Der alte Krug und das Lagerfeuer

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Johannes 21,15–17 LU
Da sie nun das Mahl gehalten hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr, als mich diese lieb haben? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer! Spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe! Spricht er zum dritten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Petrus wurde traurig, weil er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb?, und sprach zu ihm: Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe!
Stellt euch vor, ihr habt jemanden in eure Familie zum Essen zu euch eingeladen. Es ist ein wunderbarer und fröhlicher Abend. Nach dem Essen steht ihr zusammen in der Küche, euer Gast hilft gern beim Abtrocknen des abgewaschenen Geschirrs. Und dann plötzlich fällt ihm aufgrund einer Unachtsamkeit der schöne alte Krug zu Boden, ein Erbstück eurer Familie, an dem viele Erinnerungen hängen. Zerbrochen der Krug, hinfort die Erinnerungen. Natürlich schämt sich euer Besuch in Grund und Boden, ist wütend auf sich selbst, beteuert wie Leid es ihm tut und bittet unzählige Male um Entschuldigung.
Und ihr seid natürlich innerlich auch traurig und etwas sauer, aber ihr wisst: Es war nur ein alter Krug, so etwas kann schon einmal passieren…
Wie geht man damit um, wenn man dem anderen Gutes möchte? Klar, die Entschuldigung annehmen, keine Frage. Aber so einfach ist das bei uns Menschen ja nicht. Schnell wird uns klar, dass es mehr brauchen wird, um das Gegenüber von seinem Schuld- und das Schamgefühl zu befreien.
In unserer Geschichte beginnt alles mit einem Lagerfeuer. Habt ihr auch diesen typischen Geruch in der Nase? Bei Simon, der den Spitznamen Petrus bekommen hatte, muss er zwangsläufig schlechte Erinnerungen geweckt haben. Vor wenigen Tagen saß er auch an einem Lagerfeuer, spät abends. Dort wurde er anklagend gefragt, ob er nicht auch ein Freund von diesem Jesus sei, von dem, dem gerade der Prozess gemacht wurde. — Ja, war er. Sogar einer seiner besten Freunde. Doch er schaffte es nicht, die Wahrheit zu sagen und griff zur Lüge; dreimal verriet er seinen Freund und Herrn — so wie der es ihm angekündigt hatte.
Nun also wieder ein Lagerfeuer. Petrus war bestimmt schon ganz flau im Magen bei dieser geweckten Erinnerung. Und dann nimmt ihn Jesus zur Seite, geht ein kleines Stück mit ihm am Ufer des Sees entlang und fragt ihn eine einfache aber unglaublich tiefe Frage: Simon, hast du mich lieb? — Ja, natürlich Herr! Du weißt doch, dass ich die lieb habe! — Weide meine Schafe!
Wir haben es gehört: 3 Mal fragt Jesus seinen Freund. Jesus gibt Petrus die Möglichkeit, 3 Mal seine Liebe zu bekennen zu seinem Herrn zu bekennen, ebenso oft wie Er ihn verraten hatte. Vielleicht hat Petrus es in diesem Moment noch gar nicht richtig verstanden, aber ich bin mir sicher: Als er später über dieses Gespräch nachgedacht hat, wurde ihm bewusst, was hier geschehen war: Jesus hatte ihm vergeben und er hatte ihm eine Möglichkeit gegeben, dass sein Herz wieder heilen kann. Was für ein liebevoller und guter Herr!
Eine Sache fällt mir dabei noch auf: Auf die Beteuerung Petrus’ antwortet Jesus nicht etwa mit „Schon gut, alles okay!“ und einem Schulterklopfen; so hätten wir es vielleicht gemacht. Sondern Jesus gibt Petrus einen Auftrag, aber nicht irgendeinen, sondern den vielleicht größten, den es überhaupt gibt. Jesus — der gute Hirte — vertraut Petrus das an, was Ihm am wichtigsten ist: „Weide meine Schafe! Kümmere dich um die, die mir nachfolgen. Steh für sie ein.“
Jesus weiß, dass Petrus auch in Zukunft nicht alles richtig machen und hin und wieder scheitern wird; dennoch will Er ihn gebrauchen. So wie Jesus auch uns heute gebrauchen will, nicht weil Er Hilfe nötig hätte und weil wir so tolle Hechte sind, sondern weil Er gern gemeinsam mit uns unterwegs ist.
Auch wir werden immer wieder scheitern, aber wir können uns sicher sein, dass Gott uns vergibt, wenn wir Ihn darum bitten — und dass Gott Wege findet, auch Zerbrochenes zu heilen; denn Schuld vergeben zu bekommen, verstehen wir im Kopf schnell, aber bis die Vergebung auch unser Herz erreicht hat, kann es manchmal eine ganze Weile dauern.
Apropos Zerbrochenes. Wenn jemand euren wertvollsten Krug aus Versehen beim Abwasch kaputt gemacht hat und sich kaum noch traut, euch in die Augen zu sehen: Vielleicht ist es am besten, ihn nach einer Zeit wieder zum Essen einzuladen und ihm beim Abwasch danach wieder das Handtuch zum Abtrocknen anzuvertrauen.
Amen.
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