Kapitel 1: Die Wiedergeburt in neuem Licht

NEUES HANDBUCH DER BIBLISCHEN PROPHETIE  •  Sermon  •  Submitted
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In diesem Kapitel wird gezeigt, dass die Verheißung der Wiedergeburt zunächst allein der Stadt Jerusalem galt. Sie wird am Ende der Gemeindezeit wiedergeboren werden, das heißt, dass alle Einwohner der Stadt an einem Tag zum Glauben an Jesus Christus kommen werden. Dieser Tag markiert das Ende und den gleichzeitigen Abschluss der neutestamentlichen Gemeinde.

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Die Wiedergeburt in neuem Licht

In diesem Kapitel wird gezeigt, dass die Verheißung der Wiedergeburt zunächst allein der Stadt Jerusalem galt. Sie wird am Ende der Gemeindezeit wiedergeboren werden, das heißt, dass alle Einwohner der Stadt an einem Tag zum Glauben an Jesus Christus kommen werden. Dieser Tag markiert das Ende und den gleichzeitigen Abschluss der neutestamentlichen Gemeinde.
Die Wiedergeburt ist mit und neben der Botschaft der Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi das Wichtigste, was die Bibel enthält. Zur Rettung, zum Heil, zur Erlösung bedarf es unbedingt dieser beiden Dinge: nämlich sowohl der Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi als auch der Wiedergeburt.
Die Kreuzigung Jesu Christi ist geschehen, unabhängig davon, ob die Welt dies glaubt oder nicht. Es ist eine unumkehrbare Tatsache. Die Kreuzigung Jesu Christi könnte man also als das objektive Heil bezeichnen. Aber zur Rettung des Menschen bedarf es auch des persönlichen Glaubens, mithin also der Wiedergeburt. Damit wäre die Wiedergeburt also das subjektive Heil in Christus.
Golgatha als unumstößliches Faktum sowie die Wiedergeburt als Lebens- und Heilswirklichkeit sind DIE beiden zentralen Themen des Neuen Testaments. Kein Wunder also, dass Jesus beide Themen mit Nikodemus in Johannes 3 bespricht. Immer, wenn heute in Gemeinden und Kirchen über Glauben und Wiedergeburt gepredigt wird, gehört Johannes 3 unabdingbar dazu. Sehr viel ist also über diese Bibelstelle gearbeitet, geschrieben und gepredigt worden, viele sind durch diese Bibelstelle zum Glauben gekommen, sie ist also sehr bekannt und man glaubt vielfach, hier nichts Neues mehr entdecken zu können. Alles scheint gesagt und erklärt worden zu sein. Aber gerade hier liegt der Schlüssel zur Beantwortung sehr vieler ungelöster Fragen ...
In den folgenden Kapiteln werden wir uns also auf die Suche nach alttestamentlichen Bibelstellen machen, die von der neutestamentlichen Wiedergeburt handeln bzw. diese ankündigen. Diese alttestamentlichen Bibelstellen sind ganz andere als die bislang hierzu zitierten aus Hesekiel. Die neutestamentliche Wiedergeburt wird im Alten Testament ganz einfach mit dem Bild der Geburtoder einer Schwangerschaft oder auch mit Geburtswehen umschrieben. Es gibt im Alten Testament viele Frauen, die aufgrund von göttlicher Verheißung, ein Kind entbunden haben, obwohl sie entweder unfruchtbar oder schon zu alt für eine Geburt oder beides waren. Diese Ereignisse sind Bilder für die neutestamentliche Wiedergeburt im Alten Testament. Wir kommen später noch einmal hierauf zurück.
Daneben finden wir weitere Bilder: denn immer, wenn Jerusalem von einem fremden Heer belagert wurde, und das geschah dreimal, haben die Propheten von Schwangerschaft, Geburt oder von Geburtswehen geweissagt. Die drei Belagerungen waren:
· der sogenannten syro-ephraimitische Krieg (734 v. Chr.)
· der Belagerung durch die Assyrer (701 v. Chr.)
· der Belagerung durch die Babylonier (586 v. Chr.)
Alle drei Belagerungen werden wir im Folgenden noch genauer kennenlernen. Wir werden finden, dass alle diese Stellen in engster Verbindung zueinander stehen. Wir werden sehen, dass Jerusalem, die Tochter Zion, zu Pfingsten vor 2.000 Jahren schon einmal „geboren“ hat und dass der Stadt Jerusalem eine erneute „Geburt“, eine Wiedergeburt für das Ende der Gemeindezeit vorhergesagt ist, die gleichzeitig den Abschluss der neutestamentlichen Gemeinde darstellen wird.
In diese Heilsgeschichte Gottes mit seinem Volk Israel sind wir Christen aus den Nationen der Welt durch Gottes Gnade eingebunden und ihrer Segnungen teilhaftig geworden.

1.1 Ein denkwürdiges Nachtgespräch

In Johannes 3 wird berichtet, dass Nikodemus nachts zu Jesus kommt, um mit ihm zu reden. Er beginnt mit den Worten: „Meister, wir wissen, daß du bist ein Lehrer von Gott gekommen; denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm.“
Jesus antwortet ihm: „Wahrlich, ich sage Dir, es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.“
Ab diesem Punkt übernimmt Jesus die Führung des Gesprächs und redet von zwei Dingen:
· vom Geheimnis der Wiedergeburt
· von Golgatha, nämlich von der Erhöhung der Schlange in der Wüste
Denn er sagt in Vers 14 f.: „Und wie Mose in der Wüste eine Schlange erhöht hat, also muß des Menschen Sohn erhöht werden, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“
Diese beiden Punkte waren die beiden Kernthemen der Unterredung Jesu mit Nikodemus: die Wiedergeburt und Golgatha. Die Erhöhung der ehernen Schlange in der Wüste durch Mose ist ein Bild auf die Kreuzigung Jesu Christi, der für uns zur Sünde gemacht wurde (das Bild der ehernen Schlange). Jesus öffnet Nikodemus so den Blick für die tiefere Bedeutung dieser alttestamentlichen Begebenheit als einer Vorhersage auf die Kreuzigung Jesu Christi.
Aber für die Wiedergeburt gibt er Nikodemus kein Bild aus dem Alten Testament. Jesus belässt diese Sache bis heute unbeantwortet und es wird unsere Aufgabe sein, in der Schrift zu untersuchen, ob und wo wir die Wiedergeburt im Alten Testament finden können und welche Bedeutung sie für unseren Glauben und für die Auslegung weiterer Bibeltexte hat.
Nikodemus muss die alttestamentlichen Schriften sehr gut gekannt haben, denn Jesus nennt ihn einen(oder sogar „den“) Lehrer Israels. Aber Nikodemus kannte nicht die vorausweisende Bedeutung der Erhöhung der ehernen Schlange auf die Kreuzigung Jesu. Ebenso wenig wusste Nikodemus von der Wiedergeburt.[1] Weil Nikodemus das Gespräch mit Jesus mit den Worten beginnt: „Wir wissen, wer du bist“, fordert Jesus ihn als Lehrer des Wortes heraus. Jesus sagt zu ihm: „Wahrlich, ich sage Dir, es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ Nikodemus war mit dieser Aussage vollkommen überfordert. Er hatte bisher nichts von einer Wiedergeburt gehört oder gelesen. Es war ihm fremd, obwohl er ein Lehrer der Schrift war. Deshalb wirft Jesus ihm vor: „Du bist ein Lehrer in Israel und weißt das nicht? Du weißt nichts von der Wiedergeburt?“ - und weiter „Du bist ein Lehrer in Israel und weißt nichts vom Kreuz von Golgatha?“
Jesus tadelt Nikodemus also mit den Worten, dass er speziell in seiner Eigenschaft als Lehrer bzw. sogar als „der“ Lehrer Israels nichts von der Wiedergeburt wisse[2]. Woher aber sollte Nikodemus, als Lehrer Israels, von der Wiedergeburt wissen, wenn nicht aus der Heiligen Schrift, bzw. genauer: aus dem Alten Testament? Also muss die Wiedergeburt im Alten Testament vorhergesagt worden sein.
Jesus öffnet nicht nur Nikodemus, sondern auch uns die Augen für die Geheimnisse des Alten Testaments und erklärt: „So wie Mose in der Wüste eine Schlange erhöht hat, so muss des Menschen Sohn erhöht werden ...“ Sicherlich ist das ein außerordentlich hoher Anspruch, den Jesus an die Bibelkenntnis und das Verständnis von Nikodemus stellt. Aber Nikodemus begann ja das Gespräch mit den Worten: „Wir wissen, Du bist ...“, woraufhin Jesus sinngemäß antwortet: „Ihr könnt nichts wirklich wissen und erkennen, außer wenn ihr von neuem geboren worden seid.“ und dann fordert Jesus Nikodemus geradezu heraus und zeigt ihm, wie das Alte Testament gelesen und verstanden werden soll. Nikodemus meint zwar zu wissen, dass Jesus ein von Gott gesandter Lehrer wäre, aber er erkennt ihn nicht in seiner tatsächlichen Eigenschaft als Gottes Sohn. Jesus als das fleischgewordene Wort und somit auch Eigentümer des Wortes unterweist Nikodemus, den Lehrer Israels, und gibt ihm sehr deutlich zu verstehen, wer von beiden das Wort Gottes wirklich kennt! Was für ein Gespräch!
Wenn aber Jesus Nikodemus wegen seiner Unkenntnis über die Wiedergeburt tadelt, dann muss die Wiedergeburt im Alten Testament erwähnt sein. Sonst macht Sein Tadel keinen Sinn. Dann stellt sich aber sofort die Frage: wo im Alten Testament ist die Wiedergeburt angedeutet?
Weil es für uns einfacher verständlich ist, werden wir zunächst nach Bibelstellen suchen, die die Kreuzigung im Alten Testament vorhersagen. Danach tun wir genau das Gleiche mit der Wiedergeburt. So kann nachvollzogen werden, dass wir bei der Suche nach der Wiedergeburt im Alten Testament nach den gleichen Regeln vorgehen und gar nichts anderes machen als wir das auch bei der Suche nach Golgatha getan haben, nämlich die Bibel, und zwar speziell das Alte Testament, mit Gottes Geist zu lesen und zu verstehen.
Wo ist also Golgatha im Alten Testament zu finden? Aufgrund der Aussage Jesu in Johannes 3 muss Golgatha im Alten Testament vorausgesagt oder „vorausgeschattet“ sein und tatsächlich gibt es sehr viele alttestamentliche Bibelstellen hierzu:
· wenn Isaak das Brandopferholz auf den Berg Moria trägt
· wenn beim Auszug Israels aus Ägypten Blut an die Türpfosten gestrichen wird
· wenn der Priester seine Hand auf den Kopf eines Ziegenbocks legt, um die Sünden des Volkes auf ihn zu übertragen
· wenn im Alten und im Neuen Testament steht, dass verflucht ist, wer am Holz hängt (5. Mose 21 und Galater 3)
· wenn der Priesterdienst und die Opfervorschriften beschrieben werden
· durch die Erhöhung der ehernen Schlange
· usw.
Diese Stellen sind uns alle sehr gut bekannt. Sie sind u.a. der Grund, warum wir Christen sind und keine Juden.
Bei allen diesen Stellen sind aber keine wörtlichen Erwähnungen der Kreuzigung Jesu auf dem Golgatha-Felsen in Jerusalem enthalten, sondern es sind lediglich Bilder, sogenannte Allegorien oder Typologien, die ausgelegt und erklärt werden müssen. Das gleiche gilt, wenn wir im Alten Testament Vorhersagen auf die Wiedergeburt suchen. Auch hierzu werden wir Bilder, also Allegorien und Typologien finden. Eines der wichtigsten und sinnfälligsten Bilder für die neutestamentliche Wiedergeburt im Alten Testament ist zum Beispiel das der Schwangerschaft: eine Frau gebiert trotz Unfruchtbarkeit oder trotz hohen Alters ein Kind, das Gott ihr verheißen hat.
Auf diese Art von Bildern müssen wir uns bei unserer Suche also einstellen und beginnen unsere Untersuchung des Alten Testaments mit einer Bibelstelle im Propheten Hesekiel, der in diesem Zusammenhang regelmäßig zitiert wird.

1.2 Die Wiedergeburt in Hesekiel?

So gut wie alle Bibelausleger, die sich zur Wiedergeburt äußern und deren Vorhersage im Alten Testament zeigen wollen, verweisen auf Hesekiel 11 oder Hesekiel 36. Hes. 11, 19 f.:
„19 Und ich will euch ein einträchtiges Herz geben und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz wegnehmen aus eurem Leibe und ein fleischernes Herz geben, 20 auf daß sie nach meinen Sitten wandeln und meine Rechte halten und darnach tun. Und sie sollen mein Volk sein, so will ich ihr Gott sein.“
oder auf Hes. 36, 26 f.:
„Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geistin euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun.“
Weitere Bibelstellen zur Wiedergeburt sind aus dem Alten Testament eigentlich nicht bekannt. Die beiden oben genannten Bibelstellen können durchaus auf die Wiedergeburt ausgelegt werden, das allerdings nur mittelbar. Denn ein Mensch, der im neutestamentlichen Sinn von Gott ein neues Herz und einen neuen Geist bekommen hat, ist nach biblischem Maßstab Christ. Wenn er Christ ist, ist er auch wiedergeboren. So weit so gut. Aber diese Art der Argumentation ist lediglich ein mittelbarer Rückschluss auf die neutestamentliche Wiedergeburt. Warum?
Weil das oben genannte Bild der „Geburt“ in den beiden Hesekiel-Stellen keine Erwähnung findet. In Hesekiel 11 und Hesekiel 36 geht es eigentlich um „Herztransplantation“ und „Geistesgabe“, aber nicht um „Geburt“. Das macht deren Auslegung auf die neutestamentliche Wiedergeburt und insbesondere auf das Gespräch zwischen Jesus und Nikodemus schwierig bis unmöglich. Denn Jesus sagt zu Nikodemus nicht, dass er ein neues Herz oder einen neuen Geist brauche. Dann wäre Nikodemus sicherlich Hesekiel eingefallen, weil er als Lehrer Israels sicherlich ganze Passagen der Schrift auswendig gekannt haben muß.
Aber das sagt Jesus nicht! Er sagt etwas gänzlich anderes. Jesus sagt nämlich, dass Nikodemus komplett neu, nämlich ganz „neu geboren“ werden müsse! Diese Aussagen haben Nikodemus vollkommen überfordert.
Wenn aber Jesus die Stelle in Hesekiel nicht gemeint hat, sollten wir sie in dem Thema auch nicht zitieren. Damit bleibt aber die Frage nach der Wiedergeburt im Alten Testament unbeantwortet. Wenn das so ist, wissen wir auch 2.000 Jahre nach Nikodemus nicht mehr als er. Erstaunlich, oder?
Hilfsweise wird noch eine weitere Bibelstelle zitiert, und das ist Hesekiel 37:
„1 Des HERRN Hand kam über mich und er führte mich hinaus im Geist des HERRN und stellte mich mitten auf ein weites Feld; das lag voller Totengebeine. 2 Und er führte mich überall hindurch. Und siehe, es lagen sehr viele Gebeine über das Feld hin, und siehe, sie waren ganz verdorrt. 3 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, meinst du wohl, dass diese Gebeine wieder lebendig werden? Und ich sprach: HERR, mein Gott, du weißt es. 4 Und er sprach zu mir: Weissage über diese Gebeine und sprich zu ihnen: Ihr verdorrten Gebeine, höret des HERRN Wort! 5 So spricht Gott der HERR zu diesen Gebeinen: Siehe, ich will Odem in euch bringen, dass ihr wieder lebendig werdet. 6 Ich will euch Sehnen geben und lasse Fleisch über euch wachsen und überziehe euch mit Haut und will euch Odem geben, dass ihr wieder lebendig werdet; und ihr sollt erfahren, dass ich der HERR bin. 7 Und ich weissagte, wie mir befohlen war. Und siehe, da rauschte es, als ich weissagte, und siehe, es regte sich und die Gebeine rückten zusammen, Gebein zu Gebein. 8 Und ich sah, und siehe, es wuchsen Sehnen und Fleisch darauf und sie wurden mit Haut überzogen; es war aber noch kein Odem in ihnen. 9 Und er sprach zu mir: Weissage zum Odem; weissage, du Menschenkind, und sprich zum Odem: So spricht Gott der HERR: Odem, komm herzuvon den vier Winden und blase diese Getöteten an, dass sie wieder lebendig werden! 10 Und ich weissagte, wie er mir befohlen hatte. Da kam der Odem in sie und sie wurden wieder lebendig und stellten sich auf ihre Füße, ein überaus großes Heer. 11 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, diese Gebeine sind das ganze Haus Israel. Siehe, jetzt sprechen sie: Unsere Gebeine sind verdorrt und unsere Hoffnung ist verloren und es ist aus mit uns. 12 Darum weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will eure Gräber auftun und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern herauf und bringe euch ins Land Israels. 13 Und ihr sollt erfahren, dass ich der HERR bin, wenn ich eure Gräber öffne und euch, mein Volk, aus euren Gräbern heraufhole. 14 Und ich will meinen Odem in euch geben, dass ihr wieder leben sollt, und will euch in euer Land setzen, und ihr sollt erfahren, dass ich der HERR bin. Ich rede es und tue es auch, spricht der HERR.“
Auch diese Stelle spricht davon, dass Gott seinen Geist in Menschen (hier speziell in sein Volk Israel) hineinlegen will. Noch einmal: Wenn ein Mensch im neutestamentlichen Sinn Gottes Geist erhalten hat, dann ist er Christ und damit auch von neuem geboren. Aber auch in diesem Text in Kap. 37 ist nichts von Geburtzu finden! Also bietet auch Hes. 37 keine befriedigende Antwort auf unsere Frage.
Im Text steht zudem wiederholt, dass sie wiederlebendig werden. Das heißt, Israel war einst lebendig, starb dann aber offenbar und wird wieder lebendig werden. Wenn aber ein Mensch im neutestamentlichen Sinn durch den Geist Gottes von neuem geboren wird, dann wird er nicht wiederlebendig, sondern dann wird er zum ersten Mallebendig. Vor seiner Wiedergeburt war er tot in seinen Sünden. So sagt die Schrift. Er war also nicht lebendig, starb und wurde durch seine Wiedergeburt wieder lebendig. Sondern er findet durch seine Wiedergeburt zum allerersten Mal zu einem neuen Leben in Christus.
Aber die Bibelstelle in Hesekiel 37 spricht von einer Art Wieder-Auferstehung, sie passt also auch aus diesem Grund nicht zur neutestamentlichen Wiedergeburt. Die Wiederauferstehung, die Hes. 37 beschreibt, betrifft das Volk Israel, das im 1.000-jährigen Reich wieder gesammeltund in sein Land kommen soll. Denn Israel wird noch einmal unter die Völker zerstreut werden. Aber dazu später.
Vers 12 b sagt:
„Siehe, ich will eure Gräber auftun und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern herauf und bringe euch ins Land Israels.“
Die Verse beziehen sich also nicht auf eine persönliche, neutestamentliche Wiedergeburt, die Jesus mit Nikodemus in Johannes 3 besprochen hat, sondern auf die Rückführung des Volkes Israel aus den Völkern der Welt. Hier ist im Übrigen auch nicht von einer Wiedergeburt des Staates Israel die Rede. Von einer Wiedergeburt Israels spricht die Bibel an keiner Stelle! Obwohl dies immer wieder in christlichen Kreisen zitiert wird. Soweit zu Hesekiel.
Es wird immer deutlicher, dass wir von der Wiedergeburt letzten Endes genauso wenig wissen, wie Nikodemus. Obwohl es sich bei Johannes 3 um eine der prominentesten Bibelstellen der Christenheit überhaupt handelt, wir uns als wiedergeboren bezeichnen und der Begriff der Wiedergeburt seit 2.000 Jahren in der Christenheit bekannt ist. Wenn aber die Wiedergeburt zur persönlichen Erlösung so wichtig ist, warum wissen wir so wenig darüber?

1.3 Die Wiedergeburt im Alten Testament

Wenden wir uns jetzt einem alttestamentlichen Text zu, der tatsächlich von der Wiedergeburt handelt, wenn auch einer für unsere neutestamentlichen Ohren zunächst befremdlichen Form. Der Text handelt von der Belagerung Jerusalems unter dem König Hiskia und steht in 2. Könige 19.
Die biblische Beschreibung der Belagerung Jerusalems zur Zeit Hiskias und auch zur Zeit seines Vaters, des Königs Ahas, ist sehr geheimnisvoll und bis heute nicht abschließend geklärt, weshalb sich viele Vermutungen um diese Bibelstellen ranken. Die Texte, die die Belagerungen Jerusalems zum Inhalt haben, machen einen nicht unwesentlichen Anteil des vorliegenden Buches aus und werden im Detail zu untersuchen sein.
Im Jahr 701 v. Chr. wurde Jerusalem von einem General des assyrischen Königs Sanherib, dem sogenannten „Rabschaken“, belagert. Das assyrische Weltreich wuchs und dehnte sich mächtig aus. Es hatte in den Monaten und Jahren zuvor schon sehr viele Länder besiegt und deren Bevölkerung deportiert, darunter auch das Nordreich Israel. Gleiches galt für das Südreich Juda: es war besiegt und teilweise deportiert, so dass die Stadt Jerusalem allein übrigblieb. Nun also zog der assyrische Feldherr mit 185.000 Soldaten nach Jerusalem hinauf und belagerte die Stadt, um sie als letzte noch verbliebene Bastion einzunehmen. Das ist die ganze Geschichte in Kurzform[3].
Der biblische Bericht der Belagerung Jerusalems durch die Assyrer ist, bis auf eine Ausnahme, die einzige Begebenheit im Alten Testament, die dreimal erwähnt wird, nämlich in Jesaja 36, in 2. Könige 18 und 19 und in 2. Chronik 32. Offensichtlich war diese Begebenheit Gott sehr wichtig. Aber warum? Lesen wir 2. Könige 18, 13 ff.:
„13 Im vierzehnten Jahr aber des Königs Hiskia zog herauf Sanherib, der König von Assyrien, wider alle festen Städte Juda's und nahm sie ein. … 17 Und der König von Assyrien sandte den Tharthan und den Erzkämmerer und den Erzschenken von Lachis zum König Hiskia mit großer Macht gen Jerusalem, und sie zogen herauf. Und da sie hinkamen, hielten sie an der Wasserleitung des oberen Teiches, der da liegt an der Straße bei dem Acker des Walkmüllers, 18 und riefen nach dem König. Da kam heraus zu ihnen Eljakim, der Sohn Hilkias, der Hofmeister, und Sebna, der Schreiber, und Joah, der Sohn Asaphs, der Kanzler. 19 Und der Erzschenke sprach zu ihnen: Sagt doch dem König Hiskia: So spricht der große König, der König von Assyrien: Was ist das für ein Trotz, darauf du dich verläßt? 20 Meinst du, es sei noch Rat und Macht, zu streiten? Worauf verläßt du dich denn, daß du mir abtrünnig geworden bist? 21 Siehe, verlässest du dich auf diesen zerstoßenen Rohrstab, auf Ägypten, welcher, so sich jemand darauf lehnt, wird er ihm die Hand durchbohren? Also ist Pharao, der König in Ägypten, allen, die sich auf ihn verlassen. 22 Ob ihr aber wolltet zu mir sagen: Wir verlassen uns auf den HERRN, unsern Gott! ist's denn nicht der, dessen Höhen und Altäre Hiskia hat abgetan und gesagt zu Juda und zu Jerusalem: Vor diesem Altar, der zu Jerusalem ist, sollt ihr anbeten? (2. Mose 20.24) (5. Mose 12.14) 23 Wohlan, nimm eine Wette an mit meinem Herrn, dem König von Assyrien: ich will dir zweitausend Rosse geben, ob du könntest Reiter dazu geben. 24 Wie willst du denn bleiben vor der geringsten Hauptleute einem von meines Herrn Untertanen? Und du verläßt dich auf Ägypten um der Wagen und Reiter willen. 25 Meinst du aber, ich sei ohne den HERRN heraufgezogen, daß ich diese Stätte verderbe? Der HERR hat mich's geheißen: Ziehe hinauf in dies Land und verderbe es! 26 Da sprach Eljakim, der Sohn Hilkias und Sebna und Joah zum Erzschenken: Rede mit deinen Knechten auf syrisch, denn deine Knechte verstehen es; und rede nicht mit uns auf jüdisch vor den Ohren des Volks, das auf der Mauer ist. 27 Aber der Erzschenke sprach zu ihnen: Hat mich denn mein Herr zu deinem Herrn oder zu dir gesandt, daß ich solche Worte rede? und nicht vielmehr zu den Männern, die auf der Mauer sitzen, daß sie mit euch ihren eigenen Mist fressen und ihren Harn saufen? 28 Also stand der Erzschenke auf und redete mit lauter Stimme auf jüdisch und sprach: Hört das Wort des großen Königs, des Königs von Assyrien! 29 So spricht der König: Laßt euch Hiskia nicht betrügen; denn er vermag euch nicht zu erretten von meiner Hand. 30 Und laßt euch Hiskia nicht vertrösten auf den HERRN, daß er sagt: Der HERR wird uns erretten, und diese Stadt wird nicht in die Hände des Königs von Assyrien gegeben werden. 31 Gehorchet Hiskia nicht! Denn so spricht der König von Assyrien: Nehmet an meine Gnade und kommt zu mir heraus, so soll jedermann von seinem Weinstock und seinem Feigenbaum essen und von seinem Brunnen trinken, (1. Könige 5.5) 32 bis ich komme und hole euch in ein Land, das eurem Lande gleich ist, darin Korn, Most, Brot, Weinberge, Ölbäume und Honig sind; so werdet ihr leben bleiben und nicht sterben. Gehorchet Hiskia nicht; denn er verführt euch, daß er spricht: Der HERR wird uns erretten. 33 Haben auch die Götter der Heiden ein jeglicher sein Land errettet von der Hand des Königs von Assyrien? (Jesaja 10.10-11) 34 Wo sind die Götter zu Hamath und Arpad? Wo sind die Götter zu Sepharvaim, Hena und Iwwa? Haben sie auch Samaria errettet von meiner Hand? 35 Wo ist ein Gott unter aller Lande Göttern, die ihr Land haben von meiner Hand errettet, daß der HERR sollte Jerusalem von meiner Hand erretten? 36 Das Volk aber schwieg still und antwortete ihm nichts; denn der König hatte geboten und gesagt: Antwortet ihm nichts. 37 Da kamen Eljakim, der Sohn Hilkias, und Sebna, der Schreiber, und Joah, der Sohn Asaphs, der Kanzler, zu Hiskia mit zerrissenen Kleidern und sagten ihm an die Worte des Erzschenken.“
Und weiter in 2. Kön. 19, 1 ff.:
„1 Da der König Hiskia das hörte, zerriß er seine Kleider und legte einen Sack an und ging in das Haus des Herrn 2 und sandte Eljakim, den Hofmeister, und Sebna, den Schreiber, samt den Ältesten der Priester, mit Säcken angetan, zu dem Propheten Jesaja, dem Sohn des Amoz; 3 und sie sprachen zu ihm: So sagt Hiskia: Das ist ein Tag der Not, des Scheltens und des Lästerns; die Kinder sind gekommen an die Geburt und ist keine Kraft da, zu gebären. 4 Ob vielleicht der HERR, dein Gott, hören wollte alle Worte des Erzschenken, den sein Herr, der König von Assyrien, gesandt hat, Hohn zu sprechen dem lebendigen Gott und zu schelten mit Worten, die der HERR, dein Gott, gehört hat: So erhebe dein Gebet für die übrigen, die noch vorhanden sind. 5 Und da die Knechte Hiskias zu Jesaja kamen, 6 sprach Jesaja zu ihnen: So sagt eurem Herrn: So spricht der HERR: Fürchte dich nicht vor den Worten, die du gehört hast, womit mich die Knechte des Königs von Assyrien gelästert haben. 7 Siehe, ich will ihm einen Geist geben, daß er ein Gerücht hören wird und wieder in sein Land ziehen, und will ihn durchs Schwert fällen in seinem Lande.“
Diese Rede hat der Feldherr des assyrischen Königs Sanherib, der sogenannte „Rabschake“, bei der Belagerung der Stadt Jerusalem gehalten. Sie gehört sicherlich zu den ausgefeiltesten und klügsten Reden, die die Bibel enthält. Sie sollte den Widerstand der Einwohner in Jerusalem brechen, damit die Assyrer die Stadt Jerusalem kampflos einnehmen konnten. Hiskia war mit 27 Jahren Alleinherrscher von Juda geworden und hatte sich zu Gott hingewendet. Er hatte die Götzentempel und die Anbetung fremder Götter auf den Höhen untersagt und die Anbetungsstätten fremder Götter aus Israel entfernen lassen. Aber der Widerstand des Feindes in politischer und vor allem in geistlicher Hinsicht ließ nicht lange auf sich warten und nun stand der assyrische General mit seinem übermächtigen Heer vor der Stadtmauer.

1.4 Die Erlösung der Stadt durch Gottes Macht

In der auf die Belagerung folgenden Nacht, sandte Gott einen Engel, der 185.000 assyrische Soldaten umbrachte. In der profanen Geschichtsliteratur sind die Belagerung Jerusalems und der erfolglose Abzug der Assyrer sehr gut dokumentiert. Gleichzeitig ist bis heute ungeklärt, warum der assyrische General Jerusalem nicht eingenommen hat. In keinem einzigen Geschichtsbuch wird diese Frage beantwortet, obwohl sie sehr wohl von den Autoren der Bücher gestellt wird. Wahrscheinlich ist es zu wenig „wissenschaftlich“, diese Frage mit dem Eingreifen des Engels zu beantworten. Aber wie schon gesagt: Gott war dieses Ereignis offensichtlich besonders wichtig, denn es ist drei Mal in der Bibel zu finden.

1.5 Ein ungewöhnliches Gebet Hiskias!

Kommen wir nun zum Kerngedanken der ganzen Geschichte, der gleichzeitig auch Ausgangspunkt für unsere weitere Betrachtung sein wird. Wir werden jetzt von den üblichen Auslegungen der Bibel Abstand nehmen. Wir entfernen uns damit nicht von der Schrift selbst, aber wir müssen gängige Auslegungen hinterfragen und einige neue Fragen an die Bibel stellen, die so bislang nicht gestellt wurden, sich aber dennoch aufdrängen. Wir werden nach Antworten suchen, die in den landläufigen Auslegungen bislang leider nicht oder nicht abschließend beantwortet wurden. Die Ergebnisse, die wir finden werden, werfen wiederum viel Licht auf weitere Bibelstellen, die nur so überhaupt erst verständlich werden. Im Endergebnis verdeutlicht dies die unbedingte Verlässlichkeit und erstaunliche Glaubwürdigkeit der Heiligen Schrift.
Beginnen wir mit einer einfachen Frage: Warum redet Hiskia so seltsame und für die damalige Situation unpassende Dinge? Er betet in 2. Kön. 19, 3:
„…Das ist ein Tag der Not, des Scheltens und des Lästerns; die Kinder sind gekommen an die Geburt und ist keine Kraft da, zu gebären.“
Was meint Hiskia mit der Aussage: „Die Kinder sind gekommen an die Geburt“? Und was bedeutet: „Es ist keine Kraft da zu gebären“? Bei der Belagerung Jerusalems durch Sanherib ging es schließlich um Leben und Tod. Warum aber redet Hiskia vom „geboren werden“?
Auf den ersten Blick scheint das ein recht seltsames, ja fast ein unsinniges Gebet zu sein. Es wäre doch sehr viel einsichtiger, wenn Hiskia über die notvolle Belagerung klagen und Gott bitten würde, ihn und sein Volk schnell zu retten. Das tut Hiskia aber nicht. Stattdessen sorgt er sich in einer solch dramatischen Kriegssituation um eine offensichtlich nicht gelingende Geburt. Warum aber war das Hiskias Problem und was genau meinte er damit? Warum war Gott diese Begebenheit so wichtig, dass er sie im Alten Testament dreimal aufschreiben ließ?

1.6 Eine Erklärung in Kurzform

Der Grund dafür ist der, dass durch Hiskias Gebet eine der wichtigsten heilsgeschichtlichen Wendepunkte in Gottes Handeln an seinem Volk Israel und an der Welt vorhergeschattet wird: das der kommenden Wiedergeburt Jerusalems. Es ist eine der Bibelstellen, auf die Jesus Nikodemus in Johannes 3 angesprochen hat. Aber das schauen wir uns gleich noch genauer an. Zumindest handelt der Vers in 2. Kön. 19, 3 nun tatsächlich von „Geburt“. Er ist ein Bild auf die neutestamentliche Wiedergeburt, eine geistliche „Geburt“, die zunächst allein Jerusalem, der Königsstadt Jesu Christi, verheißen und vorbehalten war und ist.
Zion wird in „Wehen“ kommen und Wiedergeburt erleben. Das klingt für unsere Ohren zunächst fremd, wird aber im Verlauf des Buches noch deutlicher werden. Zunächst stellen wir fest, dass wir hier nun tatsächlich eine Bibelstelle im Alten Testament vor uns haben, die von „Geburt“ spricht! Und zwar in einer sehr geheimnisvollen Weise.
Die Bibelstelle in 2. Kön. 19 ist eine Prophetie für die Zeit des Endes der neutestamentlichen Gemeinde. Hiskia vergleicht die Angst der Bewohner Jerusalems während der Belagerung mit Geburtswehen. Wenn Zion aber damals schon in Wehen kam, hat sie auch „geboren“? Nein, denn damals war „keine Kraft“ dazu. Wenn Jerusalem hingegen in der neutestamentlichen Endzeit erneut in Wehen kommt, wird sie dann gebären? Der Prophet Micha sagt dazu in Kap. 5, 3, dass „Er (Gott) sie (Zion) plagen lässt bis auf die Zeit, dass die, so gebären soll (Zion), geboren habe”! Das lässt darauf schließen, dass Jerusalem dereinst nicht allein Wehen bekommen wird, sondern schlussendlich auch „gebiert“, zur Wiedergeburt, also zum Glauben an Jesus Christus, kommt und das am Ende der Gemeindezeit. Wann genau das sein wird und wie das geschieht, ist Inhalt der folgenden Kapitel.

1.7 Resümee

Halten wir zunächst einmal Folgendes fest: die Bibel enthält im Alten Testament Bibelstellen, die die Kreuzigung Jesu vorhersagen. Viele davon sind uns bestens bekannt, allerdings sind es allesamt lediglich Bilder (Typologien und Allegorien). Golgatha oder der Kreuzestodes Jesu Christi, wie uns das das Neue Testament eröffnet, werden im Alten Testament noch nicht wörtlich genannt, sondern nur bildhaft angedeutet, denn Jesus erwähnt gegenüber Nikodemus die Aufrichtung der ehernen Schlange in der Wüste durch Mose und deutet sie als Vorhersage und Beispiel für seine Kreuzigung. Es hilft also nichts, im Alten Testament wortwörtlich nach „Golgatha“ oder „Kreuzigung“ zu suchen, sondern wir müssen nach Typologien und Allegorien suchen und sie geistlich deuten.
Wenn wir solche Bilder auf die Kreuzigung suchen, finden wir neben der in der Wüste erhöhten Schlange auch noch weitere: wenn Isaak das Brandopferholz auf den Berg Moria trägt, wenn beim Auszug aus Ägypten Blut an die Türpfosten gestrichen wird, wenn in 5. Mose 21, 23 steht: „Verflucht ist, wer am Holz hängt“, die unterschiedlichen Opfervorschriften, der Sündenbock (der sogenannte „Asasel“), etc.
Genau das gleiche (und nichts anderes!) haben wir in einem zweiten Schritt mit der Wiedergeburt versucht. Auch für die Wiedergeburt finden wir im Alten Testament unerwartet viele Stellen[4]. Aber es sind lediglich Bilder und Gleichnisse, die erst noch auf die neutestamentliche Wiedergeburt gedeutet und angewendet werden müssen.
Um es aber noch einmal ganz deutlich zu sagen: die Wiedergeburt, die wir in Bildern im Alten Testament angedeutet finden, IST DIESELBE, von der Jesus in Joh. 3 spricht und die Paulus und alle Apostel im Neuen Testament meinen.
Diese Wiedergeburt war zunächst allein der Stadt Jerusalem verheißen. Aber es ist die gleiche neutestamentliche Wiedergeburt, von der Jesus mit Nikodemus sprach. Denn als Jerusalem vor 2.000 Jahren seinen König verwarf und kreuzigen ließ, ging Gott zu den Völkern der Welt und beschenkt bis heute jeden einzelnen, der sich im Glauben an Jesus Christus wendet, mit der Wiedergeburt.
Nun wird deutlich, welch hohen Anspruch Jesus an Nikodemus stellte! Denn selbst heute, viele Jahrhunderte später, verstehen wir die Rede Jesu in Joh. 3 trotz ausgeprägtem Bibelwissen kaum besser als Nikodemus, obwohl die Wiedergeburt neben Golgatha das wichtigste Verkündigungsthema ist. Denn Golgatha ist das „objektive Heil“, während die Wiedergeburt das „subjektive Heil“ ist. Golgatha ist ein für alle Mal geschehen, ob die Welt daran glaubt oder nicht. Golgatha ist geschehen und nicht mehr rückgängig zu machen. Es ist eine objektive Heilstatsache Gottes! Die Wiedergeburt hingegen ist das, was ein Mensch erlebt, wenn er sich im Glauben an Jesus Christus wendet. Deshalb ist der Glaube personell und damit „subjektiv“, also das „subjektive Heil“.
Daneben haben wir bei genauerer Analyse der Schriftstellen eine Besonderheit entdeckt: Die Stellen, die im Alten Testament von Geburt oder Geburtswehen handeln, stehen allesamt im Zusammenhang mit der Stadt Jerusalem und ganz besonders mit einer Belagerung der Stadt. Gleichsam werden die Schrecken der Belagerung mit den Wehen einer Schwangeren verglichen: Die „Tochter Zion“ liegt in „Wehen“, soll „gebären“ und wird das schlussendlich auch.

1.8 Weitere Bibelstellen

Schauen wir uns weitere Bibelstellen im Alten Testament an, die tatsächlich von einer „Geburt“, mithin also von der Wiedergeburt sprechen. Es sind Bibelstellen, die zunächst ebenso ungewöhnlich anmuten, wie die Aussage Hiskias, aber auf den zweiten Blick gar nicht mehr so schwer zu verstehen sind.
Jeremia 4, 31:
„Denn ich höre ein Geschrei als einer Gebärerin, eine Angst als einer, die in ersten Kindsnöten ist, ein Geschrei der Tochter Zion, die da klagt und die Hände auswirft: Ach wehe mir! Ich muss schier vergehen vor den Würgern.”
Hier ist erneut von „Geburt“ die Rede, und zwar genau genommen von „Geburtswehen“. Es handelt sich um die Belagerung der Stadt Jerusalem durch die Babylonier im Jahr 586 v. Chr. Jeremia sieht in einer Vision die Belagerung Jerusalems durch Nebukadnezar und wieder wird die Angst der Einwohner während der Belagerung mit den Wehen einer Schwangeren verglichen, also ganz ähnlich wie bei Hiskia!
Belassen wir es zunächst ohne weitere Erläuterung bei der Erwähnung dieses Verses und suchen noch einige andere Bibelstellen, in denen wir ähnliches finden, denn diese ist bei weitem nicht die einzige! In der Zusammenschau wird dann schneller deutlich, wohin uns die Reise führen wird. Denn einige Seiten weiter beschreibt Jeremia erneut ein seltsames Phänomen: Schmerzen und Wehen sollen die Stadt Jerusalem befallen! Auch hier geht es im Zusammenhang mit der Angst vor der bevorstehenden Belagerung durch die Babylonier um Geburtswehen (Jeremia 22, 23):
„Die du jetzt auf dem Libanon wohnst und in Zedern nistest, wie wirst du stöhnen, wenn dir Schmerzen und Wehen kommen werden wie einer in Kindsnöten!“
Offensichtlich wird hier der stolzen und untreuen Stadt Jerusalem Gericht angedroht. Dies deutet auf Kriegshandlungen gegen Jerusalem (nicht gegen Israel) hin. Die Schrecken und die Angst der Belagerten werden erneut mit den Schmerzen und Wehen bei einer Geburt verglichen (Jeremia 30, 6-7):
„Wir hören ein Geschrei des Schreckens; nur Furcht ist da und kein Friede. Forscht doch und seht, ob dort Männer gebären! Wie kommt es denn, dass ich sehe, wie alle Männer ihre Hände an die Hüften halten wie Frauen in Kindsnöten und alle Angesichter so bleich sind? Wehe, es ist ein gewaltiger Tag und seinesgleichen ist nicht gewesen, und es ist eine Zeit der Angst für Jakob; doch soll ihm daraus geholfen werden.“
Können Männer gebären? Nein. Aber Jeremia sieht in seiner Vision schwangere Männer und staunt nicht schlecht darüber. Können Sie die Bibelstelle erklären? Ich konnte das bislang nicht. Diese Begebenheit ist ungefähr so ungewöhnlich wie die Jungfrauengeburt Marias! Aber schauen wir weiter. Jeremia vergleicht die Angst der Einwohner Jerusalems (nicht Israels) bei der Belagerung durch die Babylonier wiederum mit den Wehen einer Frau vor der Geburt! Erstaunlicherweise decken sich die Aussagen aus Jeremia und diejenigen aus 2. Kön. 19 dahingehend, dass beide die Belagerung der Stadt Jerusalem mit Geburtswehen in Verbindung bringen! Erinnern wir uns an das, was Hiskia sagte:
„Das ist ein Tag der Not, des Scheltens und Lästerns; die Kinder sind gekommen an die Geburt und ist keine Kraft da, zu gebären.“
Diese Botschaft lässt Hiskia an Jesaja überbringen, als Sanherib (bzw. dessen Feldherr, der Rabschake) die Stadt Jerusalem belagert und das Nordreich Israels bereits erobert und nach Assyrien in die Verbannung geschickt worden war[5].
In unserem Zusammenhang wird jetzt erneut deutlich, dass es sich bei den genannten Bibelstellen um prophetische Bild für die Wiedergeburt handelt. Hier geht es tatsächlich um „Geburt”, genauer um ein Bild für die neutestamentliche Wiedergeburt im Alten Testament! Es ist ein neutestamentliches Geheimnis, das schon im Alten Testament angedeutet ist.
Diese und andere Bibelstellen meinte Jesus, wenn er Nikodemus vorwirft, nichts von der Wiedergeburt zu wissen. Was für ein hoher Anspruch an dessen Bibelkenntnis! Und an die unsere.

1.9 Die Erläuterung und Auslegung der Fundstellen

Offensichtlich steht Jerusalem in einer besonders engen Beziehung zur Wiedergeburt. Denn alle Stellen im Alten Testament stehen in direkter Verbindung zu Jerusalem und zu deren Belagerung.
Der Prophet Micha sagt zudem, dass „er (Gott) sie (Zion) plagen lässt bis auf die Zeit, dass die, so gebären soll, geboren habe.” [6]! Die Schrift prophezeit uns hier also, dass Jerusalem nicht nur „in Wehen“ kommt, sondern auch „gebären“ wird.
Dass Jerusalem gebiert, ist zweifelsohne schon einmal geschehen. Denn in Apostelgeschichte 2 wird berichtet, wie zu Pfingsten in Jerusalem der Geist Gottes zunächst auf die Jünger herabkommt und durch deren Verkündigung viele tausend Menschen zum Glauben, nämlich zur Wiedergeburt, gefunden haben: Zion „gebiert“. Pfingsten ist also eine Vorerfüllung der alttestamentlichen Verheißungen in 2. Kön. 19 von einer Wiedergeburt in Jerusalem oder wie wir es in diesem Buch nennen: der Wiedergeburt Jerusalems.
Warum ist das aber nur eine Vorerfüllung?
Weil Jerusalem zu Pfingsten nicht belagert war. Die Stadt befand sich in mehr oder minder friedlichen Verhältnissen unter römischer Regierung. In den Stellen des Alten Testaments werden die „Wehen“ aber durch Belagerung(en) der Stadt Jerusalem und die damit verbundene Angst unter der Bevölkerung hervorgerufen. Stets handelt es sich um eine allegorische Umschreibung, in der eine Frau (die Tochter Zion) in heftigen Wehen liegt. Wenn Jerusalem zu Pfingsten aber nicht belagert war, hätte die Tochter Zion damals wider die Natur eine „Geburt” erlebt, ohne „Wehen” gehabt zu haben. Kann das sein? Erstaunlicherweise ja, denn gerade das schreibt Jesaja in Kap. 66, 7-9:
„… Ehe sie Wehen bekommt, hat sie geboren; ehe sie in Kindsnöte kommt, ist sie eines Knaben genesen. Wer hat solches je gehört? Wer hat solches je gesehen? Ward ein Land an „einem” Tage geboren? Ist ein Volk auf einmal zur Welt gekommen? Kaum in Wehen, hat Zion schon ihre Kinder geboren. Sollte ich das Kind den Mutterschoß durchbrechen und nicht auch geboren werden lassen?, spricht der HERR. Sollte ich, der gebären lässt, den Schoß verschließen?, spricht dein Gott.“
Zu Pfingsten vor 2.000 Jahren hat Zion „Kinder“ geboren, ohne (Belagerungs-)Wehen gehabt zu haben, oder genauer gesagt: ohne, dass sie Wehen hatte! Das Wort aus Jes. 66 hat sich also vor rund 2.000 Jahren zu Pfingsten in Jerusalem erfüllt, denn damals geschah Wiedergeburt in Zion, ohne dass Jerusalem belagert gewesen wäre. Sicherlich, die Römer hatten Israel und Jerusalem besetzt, aber zu Pfingsten war die Stadt nicht in einen Krieg verwickelt. Damit können wir Jesaja 66 so deuten, dass diese Bibelstelle Pfingsten vorhersagt!
Aber es steht noch eine weitere Erfüllung dieser Vorhersage aus. Denn in den Versen steht, dass sie geboren hat, bevor sie Wehen bekam. Das wiederum lässt darauf schließen, dass Jerusalem noch einmal Wehen bekommt und dann auch noch einmal gebären wird, nämlich am Ende der Gemeindezeit.

1.10 Die Wehen in Jesu Endzeitrede

Durchaus interessant ist in dem Zusammenhang, dass auch Jesus in seinen Endzeitreden von Wehen gesprochen hat (Matthäus 24, 4-8):
„Seht zu, dass euch nicht jemand verführe. Denn es werden viele kommen unter meinem Namen und sagen: Ich bin der Christus, und sie werden viele verführen. Ihr werdet hören von Kriegen und Kriegsgeschrei; seht zu und erschreckt nicht. Denn das muss so geschehen; aber es ist noch nicht das Ende da. Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden Hungersnöte sein und Erdbeben hier und dort. Das alles aber ist der Anfang der Wehen.“
Hier steht im griechischen: „odinai”, das heißt Geburtswehen[7]. Auch Jesus sprach also von „Geburtswehen” in seiner Endzeit-Rede! Geburtsschmerzen, Wehen, die bei einer Belagerung (die auch heute noch zukünftig ist) eintreten werden und zur Wiedergeburt der Stadt Jerusalem an einem einzigen Tag führen (Mk. 13,8):
„... Und es werden Erdbeben sein an verschiedenen Orten, und es werden Hungersnöte sein. Dies ist der Anfang der Wehen.”[8].
Sollte Gott, wenn er Wehen kommen lässt, nicht auch zum Durchbruch verhelfen und gebären lassen, wie Jesaja sagt:
„Sollte ich das Kind den Mutterschoß durchbrechen und nicht auch geboren werden lassen?, spricht der HERR. Sollte ich, der gebärenlässt, den Schoß verschließen?” [9]
Nein, das wird der Herr nicht tun. Er wird diese Stadt am Ende der Gemeindezeit noch einmal in Wehen führen und - quasi als krönenden Abschluss der Gemeindezeit - zur Wiedergeburt kommen lassen. Das ist genau das, was wir bisher anhand der Bibel nachvollzogen haben und hier schließt sich der Kreis der Argumentation.

1.11 Vorläufige Zusammenfassung

Fassen wir das bisher Gesagte nochmals zusammen: Im Alten Testament ist die „Geburt”, die „Wiedergeburt” schon gleichnishaft als Verheißung enthalten und sie steht ausschließlich im Zusammenhang mit der Stadt Jerusalem. Die „Wehen“ sind ein Bild auf die Angst der Eingeschlossenen bei der Belagerung der Stadt durch einen Feind. Wir werden später noch genauer sehen, wer belagert und wer belagert wird.
Jerusalem ist also zum einen eine „Geburt“ mitWehen[10] und zum anderen eine „Geburt“ ohne Wehen[11] verheißen. Eine Vorerfüllung (Geburt ohneWehen) fand vor rund 2.000 Jahren zu Pfingsten in Jerusalem statt, die Enderfüllung (Geburt mit Wehen) steht noch immer aus.

1.12 Warum keine Kraft?

Die Belagerung Jerusalems zur Zeit Hiskias ist also ein prophetisches Bild auf eine noch zukünftige Belagerung der Stadt. Eine Belagerung also, die auch heute noch zukünftig ist. Die Angst bei der Belagerung umschreibt die Bibel mit Wehen, die Wiedergeburt der Stadt Jerusalem mit einer Geburt. Warum aber war zur Zeit Hiskias keine Kraft da?
Zur Zeit Hiskias konnten die Bürger Jerusalems nicht zur Wiedergeburt kommen, weil der Geist Gottes, der allein die Wiedergeburt ermöglicht, erst zu Pfingsten, also ca. 730 Jahre später, ausgegossen wurde. Deshalb sagt Hiskia prophetisch: „es ist keine Kraft da zur Geburt“. Die „Kinder“ kamen also zur Zeit Hiskias durch die Angst während der Belagerung durch die Assyrer „in Angst und Wehen“ und somit bis an die Geburt heran. Weiter aber nicht. Wäre zur Zeit Hiskias der Geist Gottes bereits ausgegossen gewesen, dann wäre Jerusalem schon damals wiedergeboren worden! So aber lässt die Verheißung noch auf sich warten.
Würde hingegen Jerusalem heute belagert und käme so in „Wehen“, wäre der Geist Gottes bereits seit 2.000 Jahren ausgegossen und Zion könnte jederzeit zur „Geburt“, zur Wiedergeburt im neutestamentlichen Sinne, kommen. Es wird jetzt deutlich, dass die Bibel bis in einzelne Worte hinein zuverlässig ist. Beim ersten Lesen waren die Worte Hiskias noch unverständlich. Nun aber können wir sie verstehen.
Wir haben jetzt die anfangs gestellte Frage nach der Bedeutung der geheimnisvollen Botschaft Hiskias an Jesaja und nach dem Thema der Wiedergeburt im Alten Testament beantwortet. Einzig mit dieser Sichtweise kann die Aussage Hiskias verstanden und ausgelegt werden. Hiskia redete prophetisch. Das Wort Gottes musste also genauso sperrig und unverständlich abgeschrieben und überliefert werden, wie wir es heute in 2. Kön. 19 vorfinden. Wie gut, dass sich die Juden nicht dazu haben hinreißen lassen, diese Verse zu glätten oder durch unangebrachte und womöglich irreführende Erklärungsversuche zu verschlimmbessern. Wir dürfen daher vermuten, dass auch andere Bibelstellen, die vielleicht jetzt noch unverständlich sind, genau so verfasst sein müssen, wie die Heilige Schrift sie uns überliefert. Womöglich fehlt lediglich hier und dort noch das rechte Licht zum Verständnis.
Der Stadt Jerusalem steht laut Altem und Neuem Testament also noch eine Belagerung bevor. Hiskia hat die damalige Belagerung als Vorbild und Gleichnis für die Erfüllung am Ende der Gemeindezeit erlebt. Er rief damals: „... die Kinder sind gekommen an die Geburt, und es ist keine Kraft da zu gebären“, weil der Geist Gottes erst Jahrhunderte später ausgegossen wurde.
Jetzt wird auch deutlich, warum diese Begebenheit der Belagerung Jerusalems unter Hiskia drei Mal in der Bibel erwähnt wurde, denn sie kündigt die Wiedergeburt der Gemeinde Jesu Christi für Jerusalem an und Paulus hat als Heidenapostel verstanden, dass diese Wiedergeburt aus Gottes Gnade auch für alle Menschen der Welt möglich sein würde.
Gottes Wort ist wahr.

1.13 Retrospektive

Das ist ein sehr unerwartetes und absolut erstaunliches Ergebnis dafür, dass die oben vorgenommene Auslegung lediglich mit einigen schlichten Fragen zu Johannes 3 begonnen hat. Wir haben also erstaunlich „große Beute“ gemacht. Es ging uns bei der Untersuchung des Alten Testaments überhaupt nicht darum, prophetische oder endzeitliche Aussagen zu finden, sondern wir haben lediglich über das Kreuz von Golgatha und die Wiedergeburt nachgedacht. Die Kreuzigung Jesu und die Wiedergeburt sind aber die beiden grundlegenden Säulen des Heils. Es geht hier also nicht um nachgeordnete Themen der Bibel, sondern um zentrale, weil heilsnot­wendige Lehraussagen des Neuen Testaments, die das persönliche, ewige Heil des Menschen betreffen. Denn die Rettung des Menschen ist nicht möglich ohne Golgatha (das „objektive“ Heil) und es ist auch nicht möglich ohne die persönliche Wiedergeburt (das „subjektive“ Heil). Unerwartet gelangen wir nun aber in äußerst weitreichende prophetische und zum Teil endzeitliche Aussagen, die zunächst unglaublich und neu erscheinen, sich aber eindeutig und nachvollziehbar aus dem Wort Gottes ergeben.
Für mich ist es immer wieder neu eine große Freude, dass der Schlüssel zu all diesen Textstellen nicht aus angestrengter Intelligenz oder Spezial­auslegungen prophetischer Passagen der Bibel herrührt, sondern ganz schlicht in Johannes 3 ihren Ausgang nimmt. Wir haben lediglich nach der Wiedergeburt gefragt, also nach etwas durchaus Heilsnotwendigem und damit nach einem absolut zentralen Glaubensinhalt. Aber wir sind auf ein großes Geheimnis gestoßen: das der Wiedergeburt Jerusalems am Ende der Gemeindezeit. Das Wissen hierüber erschließt uns nun all diese wunderbaren Dinge und - wie wir bald sehen werden - noch sehr viel mehr.
Erst wenn die Belagerungen Jerusalems unter Hiskia oder zur Zeit Jeremias mit der neutestamentlichen Wiedergeburt in Verbindung gebracht wird, bekommen die Bibelstellen Sinn. Das ist unbestritten. Hiskia und Jeremia haben die Worte prophetisch ausgesprochen und aufgeschrieben und sie klingen derart fremdartig, dass sie den Leser geradezu stutzen und vermuten lassen, dass es sich bei dieser Begebenheit um etwas wirklich Besonderes handeln muss, und das tut es auch! Denn - wie schon erwähnt - ist zumindest die Belagerung Jerusalems unter Hiskia das einzige geschichtliche Ereignis, das in der Bibel drei Mal Erwähnung findet: in Jesaja 36, in 2. Kön. 18 und in 2. Chronik 29-32. Auch für die Auslegung der Endzeitreden Jesu, der beiden Thessalonicher-Briefe sowie einer ganzen Menge weiterer Bibelstellen hält dieses Wissen den Schlüssel zum Verständnis bereit. Aber dazu später mehr.

1.14 Schlussfolgerung

Am Ende der Gemeindezeit, wenn wahrscheinlich viele Hunderttausende und vielleicht Millionen Christen aus allen Nationen wiedergeboren wurden, wird als Abschluss (vielleicht dürfen wir sagen: als „Krönung“) noch die gesamte Stadt Jerusalem an einem einzigen Tag[12] zur Wiedergeburt, d.h. zum Glauben an Jesus Christus kommen. Denn wer von neuem geboren ist, gehört zur Gemeinde Jesu Christi. Gott macht zwischen Juden und Nicht-Juden keinen Unterschied (siehe Epheserbrief). Wenn Gott uns Menschen aus den „unreinen“ Nationen zu seinem Volk nimmt, warum sollte er das am Ende der Gemeindezeit nicht auch mit seiner Stadt Jerusalem tun? Sicherlich besteht der vermutlich größere Teil der neutestamentlichen Gemeinde aus nicht-jüdischen Gläubigen aus den Nationen. Aber die Nicht-Juden wurden in den guten Ölbaum eingepflanzt. Die Gemeinde nahm nämlich zu Pfingsten in Jerusalem ihren Anfang[13] und sie wird dort auch ihren Abschluss finden.
Wann dieser Tag der Wiedergeburt Jerusalems kommen wird, wissen wir nicht, und es gebührt uns auch nicht zu wissen sagt Jesus. Denn das weiß allein der Vater. Wenn aber dieser Tag der Wiedergeburt Jerusalems eintrifft, ist das sicher ein Meilenstein in der Endzeitgeschichte Gottes. Allerdings wird Jerusalem vor dem allen in einen notvollen Belagerungszustand geraten und sich erst dann zu Jesus Christus bekehren.
Wir lesen im Alten Testament viel von solchen Belagerungen. Israel wird an einen trügerischen Frieden glauben[14] und mitten in diesem Frieden steht unerwartet ein fremder König vor den Toren Jerusalems und belagert die Stadt.
In diesen „Geburtswehen” wird sich an einem (!) Tag die ganze Stadt zu Jesus Christus bekehren. Diese wiedergeborenen Menschen aus Jerusalem gehören durch ihren Glauben an den Sohn Gottes ebenfalls zur Leibesgemeinde Jesu (davon haben wir ja oben schon geschrieben); selbst wenn uns das auf den ersten Blick ein wenig ungewöhnlich vorkommt.
In diesem Zusammenhang ist es unbedingt wichtig zu erwähnen, dass es eben nicht um eine Wiedergeburt des Staates Israel geht, wie dies häufig behauptet wird. Es geht vielmehr speziell um die Stadt Jerusalem. Das wird oft durcheinandergeworfen, so dass diese ungenaue Lesart bei der Deutung endzeitlicher Texte zu falschen Ergebnissen und damit zu unrichtigen oder zumindest ungenauen Auslegungen führt.

1.15 Sacharja 12

Abschließend soll noch ein meines Erachtens in diesem Zusammenhang wichtiger Vers aus Sach. 12 betrachtet werden (Vers 7):
„Und der Herr wird zuerst die Hütten Judas erretten, auf dass sich nicht hoch rühme das Haus David noch die Bürger zu Jerusalem wider Juda.”[15].
Die hauptsächlichen Orte des Wirkens Jesu waren Juda und Samaria. Dort bekehrten sich Menschen zu dem Sohn Gottes, während die Stadt Jerusalem der Ort war, wo der Herr gehasst und schließlich auch gekreuzigt wurde. Während die einfachen Leute aus den „Hütten Judas” oder den „Zelten Judas“ sich zum Herrn Jesus bekehrten und errettet wurden, lehnten die aus dem „Haus David” und die „Bürger zu Jerusalem” den Herrn ab. Das war am Anfang der Gemeindezeit.
Am Ende der Gemeindezeit aber wird sich, wie wir oben gesehen haben, auch das anfangs widerspenstige Jerusalem in großer Not zu Jesus Christus bekehren. So errettete der Herr „zuerst die Hütten Judas”: am Anfang der Gemeindezeit. Und schließlich errettet er auch noch die „Bürger zu Jerusalem” und „das Haus David” am Ende der Gemeindezeit, wenn sich ganz Jerusalem zu Jesus Christus bekehrt und wiedergeboren wird. Im folgenden Vers steht:
„Aber über das Haus David und die Bürger zu Jerusalem will ich ausgießen den Geist der Gnade und des Gebets und sie werden mich ansehen, welchen sie zerstochen haben ...”[16].
Sie werden Ihn, also Jesus, sehen und weinen. Wäre das das Sehen, wenn Er kommt, um zu richten, würden sie zittern vor Angst. Hier aber weinen sie vor Trauer (wie um einen ersten Sohn), wenn sie in der Stunde ihrer Wiedergeburt erkennen, dass der Messias vor 2.000 Jahren in ihrer Stadt umgebracht wurde. Auch die Bibel betont die besondere Stellung Jerusalems im Vergleich zum jüdischen Umland. Denn das Haus David und die Bürger zu Jerusalem werden in Sach. 13, 1 noch einmal ausdrücklich von den in Kapitel 12, 12-14 Erwähnten getrennt beschrieben als die, die einen offenen Born[17] wider die Sünde und Unreinigkeit haben. Diese Stelle wird oft auf uns Nationenchristen angewandt, und das mit gutem Grund. Denn die Wiedergeborenen haben bereits heute schon diesen reinigenden Born im Blut Jesu Christi. Am Ende der Gemeindezeit aber werden ihn auch das Haus David und die Bürger zu Jerusalem haben, die dann ebenfalls Glieder der Gemeinde Jesu sind. Auf diese Stellen spricht Jesus Nikodemus in Johannes 3 an, wenn er zu ihm sagt: „Du bist ein Lehrer in Israel und weißt das nicht?” All dies erscheint vielleicht auf den ersten Blick neu und fremd, aber war es für die Juden nicht genauso fremd, von Paulus zu hören, dass auch die Christen aus den Nationen Miteingeleibte in der Gemeinde Jesu und seine Hausgenossen sein sollten[18]? Da aber diese Verheißung nach biblischer Reihenfolge „zuerst den Juden“ vorbehalten ist und dann „auch den Heiden“, wie Paulus formuliert, ist es nicht mehr als billig, wenn auch die Juden in der letzten Zeit Miteingeleibte und Hausgenossen sein werden, wenn sie in der Stunde ihrer Wiedergeburt zum Glauben an Jesus Christus gefunden haben. Im Prinzip ist das nichts anderes als die Umkehrung dessen, was Paulus im Epheser-Brief schrieb: Was damals für die Heiden galt, gilt heute für Israel; Gott wendete sich damals zu den Nationen und bald wird er sich wieder seiner Stadt Jerusalem zuwenden.
Jetzt wissen wir mehr als Nikodemus.
[1] Die Frage, ob Nikodemus von der Wiedergeburt wusste oder nicht, wird mittlerweile in christlichen Kreisen unterschiedlich beantwortet. Arnold Fruchtenbaum, amerikanischer Judenchrist und bekannter Bibelausleger, vertritt die Ansicht, dass im Judentum mehrere Arten der Wiedergeburt bekannt seien. Nach Ansicht der jüdischen Überlieferung (also nicht in der Bibel!) wird ein Mensch wiedergeboren, wenn er heiratet, bei der Bar-Mizwa (Fest der religiösen Mündigkeit), wenn er zum König gekrönt wird, wenn er Leiter einer Bibelschule wird, etc. Ich kenne diese Ansicht, teile sie aber nicht. Dennoch möchte ich sie der Vollständigkeit halber hier erwähnen und kurz erläutern. Vertreter dieser Ansicht sagen, dass Nikodemus gefragt habe: „Wie kann ein Mensch von neuem geboren werden, wenn er alt ist?". Sie glauben, Nikodemus habe wohl von der Wiedergeburt gewusst, jedoch nur in den vorgenannten Zusammenhängen, also bei einer Königskrönung, etc. Es sei ihm angeblich lediglich dies unbekannt gewesen, dass ein Mensch auch eine Wiedergeburt im hohen Alter erleben könne. Wie gesagt, sehe ich das nicht so. Denn es geht ja nicht um jüdische Überlieferungen, sondern um Gottes Wort. Das ist der erste Punkt, der mir wichtig ist. Zweitens: Nikodemus konnte Jesus in diesem Nachtgespräch in keinster Weise mehr folgen! Er wollte - wenn auch freundlich so doch - auf Augenhöhe mit Jesus sprechen. Jesus aber fordert ihn als Bibelgelehrten heraus und spricht über Dinge, die ihm vollkommen unbekannt waren: wie z.B. die Kreuzigung von Golgatha und eben auch die Notwendigkeit der Wiedergeburt. Nikodemus war hier vollkommen überfordert, denn er wusste nicht nur nichts von der Wiedergeburt, sondern auch nichts von der Kreuzigung! Denn beide Ereignisse (Wiedergeburt und Kreuzigung) waren zum Zeitpunkt des Nachtgesprächs noch zukünftig. Außerdem tadelt Jesus Nikodemus doch mit den Worten: „Du weißt das nicht?“ Dies zeigt deutlich, dass Nikodemus von der Wiedergeburt eben nichts wusste, sonst hätte Jesus ihn auf den Unterschied zwischen den Ansichten der jüdischen Überlieferung einerseits und der Bibel andererseits hingewiesen. Aber das tat Jesus nicht. Hierzu gäbe es noch mehr zu sagen, wir wollen uns aber hierauf beschränken, weil dies nicht unser Schwerpunkt ist. Das gleiche Unverständnis, das Nikodemus den Worten Jesu gegenüber brachte, finden wir heute leider auch bei gängigen Bibelauslegungen und -auslegern, die die Bibelstelle in Johannes 3 vollkommen unterschätzen. Im Verlauf des vorliegenden Buchs wird deutlich warum. [2] Hier spricht nun ein Schriftgelehrter Israels mit dem Eigentümer des Wortes Gottes. [3] Siehe auch Kapitel 5.6.1 „Historischer Hintergrund der Belagerung Jerusalems“ [4] Um den Gedankengang nicht zu unterbrechen, sind die wesentlichen Bibelstellen unter 5.7„Bibelstellen mit dem Thema Wiedergeburt“ auf Seite 126aufgelistet. [5] vgl. Jesaja 37, 3; 2. Chr. 32 [6] Micha 5, 3 (oder je nach Übersetzung und Versteilung: Micha 5, 2) [7] „Die Offenbarung des Johannes”, W. Barclay, Wuppertal, 1970 [8] LÜ: „Not” = Wehen, Geburtswehen; s.o. [9] Jesaja 66 [10] vgl. Micha 5 [11] vgl. Jesaja 66 [12] Jesaja 66, 8 (nach der Menge-Bibel): „… Kann denn ein Land an einem einzigen Tage ins Dasein gerufen oder ein Volk mit einem Mal geboren werden? Und doch ist Zion in Wehen gekommen und hat zugleich auch ihre Kinder geboren. [13] Apostelgeschichte 2 [14] 1. Thess. 5, 3 [15] Sach. 12, 7 [16] Sach. 12, 10 [17] so Luther 1912; andere ÜS: „Quelle“ [18] Epheser 2
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