jahren hier dazu gelernt. Ich habe mir Zeiten geschaffen, in denen ich Ruhe habe und Zeit für Gott. Während meine “Stille Zeit”, also die Zeit, die ich für Bibellesen und Gebet am Tag eingeplant habe, früher eher das Ableisten einer wichtigen Tätigkeit war (der Weg über das Tun, den wir gleich noch sehen werden), ist es heute eine Zeit, auf die ich mich wirklich freue und die ich genieße. Es ist immer noch nicht so, dass ich mir am liebsten eine ganze Woche Auszeit in einem Kloster nehmen würde, am Besten noch einem Schweigekloster. Die Vorstellung allein erschreckt mich eher. Aber ich habe entdeckt, dass auch dieser Weg zu Gott seinen Reiz hat.
5. Aktivistisch: Der Weg der Aktion
Vermutlich ist das mein eigentlicher Weg, auf dem ich Gott begegne. Ich habe immer gerne Dinge in Angriff genommen. Schmidt schreibt:
Wenn eine neue Arbeit gestartet wird, sind sie die Ersten, die mit dabei sind. Wenn etwas in Bewegung gesetzt wird, sind sie es, die anschieben. Sie bewegen viel und halten vieles am Laufen. Wenn sie bis über alle Ohren in der Arbeit stecken, fühlen sie sich Gott nahe und entwickeln sie sich weiter. (262f)
Ich kann das durchaus nachvollziehen, auch wenn ich in den letzten Jahren merken musste, dass ich das nicht mehr so wie früher kann. Und dass ich es oft auch in einer ungesunden Art und Weise getan habe. Ihr wisst ja, dass ich vor einigen Jahren einen Burnhout hatte.
Auch das ist übrigens etwas, was für alle Zugangswege zu Gott gilt: Man kann sie missbrauchen, übertreiben, in ungesunder Art und Weise verwenden. Beziehungen können so wichtig werden, dass ich darüber alles andere vergesse. Und dass ich innerlich kaputt gehe, wenn Beziehungen kaputt gehen. Der Intellekt kann mir so wichtig werden, dass ich darüber vergesse, dass Menschen auch andere Bedürfnisse haben, oder dass ich hochmütig darauf sehe, was ich alles weiß und kann usw.
Es ist daher gut, wenn wir uns nicht zu einseitig auf eine Seite stützen. Wenn wir auch einmal das ausprobieren, was auf den ersten Blick nicht so ganz zu uns passt.
Noch zwei Wege nennt Schmidt:

5. Schöpfungsorientiert: Der Weg über die Schöpfung

“Die Natur öffnet Menschen einen Zugang für das Reden Gottes”, schreibt Schmidt. Das gilt natürlich für alle Menschen. Aber manche verstehen das besonders gut. Wenn sie einen schönen Sonnaufgang sehen oder in den Bergen oder am Meer stehen und die Natur sehen, dann fühlen sie sich Gott ganz besonders nahe. Sie lieben es, irgendwo auf einer Bank zu sitzen, dort zu beten oder in der Bibel zu lesen. Schließlich heißt es ja in Ps. 19:
Psalm 19,1 LUT84
Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt seiner Hände Werk.
Und wieder muss man anfügen, dass auch dieser Zugang missbraucht werden kann. Wer den Sonntagmorgen lieber bei einem Spaziergang im Wald als in der Gemeinde verbringt, der verpasst etwas Wesentliches: die Gemeinschaft in der Gemeinde, die Lehre im Wort Gottes und die Anbetung durch Musik und Gebet. Damit sind wir dann bei dem letzten Zugang, den Schmidt nennt:

6. Anbetung in Musik und Gesang: Der Weg über die Musik

Manche Menschen leben auf, wenn sie Musik machen. Natürlich gibt es da ganz unterschiedliche Arten. Da ist der Klassik-Fan, der am liebten Flötenkonzerte hört oder selber Flöte spielt. Oder der Hillsong-Fan, der bei Anbetungsmusik Gott nahe kommt. Auf jeden Fall Musik. Vermutlich war König David jemand mit diesem Weg zu Gott. Immerhin hat er viele der 150 Psalmen in der Bibel verfasst.
Musik in der einen oder anderen Form ist für alle Menschen von Bedeutung. Aber manche erleben beim Musik machen oder hören in ganz besonderer Weise, dass sie Gott näher kommen. Und das wiederum je nach Musikgeschmack in sehr unterschiedlichen Musikstilen.
Also: Praise God, we’re different! Wie gut, dass wir so unterschiedlich sind. Und Gemeinde - Gemeinde soll der Ort sein, an dem jeder mit seinem unterschiedlichen Weg Gott zu begegnen, willkommen ist. Hier brauchen wir sie alle! Menschen, die Gott hauptsächlich in der Gemeinschaft mit anderen erkennen, solche, die über das Nachdenken Gott näher kommen, Menschen, die durch ihr dienendes Tun seine Nähe suchen, solche, die gerne mit Gott allein sind und über ihn und sein Wort nachdenken, Menschen, die immer vorneweg dabei sind und dadurch ihre Liebe zu Gott zeigen, solche, die in der Natur Gott erkennen und ihm nahe sind und Menschen, die durch ihr Musik machen oder Musik hören und erleben Gott dienen. Und auch alle anderen, die hier vielleicht nicht genannt wurden.
Deshalb ist es wichtig, dass wir in der Gemeinde genau diese Unterschiedlichkeit sehen und schätzen. Wie geht das jetzt praktisch?

Fazit

Ich glaube, dass das zunächst eine Frage der Sichtweise ist. Sehe ich den anderen, der so ganz anders lebt, fühlt und glaubt als ich, als eine Bedrohung oder als eine Bereicherung an? Ich habe für mich beschlossen, dass ich das als Bereicherung sehen will. Und glaubt mir: das ist immer zuerst ein Entschluss meines Willens. Ich muss das wollen. Und dann muss ich lernen, es auch umzusetzen, denn das geht ja nicht von alleine und kann manchmal ziemlich schwer sein.
Wenn wir einmal erkannt haben, dass wir so unterschiedlich sind, weil Gott uns so unterschiedlich gemacht hat - dass also unsere Unterschiedlichkeit ein Teil unserer Gottebenbildlichkeit ist - dann ist jedenfalls der wichtigste Schritt schon getan.
Dann kann ich auch anfangen, für den anderen neben mir zu danken. Gott zu danken, dass er anders ist. Praise God, we’re different! Meine Erfahrung ist, dass ich über niemand, für den ich regelmäßig bete und danke, schlecht denken kann. Danken verändert mein Denken ins Positive.
Und dann? Dann solltest du anfangen, über dich selbst nachzudenken. Welche Wege, Gott näher zu kommen, sind für dich besonders wichtig? Und wie nutzt du sie? Wenn du beziehungsorientiert bist - wen könntest du in nächster Zeit besuchen oder einladen? Mit wem könntest du über Gott reden? Wenn es die Anbetung durch Musik ist - bringst du dich schon in der Gemeinde mit deiner Gabe ein? Und wenn es nicht die Gabe ist, selbst Musik zu machen, dann freu dich an dem, was unsere Musikteams für dich vorbereiten. Und auch da: statt über das eine oder andere zu kritisieren (und es gibt ja immer berechtigte Gründe für Kritik) könntest du doch auch anfangen, dafür dankbar zu werden, dass hier Menschen ihre Gaben einsetzen, um Gott und der Gemeinde zu dienen.
Ich könnte jetzt alle Bereiche in dieser Weise durchgehen. Aber dann würde der Gottesdienst eindeutig zu lange werden. Und schließlich gibt es ja auch noch die Kleingruppen, die diese Woche wieder starten, um weiter darüber zu reden und auch nachzudenken, wie wir das alles jetzt praktisch werden lassen können.
Am Ende dieses Gottesdienstes möchte ich noch einmal auf den Anfang zurückkommen: Praise God, we’re different. Gott sei dank sind wir alle unterschiedlich. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, dass unsere Gemeinde ein bunter Blumenstrauß wird. Voller unterschiedlicher, einzigartiger Blumen und Blüten. Entzieh dich der Gemeinde nicht, weil du anders bist. Weil du vielleicht Ansichten hast, die viele andere nicht teilen. Oder eine Art, die für andere eigenartig oder fremd wirkt. Und finde du deinen eigenen Weg zu und mit Gott. Den Weg, auf dem du dein geistliches Wachstum strukturieren und fördern kannst, damit Gott in dir und durch dich in dieser Welt und in unserer Gemeinde immer mehr zum Zug kommt und wirken kann.
Amen
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